Vorlage an den Landrat
Geschäfte des Landrats || Parlament | Hinweise und Erklärungen |
Vorlage an den Landrat |
Titel: | Wirtschaftsbericht 2003 | |
vom: | 14. Oktober 2003 | |
Nr.: | 2003-231 | |
Bemerkungen: | Inhaltsübersicht dieser Vorlage || Verlauf dieses Geschäfts |
KMU, Wirtschaftsstruktur und Wirtschaftspolitik
Die Wirtschaft des Kantons Basel-Landschaft ist stark von kleinen und mittelgrossen Unternehmen (KMU) geprägt. Diese Struktur ist an sich für die ganze Schweiz t ypisch. Es überrascht deshalb kaum, dass KMU in der schweizerischen Wirtschaftspolitik Beachtung finden, auch wenn Grossunternehmen vielfach bekannter sind und deshalb als Diskussionsthema attraktiver sein mögen.
Die letzte eidgenössische Betriebszählung (abgeschlossen auf den 28. September 2001), die neuste statistische Erhebung im Bereich der Wirtschaftsunternehmen, zeigt für den Kanton Basel-Landschaft folgende Strukturen auf:
Statistik der Unternehmensgrösse | ||||
Anzahl Mitarbeitende pro Betrieb | Anzahl Unternehmen | Relativer Anteil (Prozent) | Beschäftigte (Vollstellen) | Relativer Anteil (Prozent) |
Weniger als 2 | 5'220 | 43.6 | 5'586 | 5.7 |
2 bis 9 | 4'911 | 41.1 | 20'445 | 20.7 |
10 bis 49 | 1'505 | 12.6 | 31'105 | 31.5 |
50 bis 99 | 193 | 1.6 | 13'239 | 13.4 |
100 bis 199 | 90 | 0.8 | 12'083 | 12.2 |
Total KMU | 11'919 | 99.7 | 82'458 | 83.5 |
200 und mehr | 41 | 0.3 | 16'311 | 16.5 |
Gesamttotal | 11'960 | 100 | 98'769 | 100 |
Es gibt keine einheitliche Definition von KMU. In der Schweiz gehören Unternehmen mit weniger als 200 Arbeitskräften (Vollstellenäquivalent) dazu. Die Statistik zeigt, dass es im Baselbiet vergleichsweise wenige Grossunternehmen gibt (mit mehr als 200 Mitarbeitenden auf Vollzeitbasis), diese aber trotzdem einen beträchtlichen Anteil (einen Sechstel) der Arbeitsplätze anbieten. Darüber hinaus sind Grossunternehmen in vielfältiger Weise Abnehmer von Produkten und Dienstleistungen, die von KMU angeboten werden.
Besonderheiten der KMU
Abgesehen von der Grösse der Mitarbeiterzahl ist zu fragen, wie sich die KMU von grösseren und Grossunternehmen sonst noch unterscheiden. Dabei ist immer zu berücksichtigen, dass nie alle Firmen lückenlos in ein allgemein gültiges Kategorisierungsschema eingepasst werden können. Eine breiter gefasste Differenzierung kann somit lediglich nach spezifischen Merkmalen erfolgen.
- | KMU sind hinsichtlich ihrer Geschäftstätigkeit überwiegend lokal oder regional ausgerichtet. Das nationale oder internationale Geschäft ist im Allgemeinen den grösseren und Grossunternehmen vorbehalten. Dies gilt sowohl für die Produktion wie für den Absatz, und es gilt auch für eine Grenzregion wie die Nordwestschweiz. |
- | Daraus könnte zunächst gefolgert werden, dass eine Volkswirtschaft mit prominentem KMU-Anteil in einer exportorientierten Wirtschaft weniger von Konjunkturschwankungen beeinflusst wird, als eine, die vor allem durch Grossunternehmen mit hohem Ausfuhranteil gekennzeichnet ist. In der Tat scheinen KMU in einer schlechten Wirtschaftsentwicklung zunächst weniger betroffen zu sein als die Grossunternehmen; entsprechend verläuft beispielsweise auch der Arbeitsplatzabbau in der Rezession. Freilich zeigen die Zahlen aus den letzten Jahren, dass anhaltende Wirtschaftsflauten auch die KMU treffen - ein untrügliches Zeichen für eine nicht nur kurzfristig anhaltende Nachfrageschwäche. |
- | Die eben gemachte Aussage kann allerdings nicht allgemein gelten; es muss zum Beispiel nach Branchen differenziert werden. Nicht alle Sektoren weisen in nennenswertem Ausmass Grossunternehmen auf (beispielsweise die Gastrobranche oder das Baugewerbe). Und in Wirtschaftsbereichen, die der Konjunktur vorauslaufen, werden die kleinen Unternehmen auch in zeitlicher Hinsicht nicht geschont. |
- | Für die KMU gilt grundsätzlich, dass sie schneller und flexibler auf Nachfrageschwankungen reagieren können als Grossunternehmen. Dabei ist immerhin festzuhalten, dass auch Grossunternehmen - nicht zuletzt wegen ihrer breiteren Möglichkeiten bei der Informationsbeschaffung - sich rascher den Marktgegebenheiten anpassen als noch im letzten Jahrhundert. |
- | Vorteil und Nachteil von KMU ist es, dass deren Administration - der so genannte unproduktive Teil der Kosten - auch relativ kleiner ist als bei Grossunternehmen: Vorteil, weil damit ein Kostenelement teilweise entfällt - Nachteil, weil Kleinstrukturen für die Bewältigung von administrativen Aufgaben, die überall zu erledigen sind, oft nicht ausreichend gerüstet oder nicht professionell genug sind. |
- | Die Ansicht, KMU hätten kaum Forschungs- und wenig Entwicklungsorientierung, ist nicht haltbar. KMU sind heute stärker denn je technologisch im Vordergrund, oftmals sogar zuvorderst. Andererseits sind ihnen grössere und Grossunternehmen bei der Umsetzung von Entwicklungen in marktfähige Produkte häufig überlegen. |
Diese Charakterisierungen sind nicht abschliessend. | |
Ähnlich wie ein zufrieden stellender Branchenmix für eine Volkswirtschaft entscheidend ist, verhält es sich mit der Mischung von Gross-, Mittel- und Kleinunternehmen. Die Verteilung, wie sie sich im Kanton Basel-Landschaft entwickelt hat, kann volkswirtschaftlich als positiv bezeichnet werden; sie wurde allerdings nicht bewusst geschaffen, sondern ist so gewachsen. Es besteht zurzeit kein Grund zu versuchen, diesen Mix auf irgendeine Weise zu beeinflussen. |
Eine Wirtschaftspolitik für die KMU?
Eine leicht zu beantwortende Frage ist, ob sich aus den beschriebenen Strukturen Anforderungen an die Wirtschaftspolitik des Kantons ergeben, die beispielsweise besonders auf die KMU auszurichten wäre. Dazu müssten Faktoren festgestellt werden, die besonders KMU behindern, aber Grossunternehmen nicht oder weniger betreffen.
Wie an anderen Stellen dieses Berichts festgehalten, beschränkt sich die Wirtschaftspolitik der Kantonsbehörden weitgehend auf die aktive Gestaltung der Rahmenbedingungen, die für die gesamte Wirtschaft gelten. Auf einzelne, unsystematische Eingriffe in das Gefüge der Wirtschaft wird mit ganz wenigen Ausnahmen (sie sind bei der Wirtschaftsförderung zu finden) verzichtet. Dies in der plausiblen Überzeugung, dass Märkte bessere Resultate liefern als behördliche Eingriffe, soweit und sofern die Märkte sich innerhalb akzeptabler Grenzen (eben den Rahmenbedingungen) befinden. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass die Behörden eine bestehende Wirtschaftsstruktur zugunsten einer Gruppe, also zum Beispiel der KMU, zu ändern hätten. Strukturerhaltung ist schon lange nicht mehr Gegenstand der Wirtschaftspolitik, auch in der Landwirtschaft nicht mehr.
Damit ist klar, dass eine gute Wirtschaftspolitik sowohl für Gross- wie auch für KM-Unternehmen gut ist. Trotzdem hat sich die Eidgenossenschaft mit einer KMU-orientierten Politik zu Worte gemeldet,
(17)
die in einer Broschüre Anliegen und Massnahmen zugunsten der KMU konkretisiert. Zusammengefasst geht es dabei um folgende Bereiche:
- | Unternehmensgründungen sollen vereinfacht werden, wobei der Informationsvermittlung ein wichtiger Stellenwert zukommt. |
- | Zur Finanzierung von KMU sollen Alternativen geschaffen oder verbessert werden (zum Beispiel bei der Beschaffung von Risikokapital oder im Bürgschaftswesen). |
- | Im Bereich der Informatik sollen mit der elektronischen Unterschrift und mit elek-tronischen Behördenschaltern (E-Government) Erleichterungen angeboten werden. |
- | Der Aufwand, den auch KMU mit Behörden zu betreiben haben, soll möglichst verringert und der Verkehr mit Amtsstellen vereinfacht werden (einheitliche Prozesse, überarbeitete Regulierungen und Auflagen). |
- | Für einen leichteren Marktauftritt im Ausland soll die Exportförderung auf KMU konzentriert, mit einer Dachmarke die Identifikation erleichtert und durch den Aufbau eines Aussennetzes der Exportförderung den KMU Unterstützung gewährt werden. |
- | Bei der Innovationsförderung sollen KMU ebenfalls unterstützt werden; Stichworte sind dabei beispielsweise Erleichterungen des Zugangs zu technischem Know-how, Wissens- und Technologietransfer, Förderung von Projekten, Verbesserungen bei der Berufsbildung (s. dazu in 4.3 die Ausführungen über die Berufsbildung). |
Wie die Massnahmen dann im Einzelfall umzusetzen sind, ist teilweise noch offen, nicht zuletzt angesichts der starken Überlastung auch der Bundesfinanzen. |
Querschnittsaufgaben
Auch im Kanton Basel-Landschaft wird KMU-Politik als Querschnittsaufgabe betrachtet, die auf einer nicht diskriminierenden Basis zu verfolgen ist. Die folgenden Ansätze kommen nicht nur, aber auch den KMU zugute:
- | Der Regierungsrat hält die Investitionsausgaben ungeachtet der wirtschaftlichen Schwankungen über die Jahre stabil (bei rund 150 Millionen Franken netto pro Jahr), was eine auch für KMU berechenbare Auftragsvergabe darstellt. Bei der Auftragsvergabe wird durch die Anwendung des Submissionsgesetzes dafür gesorgt, dass keine Diskriminierung beispielsweise der KMU entsteht. |
- | Im Bereich der Steuerpolitik (vgl. dazu das Sonderkapitel) ist eine hinderliche Hürde für die KMU bereits gefallen: Geschäftsübertragungen innerhalb der Familie werden durch die Aufhebung von Erbschafts- und Schenkungssteuer zugunsten von direkten Nachkommen erleichtert. |
- | Ebenfalls im Sonderkapitel über das Steuerwesen im Kanton ist nachzulesen, dass bei der Unternehmensbesteuerung (Kapitalsteuer, Tarif der Gewinnbesteuerung) vom Regierungsrat Handlungsbedarf anerkannt ist. |
- | Für die Rekrutierung von Fach- und anderem Personal sind die Ausführungen im Kapitel über Bildung und Ausbildung relevant, wo ausführlich auf die Berufsbildung eingegangen wird. Besonders hervorzuheben sind dabei die Bemühungen von Wirtschaft und Behörden beim Schaffen von Lehrstellen und die Organisation von Ausbildungsverbünden, die KMU die Rolle als Lehrmeister erleichtern sollen. Auch mit der Neugestaltung der tertiären Ausbildung wird durch die Modularisierung der höheren Berufsbildung und durch die Durchlässigkeit des Bildungssystems mitgeholfen, unter anderem auch den KMU die Rekrutierung des Kadernachwuchses zu erleichtern. |
- | Unternehmensgründungen werden auf verschiedene Weise gefördert. Das Gründerzentrum in Reinach ist hierfür besonders eingerichtet und arbeitet erfolgreich; es wird vom Kanton unterstützt. Die Wirtschaftsförderung hilft Neuunternehmerinnen/Neuunternehmern bei der Gründung und steht ihnen während der meist heiklen Startphase beratend zur Seite. Mit dem Impulsprogramm Familie und Beruf (s. dazu die Ausführungen in Kapitel 2.8) leistet der Kanton zum Beispiel einen Beitrag an die Vereinbarkeit von Anforderungen von Beruf und Familie; ein Faktor, der auch bei Jungunternehmerinnen/Jungunternehmern von grosser Bedeutung ist. |
- | Das eidgenössische System der gewerblichen Bürgschaftsgenossenschaften befindet sich in Überarbeitung. Es soll professionalisiert und wirksamer gestaltet werden. Die Bürgschaftsgenossenschaft beider Basel ist vom Regierungsrat unterstützt worden; nach Vorliegen des neuen Bundeskonzepts soll die kantonale Politik ebenfalls überprüft werden. Dies nicht zuletzt deshalb, weil die Nachfrage von KMU nach Bürgschaften wieder zugenommen hat. |
- | Elektronische Hilfen werden auch für KMU verfügbar gemacht. Beispiel ist die "Arbeitsbewilligung online" des KIGA; weitere Anwendungen werden folgen. Elektronische Hilfen wie die kantonale Gesetzessammlung werden ausgebaut. Die elektronische Erreichbarkeit von Ämtern und Behörden wird laufend verbessert. |
- | Die Behörden sind vom Regierungsrat verpflichtet, noch mehr als bisher den Wünschen und Anforderungen der Kundschaft - und dazu gehören die KMU prominent - innerhalb der gesetzlichen Weisungen zu entsprechen. |
- | Im Bereich der Innovationsförderung und des Technologietransfers sind Entwicklungen im Gange, die an anderer Stelle dieses Berichts beschrieben werden. Besonders KMU sollen von Massnahmen und besseren Rahmenbedingungen profitieren können. |
Wirtschaftspolitik ist eine Querschnittsaufgabe. Eine besondere Wirtschaftspolitik für die KMU gibt es im Kanton Basel-Landschaft nicht. Aber es werden alle Bereiche der Wirtschaftspolitik, die unmittelbar und/oder mittelbar die KMU betreffen, sorgfältig auf die Möglichkeiten untersucht, die zugunsten auch der KMU ausgenützt werden können. |
Fussnote:
17 Die KMU-Politik des EVD - Ein besseres Geschäftsumfeld für die kleinen und mittleren Unternehmen, Bern 2003.
Fortsetzung >>>
Back to Top