2004-323 (1)
Vorlage an den Landrat |
Titel:
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Beantwortung der Interpellation der SVP-Fraktion "Stand der Umsetzung des Besonderen Untersuchungsrichteramts (BUR) sowie den zusätzlichen Finanzermittlern bei der Polizei"
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vom:
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13. April 2005
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Nr.:
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2004-323
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Bemerkungen:
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Acrobat (PDF):
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Vorlage
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Am 8. Dezember 2004 hat die SVP-Fraktion eine Interpellation betreffend "Stand der Umsetzung des Besonderen Untersuchungsrichteramts (BUR) sowie den zusätzlichen Finanzermittlern bei der Polizei" eingereicht. Die Interpellation hat folgenden Wortlaut:
Text:
Im Geschäft 1997-223, wo es um die Einführung des besonderen Untersuchungsrichteramtes (Kurzformel: BUR) für bestimmte Wirtschaftsdelikte und für Delikte im Zusammenhang mit der organisierten Kriminalität gegangen ist, kann dem Kommissionsbericht der Justiz- und Polizeikommission entnommen werden, dass nebst der Einführung der oben erwähnten Dienststelle, bei der Polizei 2 zusätzliche Finanzermittler und 3 Ermittler für den Bereich der "Organisierten Kriminalität" geschaffen werden sollen. Weiter kann man dem Bericht entnehmen, dass es denkbar sei, über die Einziehung krimineller Vermögenswerte auch namhafte Erträge erzielen zu können. Bekannt ist, dass bei der Polizei ein Dienst "Organisierte Kriminalität" entstanden ist.
Aus diesen Feststellungen ergeben sich folgende Fragen an den Regierungsrat:
1. Wie wurde die Umsetzung der beiden zusätzlichen Finanzermittler bei der Polizei realisiert?
2. Wie hoch sind die Erträge, welche aus den Ermittlungen von kriminellen Vermögenswerten jährlich in die Staatskasse fliessen?
3. In einigen Bundesländern Deutschlands werden unter dem Begriff "Gewinnabschöpfung" hohe Geldbeträge, welche durch Wirtschaftskriminalität entstehen, eingezogen und fliessen danach in die Staatskasse. Wird in der Schweiz und besonders in unserem Kanton ebenfalls eine Art "Gewinnabschöpfung" betrieben?
4. Wenn nein, würden die gesetzlichen Grundlagen in unserem Kanton bestehen?
5. Wie ist die Zusammenarbeit zwischen den Strafverfolgungsbehörden und der Steuerbehörde (Steuerfahndung)?
Wir danken im Voraus für eine schriftliche Beantwortung.
Beantwortung der Fragen:
Frage 1:
Wie wurde die Umsetzung der beiden zusätzlichen Finanzermittler bei der Polizei realisiert?
1997 ist ein Mitarbeiter der Ermittlungsdienste der Kriminalpolizei zur Bearbeitung wirtschaftskrimineller Fälle ausgebildet worden. Dieser wechselte jedoch 1999 als Untersuchungsbeamter zu einem Statthalteramt und setzt sein Wissen heute dort ein.
Nach der Schaffung des Besonderen Untersuchungsrichteramts (BUR) - es untersteht dem Kantonsgericht - wurde im Zuge der Neuorganisation der Hauptabteilung Kriminalitätsbekämpfung der Polizei Basel-Landschaft der Dienst Organisierte Kriminalität (OK) eingesetzt, um die für die organisierte Kriminalität zuständige Abteilung des BUR zu unterstützen.
Von Anbeginn wurde aber darauf hingewiesen, dass zwei Finanzermittler und drei OK-Ermittler bei der Polizei nicht die nötige Wirkung erzielen (Ermittlungsstärke, Pikettleistungen etc.) und dass komplexe Wirtschaftsfälle besser durch Juristen und Wirtschaftswissenschaftler des BUR bearbeitet werden würden. Deshalb wurden die Polizeimitarbeitenden, die für das BUR ermittelten, im Dienst Organisierte Kriminalität der Polizei Basel-Landschaft mit fünf Mitarbeitenden zusammengefasst. In gegenseitiger Absprache wurde auf die Bildung einer analogen Ermittlungsgruppe Wirtschaftskriminalität beim BUR verzichtet.
Die Erfahrung der letzten Jahre zeigt, dass das BUR nicht sämtliche, sondern nur die komplexen Wirtschaftsdelikte selbständig bearbeitet. Die kleineren und mittleren Wirtschaftsdelikte verbleiben bei den Statthalterämtern bzw. bei den Ermittlungsdiensten der Polizei.
Diesem Umstand trägt die Polizei Basel-Landschaft Rechnung, indem ein Polizeimitarbeiter auf dem Fachgebiet der Finanzermittlung ausgebildet wird. So können die vermehrten Aufträge der Statthalterämter zur Ermittlung von Finanzflüssen kompetent erledigt werden. Die Ausbildungszeit - sie dauert zwei bis drei Jahre und ist kostspielig - ist noch nicht beendet. Finanzermittler sind nicht einfach zu rekrutieren, weil es sich um eine akribische Buchhalterarbeit handelt, zu der wenige Polizeimitarbeitende einen Zugang finden. Ein weiteres Problem besteht im Lohnniveau. Die Untersuchungsbeamten bei den Statthalterämtern oder Finanzexperten in der Privatwirtschaft verdienen deutlich mehr. Somit ist es schwierig, gute und fähige Finanzermittler längerfristig zu halten.
Frage 2:
Wie hoch sind die Erträge, welche aus den Ermittlungen von kriminellen Vermögenswerten jährlich in die Staatskasse fliessen?
Die Erlöse aus dem Verkauf bzw. der Beschlagnahme zu Gunsten der Staatskasse unterliegen starken Schwankungen. Bei grösseren Fällen (meist Drogendelikte) können diese mehrere hunderttausend Franken betragen. Es gibt aber Jahre, in denen knapp 30'000 Franken oder weniger verbucht werden konnten. Oft kann es Jahre dauern, bis eine Verwertung solcher Gegenstände stattfinden und der Erlös in der laufenden Rechnung verbucht werden kann. Die Gründe liegen beispielsweise im Weiterzug von Gerichtsurteilen bis vor das Bundesgericht.
Frage 3:
In einigen Bundesländern Deutschlands werden unter dem Begriff "Gewinnabschöpfung"
hohe Geldbeträge, welche durch Wirtschaftskriminalität entstehen, eingezogen und fliessen danach in die Staatskasse. Wird in der Schweiz und besonders in unserem Kanton ebenfalls eine Art "Gewinnabschöpfung" betrieben?
Diese in Deutschland und Österreich als Gewinnabschöpfung bezeichnete Massnahme wird in der Schweiz nur zögerlich eingesetzt. Das BUR ist im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten und seiner Ressourcen bestrebt, "Gewinnabschöpfung" zu betreiben. Abgeschöpfte "Gewinne" müssen jedoch, wenn Geschädigte vorhanden sind, zu deren Gunsten verwendet werden. Gerade bei Wirtschaftsdelikten bleibt deshalb für die Staatskasse erfahrungsgemäss nichts übrig (s. Art. 60 StGB, trotz der Kann-Vorschrift ist die Verwendung zu Gunsten der Geschädigten gemäss Praxis zwingend, wenn die aufgeführten Voraussetzungen erfüllt sind). Das BUR bedauert, dass es aufgrund des geltenden Rechts nicht möglich ist, dass der Staat seine Verfahrenskosten aus den beschlagnahmten bzw. eingezogenen Vermögenswerten decken kann, solange nicht alle Gläubiger befriedigt sind.
Frage 4:
Wenn nein, würden die gesetzlichen Grundlagen in unserem Kanton bestehen?
Die gesetzlichen Grundlagen sind im Strafgesetzbuch und in der Strafprozessordnung vorhanden.
Frage 5:
Wie ist die Zusammenarbeit zwischen den Strafverfolgungsbehörden und der Steuerbehörde (Steuerfahndung)?
Grundsätzlich gilt, dass die Steuerverwaltung aufgrund von § 111 Abs. 2 des Steuergesetzes des Kantons Basel-Landschaft (StG) den Organen der öffentlichen Verwaltung und der Rechtspflege Auskünfte erteilen soll, sofern ein berechtigtes Interesse vorliegt. Ebenso haben aufgrund von § 113 StG die Verwaltungs- und Gerichtsbehörden sowie die übrigen Amtsstellen des Kantons und der Gemeinden den Einschätzungsbehörden ungeachtet einer allfälligen Geheimhaltungspflicht aus den amtlichen Registern und Akten auf Verlangen kostenlos Auskunft zu erteilen.
In der Steuerpraxis findet in der Regel eine gute Zusammenarbeit zwischen der Abteilung Nach- und Strafsteuer der kantonalen Steuerverwaltung, der Hauptabteilung Kriminalitätsbekämpfung der Polizei Basel-Landschaft und dem BUR statt. Namentlich zeigt das BUR Widerhandlungen gegen das Steuergesetz gestützt auf § 162 an, auf der anderen Seite erhält es von der Steuerverwaltung bei Bedarf im Rahmen der gesetzlichen Regeln alle notwendigen Informationen bzw. Akten.
Anders als im nahen Ausland kennt die kantonale Steuergesetzgebung keine eigentliche Steuerfahndung. Die Steuerverwaltung kann aber bei Vorliegen von Verdachtsmomenten z.B. zusätzliche Belege anfordern oder Buchprüfungen vornehmen. Erhärtet sich der Verdacht auf eine Steuerhinterziehung wird ein Nach- und Strafsteuerverfahren eingeleitet. Bei Verdacht auf einen Steuerbetrug nach § 148 StG ist gemäss § 150 StG nicht die Steuerverwaltung zuständig, sondern die kantonalen Strafverfolgungsbehörden. Liegen der Steuerverwaltung entsprechende Hinweise auf Steuerbetrugsfälle vor, erstattet sie Anzeige an die zuständigen Statthalterämter. Auch in diesen, eher seltenen Fällen, funktioniert die Zusammenarbeit gut.
Im Bereich der Bekämpfung der organisierten Kriminalität verfolgt die Polizei Basel-Landschaft seit vier Jahren eine neue Doktrin. In Strafverfahren, in denen grössere Geldbeträge feststellt werden und die Herkunft unklar ist bzw. keinem Delikt zugeordnet werden kann, hat die Polizei die Steuerrevision verständigt. So wurde in mehreren Strafverfahren und in enger Zusammenarbeit über 1,5 Mio. Nach- und Strafsteuern eingeholt (unabhängig vom Strafverfahren).
Bei Betäubungsmitteldelikten ist eine Zusammenarbeit mit den Steuerbehörden seltener, da es sich bei der Täterschaft oft um illegal in der Schweiz weilende Ausländer handelt. In der Aktion Smoke II (Verfahren gegen die Hanfladenbesitzer, Betreiber von Hanfindoor- und outdoor Anlagen) bestand die Täterschaft mehrheitlich aus Schweizern oder legal in der Schweiz wohnenden Ausländern. Auch hier war die Zusammenarbeit mit der Steuerbehörde gut.
Im Namen des Regierungsrates
Der Präsident: Ballmer
Der Landschreiber: Mundschin
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