2004-266
Vorlage an den Landrat |
Titel:
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Änderung des Dekrets zum Gesetz über die Organisation der Gerichte und der Strafverfolgungsbehörden (Gerichtsorganisationsdekret, GOD) vom 22. Februar 2001
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vom:
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25. Oktober 2004
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Nr.:
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2004-266
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Bemerkungen:
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Acrobat (PDF):
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Vorlage
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1. Ausgangslage
Der Landrat erliess am 22. Februar 2001 das Gerichtsorganisationsdekret, welches seit 1. April 2002 in Kraft ist. Dieses legt bezüglich der Bezirksgerichte die Zahl der Gerichtskammern, der Richterinnen und Richter und der Präsidien sowie deren Pensen fest. Im Falle des Bezirksgerichts Waldenburg bestimmt § 3 Absatz 6, dass dieses aus einem teilamtlichen Präsidium mit einem Pensum von 50 Prozent eines Vollamtes und vier Richterinnen und Richtern besteht.
Beim Präsidium übernahm das Gerichtsorganisationsdekret die seit Jahrzehnten bestandene Regelung, die - soweit ersichtlich - nie ernsthaft hinterfragt worden ist. Der Rücktritt des gegenwärtigen Amtsinhabers auf Ende dieses Jahres gibt nun Anlass und Gelegenheit, die Regelung hinsichtlich des Präsidialpensums zu überprüfen.
2. Pensumüberprüfung des Präsidiums Bezirksgericht Waldenburg
Um die Arbeitsbelastung des Präsidiums von Waldenburg zu ermitteln, wurde eine empirische Methode gewählt:
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als Vergleichsmassstab dient die Belastung des Bezirksgerichts Arlesheim, da dieses Gericht ausgelastet, aber nicht überlastet ist
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verglichen werden die jeweilige Gesamtzahl der eingegangenen Fälle pro Jahr
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aus der Gesamtzahl der eingegangenen Fälle in Arlesheim wird die Belastung eines Präsidiums mit Vollpensum errechnet
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daraus wird das entsprechende Teilpensum in Waldenburg bei gleicher präsidialer Belastung wie in Arlesheim ermittelt
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der Vergleichszeitraum umfasst die letzten 10 Jahre (1994 - 2003), da das 4. Präsidium in Arlesheim per 1.1.1994 eingesetzt worden ist
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Vergleichsjahr
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BG Arlesheim
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BG Waldenburg
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eingegangene Fälle total
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Fälle pro 100% Präs.
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eingegangene Fälle total
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notwendiges Präs. pensum
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1994
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4'164
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1'041
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277
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27%
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1995
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3'830
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957
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250
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26%
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1996
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4'039
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1'010
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227
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22%
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1997
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4'164
|
1'041
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275
|
26%
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1998
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4'778
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1'194
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339
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28%
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1999
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4'273
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1'068
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242
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23%
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2000
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3'806
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951
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218
|
23%
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2001
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4'040
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1'010
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271
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27%
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2002
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4'034
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1'008
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299
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30%
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2003
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3'817
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954
|
267
|
28%
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Der Einbezug der Gerichtsschreiberinnen und Gerichtsschreiber (welche gemäss § 6 Absatz 3 Gerichtsorganisationsgesetz GOG gewisse Präsidialaufgaben übernehmen können) in den Vergleich verändert das Bild nur unwesentlich (und jedenfalls nicht zugunsten von Waldenburg): Das Total an Gerichtsschreiber-Pensen beträgt z.Zt. in Arlesheim 610 Stellenprozente und in Waldenburg 50 Stellenprozente (bei einer Gesamtzahl eingegangener Fälle im Jahr 2003 von 3'817 bzw. 267). Waldenburg hat also relativ mehr Gerichtsschreiberkapazität als Arlesheim.
3. Stellungnahme des Bezirksgerichts Waldenburg
Das Bezirksgericht Waldenburg lehnt mit Schreiben vom 20. September 2004 die vorgeschlagene Reduktion des Präsidialpensums aus folgenden Gründen ab:
a.
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Statistisch würden nicht alle Fälle an allen Bezirksgerichten gleich erfasst. Als (einziges) Beispiel werden Fälle im Rahmen von Konkursverfahren genannt.
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b.
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Den 4 Präsidien in Arlesheim stünden 610 Stellenprozente zur Seite (gegenüber 50 GerichtsschreiberInnen-Stellenprozente für 50% Präsidium in Waldenburg), was zu einer Entlastung führt.
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c.
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Im laufenden Jahr sei eine erhebliche Zunahme an Falleingängen zu verzeichnen.
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d.
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Mit einem 30%-Präsidium und einer 50%-Gerichtsschreiber-Stelle könne eine 100%ige
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Anwesenheit einer mit den nötigen Kompetenzen ausgestatteten Person nicht gewährleistet werden.
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e.
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Ein 30%-Präsidium schliesse die Bewerbung qualifizierter Persönlichkeiten für das Amt per se aus.
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ad a.
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Die vom Bezirksgericht Waldenburg gerügte ungleiche statistische Erfassung mag für Konkursverfahren bestehen (weitere Beispiele sind der GL nicht bekannt), doch ändert dies am Ergebnis nichts, da Waldenburg in der Statistik des betreffenden Jahres maximal 14 Fälle mehr aufgewiesen hätte. Im übrigen werden die Konkursverfahren (Konkurseröffnung, Bewilligung des summarischen Verfahrens, Konkursschluss) an den meisten Bezirksgerichten weitgehend durch das Kanzleipersonal und Gerichts schreiber und Gerichtsschreiberinnen bearbeitet.
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ad b.
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Zufolge eines Schreibfehlers sind im Vorentwurf in der Tat für Arlesheim 510 Stellenprozente GerichtsschreiberInnen aufgeführt worden. In den Vergleich einbezogen wurden jedoch die effektiv vorhandenen 610 Stellenprozente. Die Korrektur ändert daher an der Richtigkeit des Vergleichs nichts: Umgerechnet auf die Fallzahlen hat Waldenburg immer noch mehr Gerichtsschreiberkapazität.
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ad c.
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Die Kurve der Fallzahlenbelastung der Bezirksgerichte Waldenburg und Arlesheim verläuft in den letzten10 Jahren mehr oder weniger parallel. Die eingegangenen Fälle in den Jahren1994 bis 2003 variieren in Arlesheim zwischen 3806 und 4778 und in Waldenburg zwischen 227 und 339. Die im Jahre 2003 eingegangenen Fälle lagen eher im unteren Drittel. Bei der Zunahme der eingegangenen Fälle per 10.9.04 gegenüber 10.9.03 ist in Waldenburg hochgerechnet per Ende 2004 mit ca. 315 Fällen zu rechnen. Selbstverständlich müssen die Pensen aller Bezirksgerichte laufend überprüft werden. Sollte sich in der Zukunft eine erhebliche und dauernde Erhöhung der Falleingänge zeigen, wäre eine (erneute) Anpassung vorzunehmen.
Im übrigen darf darauf hingewiesen werden, dass der Vergleich mit Arlesheim lediglich ein Präsidialpensum von 26% ergibt. Der Vorschlag, das Pensum neu auf 30% festzulegen, enthält also noch eine geringe Reserve. |
ad d.
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Bereits bisher konnte nicht sichergestellt werden, dass stets "eine mit den nötigen Kompetenzen ausgestattete Person" (d.h. Präsidium oder GerichtsschreiberIn) anwesend war. Dieses Problem ist typisch für sehr kleine Organisationseinheiten. Für die (seltenen) Notfälle können jedoch Lösungen gefunden werden.
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ad e.
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Ob qualifizierte Bewerbungen eingehen, dürfte nicht davon abhängen, ob das Pensum 30% oder 50% beträgt.
Es sei hier auf das Präsidium des Steuergerichts verwiesen, dessen Pensum noch tiefer liegt. |
4. Bezug zur Justizreform
Die fünfte und letzte Etappe der Justizreform (Frage der Zusammenlegung der Bezirksgerichte) wird zur Zeit justiz- und verwaltungsintern diskutiert. Das Ergebnis ist noch offen.
Die hier unterbreitete Vorlage steht damit in keinem Zusammenhang. Die Frage der richtig bemessenen Ressourcen - auch auf präsidialer Ebene - stellt sich unabhängig von der gewählten Struktur und Organisation.
Das Kantonsgericht vertritt jedenfalls die Auffassung, dass es zu seiner Führungsaufgabe gehört, laufend die Entwicklung zu beobachten, zu analysieren und die nötigen Schlüsse bezüglich der erforderlichen Ressourcen und insbesondere deren angemessene Verteilung auf die Gerichte bzw. Strafverfolgungsbehörden zu ziehen.
5. Diskussion und Beschlussfassung des Gesamtgerichts des Kantonsgerichts:
Gemäss § 10 Absatz 4 Buchstabe d GOG beschliesst das Gesamtgericht des Kantonsgerichts über Anträge an den Landrat.
Die Geschäftsleitung hat dem Gesamtgericht gestützt auf die dargestellten Überlegungen die Verabschiedung dieser Vorlage an den Landrat beantragt. Das Gesamtgericht hat dem Antrag mit dem erforderlichen Quorum (§ 10 Absätze 5 und 6 GOG) an seiner Sitzung vom 25. Oktober 2004 zugestimmt.
6. Antrag
Das Kantonsgericht beantragt dem Landrat, dem beiliegenden Entwurf betreffen Änderung des Dekrets zum Gesetz über die Organisation der Gerichte und der Strafverfolgungsbehörden zuzustimmen.
Im Namen der Geschäftsleitung des Kantonsgerichts
Der Präsident
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Der Justizverwalter
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Peter Meier
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Martin Leber
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