2005-159 (1)
Vorlage an den Landrat |
Titel:
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Schriftliche Beantwortung der Interpellation 2005/159
der FDP-Fraktion vom 9. Juni 2005 betreffend "Eigenmietwert und Mietkostenabzug - wie weiter?"
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vom:
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12. Juli 2005
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Nr.:
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2005-159
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Bemerkungen:
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Acrobat (PDF):
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Vorlage
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I. Text der Interpellation
"Aus der Pressberichterstattung war zu erfahren, dass das Bundesgericht mit Entscheid vom 27.05.2005 sowohl die Eigenmietwert- als auch die Mietkostenabzugsregelung im BL-Steuerrecht für bundesrechtswidrig erklärt hat. Dieser Entscheid (BGE) wurde aufgrund der taktisch und volkswirtschaftlich "klugen" Vorgehensweise des Mieterinnenverbandes BL/Thierstein-Dorneck provoziert. Wie sich schon jetzt abzeichnet, wird der BGE weitreichende steuerliche Konsequenzen haben, nämlich zusätzliche Steuereinnahmen in vermutlich total 3stelliger Millionenhöhe. Dass dies sowohl den Hauseigentümern wie auch den Mietern wenig Freude bereiten wird, liegt auf der Hand. Die FDP-Fraktion begrüsst die Tatsache, dass der Regierungsrat schon deutlich gemacht hat, dass er beabsichtigt, die zusätzlichen Steuereinnahmen mittels geeigneter Massnahmen an die SteuerzahlerInnen zurückfliessen zu lassen.
Des weiteren besteht das Risiko, dass die Attraktivität des Kantons BL als Wohn- und Wirtschaftsstandort deutlich verschlechtert wird, wogegen dringend etwas unternommen werden muss. Da der BGE eine sehr hohe Aktualität hat, tief in die Lebensbereiche aller Einwohnerinnen und Einwohner eingreift - insbesondere schon steuerliche Auswirkungen für das laufende Jahr zu befürchten sein könnten - und da in der Bevölkerung gewisse Angst herrscht, es könnte zu massiven, steuerlichen Mehrbelastungen kommen, erachtet es die FDP-Landratsfraktion als dringlich, dass sich der Regierungsrat zu dieser Problematik im Kantonsparlament äussern soll und kann.
Die FDP-Fraktion ersucht den Regierungsrat daher um die Beantwortung folgender Fragen:
1.
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Wie beurteilt die Regierung die neue rechtliche Situation nach besagtem BGE und welches sind insbesondere die Folgen für die Steuerzahlerinnen?
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2.
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Mit welchen zusätzlichen Steuereinnahmen rechnet der Regierungsrat und wie verteilen sich diese in etwa auf Kanton und Gemeinden?
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3.
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Welche rechtlichen und administrativen Möglichkeiten sieht der Regierungsrat, um diese Mehreinnahmen den Steuerpflichtigen wieder zukommen zu lassen bzw. ist ein Steuerrabatt vorgesehen und wenn ja, ab wann?
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4.
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Wird der Steuerrabatt auch von den Gemeinden gewährt bzw. ist die Regierung bereit, sich bei den Gemeinden für die Einführung eines entsprechenden Rabatts auch auf Gemeindeebene einzusetzen?
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5.
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Wie hoch würde ein Steuerrabatt voraussichtlich ausfallen?
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6.
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Ist einigermassen abzuschätzen, ob mit diesem BGE sowohl auf Mieter- als auch auf Eigentümerseite soziale Härtefälle eintreten würden, indem beispielsweise Familien mit Kindern, Rentner, tiefere Einkommen usw. durch die Steuerprogression zusätzliche Nachteile in Kauf nehmen müssen: Wegfall von Ergänzungsleistungen für AHV und Krankenkassenprämien, unbezahlbare Eigenmieten, die zum Verkauf von Wohneigentum zwingen usw.? Wie hoch schätzt die Regierung den Anteil dieser quasi "doppelt bestraften Steuerzahler" 'bei Mietern und Eigentümern ein?
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7.
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Kann der in Aussicht gestellte Steuerrabatt solche Härtefälle verhindern - das heisst, den bisherigen Zustand einigermassen wieder gewährleisten?
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8.
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Sieht der Regierungsrat eine mit dem Bundesrecht in Einklang stehende kantonsrechtliche Möglichkeit, den Steuerpflichtigen die gleichen Vorteile wie vor besagtem BGE zu belassen oder wird es erforderlich sein, dass der Landrat jedes Jahr explizit einen Steuerrabatt beschliessen muss?
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9.
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Ab wann haben die Steuerzahlerinnen mit höheren Steuern zu rechnen; ist eine Rückwirkung rechtlich zulässig und sind Übergangsfristen geplant bzw. zulässig?
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10.
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Falls die zusätzlichen Steuereinnahmen tatsächlich bezogen werden müssten und der Regierungsrat jedoch eine "Rückerstattung" vornehmen will: welche Varianten sind für eine solche Rückerstattung grundsätzlich möglich?
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Für die Beantwortung der Fragen danken wir dem Regierungsrat im voraus."
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II. Antwort des Regierungsrates
Zu Frage 1:
Wie beurteilt die Regierung die neue rechtliche Situation nach besagtem BGE und welches sind insbesondere die Folgen für die SteuerzahlerInnen?
Antwort:
Der am 27. Mai vom Bundesgericht gefällte Entscheid liegt noch nicht in schriftlicher Form vor; deshalb ist eine abschliessende rechtliche Beurteilung auch noch nicht möglich. Aufgrund der mündlichen Urteilsberatung steht bisher fest, dass gemäss Bundesgericht das Baselbieter Modell des reduzierten Eigenmietwerts und des Ausgleichs durch einen Mietkostenabzug gegen das eidgenössische Steuerharmonisierungsgesetz verstösst. Der Regierungsrat habe daher durch Erlass von vorläufigen Vorschriften korrigierend einzugreifen und den Eigenmietwert auf mindestens 60 % des Marktwerts zu erhöhen und gleichzeitig den Mietkostenabzug aufzuheben. Diese Massnahmen würden ohne Kompensation zu einer "allgemeinen Steuererhöhung" führen.
Zu Frage 2:
Mit welchen zusätzlichen Steuereinnahmen rechnet der Regierungsrat und wie verteilen sich diese in etwa auf Kanton und Gemeinden?
Antwort:
Der Regierungsrat rechnet mit geschätzten Mehrerträgen bei der Staatssteuer von rund CHF 70 Mio. sowie bei den Gemeindesteuern von rund CHF 40 Mio. Dieses Schätzungen basieren auf einer alten Zahlenbasis. Die Steuerverwaltung ist zur Zeit daran, aktuelle und genaue Berechnungen vorzunehmen, damit das in Frage stehende Volumen quantifiziert werden kann.
Zu Frage 3:
Welche rechtlichen und administrativen Möglichkeiten sieht der Regierungsrat, um diese Mehreinnahmen den Steuerpflichtigen wieder zukommen zu lassen bzw. ist ein Steuerrabatt vorgesehen und wenn ja, ab wann?
Antwort:
Aufgrund des Bundesgerichtsurteils ist der Regierungsrat verpflichtet, in Anwendung von Art. 72 Abs. 3 des Steuerharmonisierungsgesetzes den Eigenmietwert auf mindestens 60 % des Marktwerts zu erhöhen und den Mietkostenabzug aufzuheben. Diese Anpassungen würden ausserhalb des ordentlichen Gesetzgebungsverfahrens durch eine entsprechende Regierungsratsverordnung erfolgen. Der Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Änderungen kann erst nach Analyse der schriftlichen Begründung bestimmt werden.
Als Kompensationsmassnahme kommt kurzfristig ein Steuerrabatt in Frage, wie er in § 19bis Abs. 2 des Steuergesetzes vorgesehen ist. Dieser Rabatt wäre vom Landrat zu beschliessen und gleichzeitig mit der Erhöhung des Eigenmietwerts und der Abschaffung des Mietkostenabzugs in Kraft zu setzen. Wie bereits gesagt, kann über den Zeitpunkt erst nach Vorliegen der schriftlichen Begründung ein Beschluss gefasst werden.
Bei den beschriebenen Massnahmen handelt es sich um rasch umzusetzende Übergangsmassnahmen ausserhalb des ordentlichen Gesetzgebungsverfahrens. Es muss anschliessend jedenfalls eine Steuergesetzrevision vorgenommen werden, um sowohl die harmonisierungskonforme Besteuerung als auch eine entsprechende Entlastung auf Gesetzesebene zu regeln.
Zu Frage 4:
Wird der Steuerrabatt auch von den Gemeinden gewährt bzw. ist die Regierung bereit, sich bei den Gemeinden für die Einführung eines entsprechenden Rabatts auch auf Gemeindeebene einzusetzen?
Antwort:
Die Entlastung bei der Gemeindesteuer liegt im Rahmen der rasch umzusetzenden Übergangsmassnahmen in der Kompetenz der Gemeinden. Der Regierungsrat wird die Gemeinden nach Analyse der schriftlichen Urteilsbegründung orientieren und ihnen Handlungsvarianten aufzeigen.
Bei der nachfolgend durchzuführenden Gesetzesrevision wird das Steuergesetz so geändert werden, dass sich eine Kompensation der Steuermehreinnahmen automatisch auch auf die Gemeindesteuer auswirken wird.
Zu Frage 5:
Wie hoch würde ein Steuerrabatt voraussichtlich ausfallen?
Antwort:
§ 19bis Abs. 2 des Steuergesetzes lässt einen maximalen Steuerrabatt von 10 % zu. Wie hoch der tatsächliche Rabatt ausfallen wird, hängt von der Höhe der auszugleichenden Steuermehreinnahmen ab. Die diesbezüglichen Berechnungen werden von der Steuerverwaltung zur Zeit vorgenommen. Es kann daher im heutigen Zeitpunkt noch keine Aussage gemacht werden.
Zu Frage 6:
Ist einigermassen abzuschätzen, ob mit diesem BGE sowohl auf Mieter- als auch auf Eigentümerseite soziale Härtefälle eintreten würden, indem beispielsweise Familien mit Kindern, Rentner, tiefere Einkommen usw. durch die Steuerprogression zusätzliche Nachteile in Kauf nehmen müssen: Wegfall von Ergänzungsleistungen für AHV und Krankenkassenprämien, unbezahlbare Eigenmieten, die zum Verkauf von Wohneigentum zwingen usw.? Wie hoch schätzt die Regierung den Anteil dieser quasi "doppelt bestraften Steuerzahler" bei Mietern und Eigentümern ein?
Antwort:
Die Auswirkungen des Bundesgerichtsurteils können erst nach Analyse der schriftlichen Begründung und nach Vorliegen der Berechnungen der kantonalen Steuerverwaltung abschliessend beurteilt werden. Daher kann zu dieser Frage noch keine Antwort gegeben werden.
Zu Frage 7:
Kann der in Aussicht gestellte Steuerrabatt solche Härtefälle verhindern - das heisst, den bisherigen Zustand einigermassen wieder gewährleisten?
Antwort:
Auch zur Beantwortung dieser Frage müssen zuerst alle entscheidrelevanten Unterlagen vorliegen (siehe Frage 6).
Zu Frage 8:
Sieht der Regierungsrat eine mit dem Bundesrecht in Einklang stehende kantonsrechtliche Möglichkeit, den Steuerpflichtigen die gleichen Vorteile wie vor besagtem BGE zu belassen oder wird es erforderlich sein, dass der Landrat jedes Jahr explizit einen Steuerrabatt beschliessen muss?
Antwort:
Der Steuerrabatt ist - wie bereits bei der Frage 3 ausgeführt - nur eine Übergangslösung. Ob er jährlich zu beschliessen ist, wird noch geprüft und wird abhängig von der Formulierung des entsprechenden Landratsbeschlusses und von der Dauer der Übergangslösung sein. Jedenfalls soll das Übergangsregime durch eine Steuergesetzesänderung ohne Rabatt abgelöst werden. Diese Revision wird im Einklang mit Bundesrecht stehen.
Zu Frage 9:
Ab wann haben die SteuerzahlerInnen mit höheren Steuern zu rechnen; ist eine Rückwirkung rechtlich zulässig und sind Übergangsfristen geplant bzw. zulässig?
Antwort:
Der Zeitpunkt des Inkrafttretens der kurzfristigen Übergangsmassnahmen kann erst nach Vorliegen der schriftlichen Begründung festgelegt werden. Dann wird auch die Frage der Rückwirkung beurteilt werden können.
Zu Frage 10:
Falls die zusätzlichen Steuereinnahmen tatsächlich bezogen werden müssten und der Regierungsrat jedoch eine "Rückerstattung" vornehmen will: welche Varianten sind für eine solche Rückerstattung grundsätzlich möglich?
Antwort:
Im Sinne einer Übergangslösung steht als Kompensationsmassnahme einzig der Steuerrabatt gemäss § 19bis Abs. 2 des Steuergesetzes zur Verfügung. Dieser ist wie bereits ausgeführt vom Landrat zu beschliessen. Im Rahmen der später folgenden Steuergesetzesrevision wird dann zu prüfen sein, wie dieser Rabatt durch andere Massnahmen (Tarifkorrektur; Sozialabzug, etc.) abgelöst werden kann.
Liestal, 12. Juli 2005
Im Namen des Regierungsrates
Die Präsidentin: Schneider-Kenel
Der Landschreiber: Mundschin
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