2004-331 (1)


1. Postulat

Dieter Völlmin verlangte mit seinem Postulat die Prüfung der Frage, ob und inwieweit im Kanton Baselland eine einheitliche Zuständigkeit für die Beurteilung von SVG-Delikten geschaffen werden kann und welche Anpassungen des kantonalen Rechts dazu notwendig wären.
Ausgangslage ist die Tatsache, dass Verkehrsregelverletzungen zwei Verfahren auslösen: Nämlich einerseits das Strafverfahren, in dem untersucht wird, ob sich die betreffende Person strafbar gemacht hat und andererseits das Administrativverfahren, in welchem entschieden wird, ob der Führerausweis entzogen oder eine Verwarnung ausgesprochen werden muss. Das Strafverfahren wird durch die Strafverfolgungsbehörden des Ortes durchgeführt, wo die strafbare Handlung begangen wurde. Für das Administrativverfahren zuständig ist die entsprechende Behörde des Wohnsitzkantons.
Die Kantone Schaffhausen und Obwalden haben die beiden Verfahren insofern zusammengelegt, als für beide Verfahren die gleiche Behörde zuständig ist.




2. Antwort des Regierungsrates


In seiner Vorlage kommt der Regierungsrat nach ausführlichen Abklärungen zum Schluss, dass die Bildung z.B. eines neuen Strassenverkehrsamtes mit dem Personal der beiden heute zuständigen Behörden (Statthalterämter und Hauptabteilung Verkehrssicherheit der Polizei Basel-Landschaft), respektive die Verfügung oder den Entscheid durch eine Person in Personalunion duchführen zu lassen, nicht die erhofften Vorteile bringt, da in einem grossen Teil der Fälle aus bundesrechtlichen Gründen weiterhin zwei Verfügungen notwendig sind. Insgesamt erscheine der Reorganisationsaufwand gemessen an der erhofften Zielerreichung als zu gross.




3. Informationen in der Kommission


Die Justiz- und Polizeikommission liess sich an der Sitzung vom 14. März 2005 durch Herrn Alois Rölli, Leiter Administrative Massnahmen, Hauptabteilung Verkehrssicherheit der Polizei Basel-Landschaft, über die derzeitige Situation und allfällige Verbesserungen informieren. Nachdem zusätzliche Unterlagen beschafft werden mussten - vor allem aus den Kantonen Schaffhausen und Obwalden, wo die beiden Verfahren zusammengelegt sind -, nahm die Kommission die Beratungen an der Sitzung vom 2. Mai 2005 wieder auf. Neben Herrn Rölli nahm daran auch Barbara Zimmerli, stv. Leiterin Bewilligungen, Freiheitsentzug, Soziales der JPMD, teil.
An beiden Sitzungen waren auch Regierungsrätin Sabine Pegoraro und JPMD-Generalsekretär Stephan Mathis zugegen.
Die Diskussionen zeigten auf, dass die derzeitige Situation mit zwei getrennten Verfahren für viele Betroffene unbefriedigend ist. Sie können nicht verstehen, dass sie für das gleiche Delikt in zwei verschiedenen Verfahren gebüsst werden.
Das ist allerdings vom Bundesrecht so gewollt und hat auch gewisse Vorteile. Administrativverfahren können eröffnet und Massnahmen vollzogen werden, bevor ein Strafbefehl erlassen wird. Bis zum Vorliegen eines rechtskräftigen Urteils können ohne weiteres 1-2 Jahre vergehen. Würde mit der Administrativmassnahme, z.B. Führerausweisentzug, solange zugewartet, würde das bei den Betroffenen auf Unverständnis stossen.
In 86% aller Fälle wird die Administrativmassnahme gleich nach Eingang des Rapportes verfügt.
In 14% der Fälle wird das Urteil abgewartet, weil der Vorfall unklar ist oder der Betroffene den Sachverhalt bestreitet.
Die Erfahrungen in den Kantonen Obwalden und Schaffhausen sind gut. Allerdings handelt es sich um kleine Kantone, die von Grösse und Struktur her nicht mit Baselland vergleichbar sind. In Schaffhausen ist ein Verkehrsstrafamt geschaffen worden, in Obwalden ist es das Verhöramt. Es werden immer zwei Verfahren durchgeführt, da das Bundesrecht dies vorsieht. Die Verfahren werden
aber durch die gleiche Person erledigt. Die Leiter der beiden Ämter sind sich einig, dass sich ihr System vor allem für kleine Kantone bewährt.




4. Diskussion in der Kommission


In der Diskussion zeigte sich, dass der Hauptvorteil der gleichen Zuständigkeit für beide Verfahren in der Kundenfreundlichkeit liegen würde. Die Verfahrenskoordination, wie sie das Postulat verlangt, würde auch Synergien ermöglichen.
Müssten die Verfahren koordiniert werden, würde das aber grosse Umstrukturierungen nach sich ziehen. Die Statthalterämter müssten z.B. mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Hauptabteilung Verkehrssicherheit ergänzt werden, oder umgekehrt die Hauptabteilung Verkehrssicherheit durch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Statthalterämter. Oder es müsste - analog zu Obwalden und Schaffhausen - ein neues Verkehrsstatthalteramt gebildet werden.
Die heutige Regelung ist nicht nur schlecht. Die Erfahrungen zeigen, dass Betroffene es schätzen, wenn sie über die Modalitäten des Führerausweisentzugs (z.B. den Zeitpunkt) mit der Verwaltung reden können und dafür kein Gericht brauchen. Dazu muss auch der Aspekt der Gewaltenteilung berücksichtigt werden: Die Schaffung eines Verkehrsstrafamtes führt dazu, dass die Mitarbeitenden gleichzeitig einer Verwaltungs- und einer richterlichen Behörde unterstellt wären.




5. Antrag der Kommission


://: Nach ausführlicher Diskussion beantragt die Justiz- und Polizeikommission dem Landrat mit 8:0 Stimmen bei 5 Enthaltungen, vom Bericht des Regierungsrates zum Postulat 2002/230 «Vermeidung der Mehrfachbestrafung bei SVG-Verstössen» Kenntnis zu nehmen und das Postulat abzuschreiben.


Birsfelden, 10. Juni 2005


Im Namen der Justiz- und Polizeikommission
die Präsidentin: Regula Meschberger



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