2003-249


1. Ausgangslage

Landrat Hannes Schweizer und Mitunterzeichner reichten am 4. September 2003 folgenden Motionstext ein:


Unsere Region ist von einer Trockenheit betroffen, deren Auswirkungen die Landwirtschaft besonders hart trifft. Die Ertragsausfälle in unserem Kanton betragen laut Schätzungen des Landwirtschaftlichen Zentrums Ebenrain (LZE) ca. 14 Millionen Franken gemessen am Rohertrag. Als Folge der AP 2002 betragen die durchschnittlichen Landwirtschaftseinkommen pro Arbeitskraft im vergangenen Jahr Fr. 30'000.--. Viele Bauernbetriebe mussten zudem bauliche Investitionen tätigen um die Vorschriften im Gewässer- und Tierschutzbereich zu erfüllen. Aufgrund der eingangs erwähnten Situation werden ohne angemessene Gegenmassnahmen viele Betriebe in Liquiditätsengpässe geraten und dadurch im Extremfall in ihrer Existenz bedroht werden. Die Betriebshilfekasse des Kantons Baselland kann Betriebshilfedarlehen gewähren (zinsfrei, rückzahlbar in 4 bis 6 Jahren). Die Kreditzusicherung erfolgt durch die Investitionshilfekornmission oder durch das LZE, sofern in seiner Kompetenz. Zur Zeit verfügt die Betriebshilfekasse über Fr. 831'000.-- flüssige Mittel. Diese reichen aus, um die üblichen Notsituationen zu lindern. Um bei der Betriebshilfekasse mit trockenheitsbedingten Krediten nicht in einen Engpass zu kommen, sind zusätzliche finanzielle Mittel nötig. Wenn der Kanton die Betriebshilfekasse um Fr. 500'000. -- aufstocken würde, könnten damit zusätzlich Fr. 600'000.-- Bundesgelder abgerufen werden.


Begründung der Dringlichkeit: rasches Handeln ist angezeigt, da die Lage prekär ist und nur durch ein zügiges Vorgehen den Betroffenen die dringend notwendige Hilfe zu Teil werden kann.


Antrag: Der Regierungsrat wird beauftragt, dem Landrat einen Beschluss betreffend Betriebshilfekasse des Kantons Baselland mit einem einmalig zu leistenden ausserordentlichen Beitrag von Fr. 500'000.-- zu unterbreiten.


Die Motion wurde am 4. September 2003 als Postulat an den Regierungsrat überwiesen.




2. Bericht


2.1 Witterungsverhältnisse und Auswirkungen


Der Sommer 2003 gehört zu den trockensten seit 100 Jahren. In den Monaten Juni bis August fielen in unserer Region nur 137 mm Regen gegenüber einem Normaljahr mit 253 mm.


Die Sonnenscheindauer und Temperaturen liegen über den Mittelwerten. Die Auswirkungen für die Landwirtschaft waren:




2.2 Schadenssituation






2.3 Was tat die Landwirtschaft?


Die Landwirte verstellten teilweise unter Mithilfe des Landwirtschaftlichen Zentrums Ebenrain Tiere in die Innerschweiz und ins Berner Oberland. Diese Gebiete verfügen über genügend Futter.


Der Bauernverband beider Basel vermittelte Heu und Silage aus dem In- und Ausland. Bis zum 10. Oktober waren dies 10'000 m 3 Mais offen und 3'500 m 3 Silomaisballen.


Teilweise reduzierten die Landwirte ihre Tierbestände. Die Tiere konnten zu normalen Schlachtpreisen abgestossen werden.




2.4 Staatliche Unterstützung


Weder der Bund noch der Kanton leisteten bisher direkte finanzielle Beiträge. Der Bund gewährte eine Serie von Erleichterungen bei den Direktzahlungen (vorzeitige Beweidung von ökologischen Ausgleichsflächen; verfrühte Auszahlungen von Direktzahlungen, Korrekturen per 2004 der Vieh-bestände bei vorzeitigen Schlachtungen) und bei den Importabgaben (vorübergehende Aufhebung oder Senkung der Zölle auf Futtermitteln).


Die für die Investitionskredite und Betriebshilfe zuständige Investitionshilfekommission erörterte an der Sitzung vom 15. September 2003 die Folgen der Trockenheit und die Unterstützungsmöglich-keiten. Über die Instrumente Investitionskredit und Betriebshilfe stehen folgende Möglichkeiten zur Verfügung:


Investitionskredit: Stundung von Rückzahlungsraten


Rechtsgrundlage: BG vom 29. April 1998 über die Landwirtschaft, LwG, SR 910.1; V vom 7. Dezember 1998 über Strukturverbesserungsmassnahmen in der Landwirtschaft, SR 913.1 (Strukturverbesserungsverordnung SVV).


Zur Überbrückung von Liquiditätsengpässen können keine Investitionskredite gewährt werden. Das LwG und die SVV erlauben dies nicht. Hingegen können fällige Rückzahlungsraten für ein Jahr gestundet werden, falls sich die wirtschaftlichen Verhältnisse der Kreditempfänger unver-schuldet verschlechtern (SSV Art. 48, Abs. 2, litera b).


Diese Möglichkeit wurde allen Schuldnern im September mitgeteilt. Bis zum 15. Oktober 2003 wurden 17 Schuldnern Herbstraten im Umfang von 75'850 Franken und Frühjahrsraten von 71'850 Franken gestundet.


Diese Betriebe meldeten Trockenheitsschäden von total 273'000 Franken. Im Durchschnitt sind dies 16'000 Franken pro Betrieb.


Betriebshilfedarlehen: Überbrückung von Liquiditätsengpässen


Rechtsgrundlage: BG vom 29. April 1998 über die Landwirtschaft, LwG, SR 910.1; VO vom 7. Dezember 1998 über die Betriebshilfe als soziale Begleitmassnahme in der Landwirtschaft (Betriebshilfeverordnung BHV), SR 914.11.


Zur Überbrückung von Notlagen (unverschuldete finanzielle Bedrängnis), können Betriebshilfedarlehen gewährt werden (BHV Art 1).


Trockenheitsbedingte Liquiditätsengpässe können somit mit zinsfreien rückzahlbaren Darlehen überbrückt werden. Sie sind in 4 bis 6 Jahren zurückzuzahlen. Die Darlehen sind mit Grundpfandrechten oder Bürgschaften sicherzustellen.


Die Baselbieter Landwirte und Landwirtinnen wurden über die Fachpresse im September 2003 informiert. Per 15. Oktober 2003 liegt ein Gesuch für ein trockenheitsbedingtes Darlehen von 40'000 Franken vor. Dieses Kreditgesuch wird im Laufe der folgenden Wochen bearbeitet und ein entsprechendes Darlehen voraussichtlich bewilligt.


Die Mittel für die Betriebshilfedarlehen stellt der Bund nur gegen eine kantonale Gegenleistung zur Verfügung (BHV Art. 11 Leistung der Kantone). Der Kanton Baselland muss aufgrund seiner Finanzkraft eine Gegenleistung von 80 Prozent erbringen.


Aufgrund des eingereichten Gesuches werden 40'000 Franken für neue Darlehen benötigt.


Dies zeigt, dass die verfügbaren Mittel zur Zeit ausreichen. Es ist davon auszugehen, dass im Laufe des Winters noch Gesuche eingehen werden. Betriebshilfemittel werden auch immer wieder für Darlehensgewährungen in anderen Notlagen oder zur Umfinanzierung benötigt.


Die zinsfreien Betriebshilfedarlehen sind ein sinnvolles Instrument zur Entschuldung der Landwirtschaft, da die Darlehen innert 10 bis 20 Jahren zurückbezahlt werden müssen. Sie fliessen an den Kanton zurück.


Der Kanton kann Mittel zur Auslösung zur Verfügung stellen. Die Rechtsgrundlage bietet das LGBL vom 8. Januar 1998, § 41 (SGS 510).




2.5 Schlussfolgerungen


Die im September geschätzte Schadenssumme von rund 18 Millionen Franken bestätigt sich aufgrund der Rückmeldungen. Die Landwirtschaft hat sich insofern selbst geholfen, als der Bauernverband beider Basel Futter vermittelt hat und die Landwirte Tiere verstellt haben.


Die trockenheitsbedingten Liquiditätsengpässe beim Investitionskreditnehmer können auch über Ratenstundungen gemildert werden.


Man stellt auch fest, dass sich die meisten Landwirte betriebswirtschaftlich/ökonomisch richtig verhielten und für ausserordentliche Ertragsausfälle oder Mehrkosten Reserven bildeten. So können sie das Trockenjahr 2003 weitgehend aus eigener Kraft überbrücken. Zudem wird die Landwirtschaft diesen Winter und im nächsten Jahr weniger in Maschinen und Bauten investieren, d.h. Neu- und Ersatzbeschaffungen hinausschieben. Dies wird insbesondere den Landmaschinen-handel und das Bauen in der Landwirtschaft beeinflussen.


Eine abschliessende Beurteilung der Situation ist erst Mitte 2004 möglich. Sofern sich heraus-stellen sollte, dass weitere Mittel nötig sind, wird der Regierungsrat diese gestützt auf das kantonale Landwirtschaftsgesetz vom 8. Januar 1998, § 46, in den ordentlichen Voranschlag aufnehmen oder als Nachtragskredit beantragen.




3. Antrag


Der Regierungsrat beantragt dem Landrat, vom Bericht Kenntnis zu nehmen und das Postulat 2003/184 abzuschreiben.


Liestal, 28. Oktober 2003


Im Namen des Regierungsrates
Der Präsident: Straumann
Der Landschreiber: Mundschin



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