2004-185 (1)
Bericht Nr. 2004-185 an den Landrat |
Bericht der:
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Justiz- und Polizeikommission
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vom:
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9. April 2005
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zur Vorlage Nr.:
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Titel des Berichts:
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Gesetz über den Anbau und die Abgabe von Hanf und Hanfprodukten
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Bemerkungen:
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Gesetzestext
(Fassung der Kommission)
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1. Ausgangslage
Handel und Konsum von Betäubungsmitteln sind bundesrechtlich im Betäubungsmittelgesetz geregelt. In Bezug auf Hanf und Hanfprodukte, die Betäubungsmittelcharakter haben, gibt es keinen kantonalen Regelungsbedarf.
Es gibt aber Hanf und Hanfprodukte, die nicht Betäubungsmittelcharakter haben und deshalb als zulässige Produkte gelten. Sie werden im Lebensmittelbereich genutzt, aber auch als Rohmaterial für verschiedene Produkte wie zum Beispiel die Seil- oder Stoffproduktion.
In den letzten Jahren hat sich durch neue Züchtungen und optimierte Anbaumethoden der THC-Gehalt der Hanfpflanzen um ein Vielfaches erhöht. Gleichzeitig hat das Angebot an Betäubungsmittelhanf zugenommen, was zu einer Zunahme des Konsums vor allem bei jüngeren Altersgruppen geführt hat.
Schulen und Lehrbetriebe machen seit einiger Zeit auf eine alarmierende Entwicklung beim Drogenkonsum von immer jüngeren Lehrlingen, Schülerinnen und Schülern aufmerksam.
Die grosse Zahl von Hanfläden im Kanton Baselland trug dazu bei, dass Jugendliche sich problemlos mit dem nötigen Stoff versorgen konnten.
In den Jahren 2003 und 2004 wurden die über 30 Hanfläden in aufwändigen Polizeiaktionen kontrolliert. In der Folge schlossen die meisten freiwillig. Heute gibt es nur noch ganz wenige Hanfläden.
2. Vorlage
Das Gesetz über den Anbau und die Abgabe von Hanf und Hanfprodukten führt die Meldepflicht für den Anbau von Hanf und die Bewilligungspflicht für die Abgabe von Hanf und Hanfprodukten ein. Mit dieser Melde- und Bewilligungspflicht soll in Zukunft besser kontrolliert werden können, ob die gesetzliche Abgrenzung zwischen legalem Hanf und legalen Hanfprodukten einerseits und dem Betäubungsmittelhanf andererseits tatsächlich eingehalten wird. Sollte diese Abgrenzung nicht eingehalten werden, können sofort entsprechende verwaltungsrechtliche Massnahmen ergriffen werden, indem zum Beispiel entsprechende Produkte beschlagnahmt oder die Schliessung des Betriebes angeordnet wird.
Das Gesetz soll also verhindern, dass unter dem Deckmantel legaler Hanfanpflanzungen oder -produkte Betäubungsmittelhanf angebaut oder in Verkehr gebracht wird. In den letzten Jahren hat sich gezeigt, dass häufig über die gleichen Wege legale Hanfpflanzen und Betäubungsmittelhanf angeboten werden. Die Bewilligungspflicht soll es ermöglichen, diese Wege und Kanäle besser zu kontrollieren.
3. Beratung in der Kommission
Die Kommission hat die Vorlage an den Sitzungen vom 3. Januar, 31. Januar und 28. Februar 2005 beraten.
3.1. Anhörungen
Die Justiz- und Polizeikommission führte ein breites Anhörungsverfahren durch.
Regierungsrätin Sabine Pegoraro, Generalsekretär Stephan Mathis und der Verfasser der Vorlage, der Leiter Bewilligungen, Freiheitsentzug und Soziales, Gerhard Mann , hielten fest, dass mit der Einführung einer Bewilligungspflicht ein Instrument geschaffen werden soll, das es ermöglicht, die Einhaltung der gesetzlichen Grenzwerte bei Hanf und Hanfprodukten zu kontrollieren. Diese Kontrolle ermöglicht ein schnelles Eingreifen, damit sich Vertriebskanäle für Betäubungsmittelhanf nicht ausbreiten und oft längere Zeit unentdeckt bleiben können. Diese Bewilligungspflicht hat letztendlich die Prävention zum Ziel. Damit soll verhindert werden, dass sich vor allem auch junge Konsumentinnen und Konsumenten problemlos und ohne Hemmschwellen mit Betäubungsmittelhanf versorgen können.
Marcel Burri, Hauptabteilungsleiter Kriminalitätsbekämpfung der Polizei Basel-Landschaft , wies darauf hin, dass die beiden Aktionen «Smoke 1» und «Smoke 2» für die Polizei sehr aufwändige Aktionen waren. Während dieser Aktionen standen die involvierten Polizistinnen und Polizisten für andere Aufgaben nicht zur Verfügung. Dazu kam es immer wieder zu Verzögerungen, weil im Rahmen der Strafverfahren jeder Untersuchungsrichter andere Interpretationsmassstäbe ansetzte. Marcel Burri sieht im vorliegenden Gesetzesentwurf ein präventives Mittel für die Polizei. Mit der Erteilung oder Verweigerung einer Bewilligung würden klare Verhältnisse und eine unité de doctrine geschaffen.
Marcel Burri erklärte, dass 90 bis 95% der Einnahmen der Hanfläden aus dem illegalen Verkauf von Hanf mit übermässigem THC-Gehalt stammten. Nur 5 bis 10% würden auf legale Hanfprodukte wie Shampoo, Kleider usw. entfallen.
Udo Kinzel, Beauftragter für Suchtprävention der Gesundheitsförderung Baselland , stellte fest, dass Jugendliche auch andere Suchtprobleme hätten, wie Alkohol oder Tabak, und dass zunehmend auch psychische Störungen zu beobachten seien. Cannabis sei aber zur Zeit das grösste Problem. In 15 Schulklassen in verschiedenen Baselbieter Gemeinden musste er feststellen, dass zwischen einem Drittel und der Hälfte der Schüler und Schülerinnen kiffen. Oft würde nichts unternommen, wenn 13-Jährige kiffen. Die Lehrerinnen und Lehrer würden sich dann aber wundern, wenn diese Jugendlichen mit 16 «null Bock» auf weiterführende Schulen oder Berufsausbildung hätten. Der Rückgang von Motivation, Leistung und Lernfähigkeit sei eine typische Folge von regelmässigem Cannabiskonsum.
Jahrelang hätten Eltern, Lehrkräfte und Schulleitungen nicht mehr gewusst, was eigentlich gelte. Vieles war «schwammig» geworden. Jugendlichen brauchen aber klare Grenzen. Halt- und Grenzenlosigkeit können zu psychischen Störungen mit tragischen Auswirkungen führen. Viele der Hanfläden hätten in ihrer Anfangszeit Betäubungsmittelhanf an Kinder verkauft. An nicht wenigen Orten wurden Hanfläden direkt Schulhäusern gegenüber eröffnet.
Die Einführung der Bewilligungspflicht sei eine wichtige präventive Massnahme.
Thomi Jourdan, Abteilungsleiter Offene Jugendarbeit, Stiftung Jugendsozialwerk Blaues Kreuz BL , ist überzeugt, dass seit der Schliessung der meisten Hanfläden weniger 13- bis 15-Jährige neu Cannabis konsumieren. Für die jungen potentiellen Einsteigerinnen ist die Hemmschwelle viel grösser, wenn sie sich den Hanf ausserhalb der Läden beschaffen müssen. 18- bis 20-Jährige haben da weniger Probleme. Die Einführung der Bewilligungspflicht könnte deshalb dazu verhelfen, dass weniger ganz junge Schülerinnen und Schüler beginnen, Cannabis zu konsumieren.
Vom Jugendrat Baselland wurde Matthias Wiesinger angehört. Er wendet sich gegen das Gesetz, da es zu einer Kriminalisierung führe, weil sich der Markt immer mehr auf die Strasse verschöbe. Viele Jugendliche seien ins Dealer-Geschäft eingestiegen. Diese Entwicklung würde durch das Gesetz noch gefördert. Der Jugendrat ist überzeugt, dass sich der Konsum durch die Schliessung der Hanfläden nicht reduzieren lasse, weil der Handel auf der Strasse einfach und problemlos sei.
Es sei falsch zu glauben, Jugendliche würden sich ihren Stoff im Hanfladen besorgen. Diesen erhalten sie auf Festen und in Gruppen auf der Strasse.
Der Jugendrat bemängelt auch, dass in der Vorlage konkrete Zahlen in Bezug auf den Cannabis-Konsum fehlen.
Karl-Heinz Zeller , Gemeindepräsident von Arlesheim (und Lehrer), und Walter Ziltener , Gemeindeverwalter von Birsfelden, erläuterten die ablehnende Haltung des Verbandes Basellandschaftlicher Gemeinden (VBLG) . Es gehe vor allem um drei Hauptkritikpunkte:
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Die gesellschaftliche Diskussion werde verschoben. Sie müsse aber dringend geführt werden.
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Die heutigen Vollzugsmöglichkeiten genügen. Die Zahl der Hanfläden konnte drastisch gesenkt werden.
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Der grösste Handlungsbedarf bestehe bei der Prävention. Darüber sage das Gesetz aber nichts aus. Baselland könnte bei der Prävention eine Vorreiterrolle übernehmen.
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Es brauche kein Gesetz für die Regelung dessen, was legal sei. Was verboten sei, regle das Bundesgesetz. Das Verbot des Verkaufs in der Umgebung von Schulen impliziere zudem, dass der Verkauf anderswo erlaubt sei. Das sei aber falsch. Was verboten sei, müsse nicht noch einmal verboten werden.
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Die Energie, die für den Verwaltungsaufwand eingesetzt werde, brauche es vielmehr für die Prävention und den Vollzug der geltenden Gesetze.
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3.2. Eintreten
In der Eintretensdebatte kamen ähnliche Positionen zum Ausdruck wie in den Anhörungen. Klar sei, dass das Gesetz nicht das einzige Mittel sei, um Missbräuche zu verhindern und die schädlichen Auswirkungen von Hanf zu bekämpfen. Aber es sei eine notwendige Voraussetzung für andere Massnahmen. Es sei unbefriedigend, wenn Besitzer von Indoor-Hanfplantagen manchmal wochenlang jeden Nachmittag wieder aus der Untersuchungshaft freigelassen würden, um ihre Pflanzen zu giessen und die Flutlichtanlagen einzuschalten, damit die Zucht bis zur Gerichtsverhandlung als Beweis bestehen könne. Solche Vorgänge wirken vor allem auf Jugendliche sehr verharmlosend. Der Aufwand, den das Gesetz verursachen werde, stehe in keinem Vergleich zum riesigen personellen Aufwand, den die beiden Aktionen «Smoke 1» und «Smoke 2» verursachten. Mit der Bewilligungspflicht habe der Kanton einen Überblick über Hanfproduktion und -verkauf im ganzen Kantonsgebiet. Die Bewilligungspflicht sei nicht ein repressives, sondern ein präventives Instrument, weil damit Missbräuche verhindert werden können.
Auf der andern Seite wurde festgestellt, dass die Präventionsarbeit viel wichtiger sei als die Einführung neuer Melde- und Bewilligungspflichten. Diese Pflichten hielten keinen Jugendlichen vom Cannabis-Konsum ab. Die Hanfläden hätten eine wichtige Rolle gespielt, indem sie den Schwarzmarkt zu einem gewissen Teil uninteressant gemacht hätten, wobei nicht bestritten werden könne, dass es Auswüchse gegeben habe.
Störend sei auch, dass nicht mit dem Kanton Basel-Stadt zusammen gearbeitet worden sei. Der Handel und der Konsum von Hanf finde grenzüberschreitend statt.
Mit 6:5 Stimmen beschloss die Justiz- und Polizeikommission Eintreten auf die Vorlage.
3.3. Beratung
Diskussionen gab es vor allem bei der Frage, ob eine Limite von 0,3% THC-Gehalt im Gesetz festgehalten werden müsse. Darauf wird verzichtet, weil das Betäubungsmittelgesetz diesen Grenzwert nicht enthält. Vom Anbauer werde eine Deklaration verlangt, wozu er seinen Hanf brauchen werde. Seine Angaben habe er mit Abnahmeverträgen zu belegen, aus denen ersichtlich wird, wozu der Hanf verwendet werde. Letztlich müsse entschieden werden, ob diese Angaben glaubwürdig sind oder nicht.
Diskussionen veranlasste auch die Tatsache, dass der Bewilligungspflichtige verpflichtet sei zu beweisen, dass der von ihm angebaute Hanf kein Betäubungsmittel sei. Es stellte sich die Frage, ob die Beweislast nicht beim Staat liegen müsse. Ein entsprechender Abänderungsantrag wurde aber abgelehnt.
Auslegungsschwierigkeiten könnte der Begriff «unmittelbare Nähe» in Bezug auf Hanfläden und Schulhäuser bieten. Allerdings ist das Festhalten einer Distanzangabe im Gesetz auch nicht sinnvoll. Ein gewisser Ermessenspielraum sei notwendig und es könnten nicht alle Eventualitäten im Gesetz geregelt werden.
In §14, Absatz 3 wird festgehalten, dass die Kosten für die Analysen von Hanfproben von der anbauenden oder abgebenden Person zu übernehmen seien, wenn diese Proben einen höheren THC-Wert enthalten, als bei der Anmeldung oder beim Bewilligungsgesuch angegeben wurde.
In §15 wird dem Datenschutz Rechnung getragen, indem Gerichte den Behörden nur bewilligungsrelevante Urteile gegen Hanf anbauende und/oder abgebende Personen bekannt geben dürfen.
In der Schlussabstimmung wurde dem Gesetz mit 6:5 Stimmen bei 1 Enthaltung zugestimmt.
4. Antrag
Die Justiz- und Polizeikommission beantragt dem Landrat mit 6:5 Stimmen bei 1 Enthaltung, dem Gesetz über den Anbau und die Abgabe von Hanf und Hanfprodukten, wie es nach der Beratung vorliegt, zuzustimmen.
Birsfelden, 9. April 2005
Im Namen der Justiz- und Polizeikommission
die Präsidentin: Regula Meschberger
Beilage
Gesetzestext
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