2003-157 (1)


Am 19. Juni 2003 reichte Landrat Peter Zwick, CVP, eine Interpellation zum Thema "Flüssiges Chlorgas in Garten- und Hallenbädern" ein. Der Vorstoss hat folgenden Wortlaut:

"In Hallen- und Freibädern wird dem Wasser Chlor beigemischt. Es tötet gesundheitsgefährdende Keime ab. Doch bei diesem Prozess entstehen Chlorverbindungen, die so genannten Chloramine und Trihalogenmethane. Sie sind gesundheitlich sehr bedenklich und stehen im Verdacht, Krebs zu erzeugen, wenn sie in entsprechender Konzentration aus Wasser und Luft vom Menschen aufgenommen werden.


In diesem Zusammenhang stellen sich folgende Fragen:



Antwort des Regierungsrates

1. Wieso werden die öffentlichen Gartenbäder und Hallenbäder immer noch mit giftigem flüssigem Chlorgas betrieben?


Flüssiges Chlorgas ist eine von drei nach SIA-Norm 385/1, Ausgabe 2000 "Wasser und Wasseraufbereitungsanlagen in Gemeinschaftsbädern" anerkannten Methoden zur Desinfektion von Badewasser. Dabei besteht nicht primär für die Badenden, sondern für die mit der Aufbereitung Beschäftigten ein (geringes) Risiko durch austretendes Chlorgas bei mangelhafter Manipulation oder Wartung der Anlage. Zur Zeit werden im Kanton Basel-Landschaft noch zwei Chlorgas-Anlagen betrieben, sie werden im Rahmen der Störfallverordnung regelmässig durch das Sicherheitsinspektorat der BUD inspiziert.



2. Warum wird Chlor in der gängigen Konzentration noch toleriert, obwohl es nachweislich krank macht oder machen kann?


Badende scheiden Krankheitserreger von Haut, Schleimhäuten und Darmtrakt ins Badewasser aus (Viren, Bakterien, Amöben). Das Risiko einer Infektion steigt, je mehr Badende in kleinen Wasservolumen zusammenkommen. Dies ist bei öffentlichen Bädern der Fall. (In Studien geben beispielsweise 18 % der Befragten an, dass sie trotz Durchfall ins Schwimmbad gehen.)


Deshalb wird in der oben erwähnten SIA-Norm eine Keimtötung von Pseudomonas aeruginosa von 4 Zehnerpotenzen gefordert. (P. aeruginosa = besonders resistenter Erreger, der u.a. Ohrenentzündungen hervorruft.) Die dazu empfohlenen Verfahren funktionieren wahlweise mit Chlorgas, Natriumhypochlorit (Javellewasser) oder Ozon in Kombination mit Chlor. Dabei muss eine geringe Menge aktives Chlor als so genanntes Chlordepot jederzeit im Badewasser verfügbar sein.


Es trifft zu, dass bei der Aufbereitung mit diesen Verfahren Chlorstickstoffverbindungen (Chloramine) und leichtflüchtige halogenierte Kohlenwasserstoffe (z.B. Chloroform) entstehen. Diese werden jedoch durch verschiedene Verfahren auf ein Mindestmass reduziert (Filtration, Frischwasserzusatz etc.). Die Gefährdung für die Badenden ist bei den verbleibenden Kleinstmengen vernachlässigbar, da in der Regel nicht grosse Mengen Badewasser geschluckt werden und eine Aufnahme durch Haut und Schleimhäute nochmals geringer ausfällt. Einzig die Reizung der Augen durch die Chloramine stellt bei lange andauerndem Wasserkontakt eine gewisse Beeinträchtigung der Badenden dar.



3. Stimmt es, dass das AUE/BL auf ihm zugestellte Informationen über alternative Systeme, die auf nicht abbaubare Chemikalien verzichten können, nicht reagiert hat - und wenn ja, warum?


Zur Zeit sind keine Alternativen bekannt, die nachweislich die Anforderung an die Desinfektion und mikrobiologische Wasserqualität erfüllen können. Es ist nicht Aufgabe der kantonalen Behörden, solche Systeme zu bewilligen oder zu fördern. Sollte sich ein Betreiber eines Bades für eine Alternative entscheiden, überprüft das Kantonale Labor lediglich die Einhaltung der geforderten mikrobiologischen, chemischen und physikalischen Eckwerte, damit für die Badenden keine Gesundheitsgefährdung eintreten kann. Die so genannten "Bioteich-Anlagen", die vor allem in Deutschland und auch in einer Gemeinde im Kanton Aargau installiert worden sind, erfüllen die hygienischen Auflagen der SIA-Norm nicht. Zur Zeit werden durch das Bundesamt für Gesundheit dazu Empfehlungen ausgearbeitet.



4. Gibt es Richtlinien im Kanton Basel-Landschaft (und/oder in andern Kantonen), die Grenzwerte für Chlor und Chlorgase in öffentlichen Bädern festlegen?


Die Betreiber von öffentlichen Gartenbädern und Hallenbädern sind grundsätzlich verantwortlich für den sicheren Badebetrieb. Gemäss § 15 des kantonalen Epidemiendekretes kontrolliert das Kantonale Labor das Wasser der öffentlichen Schwimmbäder periodisch. Es soll sich dabei an "allgemein anerkannten Normen" orientieren. Die wichtigste dieser Normen ist die SIA-Norm 385/1, Ausgabe 2000 "Wasser und Wasseraufbereitungsanlagen in Gemeinschaftsbädern". Darin sind für Chlor wie auch die oben erwähnten Schadstoffe Höchstwerte festgelegt, die regelmässig von den Betreibern selbst und vom Kantonalen Labor überprüft werden. Die Berichte über die Kontrollen sind in den Jahresberichten des Kantonalen Labors festgehalten.



5. Sieht auch der Regierungsrat, obwohl der Kanton nicht Betreiber ist von öffentlichen Bädern, hier Handlungsbedarf und was gedenkt er zu tun?


Der Regierungsrat sieht keinen unmittelbaren Handlungsbedarf, da die Bäderkontrolle durch das Kantonale Labor effizient und effektiv wahrgenommen wird. Die vorgeschriebenen mikrobiologischen, chemischen und physikalischen Höchst- oder Minimalwerte werden in der Regel eingehalten. Mittelfristig ist geplant, die Schwimmbadkontrolle im neuen kantonalen Gesundheitsgesetz zu verankern und ausführlicher zu formulieren. Dabei wird vor allem die Pflicht der Betreiber zur Selbstkontrolle und Dokumentation derselben präzisiert. Im Weiteren soll die Kontrolle auf die Wellness-, Sauna- und Whirlpoolbetriebe ausgedehnt werden.



Liestal, Im Namen des Regierungsrates
der Präsident:
der Landschreiber:



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