Vorlage an den Landrat
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Vorlage an den Landrat |
Titel: | Gesamtrevision des Gesetzes über die Basellandschaftliche Kantonalbank | |
vom: | 23. September 2003 | |
Nr.: | 2003-228 | |
Bemerkungen: | Inhaltsübersicht dieser Vorlage || Verlauf dieses Geschäfts |
3. Die Entwicklung der Kantonalbanken
Über die Kantonalbanken als Gruppe wurde in den Neunzigerjahren in Finanzkreisen zeitweilig vor allem deshalb diskutiert, weil sie in ihrer staatlich beschützten Nische ihr Kredit- und Retailgeschäft betreiben könnten mit ihrem exklusiven Wettbewerbsvorteil, der Staatsgarantie.
Die eidgenössische Politik setzte sich mit den Kantonalbanken im letzten Jahrzehnt systematisch auseinander. 1996 wurden die Bedingungen, die für eine Bank als Kantonsinstitut zu gelten haben, durch eine Revision des Bundesgesetzes über die Banken und Sparkassen (3) gelockert und gleichzeitig präzisiert.
Eine Reihe von aufsehenerregenden geschäftlichen Misserfolgen in den Neunzigerjahren des letzten Jahrhunderts bei einer begrenzten Anzahl von Kantonalbanken führte zur Frage, ob Institute dieser Grösse (4) , eingebunden in einen kantonalen oder regionalen Marktansatz und in politische Steuerung, überhaupt eine Daseinsberechtigung hätten.
Aufgrund solcher und anderer Erwägungen begann eine ganze Reihe von Kantonen über die optimale Rechtsform ihrer Kantonalbank, über Sinn und Zweck der Staatsgarantie und über den ihrer Bank zu erteilenden Leistungsauftrag (Geschäftszweck) nachzudenken. Die Börseneuphorie der ausgehenden Neunzigerjahre führte darüber hinaus zu Überlegungen, ob nicht mit einem Teilverkauf von Kantonalbanken an die Konsolidierung der öffentlichen Finanzen ein zusätzlicher Beitrag geleistet werden könnte.
Die Diskussion über die Kantonalbanken ist keineswegs abgeschlossen. Sie zeigt aber schärfere Konturen als noch vor einigen Jahren, und sie hat sich iinzwischen auf folgende hauptsächlichste Gegenstände und Tendenzen konzentriert:
- | Auf das Betreiben einer Kantonalbank verzichtet ein Kanton nur unter extremem finanziellem Druck, herbeigeführt durch wirtschaftliche Fehlleistungen eines Kantonsinstituts, und auch dann nur in Ausnahmefällen. (5) Selbst in Sonderfällen (6) wird überwiegend zum Instrumentarium der Sanierung gegriffen. |
- | Für geschäftliche Misserfolge bei Kantonalbanken gibt es kaum offenkundig erkennbare Einzelfaktoren als Ursache; sowohl mangelnde Professionalität wie Regionalinteressen als auch Ungenügen der Kontrollsysteme und deren Anwendung waren nachträglich als Gründe des Versagens festzustellen; wie weit die Staatsgarantie dabei eine Rolle gespielt hat, ist nicht auszumachen. |
- | Die Rechtsform der Kantonalbanken spielt zwar in der Diskussion um die Staatsbanken eine grosse Rolle, doch ist die Zahl der Institute, die in jüngster Zeit dem Regime der Aktiengesellschaft näher geführt wurden oder werden, ziemlich begrenzt. (7) |
- | Organisatorisch wird immerhin darauf tendiert, dass bei Gesetzesrevisionen Kantonalbanken eine organisatorische Struktur erhalten, die derjenigen der Aktiengesellschaft so nahe kommt wie sinnvollerweise möglich, ausserdem werden sowohl interne wie externe Kontrollsysteme deutlich verstärkt. Die Unterstellung unter die Aufsicht der Eidgenössischen Bankenkommission spielt dabei eine führende Rolle. |
- | Nicht gerüttelt wird vorderhand an der Kombination von kantonal oder regional ausgerichtetem Leistungsauftrag mit integraler Staatsgarantie. (8) |
- | Mit einer Ausnahme (9) halten die Kantone zumindest deutliche Mehrheiten an ihren Kantonalbanken. (10) |
- | Zu Fusionen ist es unter Kantonalbanken bisher nicht gekommen; hingegen haben Zusammenarbeiten in ausgewählten Bereichen (11) fruchtbare Entwicklungen gefördert. |
Trotz ernsthafter Versuche ist es bisher nicht gelungen, den Wert des Pendants "fokussierter" Leistungsauftrag und Staatsgarantie einigermassen objektiv festzulegen. Während über die Behinderung durch die auftragsbedingten Eingrenzungen im Geschäftskreis wenig bis gar nicht gesprochen wird (12) , gibt es eine rege Diskussion über den Wert der Staatsgarantie (s.u. 6.3). Es ist einzuräumen, dass Leistungsaufträge, die geographisch (Kanton, Region als Schwerpunkt) und materiell (Spar- und Grundpfandgeschäft) den Kantonalbanken Schranken auferlegen, durch geschickte Formulierung des Auftrags und durch flexible Organisation (z.B. vermittels Tochtergesellschaften für besondere Sparten des Bankgeschäfts) in ihrer restriktiven Wirkung abgeschwächt werden können. Die traditionelle flächendeckende Präsenz im umschriebenen Einzugsgebiet, die heute fast nur die Kantonalbanken aufweisen (13) , ist dabei sowohl Vorteil wie Nachteil; Vorteil wegen der Kundenorientierung ("die Bank in Ihrer Nähe"), Nachteil wegen der Kostenintensität, die andere Bankengruppen in den letzten Jahren zu teilweise drastischen Einschränkungen ihrer geographischen Präsenz im Inland veranlasst hat.
Auch im umliegenden Ausland gibt es staatliche Banken; in den Nachbarländern ist der öffentliche Bankensektor am Gesamtmarkt für Finanzdienstleistungen wesentlich bedeutender als in der Schweiz. Auch die auf Wettbewerb fast extrem eingeschworene Europäische Kommission lässt, wie relativ klar eingeräumt wird, staatliche Banken zu, auch in der Zukunft. (14)
Insgesamt kann davon ausgegangen werden, dass die Kantonalbanken im Zuge der intensiver werdenden Konkurrenz auf den Finanzmärkten ihre Rolle aktiv und gewinnbringend wahrnehmen; dies ist vor allem auf eine bewusst herbeigeführte Professionalisierung von Management und Bankbehörden, unter gleichzeitiger Verstärkung der notwendigen Kontrollen, zurückzuführen. Ein Grundsatzstreit über die Existenzberechtigung von Kantonalbanken ist wenig ergiebig. Der eidgenössische Gesetzgeber hat sie definiert, und der Markt befindet sie als nützlich.
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Fussnoten:
3 SGS 951.0, Bankengesetz (BankG), Art. 3a, in Kraft seit 1. Oktober 1999
4 Immerhin zählt die Zürcher Kantonalbank zu den grössten Bankinstituten der Schweiz.
5 so z.B. in den Kantonen Solothurn und Appenzell-Ausserrhoden
6 Beispiele sind Bern, Genf und neuerdings Waadt.
7 Neben Kantonen der Romandie (traditionell) und Zug neuerdings Bern, St. Gallen, und Luzern; Thurgau hat abgelehnt, die politische Diskussion wird auch im Kanton Aargau geführt.
8 Bislang bestehen überall - mit Ausnahme der historischen Fälle Genf und Waadt - umfassende Modelle der Staatsgarantie; einzig in Bern wird die Möglichkeit erwogen, eine Teilgarantie vorzusehen.
10 Dies hat auch mit dem rauheren Börsenklima zu tun, in welchem ein Börsengang als bedeutend weniger lukrativ erscheint als noch in den ausgehenden Neunzigerjahren.
11 so z.B. in der Informatik und im sog. Back-office (Zahlungsverkehr, Abrechnungen u.ä.)
12 Der Trend zur Universalbank ist unübersehbar.
13 ähnlich die Raiffeisenbanken, teilweise auch Regionalbanken
14 vgl. hierzu z.B. Neue Zürcher Zeitung vom 18. Juli 2001, Nr. 164, Seite 21