2004-278
Bericht Nr. 2004-278 an den Landrat |
Bericht der:
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Petitionskommission
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vom:
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2. November 2004
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Titel des Berichts:
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Petition der Schülerorganisation Baselland "Der Spartragödie zweiter Teil"
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Bemerkungen:
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1. Die Petition
Am 16. Juni 2004 hat die Schülerorganisation Baselland eine Petition mit 2'072 Unterschriften eingereicht. Hauptanliegen der Petition ist, dass die beabsichtigten Sparmassnahmen an den Gymnasien nicht zu einer Qualitätseinbusse der Bildung führen dürfe. Durchforscht man den Text der Petition, so kommt man zur Erkenntnis, dass mit der Erhaltung der Qualität der Bildung die folgenden Forderungen verbunden werden: Das Angebot an Freifächern soll nicht reduziert werden, ebenso soll das Angebot an Wahlfächern erhalten bleiben. Die Klassengrösse soll nicht hinaufgesetzt werden, den Lehrerinnen und Lehrern soll die Zeit für Vorbereitung und Lernstoffvermittlung nicht gekürzt werden. Zudem soll der Zugang zur Bildung nicht durch finanzielle Hindernisse wie Gebühren erschwert werden.
2. Vorgehen der Kommission
Die Petitionskommisssion hat die Petition «Der Spartragödie zweiter Teil» an ihren Sitzungen vom 17. August, 14. September und 19. Oktober beraten. Sie hat die Petenten angehört, bei der Bildungs-, Kultur- und Sportdirektion eine schriftliche Stellungnahme eingeholt und Regierungsrat Urs Wüthrich angehört.
3. Anhörung der Petenten
Die Schülerorganisation Baslland (SOBL) liess sich durch die Herren Gino Günzburger (Delegierter der SOBL) und Markus Schmassman (Co-Präsident der SOBL) vertreten. Sie unterstrichen ihr Anliegen, dass die Qualität der Bildung nicht unter den im Rahmen der GAP vorgesehenen Sparmassnahmen leiden dürfe. Eine Reduktion der Stundenzahl oder eine Erhöhung der Schülerzahlen pro Klasse würden unweigerlich zu einer Einbusse an Bildungsqualität führen. Ebenso qualitätsmindernd wäre eine Reduktion der Lehrerlöhne, da diese nicht ohne Auswirkung auf die Motivation der Lehrkräfte bliebe.
Die Petenten zeigten Einsicht in die Notwendigkeit staatlicher Sparmassnahmen. Dabei sollte jedoch berücksichtigt werden, dass der Bildung unter den staatlichen Aufgaben eine besondere Priorität zukommen müsse, weil qualitätsmindernde Einsparungen in diesem Bereich weitreichende Konsequenzen auf Wirtschaft und Gesellschaft hätten. Da noch nicht feststehe, welche konkreten Sparmassnahmen den Gymnasien bevorstünden, könnten sie sich auch nicht zu konkreten Sparvorschlägen äussern. Wenn jedoch gespart werden müsse, dann sähen sie die folgenden Möglichkeiten:
1.
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Einen direkten Einfluss auf die Kosten habe die Zahl der unterrichteten Schülerinnen und Schüler. Bei jeder Remotion würde die Anzahl der anzubietenden Ausbildungsplätze erhöht. Dies könnte durch die Einführung einer Eintrittsprüfung vermieden werden. Eine solche dürfe jedoch nicht einem
numerus clausus
gleich kommen, sondern müsste eine Niveauprüfung sein.
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2.
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In der Administration des Bildungswesens und in den Schulsekretariaten sei ein beachtliches Sparvolumen vorhanden.
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3.
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Die erteilten Lektionen könnten in Lektionen der Stoffvermittlung und Übungslektionen unterteilt werden. Würden die Übungslektionen nach dem Tutoriatssystem durch fortgeschrittene Schüler erteilt, so könnten auch Lohnkosten eingespart werden.
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4. Schriftliche Stellungnahme und Anhörung der Bildungs-, Kultur- und Sportdirektion
Die der Petitionskommission vorliegende schriftliche Stellungnahme wurde durch Regierungsrat Urs Wüthrich eingehend kommentiert, der die Gelegenheit zugleich nutzte, die Sparbemühungen seiner Direktion grundsätzlich und nicht nur auf die Gymnasien beschränkt darzulegen. Er unterstrich die Notwenigkeit der Sparmassnahmen, die auch vor dem Bildungsbereich nicht Halt machen könnten. Doch sollten sie nach dem Grundsatz erfolgen: In der Bildung sparen, nicht an der Bildung sparen. So könne es nicht zu flächendeckenden Lektionskürzungen kommen. Die Frage der Pflichtstunden werde im Zusammenhang mit dem Berufsauftrag diskutiert werden. Die formellen Richtzahlen bei der Klassen- und Kursbildung würden nicht heraufgesetzt. In Anbetracht der Finanzlage müsse aber der bestehende Spielraum relativ hart ausgeschöpft werden, bestünden doch auch Klassen mit 18 und 19 Schülerinnen und Schülern. Längere Schulwege seien da und dort bereits auf der Sekundarstufe I unvermeidlich, was, wie das Beispiel Aesch zeige, nicht widerspruchslos akzeptiert würde. Längere Schulwege seien jedoch das geringere Übel als ein verkleinertes Bildungsangebot.
Auf der Ebene der Sekundarstufe II soll weitergeführt werden, was schon im Berufsbildungsbereich umgesetzt werde. So würde längst nicht mehr an allen Schulen das volle Programm angeboten. Es würden Schwerpunkte gebildet, sogar mit Basel-Stadt zusammen. Die Gymnasien seien ebenfalls beauftragt, Schwerpunkte zu bilden. Für bestimmte Wahlfächer werde folglich ein längerer Schulweg in Kauf genommen werden müssen, aber so könne man «Kleinklässchen» vermeiden und ein beachtliches Sparpotenzial ausschöpfen, ohne am Bildungsangebot Abstriche zu machen.
Am Gymnasium Liestal werde auf den Semesterwechsel im Januar 2005 hin ein Tabu gebrochen und zwei Klassen im laufenden Kurs zusammengelegt. Dies sei verantwortbar, da auf dieser Stufe mit verschiedenen Niveaulektionen das Klassengefüge eh an Bedeutung verloren habe.
Der Sparprozess im Bildungswesen solle langsam, aber nachhaltig wirken. Es sei da nicht wie in andern Direktionen möglich, mit der Aufhebung einer Abteilung zwanzig Stellen zu streichen. Würden die Ziele jedoch beharrlich verfolgt, sei die Wirkung möglicherweise grösser als bei kurzfristigen Sparübungen. Den Petenten könne man somit antworten, dass kein Kahlschlag in der Bildung beabsichtigt sei.
Ein anderer Bereich im Bildungswesen gebe zu grosser Sorge Anlass: der Komplex der speziellen Förderung im Einzelfall und der Sonderschulung. Ein Expertenbericht an die Baselbieter Regierung liege vor und müsse demnächst, auch in der Finanzdirektion, diskutiert werden. Der Bericht zeige die Gründe auf, weshalb dieser Bereich so schnell wachse, weshalb sich die Zahl der Kleinklassen in den letzten 15 Jahren verdoppelt habe.
Zu den Sparvorschlägen der SOBL äusserte sich Regierungsrat Urs Wüthrich wie folgt: Die Verwaltung der BSKD sei im interkantonalen Vergleich von der Aufbauorganisation und von der Stellendotierung her sehr schlank. Im Amt für Volksschulen, wo wichtige und gute Arbeit geleistet würde, sei eine Stellenreduktion bereits ins Auge gefasst und werde bei der nächsten Fluktuation umgesetzt. Dem Vorschlag des Tutoriatssystems an den Gymnasien vermochte Urs Wüthrich nichts Gutes abzugewinnen. Da würden nur Lehrkräfte durch Unterrichtende mit geringerer Qualifikation ersetzt, was unweigerlich einen Qualitätsabbau zur Folge hätte.
5. Beratung in der Kommission
Die Kommissionsmitglieder fanden fast einhellig anerkennende Worte für die Petition. Es ist erfreulich, dass sich Schülerinnen und Schüler am politischen Prozess beteiligen und dabei die demokratischen Instrumente nutzen. Das grundsätzliche Anliegen der Petenten, dass die Sparmassnahmen im Bildungsbereich nicht zu einem Qualitätsabbau in der Bildung führen dürfe, wurde von der Kommission geteilt, ebenso die sparpolitische Leitlinie: In der Bildung sparen, nicht an der Bildung.
Eine längere Diskussion löste die Frage aus, wie mit der Petition zu verfahren sei. Es wurde vorgeschlagen, dem Landrat sei zu beantragen, er solle die Petition als Postulat an den Regierungsrat überweisen. Dies wäre so zu verstehen, dass der Landrat damit dem Regierungsrat zwei bindende Grundsätze für Sparmassnahmen im Bildungsbereich auferlegt, die allerdings keine quantifizierenden Aussagen enthalten. Es sind dies die Grundsätze: 1. Sparmassnahmen dürfen keinen Qualitätsverlust in der Bildung zur Folge haben. 2. Es soll in der Bildung, aber nicht an der Bildung gespart werden. - Einige Kommissionsmitglieder schlugen vor, die Petition sei durch den Landrat an den Regierungsrat zur Kenntnisnahme zu überweisen. Sie befürchteten, ein Antrag auf Postulat würde alle selbsternannten Erziehungsfachleute im Landrat auf den Plan rufen und eine vorgezogene Spardebatte im Bildungsbereich auslösen.
Die Petitionskommission hat sich dann für die Variante «zur Kenntnisnahme» entschieden. Selbstverständlich ist es auch unter diesen Voraussetzungen jedem Mitglied des Landrates überlassen, selbst zu entscheiden, wie lang, wie breit oder eventuell sogar wie tief er oder sie die Debatte führen will.
6. Antrag der Kommission
Mit 5:2 Stimmen beschloss die Petitionskommission, dem Landrat den folgenden Antrag zu stellen:
Die Petition der Schülerorganisationen Baselland mit dem Titel «Der Spartragödie zweiter Teil» ist an den Regierungsrat zur Kenntnisnahme zu überweisen. Dies in dem Sinne, dass der Regierungsrat Kenntnis davon nehmen soll, dass sowohl die Petenten wie auch der Landrat bei Sparmassnahmen im Bildungsbereich die folgenden Grundsätze berücksichtigt haben möchten:
Die der Petitionskommission vorliegende schriftliche Stellungnahme wurde durch Regierungsrat Urs Wüthrich eingehend kommentiert, der die Gelegenheit zugleich nutzte, die Sparbemühungen seiner Direktion grundsätzlich und nicht nur auf die Gymnasien beschränkt darzulegen. Er unterstrich die Notwenigkeit der Sparmassnahmen, die auch vor dem Bildungsbereich nicht Halt machen könnten. Doch sollten sie nach dem Grundsatz erfolgen: In der Bildung sparen, nicht an der Bildung sparen. So könne es nicht zu flächendeckenden Lektionskürzungen kommen. Die Frage der Pflichtstunden werde im Zusammenhang mit dem Berufsauftrag diskutiert werden. Die formellen Richtzahlen bei der Klassen- und Kursbildung würden nicht heraufgesetzt. In Anbetracht der Finanzlage müsse aber der bestehende Spielraum relativ hart ausgeschöpft werden, bestünden doch auch Klassen mit 18 und 19 Schülerinnen und Schülern. Längere Schulwege seien da und dort bereits auf der Sekundarstufe I unvermeidlich, was, wie das Beispiel Aesch zeige, nicht widerspruchslos akzeptiert würde. Längere Schulwege seien jedoch das geringere Übel als ein verkleinertes Bildungsangebot.
Auf der Ebene der Sekundarstufe II soll weitergeführt werden, was schon im Berufsbildungsbereich umgesetzt werde. So würde längst nicht mehr an allen Schulen das volle Programm angeboten. Es würden Schwerpunkte gebildet, sogar mit Basel-Stadt zusammen. Die Gymnasien seien ebenfalls beauftragt, Schwerpunkte zu bilden. Für bestimmte Wahlfächer werde folglich ein längerer Schulweg in Kauf genommen werden müssen, aber so könne man «Kleinklässchen» vermeiden und ein beachtliches Sparpotenzial ausschöpfen, ohne am Bildungsangebot Abstriche zu machen.
Am Gymnasium Liestal werde auf den Semesterwechsel im Januar 2005 hin ein Tabu gebrochen und zwei Klassen im laufenden Kurs zusammengelegt. Dies sei verantwortbar, da auf dieser Stufe mit verschiedenen Niveaulektionen das Klassengefüge eh an Bedeutung verloren habe.
Der Sparprozess im Bildungswesen solle langsam, aber nachhaltig wirken. Es sei da nicht wie in andern Direktionen möglich, mit der Aufhebung einer Abteilung zwanzig Stellen zu streichen. Würden die Ziele jedoch beharrlich verfolgt, sei die Wirkung möglicherweise grösser als bei kurzfristigen Sparübungen. Den Petenten könne man somit antworten, dass kein Kahlschlag in der Bildung beabsichtigt sei.
Ein anderer Bereich im Bildungswesen gebe zu grosser Sorge Anlass: der Komplex der speziellen Förderung im Einzelfall und der Sonderschulung. Ein Expertenbericht an die Baselbieter Regierung liege vor und müsse demnächst, auch in der Finanzdirektion, diskutiert werden. Der Bericht zeige die Gründe auf, weshalb dieser Bereich so schnell wachse, weshalb sich die Zahl der Kleinklassen in den letzten 15 Jahren verdoppelt habe.
Zu den Sparvorschlägen der SOBL äusserte sich Regierungsrat Urs Wüthrich wie folgt: Die Verwaltung der BSKD sei im interkantonalen Vergleich von der Aufbauorganisation und von der Stellendotierung her sehr schlank. Im Amt für Volksschulen, wo wichtige und gute Arbeit geleistet würde, sei eine Stellenreduktion bereits ins Auge gefasst und werde bei der nächsten Fluktuation umgesetzt. Dem Vorschlag des Tutoriatssystems an den Gymnasien vermochte Urs Wüthrich nichts Gutes abzugewinnen. Da würden nur Lehrkräfte durch Unterrichtende mit geringerer Qualifikation ersetzt, was unweigerlich einen Qualitätsabbau zur Folge hätte.
5. Beratung in der Kommission
Die Kommissionsmitglieder fanden fast einhellig anerkennende Worte für die Petition. Es ist erfreulich, dass sich Schülerinnen und Schüler am politischen Prozess beteiligen und dabei die demokratischen Instrumente nutzen. Das grundsätzliche Anliegen der Petenten, dass die Sparmassnahmen im Bildungsbereich nicht zu einem Qualitätsabbau in der Bildung führen dürfe, wurde von der Kommission geteilt, ebenso die sparpolitische Leitlinie: In der Bildung sparen, nicht an der Bildung.
Eine längere Diskussion löste die Frage aus, wie mit der Petition zu verfahren sei. Es wurde vorgeschlagen, dem Landrat sei zu beantragen, er solle die Petition als Postulat an den Regierungsrat überweisen. Dies wäre so zu verstehen, dass der Landrat damit dem Regierungsrat zwei bindende Grundsätze für Sparmassnahmen im Bildungsbereich auferlegt, die allerdings keine quantifizierenden Aussagen enthalten. Es sind dies die Grundsätze: 1. Sparmassnahmen dürfen keinen Qualitätsverlust in der Bildung zur Folge haben. 2. Es soll in der Bildung, aber nicht an der Bildung gespart werden. - Einige Kommissionsmitglieder schlugen vor, die Petition sei durch den Landrat an den Regierungsrat zur Kenntnisnahme zu überweisen. Sie befürchteten, ein Antrag auf Postulat würde alle selbsternannten Erziehungsfachleute im Landrat auf den Plan rufen und eine vorgezogene Spardebatte im Bildungsbereich auslösen.
Die Petitionskommission hat sich dann für die Variante «zur Kenntnisnahme» entschieden. Selbstverständlich ist es auch unter diesen Voraussetzungen jedem Mitglied des Landrates überlassen, selbst zu entscheiden, wie lang, wie breit oder eventuell sogar wie tief er oder sie die Debatte führen will.
6. Antrag der Kommission
Mit 5:2 Stimmen beschloss die Petitionskommission, dem Landrat den folgenden Antrag zu stellen:
Die Petition der Schülerorganisationen Baselland mit dem Titel «Der Spartragödie zweiter Teil» ist an den Regierungsrat zur Kenntnisnahme zu überweisen. Dies in dem Sinne, dass der Regierungsrat Kenntnis davon nehmen soll, dass sowohl die Petenten wie auch der Landrat bei Sparmassnahmen im Bildungsbereich die folgenden Grundsätze berücksichtigt haben möchten:
1.
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Keine Sparmassnahmen, die einen Qualitätsabbau in der Bildung zur Folge haben.
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2.
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Sparen
in
der Bildung und nicht
an
der Bildung.
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Pratteln, 2. November 2004
Der Präsident der Petitionskommission:
Robert Ziegler
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