2003-305 (1)
Vorlage an den Landrat |
Titel:
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Interpellation von Peter Zwick (CVP) über die Kantonale Aufsicht über die Gemeindefinanzen
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vom:
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17. Februar 2004
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Nr.:
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2003-305
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Bemerkungen:
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Acrobat (PDF):
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Vorlage
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Mit Interpellation 2003/305 vom 27. November 2003 bittet der Interpellant Peter Zwick, CVP, um Beantwortung nachfolgender Fragen:
Kantonale Aufsicht über die Gemeindefinanzen
Verfassung und Gesetzgebung ermächtigen und verpflichten den Regierungsrat zur Aufsicht über die Gemeinden, darunter auch über die Gemeindefinanzen. Im Gemeindegesetz (GemG) und in der Gemeindefinanzordnung sind die Grundsätze des Finanzhaushaltes und des Rechnungswesens geregelt. Wenig, vor allem wenig Konkretes wird aber über Grundsätze einer soliden Finanzpolitik und einer gesunden Finanzverwaltung ausgesagt, § 157a GemG fordert ein "mittelfristiges Haushaltgleichgewicht" und § 168a GemG gibt dem Regierungsrat die Befugnis zu "Aufsichtsmassnahmen, wenn "der Voranschlag, die Jahresrechnung oder ein Gemeindebeschluss mit den Grundsätzen der Haushaltsführung nicht vereinbar ist". § 13 Gemeindefinanzverordnung verlangt, dass ein Bilanzfehlbetrag in längstens 5 Jahren abgeschrieben wird und § 25 fordert vom Finanzplan, dass er (...) "die Massnahmen zur Beibehaltung oder Erreichung des mittelfristigen Haushaltsgewichts aufzeigt". Im Finanzhaushaltsgesetz wird in § 2 unter dem Titel "Grundsätze der Hauhaltführung" (die wohl auch für die Gemeinden gelten) stipuliert, dass sich die Haushaltsführung nach den Grundsätzen der Gesetzmässigkeit, des Haushaltsgleichgewichtes, der Sparsamkeit, der Wirtschaftlichkeit und der Dringlichkeit der Aufgaben zu richten habe. Die Haushaltsführung begrenzt die Höhe der Schulden im Hinblick auf eine tragbare Zinsbelastung. Diese Grundsätze sind durch dauernden Vergleich zwischen Ist- und Soll-Zustand sowie durch notwendige Korrekturen umzusetzen.
In finanziell rosigen Zeiten ist das gut und recht, in finanziell schwierigen Zeiten der Gemeinden bedürfen diese Grundsätze der Erläuterung und der Konkretisierung. Ich frage deshalb den Regierungsrat
1. Welches sind die Kriterien für das Haushaltsgleichgewicht?
2. Was heisst ein "mitttelfristiges Haushaltsgleichgewicht"?
3. Was versteht der Regierungsrat unter "tragbarer Zinsbelastung"?
4. Welches Amt kontrolliert die Finanzen der Gemeinden?
5. Wann ist dieses Amt zum Handeln verpflichtet?
6. Welche "Aufsichtsmassnahmen" sieht der Regierungsrat vor, wenn das mittelfristige Haushaltsgleichgewicht nicht mehr gegeben ist?
7. Wann werden welche Massnahmen von wem ergriffen?
Ich bitte den Regierungsrat um eine schriftliche Beantwortung der Fragen.
Antwort des Regierungsrates
Die finanzielle Lage der Baselbieter Gemeinden ist gut bis sehr gut. Im schweizerischen Vergleich stehen die Baselbieter Gemeinden in den Kennzahlen der Flächenkantone an der Spitze. In den letzten fünf Jahren konnten die Gemeinden im steuerfinanzierten Bereich die Nettoinvestitionen zu 100% bezahlen. Das Eigenkapital beträgt hier 150 Mio. Fr., bei den Spezialfinanzierungen gar 250 Mio. Franken. Mit regelmässigen Weiterbildungsveranstaltungen der letzten Jahre wurden die Gemeinden über das Rechnungsmodell, den Finanzausgleich und insbesondere über die Finanzpolitik instruiert. Mit wenigen Ausnahmen haben sich alle Gemeinden daran beteiligt.
Von den 86 Gemeinden ist die Finanzlage nur in zwei Gemeinden kritisch. Es sind Gemeinden, die hohe Investitionen getätigt haben, ohne die notwendige Selbstfinanzierung sicherzustellen, um die vorgeschriebenen Abschreibungen und die Verzinsung des Fremdkapitals vornehmen zu können. In erster Linie liegt es an den Gemeinden selbst, für eine gesunde Finanzverwaltung besorgt zu sein. Dies ist Teil der Verantwortung im Sinne der Gemeindeautonomie.
Aufsichtsmassnahmen bedeuten einen erheblichen Eingriff in die Gemeindeautonomie und werden von der Regierung nur in Ausnahmefällen eingeleitet. Zuerst wird mit einer Gemeinde das Gespräch gesucht, um auf diesem Wege eine Verbesserung der Situation zu erreichen. In finanziellen Belangen bedeutet dies, dass erst dann Massnahmen eingeleitet werden, wenn der Eindruck entsteht, dass die Gemeinden selbst keine Anstrengungen unternimmt, eine negative Entwicklung zu stoppen. Die Ursache für ein starkes finanzielles Ungleichgewicht ist in der Regel das Ergebnis einer länger andauernden negativen Entwicklung.
Zu den einzelnen Fragen:
1. Welches sind die Kriterien für das Haushaltsgleichgewicht?
Die kantonale Praxis der Finanzaufsicht über die Gemeinden richtet sich betreffend Haushaltsgleichgewicht nach dem Kriterium der Vermeidung eines Bilanzfehlbetrages. Anders als beim Kantonshaushalt mit seinem grossem Volumen sind angesichts der Vielfalt der Gemeinden nach Einwohnerzahl die Voraussetzungen für einen gesunden Finanzhaushalt in einem anderen Rahmen zu beurteilen. Haushaltsgleichgewicht heisst, dass Aufwand und Ertrag unter Berücksichtigung der gesetzlich vorgeschriebenen Abschreibungen gleich hoch sind (Saldo = 0).
2. Was heisst ein "mitttelfristiges Haushaltsgleichgewicht"?
In Analogie zur Finanzplanperiode von fünf Jahren (§ 25 Absatz 1 Gemeindefinanzverordnung, SGS 180.10) gilt in der Praxis, dass die Mittelfristigkeit fünf Jahre umfasst und mithin das Haushaltsgleichgewicht innert dieser Frist zu erreichen ist. Ist Eigenkapital vorhanden, dann ist auch eine längere Phase eines Aufwandüberschusses möglich, allerdings nur solange kein Bilanzfehlbetrag entsteht.
3. Was versteht der Regierungsrat unter "tragbarer Zinsbelastung"?
Diese Frage stellt sich im Zusammenhang mit der Gemeindefinanzaufsicht nicht, da der Begriff dem Finanzhaushaltsgesetz entstammt, das nur für den Kanton und nicht auch für die Gemeinden gilt (§ 1 Absatz 2 Finanzhaushaltsgesetz, SGS 310).
4. Welches Amt kontrolliert die Finanzen der Gemeinden?
Das Statistische Amt ist für den Vollzug der Finanzaufsicht zuständig.
5. Wann ist dieses Amt zum Handeln verpflichtet?
Aufgrund von Effizienzüberlegungen wurde 1998 das sog. Passationsverfahren eingeführt. Gegenüber früher wird auf eine Berichterstattung mit Genehmigung des Voranschlages bzw. der Rechnung verzichtet. Reicht eine Gemeinde den Voranschlag bzw. die Rechnung fristgerecht ein und folgt bis zum 31. März (Voranschlag) bzw. 30. September (Rechnung) keine Beanstandung durch den Kanton, so hat der Voranschlag bzw. die Rechnung passiert. In der Praxis heisst dies, es sind keine markanten Verstösse gegen die gesetzlichen Vorschriften erkannt worden. Im Gegensatz zu anderen Kantonen mit z.T. grossen Abteilungen wird in unserem Kanton mit nur geringem Aufwand von einer Stelle die Aufsicht über die Gemeindefinanzen vollzogen. Das Amt beantragt dem Regierungsrat dann Interventionen (Aufsichtsmassnahmen), wenn ein Bilanzfehlbetrag besteht, und wenn die Gemeinde keine sichtbaren Massnahmen ergreift, die Finanzlage zu verbessern.
6. Welche "Aufsichtsmassnahmen" sieht der Regierungsrat vor, wenn das mittelfristige Haushaltsgleichgewicht nicht mehr gegeben ist?
Mit Rücksicht auf die Gemeindeautonomie wird die Finanz- und Kirchendirektion erst bei einem Bilanzfehlbetrag oder auch bei einer sich sonst als gravierend abzeichnenden Finanzsituation mit der Gemeinde das Gespräch suchen. Ziel dieses Gesprächs ist es, die Einschätzung des Gemeinderates bezüglich der Finanzsituation kennen zu lernen. Ergreift der Gemeinderat wirksame Massnahmen, um die Finanzsituation nachhaltig zu verbessern, so wird die Finanz- und Kirchendirektion die weitere Entwicklung beobachten. Ist hingegen vom Gemeinderat eine Durchsetzung einer gesunden Finanzpolitik nicht zu erwarten, so kann der Regierungsrat Massnahmen beschliessen wie z.B. Vorprüfung des Voranschlages durch die Finanz- und Kirchendirektion, Bewilligungspflicht für Investitionen, Anordnen eines ausgeglichenen Voranschlages oder einer entsprechenden Steuererhöhung. Der Regierungsrat sieht diese Aufsichtsmassnahmen als letztes Mittel, das in den letzten zwanzig Jahren nur vereinzelt eingesetzt werden musste.
7. Wann werden welche Massnahmen von wem ergriffen?
Siehe Punkt 6.
Liestal, 17. Februar 2004
Im Namen des Regierungsrates
Der Präsident: Straumann
Der Landschreiber: Mundschin
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