2003-101 (1)


1. Organisation der Kommissionsberatung

Die Volkswirtschafts- und Gesundheitskommission hat die Vorlage anlässlich ihrer Sitzungen vom 7. Mai 2003 (Anhörung) und 16. Mai 2003 (Beratung und Beschluss) behandelt. Sie wurde begleitet durch Regierungsrat Erich Straumann und Generalsekretär Rosmarie Furrer. Zur Anhörung wurden eingeladen die Herren Dr. oec. HSG CMC Arnold Kappler, Unternehmensberatung Luzern; Dr. Heinz Rütter, Rütter + Partner, sozialökonomische Forschung und Beratung, Rüschlikon; René Eichenberger, Präsident Baselland Tourismus, Pratteln, sowie als Vertretung des Verbandes Basellandschaftlicher Gemeinden, VBLG, Vorstandsmitglied Georges Thüring, Grellingen und Andreas Blank, Gemeindepräsident Augst.




2. Zielsetzung und Inhalt der Vorlage


Auftrag
Mit der Ueberweisung zweier Motionen durch den Landrat an seiner Sitzung vom 23. März 2000 mit dem Auftrag, das touristische Potenzial des Kantons zu analysieren und durch gezielte Massnahmen auszuschöpfen, entstand die Basis für dieses neue Gesetz. Bereits im Leistungsprogramm 1999-2003 jedoch setzte sich der Regierungsrat mit der Förderung des Tourismus im Kanton Basel-Landschaft auseinander. Und im Jahresprogramm 2002 wurde das operative Ziel konkretisiert mit "Etablierung einer professionellen Tourismusorganisation unter dem Namen Baselland Tourismus; Feststellen des touristischen Potentials und der Förderungsmöglichkeiten". Im Wirtschaftsbericht 2000 hat sich der Regierungsrat ebenfalls geäussert:


Im Interesse einer ausgewogenen Wirtschaftsstruktur soll im Baselbiet der Tourismus gefördert werden. Dazu braucht es ein Tourismuskonzept, eine Wertschöpfungsstudie und eine gesicherte Finanzierung. Sobald die notwendigen Grundlagen und Strukturen geschaffen sind, erfolgt die Weiterarbeit in Zusammenarbeit mit unseren Nachbarkantonen und Nachbarländern .


Ziel
Mit dem neuen Gesetz trägt der Kanton zur Stärkung des basellandschaftlichen Kantonsgebietes als Reise- und Tourismusziel bei. Die Förderung eines wertschöpfungsstarken und umweltschonenden, nachhaltigen Tourismus, die Leistung eines zusätzlichen Impulses für die Wirtschaft im Kanton, insbesondere für die Klein- und Mittelbetriebe KMU und die ländlichen Regionen, die Förderung der Bekanntheit und des Ansehens des Kantons im In- und Ausland sind als Ziel festgelegt. Wichtig auch die Förderung des Bewusstseins der Bevölkerung für die landschaftliche Schönheit und die kulturelle Eigenart des Kantons. Das soziale Wohlbefinden der Einheimischen und die Schonung der natürlichen Ressourcen stehen im Vordergrund. Es geht nicht darum, noch mehr Besucher anzuziehen. Ein touristisches Breitenwachstum kann nicht Ziel einer nachhaltigen Tourismuspolitik sein. Vielmehr sollen potenzielle Besucher und Besucherinnen zum Verweilen und Übernachten im Baselbiet angeregt werden. Die ca. 3,2 Millionen Tagesausflügler sollen zu länger in unserem Kanton verweilenden, übernachtenden Gästen mit entsprechend höherer Wertschöpfung animiert werden. So sollen z.B. die rund 150 Kilometer Wanderwege nicht nur während der Sommerzeit, sondern auch für die übrigen Jahreszeiten propagiert werden. Familien mit Kids, Personen ab 50, der Messe- bzw. Business- und der Seminargast dürften sich in unserem Kanton mit seinen wunderschönen Jurahöhen besonders wohl fühlen. So schreibt z.B. Dr. Kappler in seinem Marketing-Konzept (auf www.bl.ch abrufbar) zur:


Situationsanalyse Tourismus Basel-Landschaft:
"Die wechselreiche Kultur- und Naturlandschaft im Grenzraum zwischen Deutschland, dem Alsace, dem Rhein und den Jurahöhen hin zum Mittelland stellt ein vielseitiges Naherholungsgebiet mit einer sehr breiten Vielfalt an Ausflugzielen, Attraktionen und Erholungsmöglichkeiten dar. Dazu gehören die zahlreichen, zum Teil einzigartigen, historischen Zeugen aus der Vergangenheit (Römerstadt Augusta Raurica, Burgen und Schlösser). Die hohe Sonnenscheindauer mit vielen Schönwettertagen ("auch über dem Nebelmeer" stellt eine weitere Besonderheit der Landschaft dar." Und "mit seiner prominenten Lage im Dreiländereck und an der europäischen Nord-Süd-Achse ist der Kanton Baselland verkehrstechnisch hervorragend erschlossen". Arnold Kappler stellt jedoch als Schlüsselprobleme für die künftige Entwicklung fest, dass "das Baselbiet einen nur geringen Bekanntheitsgrad als Tourismusregion hat. Es gilt eher als Durchreiseregion mit hoher Verkehrsbelastung auf den Durchfahrtsachsen und wird in der Wahrnehmung von aussen zu wenig von der Agglomeration Basel, einer Industrie- und Chemieregion, getrennt. Die touristische Infrastruktur (Bettenkapazität, Tagungsmöglichkeiten) ist insgesamt eher bescheiden, das Qualitäts- und Serviceniveau bei den Tourismusträgern höchst unterschiedlich".


Aufbau und Profilierung einer touristischen Marke Basel-Landschaft
Es gilt mit einem einprägsamen Auftritt die Bekanntheit des Baselbietes zu fördern (gilt heute als weisser Fleck auf der "Tourismuskarte Schweiz") und ihm eine touristische Identität zu verleihen. Dazu gehören der Aufbau und die Profilierung einer touristischen Marke "Basel-Landschaft". Mit dem seit 2001 reorganisierten Verein "Baselland Tourismus" wird es möglich sein, eine verstärkte Zusammenarbeit aller Tourismusträger wie z.B. den angrenzenden Kantonen oder "Schweiz Tourismus" zu fördern. Besonderes Gewicht wird auch der Landwirtschaft mit seinen vielfältigen touristischen Angeboten geschenkt werden müssen.


So sieht das Organigramm von "Baselland Tourismus" eine enge Zusammenarbeit mit der Konferenz der Verkehrs- und Verschönerungsvereine KVV und der Konferenz der Leistungsträger KLT vor. Er setzt sich zusammen aus Vertretern der Kantonsregierung, der Leistungsträger und als Bindeglied zu Schweiz Tourismus/seco, der Wirtschaft, der Baselbieter Gemeinden, aus Verkehrs- und Freizeittourismuskreisen sowie interkantonalen Verbindungen und der Kulturförderung Baselland. Folgende Massnahmen sind für 2003 vorgesehen:

Mit Oliver von Allmen wurde ein ausgewiesener Tourismusfachmann HF mit der Leitung der Geschäftsstelle "Baselland Tourismus" beauftragt.


Konferenz der Verkehrs- und Verschönerungsvereine KVV
Mit seinen 12'000 Mitgliedern ist der KVV historisch in den Gemeinden gewachsen und verankert. Er sieht sich als erster Ansprechpartner für die Gäste vor Ort und ist primär zuständig für lokale Attraktionen und Sehenswürdigkeiten. Die KVV ist eine reine Milizorganisation, die eine wichtige gesellschaftspolitische Funktion auf Gemeindeebene erfüllt.


Konferenz der Leistungsträger KLT
Folgende Organisationen sind angeschlossen: Bauernverband beider Basel, Gastro Baselland, Kulturorganisationen Baselland, Förderverein Römerstadt Augusta Raurica, Naturschutz-Organisationen, Verkehrsträger im Tarifverbund NWCH, Wanderwege beider Basel, Sportverbände als Event-Organisatoren etc. Sie definieren Angebote und Produkte, betreuen Gäste und Besucher, tragen das unternehmerische Risiko, gewähren Ausbildung und Qualität und koordinieren ihre Aktivitäten im Netzwerk "Baselland Tourismus". Sie erhalten jedoch keine Subventionsbeiträge aus der Tourismusförderung und müssen nach einer Aufbauphase mit eigenen Kostenbeiträgen zur Gesamtfinanzierung beitragen.


Volkswirtschaftliche Bedeutung des Tourismus
Als Tourismus zählen gemäss offizieller, international geltender Statistik der Freizeitverkehr und die Ferienaufenthalte sowie der Geschäftstourismus. Charakteristisch betrachtete Branchen sind etwa das Gastgewerbe, der Personenverkehr, Reisebüros oder Bereiche aus Unterhaltung, Kultur und Sport. Von den Ausgaben der Besucher und Besucherinnen profitieren jedoch auch der Detailhandel oder die Landwirtschaft. Gemäss statistischen Erhebungen vom Bundesamt für Statistik BFS und vom Staatssekretariat für Wirtschaft, seco, wird die volkswirtschaftliche Bedeutung des Tourismus oft unterschätzt. Tatsächlich fliessen die Ausgaben der Besucher in eine Vielzahl von Unternehmungen und Branchen. Der Tourismus hat als Querschnittsaufgabe eine volkswirtschaftliche Bedeutung. Speziell in ländlichen Gebieten gibt es kaum wertschöpfungsstärkere Entwicklungsalternativen. Die touristischen Impulse tragen auch zur Verstetigung der Beschäftigung bei, da sie zusätzliche Arbeit für Neu- und Quereinsteiger und für die in anderen Wirtschaftszweigen freigesetzte Arbeitnehmerschaft bieten. Das Vorhandensein von attraktiven touristischen Anlagen und Einrichtungen zieht Wirtschaftsbetriebe an. Betreffend Zahlenmaterial und Vergleichen z.B. in Bezug auf das Verhältnis der Beiträge aus dem Tourismus an regionale Bruttoinlandprodukte BIP sei auf die Vorlage verwiesen.




3. Detailberatung


Eintreten auf die Vorlage wird mit 9 zu 3 Stimmen ohne Enthaltung beschlossen. Als wichtiges Anliegen wird eingebracht, dass zu wenig Anlehnung an die Partnerorganisation Basel-Stadt gesucht worden sei. Demzufolge sei die partnerschaftliche Aufgabenerfüllung zu verstärken. Dem Organigramm von "Baselland Tourismus" ist jedoch zu entnehmen, dass u.a. gerade der "Aufbau einer überregionalen Zusammenarbeit mit den Nachbarorganisationen (CH, F, D), insbesondere mit "Basel Tourismus" als Massnahmen 2003 definiert wurden. Zudem wird auch darauf hingewiesen, dass eine noch verstärktere Zusammenarbeit der beiden Basel im Sinne gleichberechtigter Partner nur dann Sinn mache, wenn Basel-Landschaft auf der touristischen Landkarte nicht mehr als weisser Fleck, sondern als gleichwertiger Partner auftreten könne. Ferner wird auf die sehr unterschiedlichen Angebote der beiden Partner verwiesen. Auch im Oberrhein sei die Diskussion über die gemeinsame Tourismusförderung unbestritten, doch zeige sich immer wieder das Bedürfnis der einzelnen Regionen, eigene Tourismuskonzepte anzubieten. Dass das brach liegende Tourismuspotenzial unseres Kantons jedoch gefördert werden soll, war unbestritten. Das Gesetz, insbesondere mit §5 Evaluation, erlaubt es dem Landrat, die strategische Führung in seiner Hand zu behalten und im Jahre 2005 neu über die Tourismusförderung zu befinden. Die Notwendigkeit, das neue Gesetz noch in der alten Besetzung des Landrats zu beraten, wurde ebenfalls hinterfragt. Nach einer intensiven Beratung der Vorlage darf jedoch davon ausgegangen werden, dass das äusserst schlanke Gesetzeswerk mit lediglich sechs Paragraphen wohl auch im "neuen Landrat" keine grundsätzlich andere Akzeptanz finden dürfte. Zumal, wie in der Vorlage unter Punkt 8 Pilotprojekt wirkungsorientierte Gesetzgebung eingehend erläutert, mit § 5 Evaluation neue Wege in der Gesetzgebung beschritten werden. Mit der Evaluation soll eine Wirkungsprüfung der ergriffenen Massnahmen im Hinblick auf die Erreichung der mit dem neuen Gesetz verfolgten Ziele vorgenommen werden. Die Effizienz der vom Landrat gesprochenen resp. zu sprechenden Mittel auf der operativen Ebene können so besser nachgewiesen und gewährleistet werden. Ferner wird begrüsst, dass Tourismusförderung nicht von der staatlichen Verwaltung, sondern von einem Verein vollzogen werden soll. § 1 Abs. 2 sieht vor, dass ...breit abgestützte, nicht gewinnorientierte Tourismusorganisationen mit Beiträgen unterstützt werden können... . Mit § 3 Leistungsvereinbarungen, welcher die zu erbringenden Leistungen und Modalitäten etc. definiert, behält die gesetzgebende Behörde die Hoheit.


Anliegen der Gemeinden
Anlässlich der Anhörung wurden der Volkswirtschafts- und Gesundheitskommission folgende Wünsche für Ergänzungsanträge übermittelt:


§4 Mitspracherecht der Gemeinden
Die Gemeinden haben ein Mitspracherecht bei Tourismusprojekten, die ihr Gemeindegebiet betreffen.


§5 Beiträge an die Gemeinden
1 Der Kanton unterstützt die Gemeinden bei den sich durch den Tourismus ergebenden infrastrukturellen Aufgaben insbesondere durch Beiträge.
2 Beitragsgesuche sind vor Ausführung der Massnahme schriftlich und begründet beim Regierungsrat einzureichen.


Bedenken betreffend ausreichend zur Verfügung stehenden öffentlichen Verkehrsmitteln (die kleinen Gemeinden schafften es immer weniger, ein gutes Angebot aufrecht zu erhalten), der Infrastruktur wie Toilettenanlagen etc. sowie der Abfallentsorgung führten primär zu diesen Anträgen. Andreas Blank, Gemeindepräsident von Augst, jener Gemeinde, welche ein besonders grosses und attraktives touristisches Angebot liefert, legte der VGK die Probleme seiner Gemeinde dar. So wurde bei der Bewilligung des bis in drei Jahren spielbereiten und in einer Siedlung stehenden Theaters nicht daran gedacht, dass die Arena keine Infrastrukturen für die Theater- und Konzertbesucher bereit hält. Wie eine Verdoppelung der Besucherzahl - ohne gleichzeitigen massiven Ausbau der Infrastruktur (Parkplätze, sanitäre Anlagen etc.) - bewältigt werden soll, ist heute noch offen. Auch Gemeinden/Gebiete mit attraktivem Wanderangebot hätten beispielsweise nach schönen Wochenenden grossen Aufwand mit der Abfallentsorgung.


Speziell auch im Zusammenhang mit dem Projekt Salina Raurica sind dem Regierungsrat die Probleme der Gemeinde Augst bekannt. Wegen der Bedeutung der beiden Projekte sei jedoch eine Lösung im Rahmen des Tourismusgesetzes nicht sinnvoll. Von Seiten der Regierung würde auch bereits gemeinsam mit Augst nach Lösungen gesucht. Angesichts der geschilderten Probleme wird dem Regierungsrat zu einer baldigen Aussprache mit der Gemeinde Augst geraten. Eine Verankerung des Mitspracherechts der Gemeinden im Gesetz wird als nicht sinnvoll bezeichnet, weil Mitsprache nur dort angezeigt ist, wo staatliches Handeln stattfindet, was hier nicht der Fall ist. Im Tourismusgesetz geht es um Zielsetzungen allgemeiner Art, um die Zusammenarbeit mit dem Verein Baselland Tourismus und um Geldbeträge, die der Kanton an nichtgewinnorientierte Tourismusorganisationen resp. an interkantonale, regionale und überregionale Gemeinschaftsprojekte ausrichten möchte. Die VGK nimmt die Bedenken der Gemeinden ernst, möchte jedoch keinen speziellen Mitspracherechtsparagraphen schaffen. Letztlich auch deshalb, weil die Gemeinden direkt im Vorstand von "Baselland Tourismus" Einsitz nehmen können. Es gilt auch zu bedenken, dass dem Landrat für weitergehende Beiträge ab 2006 eine neue Vorlage unterbreitet werden muss, welche Gelegenheit für eine Neubeurteilung bieten wird.




4. Antrag


Die Volkswirtschafts- und Gesundheitskommission beantragt dem Landrat mit 9 zu 2 Stimmen bei 1 Enthaltung, dem Landratsbeschluss zuzustimmen.


Muttenz, 30. Mai 2003


Im Namen der Volkswirtschafts- und Gesundheitskommission
Die Präsidentin: Rita Bachmann-Scherer



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