2004-228
Vorlage an den Landrat |
Titel:
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Änderung des Gesetzes über die politischen Rechte (GpR); Bekanntgabe von Kandidierenden bei Urnenwahlen von Richterinnen und Richtern
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vom:
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14. September 2004
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Nr.:
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2004-228
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Bemerkungen:
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Acrobat (PDF):
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Vorlage
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1. Auftrag
Am 30. Oktober 2003 überwies der Landrat die in ein Postulat umgewandelte Motion 2002/302 "Bekanntmachung der KandidatInnen bei der Urnenwahl von RichterInnen" von Landrat Eric Nussbaumer vom 28. November 2002. Er beauftragte damit den Regierungsrat, eine Änderung des Gesetzes über die politischen Rechte (GpR) mit folgendem Inhalt zu prüfen: Kommt es bei der Wahl der PräsidentInnen und Mitglieder der Bezirksgerichte sowie der FriedensrichterInnen und deren StellvertreterInnen zu einer Urnenwahl, sind die Vorgeschlagenen den Stimmberechtigten mit dem Stimmzettel schriftlich zur Kenntnis zu bringen.
2. Heutige Situation
2.1 Gesetzliche Regelung
Gemäss heutiger gesetzlicher Regelung erhalten die Stimmberechtigten bei kantonalen Urnenwahlen, die nach dem Majorzwahlverfahren (Mehrheitswahl) durchgeführt werden, ausser dem Stimmrechtsausweis nur einen leeren Wahlzettel. Die Stimmberechtigten müssen die Namen der Personen, die sie wählen wollen, handschriftlich auf diesen Wahlzettel schreiben.
Auf kantonaler Ebene werden der Regierungsrat, das basellandschaftliche Mitglied des Ständerats, die Präsidien und Mitglieder der Bezirksgerichte sowie die Friedensrichterinnen und Friedensrichter im Majorzwahlverfahren gewählt.
2.2 Wer kandidiert?
Im Gegensatz zum Proporzwahlverfahren - mit den gedruckten amtlichen Wahllisten - sind beim Majorzverfahren keine amtlichen Listen mit den Namen der Vorgeschlagenen vorgesehen.
Es ist Aufgabe der beteiligten politischen Gruppierungen (Parteien), ihre Kandidatinnen und Kandidaten den Stimmberechtigten auf geeignete Weise bekannt zu machen. Die Stimmberechtigten ihrerseits müssen sich die für eine Majorzwahl notwendigen Informationen selber beschaffen, wenn sie ihr Wahlrecht ausüben wollen.
Bei den Regierungsrats- und Ständeratswahlen kann angesichts der relativ geringen Anzahl Kandidierender, des hohen Propagandaaufwandes der politischen Gruppierungen und des grossen Medieninteresses davon ausgegangen werden, dass die Kandidierenden den Stimmberechtigten bekannt sind bzw. von diesen ohne unzumutbaren Aufwand in Erfahrung gebracht werden können.
Anders sieht es gewöhnlich bei den Wahlen der Bezirksgerichte und der FriedensrichterInnen aus. Dort sind der Propagandaaufwand der beteiligten Gruppierungen und das Interesse der Medien ebenso bescheiden wie der Informationsstand der Stimmberechtigten. Dementsprechend ist es bei diesen Wahlen für die Stimmberechtigten oft mit einem erheblichem Aufwand verbunden, die Namen von Kandidierenden in Erfahrung zu bringen. In besonderem Masse gilt dies bei den Wahlen der Mitglieder des Bezirksgerichte und dort ganz besonders bei der Wahl des Bezirksgerichts Arlesheim, wo immerhin 18 Richterinnen und Richter zu wählen sind!
Die Folge des aus dieser Situation resultierenden Informationsdefizits der Stimmberechtigten ist bei diesen Wahlen jeweils eine überdurchschnittliche Wahlabstinenz bzw. eine überproportional grosse Anzahl leerer Wahlzettel.
Angesichts dieser Ausgangslage ist es angebracht, die Stimmberechtigten bei diesen speziellen Urnenwahlen mit einer amtlichen Information in der Ausübung ihres Wahlrechtes zu unterstützen. Der Regierungsrat schlägt deshalb vor, die amtliche Bekanntmachung der offiziell Kandidierenden bei RichterInnen-Wahlen im Sinne des Postulates Nussbaumer durch eine Änderung des GpR und der Verordnung zum GpR (VO GpR) zu ermöglichen.
3. Vorgeschlagene Neuregelung
3.1 Offizielle Kandidatinnen und Kandidaten
Grundsätzlich sind bei Majorzwahlen alle Stimmberechtigten wählbar, unabhängig davon, ob sie kandidieren oder nicht (Ausnahme: Bezirkgerichtspräsidien, wo eine rechtswissenschaftliche Ausbildung vorausgesetzt wird).
Im Gegensatz zu den Regierungsrats- und Ständeratswahlen besteht bei den Wahlen der Präsidien und der Mitglieder der Bezirksgerichte sowie bei den Friedensrichter-Wahlen aber die Möglichkeit der Stillen Wahl. Dazu müssen die Wahlvorschläge bis zum 48. Tag vor dem Wahltag auf dem zuständigen Statthalteramt eingereicht werden. Wenn die Zahl der Vorgeschlagenen gleich gross ist wie die Zahl der zu Wählenden, widerruft die Erwahrungsinstanz (der Regierungsrat) die Urnenwahl und erklärt die Vorgeschlagenen als gewählt.
Die so Vorgeschlagenen können als offizielle Kandidatinnen und Kandidaten betrachtet werden, zumal sie ihrer Kandidatur unterschriftlich zustimmen müssen.
3.2 Amtliche Bekanntgabe der offiziell Kandidierenden
Die offiziell Kandidierenden sollen künftig, sofern es zur Urnenwahl kommt, den Stimmberechtigten durch ein amtliches Informationsblatt bekannt gemacht werden.
Dieses Informationsblatt soll durch die Landeskanzlei erstellt und zusammen mit den entsprechenden Wahlzetteln den Stimmberechtigten zugestellt werden.
Ausser den Angaben über die offiziell Kandidierenden (Vorname, Name, Geburtsjahr, Beruf oder Tätigkeit, Wohnort und gegebenenfalls der Zusatz "bisher") muss das Informationsblatt auch einen Hinweis zum Kreis der wählbaren Personen enthalten.
3.3 Rechtliche Verankerung
Die amtliche Bekanntgabe der Vorgeschlagenen bei Urnenwahlen von Richterinnen und Richtern soll mit einer Ergänzung des GpR (neuer § 26 GpR Absatz 3) grundsätzlich festgeschrieben werden.
Mit einer Ergänzung der Verordnung zum GpR (neuer § 13 b) wird bestimmt, wer für die Erstellung des Informationsblattes verantwortlich ist und welche Angaben darin enthalten sein sollen.
4. Kosten
Die zusätzlichen Kosten, welche die vorgeschlagene Gesetzesänderung verursachen wird, hängen von der Häufigkeit solcher Urnenwahlen ab. Sie werden bei den Gesamterneuerungswahlen der Bezirksgerichte und der FriedensrichterInnen, aber auch bei den gelegentlich nötig werdenden Ersatz- und Nachwahlen anfallen.
Allerdings ist dazu zu bemerken, dass bei RichterInnen-Wahlen öfters Stille Wahlen zustande kommen. So erfolgten bei den letzten Gesamterneuerungswahlen im Jahre 2001 alle Bezirksgerichtswahlen mit Ausnahme des Bezirksgerichtspräsidiums Liestal in Stiller Wahl. Bei den FriedensrichterInnen fanden in 13 Wahlkreisen Urnenwahlen, in 10 Wahlkreisen Stille Wahlen statt.
Die Papier- und Druckkosten für die Informationsblätter entsprechen ungefähr den Kosten für die Erstellung der entsprechenden Wahlzettel: ca. Fr. 500.-- für 5000 Exemplare bei einer Friedensrichter-Ersatzwahl in einem kleineren Friedensrichterkreis, bis Fr. 4000.-- für 105'000 Exemplare bei einer Bezirksgerichtswahl im Bezirk Arlesheim.
Im Jahre 2001 hätten die Kosten für insgesamt 14 Informationsblätter rund Fr. 12'000.-- betragen. In den übrigen Jahren dürften sich diese Kosten auf weniger als Fr. 5000.-- belaufen.
5. Ergebnis der Vernehmlassung
Die vom 25. Mai bis 31. August 2004 durchgeführte Vernehmlassung, an welcher der Verband Basellandschaftlicher Gemeinden (VBLG) und zusätzlich 24 Gemeinden mit einer eigenen Stellungnahme oder einer ausdrücklichen Unterstützung der Vernehmlassung des VBLG, 4 Parteien (SP, SVP, CVP, Grüne) und das Kantonsgericht teilgenommen haben, zeigt eine fast einhellige Zustimmung zur beantragten Änderung des GpR. Lediglich die Gemeinde Oberwil äussert Bedenken bezüglich der Systemkonformität zu den übrigen Majorzwahlen, der Chancengleichheit der Wählbaren und der Wirksamkeit der Publikation der Kandidierenden für die Wahlbeteiligung.
Die von einzelnen Vernehmlassungen gewünschte abschliessende Aufzählung des Inhalts des Informationsblattes ist mit dem neuen § 13b VO GpR erfüllt. Die von den Gemeinden Arboldswil und Bubendorf angeregte Publikation eines kurzen, standardisierten Lebenslaufes der Kandidierenden wird mit § 13b VO GpR mindestens teilweise erfüllt.
Die Anregung der Gemeinde Pfeffingen, die vorgeschlagene Massnahme auch für die Majorzwahlen der Gemeinden vorzusehen, kann im Rahmen dieser Teilrevision nicht berücksichtigt werden, weil die Ausgangslage bei diesen Wahlen uneinheitlich ist (Möglichkeit der Stillen Wahl nicht überall gegeben) und vor allem weil die Gemeinden ihre Stimmberechtigten gezielt informieren können (Anmeldeverfahren und Publikation via Gemeindeanzeiger, Informationsblatt usw.).
Die Anregung des VBLG, in § 27 GpR eine geschlechtsneutrale Formulierung einzuführen, wird in diesem Zusammenhang nicht aufgenommen, weil § 27 von der beantragten Änderung formell nicht betroffen ist. Die konkret beantragten Änderungen sind geschlechtsneutral formuliert.
6. Antrag
Der Regierungsrat beantragt dem Landrat,
1.
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die Änderung des Gesetzes über die politischen Rechte (GpR) gemäss beiliegendem Entwurf zu beschliessen;
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2.
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das Postulat
2002/302
von Eric Nussbaumer als erfüllt abzuschreiben.
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Liestal, 14. September 2004
Im Namen des Regierungsrates
der Präsident: Ballmer
der Landschreiber: Mundschin
Beilagen
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Entwurf der Änderung des Gesetzes über die politischen Rechte
[PDF]
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Entwurf der Änderung der Verordnung zum GpR (zur Kenntnisnahme)
[PDF]
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Muster eines Informationsblattes
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Postulat 2002/302
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