2005-151 (1)
Bericht Nr. 2005-151 an den Landrat |
Bericht der:
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Justiz- und Polizeikommission
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vom:
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27. September 2005
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zur Vorlage Nr.:
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Titel des Berichts:
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Änderung des kantonalen Gesetzes über die Zwangsmassnahmen im Ausländerrecht, des Personaldekretes und des Gerichtsorganisationsgesetzes (GOG)
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Bemerkungen:
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1. Ausgangslage
Das Bundesgesetz über Aufenthalt und Niederlassung der Ausländer (ANAG) vom 18. März 1994 sieht vor, dass Personen ohne Aufenthaltsrecht in der Schweiz unter gewissen Voraussetzungen in Vorbereitungs- oder Ausschaffungshaft genommen werden können. Zusätzlich besteht die Möglichkeit der Ein- oder Ausgrenzung aus einem bestimmten Gebiet.
Die Ausschaffungshaft muss innerhalb von 96 Stunden richterlich überprüft werden. Überprüft wird dabei, ob die Voraussetzungen der Ausschaffungshaft erfüllt sind oder nicht.
Für diese Haftüberprüfung ist das Präsidium der Abteilung Verfassungs- und Verwaltungsgericht des Kantonsgerichtes in der Funktion als Einzelrichter zuständig.
Da die Zahl dieser Überprüfungen und die damit verbundene Arbeitsbelastung ständig zugenommen haben, muss nach einer anderen Lösung gesucht werden.
Die Entwicklung der Fallzahlen zeigt eine Verzehnfachung der richterlichen Überprüfungen seit Inkrafttreten des ANAG.
Die Vorlage des Regierungsrates sieht vor, für die Haftüberprüfung Gerichtschreiber oder Gerichtsschreiber-innen einzusetzen, die ordentlich zu Einzelrichtern oder Einzelrichterinnen gewählt werden.
Andere Varianten, wie der Einsatz von nebenamtlichen Kantonsrichter/innen, wurden geprüft und wieder verworfen. Diese Richter/innen sind nämlich kaum in der Lage, kurzfristigen Aufgeboten Folge zu leisten, da sie alle in einem Hauptberuf tätig sind. Das Problem bei der Überprüfung der Ausschaffungshaft ist der enge zeitliche Rahmen von 96 Stunden.
2. Anhörungen in der Kommission
Die Mitglieder Justiz- und Polizeikommission setzten sich an den Sitzungen vom 13. Juni, 22. August und 12. September 2005 mit der Vorlage auseinander. Dabei wurden Barbara Zimmerli, stv. Leiterin Bewilligungen, Freiheitsentzug und Soziales, als Autorin der Vorlage und Kantonsgerichtspräsident Peter Meier angehört. Die Erfahrungen in Basel-Stadt zeigten Eugen Fischer, Vorsitzender des Appellationsgerichtes, und Eva Christ, Gerichtsschreiberin und Einzelrichterin im Ausländerrecht auf. Basel-Stadt kennt den Einsatz von Gerichtsschreiber/innen als Einzelrichter/innen im Ausländerrecht schon seit 1994.
Angehört wurde auch Hanspeter Iselin, Leiter des Amts für Migration, zur Neuregelung verschiedener Kompetenzen seines Amtes. Wichtig dabei ist die Möglichkeit, dass betroffene Personen bis zum Eintreffen der Polizei auf dem Amt für Migration festgehalten werden können. Neu sollen auch die Effekten dieser Personen durchsucht werden dürfen, wenn mit einem Gefährdungspotential gerechnet werden muss.
Aus den Anhörungen wurde deutlich, dass das baselstädtische System mit dem Einsatz von Gerichtsschreiber/ innen als Einzelrichter/innen im Ausländerrecht Sinn macht. Damit können die Fristen eingehalten werden, und die Rechtssprechung erhält Kontinuität.
Die 96 Stunden, innert derer die Haftüberprüfung stattfinden muss, sind eine theoretische Grösse. Sie zählen nämlich ab dem Moment, indem der betroffene Ausländer oder die betroffene Ausländerin angehalten wird. Das spielt sich oft in einem anderen Kanton ab. Bis der Kanton Basel-Landschaft eine entsprechende Meldung erhält, vergeht eine ganze Weile. Das Amt für Migration entscheidet dann, ob Ausschaffungshaft angeordnet wird. Oft bleiben dann nur noch 1-2 Tage oder sogar nur Stunden zur Haftüberprüfung.
Die Terminfestsetzung hängt dann auch noch von der Verfügbarkeit eines Gerichtssaales und eines Dolmetschers ab. Nicht selten werden die Verhandlungen direkt im Gefängnis durchgeführt. Das Bundesrecht schreibt zwingend eine mündliche Verhandlung vor.
Die Gerichtsschreiber-Einzelrichter-Lösung drängt sich auch im Kanton Basel-Landschaft auf. Die Gerichtsschreiber/innen sind sachkundig. Sie kennen die Materie, weil sie bereits heute an den entsprechenden Verhandlungen teilnehmen. Vor allem aber sind sie verfügbar.
Der Einsatz zusätzlicher Personen wäre unsinnig. Sie müssten jederzeit verfügbar sein für eine Aufgabe, die unregelmässig, einzeln und unvorhersehbar eintritt, aber einen raschen Einsatz bedingt.
In Bezug auf die anderen vorgeschlagenen Gesetzesänderungen wurde deutlich, dass das Recht auf Festhalten einer Person im Amt für Migration bis zum Eintreffen der Polizei nur in Einzelfällen zur Anwendung kommen werde. Ein prophylaktisches Aufgebot der Polizei wäre unverhältnismässig, da es ja nicht jedes Mal zu einer Haftanordnung kommt.
3. Beratungen in der Kommission
- Eintreten
Eintreten auf die Vorlage war nach intensiver Diskussion unbestritten.
- Beratung
Das Gesetz über die Zwangsmassnahmen im Ausländer-recht wurde unverändert genehmigt, ebenso das Dekret zum Personalgesetz.
Zu Diskussionen Anlass gab das Antragsrecht in Bezug auf die Wahl der Gerichtsschreiber/innen zu Einzelrichter/innen im Ausländerrecht im Gerichtsorganisationsgesetz. Wenn der Landrat die Richter/innen wähle, habe ihm niemand dreinzureden; dieser Grundsatz werde mit dem Antragsrecht des Kantonsgerichtes durchbrochen, wurde argumentiert. Faktisch nehme nämlich das Kantonsgericht mit seinem Antrag bereits die Wahl vor. Auf der andern Seite wurde festgestellt, dass das Antragsrecht des Kantonsgerichtes die logische Konsequenz der neuen Regelung sei. Es kämen längst nicht alle Gerichtsschreiber für die neue Funktion in Frage. Diese müssen neben der Sachkenntnis auch eine Verhandlung führen können. Diese Eignung kann der Landrat nicht abklären. Deshalb brauche es das Antragsrecht des Kantonsgerichtes.
Basel-Stadt kennt eine andere Lösung, indem dem Gericht selber die Wahlkompetenz übergeben wurde. Das wäre im Kanton Basel-Landschaft nicht verfassungskonform. Die Richterwahl obliegt dem Landrat.
Schliesslich beschloss die Kommission, das GOG gemäss Vorlage zu genehmigen.
In der zweiten Lesung des Gesetzes über die Zwangs-massnahmen im Ausländerrecht wurde von einer Seite ein Nein zur Vorlage angekündigt als Ausdruck eines grundsätzlichen Protestes gegen die gesetzlichen Bestimmungen im Ausländerrecht. Die heutige Situation mit Ausschaffungshaft, Ein- und Ausgrenzung sei menschenunwürdig.
Enthaltungen wurden angekündigt, weil die Einzelrichterlösung nicht unterstützt werden könne.
4. Antrag der Kommission
Mit 8:1 Stimmen bei 3 Enthaltungen beantragt die Justiz- und Polizeikommission dem Landrat, die Änderungen des Gesetzes über die Zwangsmassnahmen im Ausländerrecht, des Personaldekretes und des Gerichtsorganisationsgesetzes gemäss Regierungsvorlage zu genehmigen.
Birsfelden, 27. September 2005
Im Namen der Justiz- und Polizeikommission
die Präsidentin: Regula Meschberger
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