Vorlage an den Landrat


5. Projektgrundlagen

5.1. Funktions- und Raumprogramm


Grafik


Mit der räumlichen Bedarfsermittlung werden die notwendigen Räumlichkeiten und Infrastrukturen für eine optimale Aufgabenerfüllung in den einzelnen Institutionen und Dienststellen festgelegt. Das daraus resultierende Raumprogramm enthält die Angaben zu Funktion und Nutzfläche sowie den Vergleich zu den heutigen IST-Flächen. Das Funktionsprogramm zeigt die externen Querbeziehungen auf. Das Raum- und Funktionsprogramm bildet die Grundlage für den kommenden Architekturwettbewerb.


Das hier dargestellte Funktionsprogramm dient als Hilfsmittel, um Klarheit über die Beziehungen zwischen den einzelnen Institutionen und Dienststellen zu bekommen. Zugleich zeigt es die Optimierungsmöglichkeiten der ausserbetrieblichen Abläufe im Rahmen einer Konzentration der Funktionen am gemeinsamen Standort auf. Dies wird beim geplanten Strafjustizzentrum besonders deutlich.


Sicherheit


An den meisten heutigen Standorten sind die Sicherheitsanforderungen nur zum Teil erfüllt. Grundsätzlich müssen Besucher und Besucherinnen, Parteien, Mitarbeitende und Angeschuldigte getrennt werden können. In ihrem jeweiligen Bereich sollen sie sich aber möglichst frei bewegen können.


Ausserdem ist der Problematik Rechnung zu tragen, dass je nach Situation auch die Umgebung des Gerichtsgebäudes zu schützen ist (2. Sicherungsring), dies wäre am heutigen Standort in Liestal nicht möglich, da eine Hauptverkehrsachse, die Bahnhofstrasse, gesperrt werden müsste!


Im Rahmen der kommenden Planung bzw. Erarbeitung eines Projektes ist ein Sicherheitskonzept samt den erforderlichen sicherheitstechnischen Massnahmen zu erstellen. Dabei sind die Sicherheitszonen und Verkehrsflüsse zu definieren, mit entsprechender Zuordnung von Systemen und Anlagen. Diese steuern sicherheitstechnisch den Betrieb und damit nicht zuletzt den personellen Aufwand.




5.2. Arbeitsplätze


Für die Ausarbeitung des Bauprojektes müssen folgende Annahmen getroffen werden:

Die Prognose für die künftig benötigten Arbeitsplätze gemäss nachfolgender Tabelle tragen diesen Annahmen Rechnung. Es sind darin keine zusätzlichen Reserven enthalten. Ein weiteres Wachstum über die Jahre 2010/2011 muss über eine mögliche zweite Bauetappe abgedeckt werden. Landreserven liegen an beiden Standorten vor.


Statistik und Kommentar zur Geschäftsentwicklung bei den Strafuntersuchungsbehörden, bei der Staatsanwaltschaft und bei den Gerichten


Strafuntersuchungen ( Verbrechen, Vergehen, Übertretungen) (11)


Eingegangene Fälle bei der Staatsanwaltschaft

Die Entwicklung der Straffälle schlägt sich auch in der Stellenzahl der Strafjustiz und der Staatsanwaltschaft nieder. So hatten die Statthalterämter (inkl. BUR) 1999 60 Vollstellen, 2003 waren es bereits 100, für 2005 sind 118 Stellen budgetiert. Die Staatsanwaltschaft kam 1999 noch mit 600 Stellenprozent ( 6 Pers.) aus. 2003 waren es 930 Stellenprozent (11 Pers.) und 2004 bereits 1080 Stellenprozent (12 Pers., ohne die 2 Volontäre bzw. Volontärinnen).


Eine lineare Progression bis zum Jahre 2010 ergäbe bei den Statthalterämtern einen Stellenbestand von 165, gegenüber 2003 also einen Anstieg um 65%. Die Entwicklung für die Staatsanwaltschaft würde vergleichbar verlaufen.


Ähnlich sieht die Entwicklung bei den Gerichten aus: Während 1995 61 Vollstellen ausgewiesen wurden, waren es im Jahre 2000 bereits 83. Auch ohne Berücksichtigung neuer Entwicklungen wie der Bundesstrafprozessordnung und der Bundeszivilprozessordnung ist bis 2010 mit einem Anstieg auf 120 bis 130 Stellen zu rechnen; gegenüber 2003 (88 Vollstellen, ohne Richter und Richterinnen) entspricht dies einem Zuwachs von ca. 40%.


Aus diesen Gründen ist es sinnvoll, bei der Projektierung der beiden Neubauten von einem Personalwachstum von ca. einem Drittel auszugehen.




5.3. Raumprogramm


Das folgende Raumprogramm deckt den zwingend notwendigen Bedarf ab und weist eine sinnvolle, wenn auch geringe Reserve im Verwaltungsbereich auf, die durch eine Zusammenlegung der Einzelbüroflächen aktiviert und erhöht werden kann.


Da sich die Anforderungen im Planungs- und Projektierungsverlauf ändern können, verfügt das Raumprogramm aufgrund der einheitlichen Raumstandards über die nötige Flexibilität, um eine Anpassung der Gebäudestrukturen zu ermöglichen und die Erweiterbarkeit der Flächen zu garantieren. Zudem tragen die an die Funktion angepassten Raumgrössen zu einer Steigerung der Arbeitsplatz-Qualität in allen Bereichen bei.


Dank der Zusammenlegung der Gerichte (Kantonsgericht, Bezirksgerichte, Steuer- und Enteignungsgericht in Liestal, Strafgericht und Verfahrensgericht in Strafsachen in Muttenz) und der Strafverfolgungsbehörden (Staatsanwaltschaft, Statthalterämter und BUR in Muttenz) können Räume geplant werden, die eine gemeinsame Nutzung zulassen. Solche Synergien bieten zum Beispiel die Sitzungszimmer, die Bibliothek, der Pausenraum oder das Archiv. Auch im Bereich Gerichtssäle und Nebenflächen macht sich das Synergiepotential durch eine gute Auslastung der Räumlichkeiten bemerkbar. Daneben ergeben sich auch betriebliche Synergien bei der Haustechnik, dem Parking, usw.


A Kantonsgerichtsgebäude




B Strafjustizzentrum






5.4. Flächenbedarf


Der Vergleich der IST-SOLL-Flächen zeigt auf den ersten Blick eine grosse Differenz auf, die sich jedoch bei genauerer Betrachtung und Berücksichtigung der heutigen räumlichen Verhältnisse relativiert und wieder auf den prognostizierten Personalzuwachs zurückführen lässt.


Wie bereits in den Kapiteln 3.1. Heutige Situation und 3.2. Betriebliche Mängel, räumliche und infrastrukturelle Mängel erläutert, entsprechen die räumlichen Gegebenheiten, in denen die Gerichte und Institutionen heute arbeiten, in keiner Weise den Bedürfnissen. Die Räumlichkeiten sind ungenügend und verfügen nicht über ausreichende Nutzflächen wie Archivräume, Sitzungszimmer, etc. Besonders kritisch ist die Situation im Bereich der Gerichtssäle. Hier sind Standards und Sicherheitsanforderungen längst nicht mehr umsetzbar.


Für Gerichtsgebäude und Strafjustizzentren liegen bis heute keine expliziten Richtwerte vor. Ein Vergleich der Flächen mit Richtwerten aus dem Verwaltungsbau kann nur dann in Betracht gezogen werden, wenn folgende Punkte berücksichtigt werde:


Die heutigen Nettoflächen pro Arbeitsplatz (13) zeigen die Missstände und die ungeeigneten Verhältnisse, unter denen die Gerichte und Behörden der Strafverfolgung arbeiten müssen, deutlich auf. Sie betragen im Bereich der Gerichte durchschnittlich 20 m 2 pro Arbeitsplatz und im Bereich der Strafverfolgungsbehörden 23 m 2 (exklusive Gerichtssäle und Nebenflächen sowie Gefängnis, s.o.). Diese Werte liegen deutlich unterhalb vergleichbarer Werten von Verwaltungsgebäuden anderer Kantone oder dem Bund (hier liegen diese bei rund 25 m 2 ). Um wenigstens die Mindestanforderungen erfüllen zu können, müssten die heutigen Flächen im Bürobereich um ca. 15-20 % erhöht werden. In dieser Korrektur sind die z.T. bereits kurzfristig dringend notwendigen personellen Anpassungen und vor allem die Angleichung der Situation im Bereich der Gerichtssäle an heutige Standards noch nicht enthalten.


Das Raumprogramm für das Kantonsgerichtsgebäude weist eine Nettofläche pro Arbeitsplatz (14) von 22 m 2 auf. Im Strafjustizzentrum liegt diese Fläche bei rund 24 m 2 . Dieser Wert ist als durchaus realistisch und wirtschaftlich anzusehen, der zudem deutlich macht, dass das mögliche Synergiepotenzial ausgenutzt wurde.


Das die Differenz zwischen IST-Zustand und dem SOLL so prägnant ausfällt, ist, neben der bereits erwähnten Unterschreitung der Mindestanforderungen im IST-Bereich auch auf die heutige katastrophale Situation im Bereich der Gerichtssäle und der zugehörenden Nebenflächen zurückzuführen. Um hier Flächen zu schaffen, die auch den zukünftigen Anforderungen genügen können, mussten die Nettoflächen um rund 335% gesteigert werden. Dabei ist zu betonen, dass auf die optimale Auslastung der künftigen Gerichtssäle grösster Wert gelegt wurde.


Gesamthaft betrachtet liegen die Nettoflächen pro Arbeitsplatz im Kantonsgericht und Strafjustizzentrum inkl. Gerichtssäle bei rund 29 m 2 (exkl. Gefängnis). Ein Vergleich mit Beispielobjekten und -planungen zeigt deutlich auf, dass auch diese Zahl deutlich unter den sonst üblichen Werten liegt. Als sehr gutes Beispiel kann hier das geplante und kurz vor der Realisierung stehende Bezirksgebäude Dietikon (rund 32 m 2 Nettofläche pro Arbeitsplatz) aufgeführt werden.


Auch beim Gefängnis entsprechen die heutigen Verhältnisse nicht den Mindestanforderungen hinsichtlich Zellengrösse oder erforderliche Infrastrukturflächen. Die gesetzlichen und sicherheitstechnischen Bestimmungen können nicht eingehalten werden. Der Wert heute von rund 24 m 2 Nettofläche pro Haftplatz zeigt dies in aller Deutlichkeit auf.


Die gemäss Raumprogramm geplanten Nettoflächen pro Haftplatz können mit den sonst üblichen Werten durchaus verglichen werden. Dass dieser Wert mit 44 m 2 pro Haftplatz im oberen Bereich liegt, ist damit zu begründen, dass eine Erweiterbarkeit der Haftplätze innerhalb des geplanten Gebäude bereits berücksichtigt und einkalkuliert wurde. Eine flexible und zukunftsgerichtete Planung erfordert, dass die Bereiche Verwaltung, Besucherwesen, Einvernahmen etc. so ausgelegt sind, dass sie bei einer eventuellen Erweiterung der Haftplätze den gesteigerten Anforderungen ebenfalls gerecht werden können.




5.5. Berechnung der Autoabstellplätze


Auf der Basis der Nettonutzflächen (NNF) (Soll 2010/2011) wurden für beide Gebäude die Bruttogeschossflächen (BGF) errechnet, die NNF wurde mit dem Faktor 1.4 multipliziert. Auf der Grundlage der BGF wurden für beide Projekte die Anzahl der Autoparkplätze ermittelt. Zur Berechnung der Parkplätze (P) auf der Basis der "Grundwerte für die Berechnung des Grundbedarfs für Parkplätze" (15) wurde die Formel 1 Arbeitsplatz (AP) /30m2 BGF - 0.40 P/AP angewendet. Die Ergebnisse sind aufgrund einschlägiger Erfahrungen aufgerundet worden:


Der Flächenbedarf (netto) pro Parkplatz wurde mit 12.5 m 2 angenommen, und mit dem Faktor 2.0 multipliziert, d.h.. der Flächenbedarf brutto entspricht 25 m 2 .




5.6. Machbarkeitsstudien


Ziel der Machbarkeitsstudien war das Erstellen eines Gesamtkonzepts, welche die konzeptionelle und technische Qualität nachweist, aber auch die kulturelle und städtebauliche Bedeutung der Bauaufgabe berücksichtigt, und sich als betrieblich gute, benutzerfreundliche, wirtschaftliche und nachhaltige Lösung auszeichnet. Beide Studien sind lediglich als eine Möglichkeit zu sehen, den Anforderungen an die Rahmenbedingungen, wie städtebauliche Einbindung und Erfüllung des Raumprogramms, gerecht zu werden.



Fortsetzung >>>
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Fussnoten:


11 Amtsbericht des Kantonsgerichts an den Landrat. 2003/040-4; 2002/040-4, 2001/040-4, 2000/040-4.


12 Die in dieser Kolonne genannten Zahlen beinhalten die zusätzlichen festen Arbeitsplätze sowohl für Mitarbeitende wie für nebenamtliche Gerichtsmitglieder (insb. Vizepräsidien und Referenten) und bedeuten damit nicht zusätzliche Stellen in diesem Ausmass.


13 Beinhaltet die reinen Büroflächen, Bürozusatzflächen sowie die Neben-Nutzflächen. Nicht enthalten sind die Flächen für Gerichtssäle und Nebenflächen sowie Gefängnis.


14 dito Fussnote 12


15 Raumplanung und Bau II - Sammlung und Erlasse des Kantons Basel-Landschaft - Anhang 11/1