2005-52 (1)


1. Vorlage des Regierungsrates

Mit seiner Vorlage vom 22. Februar 2005 nahm der Regierungsrat eine umfassende Überprüfung des Einführungsgesetzes (EG) zum Zivilgesetzbuch (ZGB) vor. Wesentliche Erneuerungen mussten im Beurkundungsrecht sowie im Personenrecht vorgenommen werden. Im Erbschafts- und im Sachenrecht wurden vor allem Zuständigkeiten neu definiert und Anpassungen an die heutigen Gegebenheiten vorgenommen. Im Vermessungswesen wurde das Geografische Informationssystem gesetzlich verankert.


Auf die Einzelheiten der vorgeschlagenen Erneuerungen wird in diesem Bericht in den nachfolgend aufgeführten Kapiteln des EG ZGB im Zusammenhang mit den Diskussionen in der Justiz- und Polizeikommission näher eingegangen.




2. Vorgehen in der Justiz- und Polizeikommission


Die Beratung des EG ZGB beanspruchte viel Zeit in der Kommission, handelt es sich doch bei diesem Einführungsgesetz entsprechend dem ZGB um ein umfangreiches Gesetzeswerk, das verschiedenste Lebensbereiche für den Einzelnen, aber auch für den Staat selbst regelt.


Zehn Monate lang beschäftigten sich die Mitglieder intensiv mit dieser Teilrevision. Sie setzten sich mit der Vorlage auseinander und hörten sich die verschiedenen Interessengruppen, die sich im Vernehmlassungsverfahren zu Wort gemeldet hatten, an. In den darauf folgenden Diskussionen wurde die regierungsrätliche Vorlage immer wieder überarbeitet und abgeändert. In Einzelfällen wurden Kapitel mit klaren Aufträgen zur Überarbeitung zu-rückgewiesen (z.B. das Vermessungswesen). In anderen Fällen lieferte der Regierungsrat während der Beratung selbst eine neue Version (z.B. Kapitel Gebühren und Entschädigungen und die Grundbuchanlegung).


An den Beratungen haben regelmässig Regierungsrätin Sabine Pegoraro, Generalsekretär Stephan Mathis und der stellvertretende Generalsekretär Wolfgang Meier teilgenommen. Je nach Kapitel nahmen zudem Franziska Vogel Mansour, Leiterin der Zivilrechtsabteilung 1, Andreas Rebsamen, Bezirksschreiber Arlesheim, und der Kantonsgeometer Hans Hägler teil. Zu einzelnen Themen wurden weitere Fachpersonen beigezogen.




3. Anhörungen


In der Sitzung vom 29. August 2005 stellte der stellvertretende JPMD-Generalsekretär Wolfgang Meier die Vorlage umfassend vor. Unterstützt wurde er dabei von Franziska Vogel Mansour und von Andreas Rebsamen. Wolfgang Meier wies in seinen Ausführungen darauf hin, dass mit der Totalrevision eine Verbesserung der Gesetzessystematik und die Übereinstimmung der Verwaltungspraxis mit dem geltendem Recht angestrebt werden. Dazu werden die einzelnen Sachbereiche zusammengefasst.


Nach den detaillierten Ausführungen wurde eine Vertretung des VBLG (Verband Basellandschaftlicher Gemeinden), bestehend aus Hanspeter Gärtner, Gemeindeverwalter Oberwil, und Ueli O. Kräuchi, Geschäftsführer des VBLG, angehört. Beide betonten, dass sie mit der Vorlage zufrieden seien. Die Anliegen der Gemeinden wurden nach zahlreichen Gesprächen und Diskussionen vom Regierungsrat aufgenommen. Das betrifft vor allem den Erbschaftsanfall an Gemeinde und Kanton und die gesetzlichen Grundpfandrechte.


Daniel Stoll, Präsident des Basellandschaftlichen Notariatsverbands, wies in seiner Stellungnahme auf die Wichtigkeit der Beibehaltung der Prüfungspflicht für Notarinnen und Notare hin und wandte sich gegen eine prüfungsfreie Anerkennung ausserkantonal erworbener Fähigkeitsausweise. Weitere Wünsche bezogen sich auf die Erweiterung der Zuständigkeiten der privaten Notariate für Grundstücksgeschäfte und güterrechtliche Inventare, die Anzeigepflicht der Notare und Notarinnen und die Beschaffung von Urkunden.


Peter Jeger, Vertreter der Handelskammer beider Basel, befasste sich mit den wirtschaftlich relevanten Aspekten der Gesetzesrevision. Dazu gehören die Anerkennung ausserkantonaler Notariatspatente und die Privatisierung der Vermessungsnachführung.


An der Sitzung vom 12. September 2005 wurde Hans Hägler, Kantonsgeometer, angehört. Er stellte das Geografische Informationssystem GIS vor. Ziel dieses Informationssystems ist die Verfügbarkeit von Geodaten für Entscheidungsträgerinnen und -träger in einfach interpretierbarer Weise. Anschliessend wies er auf die in der Regierungsvorlage vorgesehenen Änderungen der Amtlichen Vermessung hin.




4. Eintreten


Eintreten auf die Totalrevision des EG ZGB war in der Sitzung vom 12. September 2005 unbestritten. Es wurde darauf hingewiesen, dass die Revision wichtig sei, da historisch Gewachsenes und durch zahlreiche Revisionen Verästeltes in eine neue, klar strukturierte Form gebracht werden müsse.


Es wurde deutlich, dass es um eine anspruchsvolle Vorlage geht, da es sich zumeist um Änderungen technischer Art handelt, deren politisch-gesellschaftliche Tragweite erst auf den zweiten Blick offenbar wird.




5. Erste und zweite Lesung


Die Detailberatung des Gesetzes wurde in der Zeit vom 12. September 2005 bis zum 26. Juni 2006 durchgeführt. Regierungsrätin Sabine Pegoraro, Generalsekretär Stephan Mathis und stv. Generalsekretär Wolfgang Meier nahmen an jeder Sitzung teil. Nachfolgend werden jene Personen aufgeführt, die zusätzlich eingeladen wurden.




5.1. Erste Lesung


12. September 2005
Erster Teil: Allgemeine Bestimmungen (Franziska Vogel Mansour, Leiterin Zivilrechtsabteilung 1 und Andreas Rebsamen, Bezirksschreiber Arlesheim)


26. September 2005
Zweiter Teil: Öffentliche Beurkundung (Andreas Rebsa-men)


24. Oktober 2005
Dritter Teil: Personenrecht; Vierter Teil: Familienrecht (Franziska Vogel Mansour)


21. November 2005
Fünfter Teil: Erbrecht (Andreas Rebsamen)


5. Dezember 2005
Informationen zur geplanten Aufhebung der Promillege-bühren (Franziska Vogel Mansour) ; Sechster Teil: Sachenrecht (Andreas Rebsamen)


19. Dezember 2005
Fortsetzung Sechster Teil (Andreas Rebsamen) ; Siebter Teil: Gebühren und Entschädigungen (Franziska Vogel Mansour) ; Achter Teil: Grundbuchanlegung und Amtliche Vermessung. Beraten werden konnte nur die Grundbuch-anlegung. (Hans Hägler, Kantonsgeometer)


16. Januar 2006
Fortsetzung Achter Teil mit der Amtlichen Vermessung. Die erste Lesung in Bezug auf die Amtliche Vermessung wurde sistiert und die Vorlage an die VSD zur Überarbeitung zurückgewiesen. (Hans Hägler, Kantonsgeometer, und Dieter Schenk, privater Geometer) ; Neunter Teil: Übergangs- und Schlussbestimmungen (Christine Baltzer, Präsidentin Abt. Zivil- und Strafrecht des Kantonsgerichtes, und Marcel Leuenberger, Bezirksgerichtspräsident Arlesheim)


24. April 2006
Achter Teil: Amtliche Vermessung (Hans Hägler, Kantonsgeometer, und Doris Bruderer, VBLG)




5.2. Zweite Lesung


22. Mai 2006
Erster und Zweiter Teil


29. Mai 2006
Dritter, Vierter, Fünfter, Sechster Teil


12. Juni 2006
Siebter, Achter und Neunter Teil


26. Juni 2006
Diskussion zurückgestellter Paragraphen und Schluss-abstimmung




6. Diskussionen im Einzelnen


Anmerkungen werden nur zu Paragraphen gemacht, welche die Justiz- und Polizeikommission inhaltlich verändert hat oder die besonders wichtige Neuerungen enthalten. Änderungen redaktioneller Art, die vor allem der Verständlichkeit dienen, werden nicht explizit aufgeführt.




6.1. Titel und Ingress


Keine Änderungen.




6.2. Erster Teil: Allgemeine Bestimmungen


Keine Änderungen.


§5 bietet neu die Grundlage für die Wiedergabe des Amtsblattinhaltes im Internet.




6.3. Zweiter Teil: Öffentliche Beurkundung


In §11 - Voraussetzungen der Notariatsbewilligung - wurde ein zusätzlicher Absatz aufgenommen, der die Anerkennung ausserkantonaler Fähigkeitsausweise und deren Beschränkung auf die Tätigkeit als Notarin oder Notar der Bezirksschreibereien oder der Gemeinden regelt. Diese Anerkennung erlischt nach Aufgabe der Anstellung als Notarin oder Notar der Bezirksschreibereien oder der Gemeinden. Damit wird eine leichte Öffnung gegenüber heute ermöglicht, ohne dass Notarinnen und Notare, die im Kanton Baselland ansässig sind, benachteiligt werden.


In § 19 - Sachliche Zuständigkeit - wurde im Absatz 1, Buchstabe c eine Erweiterung der Zuständigkeit der privaten Notarinnen und Notare vorgenommen. Neu sind diese auch für die Beurkundung von grundstücksrelevanten Geschäften zuständig, sofern diese mit einem notariellen Hauptgeschäft des freizügigen Notariats zusammenhängen oder ein Grundstück betreffen, über welches ein Vorvertrag abgeschlossen werden soll.


Die Änderung in § 20 - Örtliche Zuständigkeit für Grundstückgeschäfte - ist eine Folge des geänderten §19. Im Absatz 2 wird festgehalten, dass sich die örtliche Zuständigkeit der privaten Notarinnen und Notare für die in §19 Absatz 1 Buchstabe c genannte sachliche Zuständigkeit auf das ganze Kantonsgebiet erstreckt.


Laut § 30 - Inhalt der Urkunde - Buchstabe b muss die Notarin oder der Notar aufzeigen, wie sie oder er sich Kenntnis über Identität und Handlungsfähigkeit der an der Beurkundung mitwirkenden Personen verschafft hat. Laut Regierungsvorlage hätten die Notarinnen und Notare auf Grund von Unterlagen die Handlungsfähigkeit feststellen müssen. Das ist in der Praxis häufig gar nicht möglich.


Die im Beurkundungsrecht beschlossenen Änderungen haben eine leichte Öffnung und Erweiterung des privaten Notariats zur Folge.




6.4. Dritter Teil: Personenrecht


Im § 51 - Vereine - wird verdeutlicht, dass die Justiz-, Polizei und Militärdirektion für das Erheben einer Klage auf Aufhebung eines Vereins zuständig ist, nicht aber für die Klage selbst. Diese wird vom Gericht beurteilt.




6.5. Vierter Teil: Familienrecht


Im § 57 - Güterrechtliche Inventare - sind im neuen Absatz 2 auch die privaten Notarinnen und Notare für Inventare über eheliche Vermögenswerte zuständig, dies wahlweise neben den Bezirksschreibereien.


Die Regierungsvorlage sah im § 68 - Beizug von Sachverständigen - Absatz 3 eine Strafbestimmung vor. Die Kommission beschloss, im Neunten Teil (Übergangs- und Schlussbestimmungen) einen separaten Strafbestim-mungsparagraphen aufzunehmen.




6.6. Fünfter Teil: Erbrecht


Nur redaktionelle Änderungen.




6.7. Sechster Teil: Sachenrecht


§ 120 - Gemeindebehörden - Absatz 1 der Regierungs-vorlage verpflichtet das Gemeindepräsidium, Fundan-zeigen entgegenzunehmen und die gefundenen Sachen aufzubewahren. In der Diskussion stellten die Kommis-sionsmitglieder fest, dass diese Bestimmung nicht der gelebten Praxis entspricht. Es hat sich in allen Gemeinden eingebürgert, dass Fundgegenstände bei der Kantons-polizei abgegeben werden.


Diese Diskussion veranlasste die Direktion zur einer grundsätzlichen Überprüfung des Umgangs mit Fundanzeigen und der Aufbewahrung von Gegenständen. Diese Überprüfung führte zu einem umfassenden Lösungsvorschlag betreffend Fundwesen, sichergestellte Sachen und beschlagnahmte Güter sowie Sachen aus Pfändungs- und Konkursmassen.


Da die Kantonspolizei Verlust und Diebstahlanzeigen entgegennehmen muss, ist es kundenfreundlich, wenn sie auch für Fundanzeigen zuständig ist.


Das Aufbewahren der Fundgegenstände dürfte allerdings aufwändiger sein.


Aus diesem Grund hat die Direktion den Vorschlag einer Arbeitsgruppe zum Thema «beschlagnahmte Güter» aufgenommen. Diese Arbeitsgruppe verabschiedete am 23. September 2002 einen Bericht mit der Forderung, eine zentrale Sammelstelle beim Generalsekretariat der JPMD oder beim Kantonsgericht zu schaffen. Betroffen von der Fragestellung in Bezug auf Aufbewahrung und Verwertung von sichergestellten oder beschlagnahmten Gütern sind nicht nur die Kantonspolizei, sondern auch die Statthalterämter und die Gerichte.


Mit der Schaffung einer solchen zentralen Sammelstelle könnten auch die Betreibungs- und Konkursämter entlastet werden. Gleichzeitig besteht die Hoffnung, dass bessere Liquidationsergebnisse erzielt werden können.


Eine weitere Änderung ist absehbar: Das Betreibungs- und Konkursamt Basel-Stadt, das bisher für die basel-landschaftlichen Betreibungs- und Konkursämter Fahrnis-ganten durchführte, wird das in Zukunft nicht mehr übernehmen.


Auch diese Tatsache spricht dafür, im Kanton Baselland eine zentrale Stelle einzurichten.


Diese zentrale Stelle für Fundwesen und Verwertungen wird folgende Zuständigkeiten haben:

Die Stelle wird keine zusätzlichen Kosten verursachen. Die entsprechenden Stellenprozente können durch Stellentransfers realisiert werden.


Diese grundsätzliche Neuausrichtung wirkt sich im EG ZGB aus in:


§ 121 : Wegfall der Zuständigkeit des Gemeindepräsidiums für die Entgegennahme von Fundanzeigen und der Aufbewahrung von Fundgegenständen


§ 122 : Zuständigkeit der Kantonspolizei für die Entgegennahme der Fundanzeigen


§124 : Zuständigkeit der Justiz-, Polizei- und Militärdirektion in Bezug auf die Verwahrung, Versteigerung und Verwertung der oben genannten Gegenstände.


Entsprechende Anpassungen werden vorgenommen in den Übergangs- und Schlussbestimmungen, Änderungen bisherigen Rechts:
- § 190: EG SchKG § 2 Absatz 3.
- § 191: Strafprozessordnung § 102 Absatz 3
- § 195: Polizeigesetz § 33 Absatz 3


§ 125 - Herrenloses Land : Mit diesem Begriff, der so auch im ZGB Art. 664 Absatz 3 existiert, wird der Begriff «herrenloses Grundstück» aus der Regierungsvorlage ersetzt. Es geht ja nur um das Land, nicht auch um die sich allenfalls darauf befindlichen Immoblien.


Im § 130 wird eine Änderung der maximalen Höhe von Einfriedungen auf 1,80 Meter (dreifache Distanz von 60 cm) beschlossen. Die bisherige Beschränkung auf 1,20 Meter ist nicht mehr zeitgemäss und entspricht längst nicht mehr der Realität.


Diskussionen verursachte die Frage, ob mit Einfriedungen auch Feldhecken gemeint seien. Abklärungen beim Landwirtschaftszentrum Ebenrain ergaben, dass mit Feldhecken Aufwüchse von dicht beieinander stehenden und stark verzweigten Sträuchern oder Büschen (meist einheimisch) gemeint sind. Ausführliche Diskussionen in der Kommission ergaben, auf den Begriff Feldhecken zu verzichten.


Im § 130 geht es allgemein um Einfriedungen mit einer sinnvoll beschränkten Pflanzenhöhe.


Grosse Diskussion verursachte § 131 - Pflanzen (§ 129 der Regierungsvorlage) . Im Absatz 2 werden Waldbäume, grosse Zierbäume und Feldhecken gleich behandelt. Sie alle sollten auf öffentlichen Plätzen in Ortschaften und in privaten Gartenanlagen nicht näher als drei Meter, in offenem Land und gegenüber Reben nicht näher als sechst Meter von der Nachbargrenze entfernt gepflanzt werden.


Pflanzen, vor allem Bäume, sind die Ursache von unzähligen Nachbarschaftsstreitigkeiten, die immer wieder gerichtlich beurteilt werden müssen.


Die Diskussion zeigte, dass Waldbäume nicht in private Gärten gehören. Drei Meter Grenzabstand sind für diese gross wachsenden Bäume schlicht zu wenig. Es macht auch keinen Sinn, einfach die Höhe zu beschränken. Die Kommission einigte sich schliesslich darauf, dass Waldbäume und grosse Zierbäume nicht näher als sechs Meter von der Nachbarschaftsgrenze entfernt gepflanzt werden dürfen.


Feldhecken werden nicht mehr genannt.


Die neue Regelung bedingt eine Übergangsbestimmung für bestehende Waldbäume. Im § 183 wird festgehalten, dass sich der bisherige Grenzabstand von drei Metern für bestehende Waldbäume an öffentlichen Plätzen in Ortschaften und in Gartenanlagen weiterhin nach dem bisherigen Recht richtet.


Der erste Satz in § 144 - Zinse - wird gestrichen, nachdem Abklärungen ergeben haben, dass diese Formulierung gegenüber der allgemeinen Verzugszinsregelung im OR keine eigenständige Bedeutung hat.


Eine längere Diskussion bewirkte § 148 - Gesetzliche Grundpfandrechte . Es wurde in Frage gestellt, ob der Staat überhaupt das Recht auf diese Vorzugsbehandlung habe. Das gesetzliche Grundpfandrecht geht selbst dem Bauhandwerkerpfandrecht vor. Die Regelung enthalte eine ganze Reihe von Steuerforderungen, also voraussetzungslos geschuldete Abgaben, für die der Staat keine Leistung erbringe.


Dieser Ansicht wurde widersprochen. Eine vom Staat erhobene Steuer oder Gebühr sei nicht mit der Forderung zwischen zwei Privaten zu vergleichen. Anders als ein Grundeigentümer oder Handwerker kann sich der Staat seine Partner nicht aussuchen. Wenn der Staat Leistungen erbringt, muss er eine Handhabe erhalten, um sie in irgend einer Form wieder einfordern zu können. Über diese Handhabe verfügt er mit dem gesetzlichen Grundpfandrecht.


Mit knapper Mehrheit beschloss die Kommission, keine Änderungen vorzunehmen, dies nicht zuletzt auch, weil eine bundesrechtliche Lösung in Sicht ist, die eine Einschränkung der kantonalen gesetzlichen Pfandrechte vorsieht. Die Botschaft des Bundesrates wird auf Anfang 2007 erwartet.


Im § 148 Buchstabe g beschliesst die Kommission, neben dem Wasser- auch den Abwasserzins zu nennen.




6.8. Siebter Teil: Gebühren und Entschädigungen


Auf Grund der vom Regierungsrat per 1. Februar 2006 in Kraft gesetzten neuen Gebührenverordnung wird im § 158 - Gebühren und Entschädigungen - eine Neuregelung notwendig.


Der Kanton wird inskünftig Aufwandgebühren erheben. Das bedeutet eine Abkehr von den bisher geltenden Promillegebühren.


Das Urteil des Kantonsgerichtes Basel-Landschaft vom 25. Mai 2005, in welchem festgestellt wird, dass die Baubewilligungsgebühr von CHF 105'324,- für Arbeiten in der Steinbruchsohle der Burgerkorporation Liesberg das Äquivalenzprinzip verletzt, führte zum Auftrag des Regierungsrates, ein Rechtsgutachten in Bezug auf die Promillegebühren im Zivilrecht erstellen zu lassen. Das Gutachten des Rechtsdienstes des Regierungsrates vom 29. September 2005 kam zum Schluss, dass eine als Gemengesteuer ausgestaltete Promillegebühr rechtlich fragwürdig sei. Alle vom Kanton erhobenen Steuern müssen gemäss § 131 der Kantonsverfassung verfassungsrechtlich festgeschrieben sein. Promillegebühren können im oberen Bereich Elemente einer Steuer enthalten. Dazu brauchten sie eine verfassungsmässige Grundlage.


Das Kantonsgericht hat in seinen bisherigen Entscheiden die geltenden gesetzlichen Grundlagen für die Promillegebühren im Zivilrecht (§ 126 Absatz 2 bisheriges EG ZGB) als rechtsgenüglich angesehen. Für reine Kausalabgaben genügt eine gesetzliche Grundlage.


Im Sinn der Rechtssicherheit befürwortet das Gutachten des Rechtsdienstes eine neue Gebührenregelung im ZGB mit Hilfe der Aufnahme eines Gebührenrahmens.


Der Regierungsrat hat bereits per 1. Februar 2006 beschlossen, anstelle der bisherigen Promillegebühr eine Aufwandgebühr einzuführen.


Dies führte in der Kommission zu einer längeren Diskussion in der zweiten Lesung. Mit der Aufwandgebühr müsste der vom Staat geleistete Gesamtaufwand abgedeckt werden. Mit einer Verurkundung gehe der Staat eine Leistungsverpflichtung ein, die über den den reinen Akt hinausgehe. Er garantiert nämlich die dem Privaten aus der Verurkundung erwachsenden Rechte. Ob diese Leistung durch die allgemeinen Steuern abgedeckt werden soll, muss zumindest in Frage gestellt werden. Auf der andern Seite wurde in Zweifel gezogen, ob der Staat für die angesprochene Sicherstellung der Eigentumsgarantie Geld verlangen kann, handelt es sich doch um ein Grundrecht.


Schliesslich stimmte die Kommission der neuen Fassung der Justiz-, Polizei- und Militärdirektion mit der Einführung von Aufwandgebühren zu. Davon ausgenommen bleibt die Entschädigung für die vormundschaftliche Mandats-führung.




6.9. Achter Teil: Grundbuchanlegung und Amtliche Vermessung


6.9.1. Grundbuchanlegung


Gegenüber der regierungsrätlichen Vorlage konnten die Bestimmungen über die Grundbuchanlegung gekürzt und gestrafft werden. Während der Kommissionsberatungen hat die Gemeinde Frenkendorf als letzte Baselbieter Gemeinde das eidgenössische Grundbuch eingeführt. Die effektiven Anlegungsbestimmungen sind deshalb nicht mehr erforderlich.


Mit der Neufassung wurde auch der Forderung des VBLG, auf die Einsprachekommission zu verzichten, nachgekommen. Neu ist die Justiz-, Polizei-und Militärdirektion erste Beschwerdeinstanz.




6.9.2. Amtliche Vermessung


Die Diskussionen in der ersten Lesung führten zur Rück-weisung des Teils Amtliche Vermessung an die Volkswirtschafts- und Sanitätsdirektion mit dem Auftrag der Überarbeitung in dem Sinne, dass in absehbarer Zeit die Vermessungsnachführung vollständig von privaten Geometeringenieur/innen vorgenommen werden kann. Dazu wurden neben dem Kantonsgeometer auch ein privater Geometer angehört. Da die Neuregelung nicht Teil des ursprünglichen Vernehmlassungsverfahrens war, wurde der Verband Basellandschaftlicher Gemeinden dazu angehört.


Es zeigte sich, dass bereits heute in 40% der Gemeinden die Vermessungsnachführung von Privaten vorgenommen wird. Diese Personen unterstehen der Aufsicht des Vermessungsamtes. Das Volumen der vom Kanton vorgenommenen Nachführungen nimmt von Jahr zu Jahr ab. Bereits im laufenden Jahr wechseln wieder 5 - 6 Gemeinden zu privaten Geometerbüros.


Neu wird in § 172 festgehalten, dass die Gemeinde direkt mit einer privaten Ingenieur-Geometerin oder einem Ingenieur-Geometer einen Vertrag bezüglich Vermessungsnachführung abschliessen kann. Die Rechte und Pflichten dieser Personen werden in einer Verordnung festgelegt. Die Aufsicht über die Nachführung liegt weiterhin beim Kanton (§ 171, Buchstabe a) .


Der Übergang von der kantonalen zur privaten Nachführung wird im Vermessungsamt in den kommenden acht Jahren vorgenommen. Bis Ende 2014 sollen die Kreisgeometerbüros noch zuständig sein. Danach ist die Nachführung ganz in privater Hand.




6.9.3. Geografisches Informationssystem


Keine Änderungen.




6.10. Neunter Teil: Übergangs- und Schlussbestimmungen


6.10.1. § 186 - Änderung des Verwaltungsverfahrensgesetzes


Die in der Regierungsvorlage vorgesehene Änderung in §24 Absatz 6 des Verwaltungsverfahrensgesetzes wird gestrichen. Dies als Folge der nun abgeschafften Promillegebühr.




6.10.2. §188 - Änderung der Zivilprozessordnung


§ 3: Absatz 1 Ziffer 17 wird neu formuliert, indem die Klage auf Eheungültigkeit vorangestellt wird und die jeweils entsprechenden Artikel aus dem ZGB genannt werden. Das dient der besseren Lesbarkeit der Bestimmung.


Absatz 2 der Regierungsvorlage wird gestrichen, da alle diese Verfahren heute von der friedensrichterlichen Verhandlung ausgenommen sind.


Vergessen wurden die Ungültigkeitsklagen betreffend Verfügungen von Todes wegen (Art. 519, 520 ZGB). Diese finden sich nun in Ziffer 27.


§ 9: Zuerst ein kleiner Hinweis auf die Vorlage des Regierungsrates Seite 30. Dort wird unter den Erklärungen zum §9 der ZPO von einer vierjährigen Trennungsdauer gesprochen. Das ist überholt. Neu ist im ZGB eine zweijährige Trennungsdauer, wenn nicht beide Ehegatten mit der Scheidung einverstanden sind, vorgesehen (114 ZGB).


Neu aufgenommen im Absatz 2 werden die Unterhaltsklagen und die Unterstützungsklagen. Auch hier muss innert dreier Tage appelliert werden können.


§ 261 wird ebenfalls umformuliert. Unterhalts- und Unterstützungsklagen sind von Bundesrecht aus einfache und rasche Verfahren und müssen hier nicht erwähnt werden. Im neuen Absatz 2 geht es nur noch um die Vaterschaftsklage.


§ 263 : Auch ZGB 169 und ZGB 170 sollen in das summarische Verfahren aufgenommen werden. Zumindest ZGB 170 wird in jedem Ehenschutzverfahren angewendet.


Schliesslich wird der Titel vor § 264 der ZPO abgeändert in:


Siebenter Titel: Vom einfachen und raschen Verfahren nach Bundesrecht.




6.10.3. § 189 - Änderung des Notariatsgesetzes


Als Folge der im Beurkundungsrecht vorgenommenen Änderungen wird die Regelung in Bezug auf die von privaten Notarinnen und Notaren zu erhebenden Gebühren notwendig (§17, Absatz 1 des Notariatsgesetzes).




7. Schlussabstimmung und Antrag an den Landrat


In der Sitzung vom 26. Juni 2006 konnte in der Justiz- und Polizeikommission die Schlussabstimmung durchgeführt werden.


Birsfelden, 28. August 2006


Im Namen der Justiz- und Polizeikommission
die Präsidentin: Regula Meschberger


Beilage:
Gesetz über die Einführung des Zivilgesetzbuches (EG ZGB) [PDF], von der Redaktionskommission bereinigte Fassung



Back to Top