2004-295


1. Die Petition

Am 22. September 2004 hat das Forum «Flughafen - nur mit der Region» dem Landrat die Petition «Kein Frachtflughafen in Basel-Mulhouse» mit 2'434 Unterschriften überreicht. Darin werden in der Absicht, Lebens- und Wohnqualität vor Fluglärm zu schützen, drei Forderungen erhoben:




2. Vorgehen der Kommission


Die Petitionskommission hat an ihrer Sitzung vom 19. Oktober 2004 die Petenten, vertreten durch Herrn Jacques Finck aus Hégenheim, Präsident des elsässischen Schutzverbandes ADRA (Assiciation de Défense des Riverains de l'Aréoport de Bâle-Mulhouse) und Herrn Hans Adam aus Allschwil, Vorstandsmitglied des Forums «Flughafen - nur mit der Region», angehört. In der gleichen Sitzung wurde auch dem Regierungsrat, vertreten durch Herrn Christian Boppart, Assistent des Generalsekretärs der Finanz- und Kirchendirektion, Gelegenheit gegeben, zu den Forderungen der Petenten Stellung zu nehmen.


In ihrer Sitzung vom 16. November 2004 hat die Petitionskommission ihre Beratung mit einem Antrag abgeschlossen.




3. Anhörung der Petenten


Die Petenten stellen fest, der EAP sei im Begriff, sich zu einer interkontinentalen Frachtdrehscheibe für Expressfrachtdienste und auch für Nurfrachtverkehr zu entwickeln. Dies ziehe unweigerlich eine Steigerung der Schadstoff- und Lärmemission nach sich. Expressflüge fänden oft zu sensiblen Nachtzeiten statt. Frachtflugzeuge seien meistens lärmige Maschinen älterer Bauart. Gerade diese Flugzeuge könnten wegen ihrer Grösse die Ost/West-Piste nicht benützen. Den Flughafenanwohnern sei versprochen worden, diese Piste bringe den Wohngebieten im Süden des EAP eine Entlastung, was sich bis heute in keiner Weise bewahrheitet habe. Fliege ein Frachtjumbo in geringer Höhe über Wohngebiete, so löse dies Ängste aus und sei auch erwiesenermassen gesundheitsschädigend.


Die Petenten haben beobachtet, dass ein Frachtflug von Malaysian Cargo und Korean Cargo bis zu einem Dutzend Lastwagenzu- und wegfahrten zur Folge habe. Dabei kämen die Lastwagen aus den Regionen Mailand, München, Paris, Lyon, ja selbst aus Bordeaux. Damit sei erwiesen, dass der EAP im Frachtverkehr alles andere als ein Flughafen für die Region sei. Es sei Absicht des EAP, die Fracht als zweites Standbein auszubauen und den Flughafen zu einer mitteleuropäischen Frachtdrehscheibe zu expandieren. Daher würde zurzeit eine neue Expressfrachthalle gebaut, die Infrastruktur am Ostende der Ost/West-Piste erneuert und ein Frachtmanager eingestellt. Damit werde vom immer wieder beteuerten Ziel, dass der EAP ein Regionalflughafen sein und bleiben wolle, abgewichen. Dieser Entwicklung sei Einhalt zu gebieten. Deshalb forderten die Petenten, dass


Die Petenten weisen darauf hin, dass die Störung der Nachtruhe die grösste Belastung darstelle. An sich gelte eine Nachtruhe zwischen Mitternacht und 05.00 Uhr für Landungen. Starts seien nach der geltenden Regelung ab 06.00 Uhr erlaubt. Starts und Landungen gäbe es aber im Rahmen von Ausnahmebewilligungen die ganze Nacht hindurch. Als Nachtstunden gälten im internationalen Flugverkehr die Zeit zwischen 22.00 Uhr und 08.00 Uhr. Während dieser Zeitspanne fänden aber jährlich über 6'000 Flugbewegungen statt. Es seien auch schon einmal 9'000 gewesen. Zurzeit sei ein Wachstum zu verzeichnen. Der französische Lärmkataster gehe von einer Zunahme auf 9'000 - 10'000 nächtlichen Flugbewegungen in ca. 10 Jahren aus. Ein Teil der Nachtflüge, insbesondere jene nach 23.00 Uhr und zwischen 06.00 und 06.30 Uhr, seien Expressfrachtflüge.

Abschliessend hielten die Petenten fest, dass sie sich durchaus der wirtschaftlichen Bedeutung des Flughafens bewusst seien und auch einsähen, dass sich ein Flughafen müsse entwickeln können. Zurzeit sei er aber zu einer Art Lumpensammler auf dem Markt der Flugverbindungen geworden und nehme so ziemlich alles an. Die Entwicklung des Flughafens müsse aber auf die Bedürfnisse der Menschen in der Region abgestimmt sein, und diese bräuchten keinen überdimensionierten Flughafen, schon gar nicht im Frachtbereich. Dass Fehlentscheidungen getroffen wurden und der EAP in einem Mass ausgebaut wurde, das in keinem Verhältnis zum faktischen Verkehrsaufkommen und den Bedürfnissen der Region stehe, gehe auf Entscheidungen des EAP zurück und dürfe nun nicht zulasten der Bevölkerung geschönt werden.




4. Stellungnahme des Regierungsrates


Christian Boppart, Assistent des Generalsekretärs der Finanz- und Kirchendirektion, bekräftigt, es entspreche dem Willen aller Beteiligten, dass der EAP auf die Bedürfnisse der Bevölkerung und der Wirtschaft der Region zugeschnitten sein soll, sowohl mit dem Passagier- als auch mit dem Frachtverkehrsangebot. Weder der EAP noch seine politischen Träger beabsichtigten, den Flughafen zu einer Frachtdrehscheibe auszubauen. Eine solche würde einen 24-Stundenbetrieb bedingen, wie ihn etwa Brüssel anbietet. Basel-Mülhausen sei ein sogenannter Zu- und Ablieferungsflughafen, von dem aus am Abend Sendungen nach Brüssel geflogen würden und am frühen Morgen ebensolche von dort ankämen, damit sie rechtzeitig in den Betrieben seien. Von der Expressfracht am EAP stammten 98 % aus der Schweiz und 2 % aus Frankreich. Beim Frachtverkehr fielen etwa 70 % auf den Güteraustausch mit der Schweiz, die restlichen 30 % auf Frankreich und Deutschland. Ein kleiner Anteil falle auf andere Länder. Zudem sei der Frachtverkehr extrem zurückgegangen, habe im Jahre 2003 30'000 t betragen, also den Stand von 1992 erreicht. Das zwischenzeitlich erzielte Maximum habe 77'000 t pro Jahr betragen. Folglich sei man weit entfernt von einem überregionalen Frachtzentrum. Der Nurfrachtverkehr habe 2003 6'500 t betragen. Drei Jahre zuvor sei es zehnmal mehr gewesen. Die Frachtflugzeuge aus Fernost würden den EAP zurzeit zweimal wöchentlich anfliegen, zu Spitzenzeiten seien es drei Anflüge täglich gewesen.


Auf den Ausbau des EAP angesprochen, erklärte Christian Boppart, die sich im Bau befindlichen Frachthallen würden veraltete Logistikeinrichtungen ersetzen und keineswegs einem massiven Ausbau des Frachtverkehrs dienen, sondern den in diesem Bereich tätigen Firmen eine moderne Infrastruktur mit massvollen Ausbaumöglichkeiten bieten. Dass Starts und Landungen der Expressfrachtverbindungen in die Nacht- oder frühen Morgenstunden fielen, habe mit betrieblichen Abläufen und den Bedürfnissen der Kunden zu tun. Noch restriktivere Betriebsreglemente könnten bewirken, dass die Gesellschaften ihre Geschäfte nicht mehr über den EAP abwickeln könnten und andere Standorte suchen müssten.


Im Jahre 2003 hätten in der Zeit von 22.00 und 06.00 Uhr 6'200 Flugbewegungen statt gefunden, davon 75 % in der Zeit zwischen 22.00 und 24.00 Uhr, und folglich in der Zeit von Mitternacht bis 06.00 Uhr allemal noch 1'600 Flüge, also 4-5 pro Nacht. Zwei bis drei davon entfallen auf grosse Nurfrachtflugzeuge.


Auf die Lärmemissionen der Frachtjumbos angesprochen, bestätigte Christian Boppart, dies sei ein Problem, und man sei dabei, Starts dieser Maschinen in Richtung Norden zu prüfen.




5. Beratung der Petitionskommission


In der Beratung der Petition wurde das Anliegen der Petenten ganz unterschiedlich bewertet. Einerseits wurde auf die wirtschaftliche Bedeutung des EAP hingewiesen, und dass man nicht nur in der Nähe eines Flughafens Lärmemissionen ausgesetzt sei, sondern an vielen andern Wohnlagen ebenso. Fluglärm müsse als Preis der wirtschaftlichen Prosperität in Kauf genommen werden. Andererseits wurde darauf hingewiesen, dass massive Störungen der Nachtruhe nicht einfach hingenommen werden dürften, und die Bevölkerung davor zu schützen sei. Einerseits wurde Genugtuung darüber ausgedrückt, dass der Regierungsrat in weiser Abwägung zwischen Anwohnerschutz und Gewährung günstiger Entwicklungsmöglichkeiten für den Flughafen seinen Einfluss beim EAP geltend mache. Andererseits wurde anerkannt, dass die verschiedenen Organisationen, die sich für den Schutz der Bevölkerung einsetzen, damit eine wichtige und verdankenswerte Aufgabe im Kräftemessen zwischen den verschiedenen Interessen um den EAP erfüllen.


Einig war man sich darin, dass die Petition «Kein Frachtflughafen in Basel-Mulhouse» auf Befürchtungen beruht und sich auf unerwünschte Entwicklungsmöglichkeiten des EAP bezieht, also primär präventiven Charakter besitzt.


Zu den drei Forderungen der Petenten hat sich die Petitionskommission auf folgende Stellungnahme geeinigt:


1. Fracht-Jumbos und Expressfrachter gehören nicht auf einen Stadtflughafen!
Fracht- und Expressfrachtverkehr entspricht einem Bedürfnis der regionalen Wirtschaft und hat sich seit Jahrzehnten auf dem EAP etabliert. Die überwiegende Mehrheit der Versendungen ist für die Region bestimmt. In dem Sinne ist ein auf die Region zugeschnittener Frachtverkehr auf dem EAP sinnvoll.


2. Der Ausbau der Frachtzone 4 muss gestoppt werden!
Dieser Ausbau dient als Ersatz für veraltete logistische Einrichtungen und nicht primär zur Kapazitätserweiterung. Die Voraussetzungen für eine interkontinentale Frachtdrehscheibe sind auch mit diesem Ausbau auf dem EAP nicht gegeben und sind auch nicht erwünscht. Deshalb besteht kein Anlass, diese Bautätigkeit zu stoppen.


3. Lärmige Frachtflüge zu sensiblen Zeiten dürfen unseren Lebensraum nicht vernichten!
Der Schutz der Bevölkerung vor den Lärmemissionen des Flugverkehrs ist als Anliegen ernst zu nehmen und weiter voran zu treiben. Dabei sind noch lange nicht alle Möglichkeiten ausgeschöpft. Es sind verstärkt Start- und Landerichtungen zu wählen, die dem Lärmschutz gerecht werden. Es sind insbesondere die Restriktionen zum Schutz der Bevölkerung in der Nacht strikte anzuwenden.


In diesem Sinne beschloss die Petitionskommission einstimmig mit 7:0 Stimmen, dem Landrat wie folgt Antrag zu stellen:




6. Antrag an den Landrat

Pratteln, 22. November 2004


Präsident der Petitionskommission Robert Ziegler



Back to Top