Vorlage an den Landrat
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Vorlage an den Landrat |
Titel: | Bewilligung der Verpflichtungskredite für Erhalt und Ausbau der Abwasserreinigungsanlage Birs 2 in Birsfelden und für Massnahmen im Einzugsgebiet und die Erteilung des Enteignungsrechtes für Massnahmen im Einzugsgebiet (Bau Mischwasserbecken) | |
vom: | 17. Juni 2003 | |
Nr.: | 2003-143 | |
Bemerkungen: | Inhaltsübersicht dieser Vorlage || Verlauf dieses Geschäfts |
5. Lösungsmöglichkeiten
Im Rahmen einer 1998 abgeschlossenen Machbarkeitsstudie ist die Abwassersituation bei Trockenwetter im unteren Birstal integral studiert worden. Eine Vielzahl von Lösungsmöglichkeiten, im Besonderen der Ausbau resp. die Aufhebung der ARA Birs 1 in Reinach, Ausbauvarianten der ARA Birs 2 in Birsfelden sowie die Ableitung des gereinigten Abwassers via Ableitungskanal in den Rhein, wurden in Betracht gezogen und bezüglich ökologischem Nutzen sowie Betriebs- und Kapitaldienstkosten beurteilt. Zusammen mit den durch das AUE aufgezeigten Defiziten bezüglich Gewässerqualität der Birs, fanden die Erkenntnisse ihren ersten Niederschlag in der Landratsvorlage 2000/030 " Bewilligung der Verpflichtungskredite für den Bau eines Ableitungskanals für gereinigte Abwässer von der ARA Birs 2 in Birsfelden zum Rhein und für die Revitalisierung der Birs in diesem Abschnitt ."
In der damaligen Landratsvorlage sind folgende Schlüsse gezogen worden:
- | Die Jahreskosten (Betriebs- und Kapitaldienstkosten) eines Ableitungskanals von der ARA Birs 2 zum Rhein (um das gereinigte Abwasser direkt in den Rhein zu leiten) sind bei allen Lösungsmöglichkeiten tiefer als die Jahreskosten der notwendigen ARA-Ausbauten, welche ermöglichen würden, das gereinigte Abwasser in die Birs einzuleiten. |
- | Bedingt durch Alter und Zustand von Bau und maschinellen Einrichtungen sind die Varianten mit einem Ausbau der ARA Birs 1 immer teurer als deren Aufhebung und Ableitung zur ARA Birs 2 (siehe Abb. 9). |
- | Eine dauerhafte Verbesserung der Gewässerqualität im Unterlauf der Birs bei kleinstmöglichem Aufwand ist nur durch die drei Vorhaben Ableitungskanal (erster Schritt des Gesamtkonzepts), Massnahmen auf der ARA Birs 2 und Aufhebung ARA Birs 1 möglich. |
- | Die Abwassersituation bei Regenwetter muss durch die generelle Entwässerungsplanung (GEP) vertieft studiert werden. Darauf basierend kann das Konzept der Mischwasserbehandlung und Massnahmen im Netz und in Abhängigkeit davon die Aufhebung der ARA Birs 1 definitiv entschieden werden. |
Der Kostenvergleich für die untersuchten Varianten Ausbau versus Aufhebung der ARA Birs 1 in Reinach mit entsprechenden Folgekosten ist in der Abb. 9 dargestellt. Die Kosten für die gewählte Variante "Aufhebung ARA Birs 1 + Ausbau ARA Birs 2" sind in Kap. 8 dargestellt. Die Kosten für die Variante "Ausbau ARA Birs 1+2" wurde auf der Basis der Machbarkeitsstudie von 1998 auf den heutigen Stand hochgerechnet.
Investitionskosten | ||
Variante | Ausbau ARA B1 + Ausbau ARA B2 | Aufhebung ARA B1 + Ausbau ARA B2 |
Anpassungen MWB ARA Birs 1 | 1'100'000.-- | |
Rückbau ARA B1 | 0.-- | 2'900'000.-- |
ARA B1 (C, N, DN, F) | 41'000'000.-- | 0.-- |
ARA B2 (C, N, DN) | 28'000'000.-- | 49'600'000.-- |
Total Investitionskosten | 69'000'000.-- | 53'600'000.-- |
Kapitaldienstkosten | ||
Variante | Ausbau ARA B1 + Ausbau ARA B2 | Aufhebung ARA B1 + Ausbau ARA B2 |
Abschreibung | 20 Jahre | |
Zins | 5% | |
Annuität | 0.08024 | |
Kapitaldienstkosten | 5'500'000.--/a | 4'300'000.--/a |
Jahreskosten | ||
Variante | Ausbau ARA B1 + Ausbau ARA B2 | Aufhebung ARA B1 + Ausbau ARA B2 |
Kapitaldienstkosten | 5'500'000.--/a | 4'300'000.--/a |
Betriebskosten | 4'000'000.--/a | 3'300'000.--/a |
Total Jahreskosten | 9'500'000.--/a | 7'600'000.--/a |
Abb. 9: Kostenvergleich für Ausbau versus Aufhebung der ARA Birs 1 in Reinach. Kohlenstoffabbau (C), Nitrifikation (N), Denitrifikation (DN), Filtration (F), a: Jahr. Ohne MwSt., inkl. Honorar
Sowohl bei den Investitionskosten als auch bei den Betriebskosten schneidet die Variante "Aufhebung ARA Birs 1 + Ausbau ARA Birs 2" deutlich günstiger ab.
5.2 Lösungen für Massnahmen im Einzugsgebiet
In allen Gemeinden im Einzugsgebiet der ARAs Birs 1 und 2 ist die Bearbeitung der generellen Entwässerungsplanung (GEP) im Gange oder bereits abgeschlossen. In den GEP wird unter anderem ausgewiesen, wo das abfliessende Regenwasser aus den Siedlungsflächen in Zukunft versickert oder getrennt abgeleitet wird. Es zeigt sich, dass grosse Flächen im bestehenden Mischsystem bleiben. Um die Zielsetzungen gemäss Richtlinie "Gewässerschutz bei Regen" (Kap. 4.1 ) zu erfüllen, braucht es für die Behandlung des Mischwassers regionale Lösungsansätze.
Über das ganze Einzugsgebiet von Grellingen bis zur ARA Birs 2 wurde durch das AIB ein übergeordnetes ARA-GEP (Genereller Entwässerungsplan einer ARA-Region) erstellt. Mittels Simulationsrechnungen konnten die hydraulische Auslastung des gesamten Netzes und das Verhalten aller Mischwasserentlastungen berechnet werden. Als Grundlage für die Berechnung des Sollzustandes wurden die ausgewiesenen GEP-Massnahmen der Gemeinden übernommen. Dabei wurden realistische Annahmen über die Umsetzung der Massnahmen in den nächsten 20 Jahren getroffen. Mit diesen Grundlagen wurden mittels aufwändiger Berechnungen alle notwendigen Massnahmen zur korrekten Einstellung der Mischwasser-Entlastungen und der Mischwasserbehandlung ermittelt.
Insgesamt sind in den zehn Gemeinden 15 Mischwasserbecken zu erstellen, davon 6 in einer ersten Phase. Rechnet man die bereits bestehenden Becken in Reinach, Hochwald und Gempen dazu, beträgt das gesamte Beckenvolumen rund 20'000 m3. Das entspricht einem spezifischen Volumen pro Einwohner von rund 250 l, also ca. einer Badewanne pro Einwohner.
Abb. 10: Einzugsgebiet mit Beckenstandorten.
* = bestehende Mischwasserbecken (MWB), O = geplante MWB Phase 1
Im weiteren konnte mit dem sogenannten ARA GEP Birstal (RRB Nr. 623 vom 29.4.2003) gezeigt werden, dass auch mit der Aufhebung der ARA Birs 1 in Reinach und der Ableitung deren Abwässer über den bestehenden Abwasserkanal zur ARA Birs 2 der notwendige Gewässerschutz auch bei Regenwetter erreicht werden kann.
5.3 Lösungen für Massnahmen auf der ARA Birs 2
In der Machbarkeitsstudie von 1998 sind bereits erste Lösungsansätze für die biologische Reinigung des Abwassers auf der ARA Birs 2 diskutiert worden. Mit einer Zusatzstudie von 2001 sind diese Lösungsansätze vom AIB weiterverfolgt und soweit verfeinert worden, dass eine Systemwahl möglich wurde.
Alle betrachteten Lösungsmöglichkeiten gehen aufgrund ökologischer und ökonomischer Vorteile davon aus, dass die ARA Birs 1 in Reinach aufgehoben und das Abwasser über die bestehende Kanalisationsleitung zur auszubauenden ARA Birs 2 geleitet wird. Das gereinigte Abwasser aus dem Einzugsgebiet beider ARAs gelangt über den zur Zeit im Bau befindlichen Ableitungskanal in den Rhein.
5.3.1 Biologische Reinigung des Abwassers
Um die gesetzten Ziele zu erreichen, sind die im Folgenden beschriebenen biologischen Reinigungsverfahren für den Ausbau der ARA Birs 2 technisch möglich.
Abb. 11: Konventionelles Belebtschlammverfahren
Das Belebtschlammverfahren entspricht der in vielen Kläranlagen des AIBs installierten Technologie (z.B. ARA Birsig in Therwil), bestehend aus Belebungsbecken, Nachklärbecken und Rücklaufschlamm-Pumpwerk (Abb. 11). Der Schmutzstoffabbau (BSB-Abbau) und die Stickstoffelimination (Nitrifikation-Denitrifikation) erfolgt durch den Belebtschlamm (Belebtschlamm besteht hauptsächlich aus gezüchteten Mikroorganismen) in verschiedenen Zonen des Belebungsbeckens. Im Nachklärbecken wird der Belebtschlamm durch einen Absetzvorgang vom gereinigten Abwasser abgetrennt und teilweise via Rücklaufschlamm-Pumpwerk wieder zurück in die Belebungsbecken zur Animpfung rezikliert. Ein Teil des abgetrennten Belebtschlamms (sog. Überschussschlamm) wird in der Klärschlammbehandlung weiterverarbeitet (Kap. 5.3.2). Zur Erreichung der Ziele auf der ARA Birs 2 mit diesem Verfahren ist eine massive Vergrösserung der bestehenden Beckenvolumen, ein grosser Eingriff in die heutige Infrastruktur und zusätzlicher Landbedarf in Richtung der Schrebergärten notwendig. Infolge der sehr hohen Investitionskosten und Jahreskosten wurde diese Lösungsmöglichkeit nicht weiterverfolgt.
Abb. 12: Wirbelbettverfahren
Beim Wirbelbettverfahren handelt sich um ein Verfahren mit einer Trägerbiologie (Abb.12). Dies bedeutet, dass die Biomasse nicht wie beim Belebtschlammverfahren frei schwebend vorliegt, sondern auf einem Trägermaterial aufwachsen kann (in diesem Fall auf beweglichen Kunststoffkörpern im Belebungsbecken). Im Nachklärbecken wird nur der Überschussschlamm abgetrennt, da das Trägermaterial mit der aktiven Biomasse mittels grobmaschigen Sieben im Wirbelbett zurückgehalten wird. Dadurch kann auf die Rücklaufschlammförderung verzichtet werden. Der Hauptvorteil liegt darin, dass Trägerbiologien eine deutlich höhere Reinigungsleistung pro m3 Beckenvolumen aufweisen als konventionelle Belebtschlammverfahren. Dadurch kann das System in den bestehenden Beckenkomplex untergebracht werden, so dass keine zusätzlichen Landflächen benötigt werden.
Abb. 13: Belebtschlammverfahren mit nachgeschaltetem Biofilter
Beim Belebtschlammverfahren mit nachgeschaltetem Biofilter wird das bestehende Belebungsverfahren volumenmässig nur wenig erweitert. Es wird jedoch ergänzt mit einem nachgeschalteten Biofilter als zweites Reinigungssystem zur weitergehenden Abwasserreinigung (Abb. 13). Die Biofiltration ist eine Trägerbiologie, welche vergleichbar ist mit dem Wirbelbettverfahren. Dabei sind die Trägermaterialien (z.B. Kunststoffkörper) in Filterkammern abgefüllt und vertikal mit Abwasser beschickt.
Abb. 14: SBR-Technologie
Die SBR-Technologie (SBR = s equencing b atch r eactor = zeitlich aufeinanderfolgende, schubweise Behandlung) basiert auf dem Belebtschlammverfahren (Abb. 14). Die Becken werden allerdings nicht kontinuierlich durchflossen, sondern schubweise. Bei diesem Verfahren findet die Reinigung und die Nachklärung im selben Becken statt. Die SBR-Reaktoren können im Fall der ARA Birs 2 optimal in den bestehenden Beckenkomplex integriert werden. Zudem zeichnet sich das SBR-Verfahren durch eine hohe Flexibilität aus.
5.3.2 Klärschlammbehandlung
Das Schlammbehandlungskonzept der heutigen Anlage besteht im Wesentlichen darin, dass der anfallende überschüssige Belebtschlamm aus der Belebungsanlage (Überschussschlamm resp. Klärschlamm) direkt entwässert, in Mulden abgefüllt und in der ProRheno AG, Basel verbrannt wird.
Als Alternative dazu wurde die Integration einer Klärschlammfaulung mit Nutzung des Klärgases durch ein Blockheizkraftwerk (BHKW) untersucht.
Es zeigt sich, dass die Jahreskosten beider Schlammbehandlungskonzepte ungefähr gleich hoch sind. Dies ist für Anlagen in der Grössenklasse der ARA Birs 2 zu erwarten. Für kleinere ARAs sind die Investitionskosten für eine Klärschlammfaulung bezogen auf die Klärschlammmenge höher, wodurch dieses Konzept in den meisten Fällen nicht mehr wirtschaftlich ist.
Das Konzept mit Klärschlammfaulung weist, insbesondere durch die um 25-30% reduzierten Schlammentsorgungsmengen und die Eigenstromerzeugung, die geringsten Betriebskosten aus. Die Nutzung des Energieinhalts von Klärschlamm auf der ARA Birs 2 - notabene erneuerbare Energie - ist im Vergleich zur direkten Schlammverbrennung in der ProRheno AG deutlich effizienter. Die durch das BHKW erzeugte elektrische Energie kann auf der ARA Birs 2 vollständig genutzt werden. Dadurch reduziert sich der Bedarf an elektrischer Energie aus dem Netz. Die Abwärme des Blockheizkraftwerks wird für die Aufheizung des Faulschlammes verwertet, wodurch der Faulprozess beschleunigt wird.
Der biologisch stabilisierte, ausgefaulte Klärschlamm vereinfacht im Vergleich zu heute die Schlammentwässerung, die Schlammlagerung und den Schlammtransport wesentlich und vermindert das Potenzial zur Bildung von üblen Gerüchen durch "wilde", unkontrollierte Faulprozesse. Die betrieblichen Vorteile die sich dadurch ergeben führen zusammen mit der geringeren Schlammentsorgungsmenge zu einer grösseren Flexibilität und schliesslich zu einer Erhöhung der Entsorgungssicherheit.
5.4.1 Abwasserbehandlung
Das Wirbelbettverfahren, das Belebtschlammverfahren mit nachgeschaltetem Biofilter und das SBR-Verfahren wurden in der Zusatzstudie vertieft geprüft und durch das AIB ganzheitlich beurteilt. Für jedes Verfahren sind die Kosten, die einen Gesamtausbau der ARA Birs 2 beinhalten, ermittelt worden. Die Varianten wurden hinsichtlich sämtlicher Projektziele und mit Hilfe der Kosten-Nutzenanalyse bewertet (Abb. 15).
Abb. 15: Kosten-Nutzen-Analyse. Mittlere Abschreibung 20 Jahre, Zins 5%, Annuität 0.08024. Ohne Rückbaukosten und Anpassungen beim MWB ARA Birs 1 in Reinach
Das SBR-Verfahren erreicht das beste Kosten-Nutzen-Verhältnis bei gleichzeitig geringsten Jahreskosten. Dieses Verfahren erweist sich als am besten geeignet und bringt grösstmöglichen Nutzen für die Umwelt, ist sicher zu betreiben und weist eine hohe Flexibilität im Betrieb auf. Zudem kann die bestehende Bausubstanz weitgehend genutzt werden und die Landreserven werden nicht angetastet.
Die SBR-Technologie ist ein bewährtes und weitverbreitetes Verfahren weltweit. Auch in Europa sind einige Referenzanlagen in der Grössenklasse der ARA Birs 2 in Betrieb. Um sich weiter abzusichern und zuverlässige Aussagen über die zu erwartende Reinigungsleistung unter den effektiven, örtlichen Gegebenheiten machen zu können (Abwasserzusammensetzung, Reaktorgeometrie) betreibt das AIB seit einigen Monaten auf der ARA Birs 2 in Birsfelden eine halbtechnische SBR-Pilotanlage. Die Versuchsergebnisse bestätigen grundsätzlich die theoretischen Werte und fliessen laufend in die weiteren Projektierungsschritte ein.
5.4.2 Klärschlammbehandlung
Aus obigen Erwägungen wird das Konzept der Klärschlammfaulung auf der ARA Birs 2 mit Verbrennung des ausgefaulten Schlammes auf der ProRheno AG gewählt.
Fortsetzung >>>
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