2003-52 (1)


Landrätin Agathe Schuler, CVP-/EVP-Fraktion, reichte am 6. Februar 2003 die Interpellation betreffend Auswirkungen der neuen Stundentafeln an der Sekundarschule und Auswirkungen der Einrichtung von 19 Sekundarschul-Kreisen ein (2003/052).

Die Interpellation hat folgenden Wortlaut:


"Als Folge des neuen Bildungsgesetzes erhält die Sekundarstufe 1 (Sekundarschule) mit ihren drei Niveaus A, E und P eine neue Stundentafel. Auch die Arbeiten an den neuen Lehrplänen laufen auf Hochtouren (Projekt Lehrplan 04), denn die Stundentafel und die Lehrpläne sollen ab 1. August 2004 aufsteigend in Kraft gesetzt werden.


In der neuen Stundentafel sind die Anzahl Pflichtlektionen pro Woche (auch wöchentliche Pflichtstundenzahl genannt) wie auch die wöchentliche Höchststundenzahl fast durchwegs um eine bis zwei Lektionen pro Woche und Klasse tiefer als in den heute gültigen Stundentafeln. Diese Reduktion der wöchentlichen Lektionenzahl ist eine Folge der in den letzten Jahren (via Schulversuch) schrittweise realisierten Fünftagewoche an den Schulen innerhalb der obligatorischen Schulzeit.


Ferner stellen sich Fragen bezüglich der Auswirkungen der Zusammenführung bisheriger Realschulen und Sekundarschulen zu 19 Sekundarschulen sowie bezüglich der Aufhebung der Sekundarschule Grellingen. Mit dem neuen Bildungsgesetz ändern teilweise auch die Richtzahlen betreffend die Klassengrössen und die Höchstzahlen werden gesenkt ( § 11).


Ich bitte, folgende Fragen schriftlich zu beantworten:


1. Wie viele Lektionen wurden im Schuljahr 2002/03 (ev. Schuljahr 2001/02) auf der Sekundarstufe 1 (Real und Sekundar mit AA und PA) total im Pflicht- und im Pflichtwahlfachbereich erteilt? Wie viele Freifachlektionen wurden erteilt?


2. Wie viele Lektionen, aufgeteilt in die drei Bereiche, werden es nach der vollständigen Einführung der neuen Stundentafel im Schuljahr 2008/09 voraussichtlich sein?


Haben diese Aenderungen finanzielle Auswirkungen? Wenn ja, welche?


3. Könnten die Reduktionen Folgen haben für die Beschäftigungssituation der Lehrkräfte, im Allgemeinen, in bestimmten Fächern und Fachbereichen, an einzelnen Schulen?


4. Wie wird sich das Total der Klassen an Sekundarschulen in den nächsten fünf Jahren bzw. bis nach Abschluss der Zusammenführung entwickeln im Vergleich zu heute (siehe Bildungsstatistik 2001/02)?


5. Wie werden sich die Bildung der neuen Sekundarschulen und der Paragraph betreffend die Klassengrössen auf die Zahl der Schülerinnen und Schüler pro Klasse auswirken, wenn davon ausgegangen wird, dass die prozentuale Verteilung auf die drei Niveaus etwa gleich bleibt? (Vergleich mit Bildungsstatistik 2001/02)"



Der Regierungsrat beantwortet die Fragen wie folgt:

Zur 1. Frage: Wie viele Lektionen wurden im Schuljahr 2002/03 (ev. Schuljahr 2001/02) auf der Sekundarstufe 1 (Real und Sekundar mit AA und PA) total im Pflicht- und im Pflichtwahlfachbereich erteilt? Wie viele Freifachlektionen wurden erteilt?


Im Schuljahr 2002/2003 werden folgende Lektionen erteilt:


Anzahl erteilte Lektionen an der Realschule und an der allgemeinen und progymnasialen Abteilung der Sekundarschule

Quelle: Klassen- und Kursbildung Schulinspektorat 2002/2003



Zur 2. Frage: Wie viele Lektionen, aufgeteilt in die drei Bereiche, werden es nach der vollständigen Einführung der neuen Stundentafel im Schuljahr 2008/09 voraussichtlich sein? Haben diese Änderungen finanzielle Auswirkungen? Wenn ja, welche?


Die Anzahl tatsächlich zu erteilender Lektionen im Jahre 2008/09 in den Abteilungen der Niveaus A, E und P wird insbesondere von folgenden Faktoren beeinflusst:




zu a. Stundentafel im Pflicht-, Wahlpflicht- und Freifachangebot


Der Erziehungsrat hat am 7. Februar 2001 eine Stundentafel für die drei Niveaus der Sekundarschule gutgeheissen unter Vorbehalt der Beschlussfassung der Bildungsgesetzgebung und allfälliger neuer Einsichten aus den Arbeiten am Stufenlehrplan. Gemäss Projektplanung ist vorgesehen, dass der neu eingesetzte Bildungsrat die Beratung über die Beschlussfassung der Stundentafel und den Stufenlehrplan im Oktober 2003 aufnehmen wird.


Die neue Stundentafel umfasst gemäss § 12 Absatz 2 der Bildungsgesetzgebung vom 6. Juni 2002 vormittäglichen Unterricht von Montag bis Freitag von mindestens vier Lektionen, der Nachmittagsunterricht darf vier Lektionen nicht übersteigen. Für die generelle Einführung des schulfreien Samstags wurde für die neue Stundentafel einschliesslich der Freifächer eine Höchstzahl von 34 Lektionen (bisher 36 Lektionen) vorgesehen. Der Umfang des Wahlpflichtbereichs wurde zudem im 8. und 9. Schuljahr zu Gunsten eines grösseren gemeinsamen Pflichtbereichs zurückgenommen, was bessere Voraussetzung für kompaktere "Blockzeitenstundenpläne" schafft.


Der Vergleich der durch die Schülerinnen und Schüler minimal zu besuchenden und maximal besuchbaren Lektionen gemäss bisheriger und neuer Stundentafel zeigt folgende Unterschiede:


Lektionenzahlen Sekundarstufe I Ist-Zustand

Lektionenzahlen Sekundarstufe I neu
Lektionenzahlen Sekundarstufe I bisher - neu
Die Minimallektionenzahl im gesamten Ausbildungszyklus von 4 Jahren wird mit der Einführung der neuen Stundentafel bei den Niveaus A und E (minus 4 Lektionen oder 3% der Gesamtlektionenzahl) sowie P (minus 7 Lektionen bzw. 4%) reduziert und die Maximallektionenzahl an den Niveaus A (plus 4 Lektionen bzw. 3%), E (minus 4 Lektionen bzw. 3%) und P (minus 8 bzw. 6%) verändert. Da heute die meisten Schülerinnen und Schüler nicht das ihnen gesetzlich zustehende Maximum von 36 Lektionen besuchen und umgekehrt inskünftig die Schülerinnen und Schüler bei einem entsprechenden hochwertigen Freifachangebot allenfalls mehr Unterricht besuchen werden, als sie verpflichtet sind, dürfte die Einführung neuer Minimal- und Maximalzahlen zu keinen markanten Veränderungen im Pensenangebot für Lehrpersonen führen.

Die nachfolgende Darstellung zeigt eine Schätzung, wie viele Lektionen für eine Schule mit 20 Klassen (2 Klassenzüge Niveau A, 2 Klassenzüge Niveau E und 1 Klassenzug Niveau P) unter Berücksichtigung des Wahl- und Freifachangebotes benötigt werden.


Schätzung Lektionsbedarf bei einer Schule mit 20 Klassen
(Klassenzüge: 2 A, 2 E, 1 P)

Der Regierungsrat beabsichtigt, den Schulen die erforderlichen Mittel zur Verfügung zu stellen, damit sie ein ergänzendes Angebot bereitstellen können. Mit dem ergänzenden Angebot "Nachhilfe Basis" soll den Schülerinnen und Schülern geholfen werden, Lernrückstände, vorab in den Fächern Deutsch und Mathematik, aufzuholen und das Erreichen des Abschlusses A abzusichern. Neben verpflichtend anzubietenden ergänzenden Angeboten wie z. B. Italienisch wird den Schulen ein Gestaltungsraum angeboten, damit sie Interessen der Schülerinnen und Schüler aufnehmen und sie entsprechend dem Bildungsauftrag fördern können.

Im Vergleich zu den heutigen Stundentafeln ist die neue Stundentafel unter Einbezug des ergänzenden Angebotes nach Abschluss ihrer Einführung kosten- bzw. lektionenneutral.




zu b: Klassen- und Kursbildungsnormen;


Die gesetzlichen Normen für die Klassen und Kursbildung sind mit dem neuen Schulgesetz wie folgt verändert worden:


Vergleich Klassengrössen gemäss Schulgesetz (SG) und Bildungsgesetz (BG)

Bei den Klassenbildungsnormen ist zu berücksichtigen, dass gemäss § 11 Absatz 2 des Bildungsgesetzes die Doppelzählung der fremdsprachigen Schülerinnen und Schüler nur noch ab 6. Schüler/in erfolgt. Bisher wurden alle fremdsprachigen Schülerinnen und Schüler, die sich noch nicht länger als 3 Jahre im deutschen Sprachgebiet aufhalten oder über geringe Deutschkenntnisse verfügen, bei der Klassenbildung doppelt gezählt.

Trotz dem teilweisen Wegfall der Doppelzählung bei fremdsprachigen Schülerinnen und Schülern kann die Einführung der Höchstzahl von 20 Schülerinnen und Schülern an den 6. bis 8. Klasse des Niveaus A (an Stelle der Richtzahl 20) zu einer Steigerung der Anzahl Klassen führen. Die Prognose weist für das 6. bis 8. Schuljahr des Niveaus A im Jahr 2008 im Vergleich zum Jahr 2002 9 Klassen (oder ca. 6%) mehr aus. Bei den übrigen Niveaus sind keine oder nur minime Änderungen zu erwarten.




zu c. Restriktionen einer optimierten Klassen- und Kursbildung aufgrund des verfügbaren Schulraums und der Schulstandorte


Die Klassen- und Kursbildung wird durch die Möglichkeit der Umteilungen von Schülerinnen und Schüler bei Nebenstandorten beeinflusst. Mehr Lektionen mit entsprechenden Mehrkosten müssen erteilt werden, wenn die Klassen- und Kursbildung die entsprechenden gesetzlichen Normen - aufgrund des Betriebs von Nebenstandorten und schlechten Voraussetzungen für Schülerumteilungen - nicht erreicht.


Da die Raumsituation in den nächsten 5 Jahren nach der Einführung der Stundentafel nur punktuell, wenn überhaupt, verbessert werden kann, wird keine Optimierung der Klassen- und Kursbildung möglich sein. Dies heisst, dass im Vergleich zum Ist-Zustand keine Verkleinerung des Lektionenangebotes bzw. keine Kostenreduktion zu erwarten ist. Das Lektionenangebot würde vergrössert bzw. Mehrkosten würden dann entstehen, wenn im Einzelfall die Schul- und Nebenschulstandorte so organisiert würden, dass Umteilungen von Schülerinnen und Schülern und die Bildung zentralisierter Kurse erschwert würden.




zu d. Entwicklung der Schüler/innen- und Klassenzahlen


Die nachfolgende Prognose des Amtes für Raumplanung zeigt die Entwicklung der Schülerzahlen und die Klassenprognosen unter Anwendung der neuen Normen der Klassenbildung ab 2003/04 auf. Die Schülerzahlen bleiben stabil, nur die Klassenzahlen im Niveau A dürften sich als Folge der neuen gesetzlichen Norm erhöhen.


Entwicklung der Schüler/innenzahlen

* Ab 2006 umfasst das Angebot des Werkjahres die 8. und 9. Klasse (bisher 9. Klasse)




zu e: Wahlverhalten der Schülerinnen und Schüler


Eine deutliche Veränderung der Aufteilung der Schülerinnen und Schüler auf die Niveaus A, E und P wird nicht erwartet. Über den Umfang der Nutzung der Wahlpflichtfächer und des ergänzenden Angebotes der Schulen kann nur gemutmasst werden. Da die Schülerinnen und Schüler insgesamt eine etwas geringere Unterrichtsverpflichtung haben, haben sie einen grösseren Freiraum als bisher, um das ergänzende Angebot der Schule bis maximal 34 Lektionen zu nutzen.




Schlussfolgerungen


Die Stundentafel ist an den Schulen insgesamt lektionen- und kostenneutral umsetzbar. Ein befristeter Mehraufwand betrifft die aufsteigende Einführung der neuen Stundentafel mit einer "Kostenbeule" insbesondere wegen der einmaligen doppelten Führung von Informatikgrundkursen im Zuge ihrer Vorverlegung vom 7. ins 6. Schuljahr und der auslaufenden Weiterführung des aufwendigeren bisherigen Wahlsystems im 8. und 9. Schuljahr. Auf 2008 wird voraussichtlich - abgesehen von einem Streubereich - das gleiche Lektionenvolumen zur Verfügung stehen wie heute. Unsicherheiten gibt es in der Abschätzung der Klassenbildung anhand der neuen Normen und der räumlichen Situation. Im Vergleich zur Klassenbildung 2002 weist die Prognose im Jahr 2008 11 zusätzliche Klassen des Niveaus A aus, was rechnerisch eine Vergrösserung des Lektionenangebotes um ca. 450 Lektionen mit Mehrkosten von ca. 2,4 Millionen Franken zur Folge hätte.


Zur 3. Frage: Könnten die Reduktionen Folgen haben für die Beschäftigungssituation der Lehrkräfte, im Allgemeinen, in bestimmten Fächern und Fachbereichen, an einzelnen Schulen?


Da sich voraussichtlich das Lektionenvolumen nicht verändert, ergibt sich insgesamt auch keine Änderung des Lehrpersonenbedarfs. Die Kürzung des Pflicht- und Wahlpflichtbereichs aufgrund der Einführung des schulfreien Samstags hat zur Folge, dass in den Niveaus E und P insgesamt weniger Mathematik-, Deutsch- und Französischlektionen (1) zu unterrichten sind. Da die Schulen ein ergänzendes Angebot machen, Aufgaben wie die Klassenstunde in der 6. Klasse speziell ausgewiesen sind und die meisten Lehrpersonen der Sekundarstufe I mehrere Fächer unterrichten, dürfte es nach Abschluss der Einführung der Stundentafel keine Beschäftigungsprobleme für bestimmte Lehrpersonengruppen geben. Im übrigen bereitet die Besetzung von Lehrerinnen- und Lehrerstellen auf der Sekundarstufe I in der überwiegenden Mehrheit der schweizerischen Kantone zunehmend Schwierigkeiten.


Zur 4. Frage: Wie wird sich das Total der Klassen an Sekundarschulen in den nächsten fünf Jahren bzw. bis nach Abschluss der Zusammenführung entwickeln im Vergleich zu heute (siehe Bildungsstatistik 2001/02)?


Gemäss Prognose wird die Klassenzahl etwa gleich bleiben (vgl. oben).


Zur 5. Frage: Wie werden sich die Bildung der neuen Sekundarschulen und der Paragraph betreffend die Klassengrössen auf die Zahl der Schülerinnen und Schüler pro Klasse auswirken, wenn davon ausgegangen wird, dass die prozentuale Verteilung auf die drei Niveaus etwa gleich bleibt? (Vergleich mit Bildungsstatistik 2001/02)"


Beim Niveau A bedeutet dies gemäss Prognose des Amtes für Raumplanung voraussichtlich eine Absenkung der tatsächlichen durchschnittlichen Klassengrösse von durchschnittlich


17,1 Schüler/innen pro Klasse auf neu 16,7 Schüler/innen pro Klasse. Bei den Niveaus E und P ist keine Veränderung zu erwarten.


Liestal, 29. April 2003


Im Namen des Regierungsrates
die Präsidentin: Schneider-Kenel
der Landschreiber: Mundschin



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Fussnote:


1 Kürzung in Deutsch insgesamt während 4 Jahre von 20 auf 17 Lektionen in den Niveaus E und P; Kürzung in Französisch von 18 (mit Zusatzfranzösisch 20 Lektionen) auf 16 Lektionen im Niveau E und von 19 auf 16 Lektionen im Niveau P; Kürzung in Mathematik von 20 (mit Zusatzmathematik 23 Lektionen) auf 16 Lektionen im Niveau E und von 18 (mit typenspezifischem Kurs C 26 Lektionen) auf 17 Lektionen.