2003-36


I.

Am 10. Februar 2000 hat die FDP-Fraktion die Motion "Überprüfung der heute noch bestehenden Konkordatsverträge und Erarbeitung allfälliger Änderungsvorschläge" eingereicht (2000/034). Sie hat folgenden Wortlaut"


" In der Behandlung der Vorlage zur Änderung des Konkordates betreffend Technikum für Obst-, Wein- und Gartenbau in Wädenswil im Landrat vom 27. Januar 2000 wurden u.a. grundsätzliche Fragen über Sinn und Zweck eines Konkordates in der veränderten Fachhochschul-Landschaft aufgeworfen.


Das Konkordat Wädenswil wurde 1974 gegründet und mag damals sehr wohl das richtige Instrument gewesen sein. Mit den Auflagen des Bundes von 1995 und 1996 haben sich die Fachhochschulen und ihr Umfeld stark verändert und werden sich weiter verändern. Dies war übrigens auch der Grund für die Änderung des Konkordates mit der Fachhochschule Wädenswil.


Der Kanton Baselland ist an einer ganzen Reihe von Konkordaten auf dem Gebiet der Fachhochschulen, aber auch sonst, beteiligt, bei denen sich die grundsätzliche Frage nach der Berechtigung des Konkordats als Instrument der Zusammenarbeit ebenfalls stellt.


Wir bitten daher den Regierungsrat, eine Überprüfung der bestehenden Konkordate vorzunehmen und - sollte sich Handlungsbedarf abzeichnen - entsprechende Massnahmen einzuleiten (Änderung oder Kündigung)."


Am 6. April 2000 überwies der Landrat die Motion diskussionslos dem Regierungsrat.




II.


1. Der Regierungsrat hat die bestehenden Konkordate aufgelistet (Anhang) und geprüft. Der Rechtsdienst des Regierungsrates hat in einem Mitbericht umschrieben, was ein Konkordat ausmacht: Dessen wesentliches Merkmal ist, dass alle Kantone beitreten können. Da die hier bearbeitete Motion durch die Revision eines solchen Konkordates ausgelöst wurde und auch diesen Ausdruck verwendet, beschränkt sich die Überprüfung im Rahmen dieser Motion auf die Verträge, die allen Kantonen offen stehen. Bilaterale Verträge oder regionale Verträge stehen somit nicht zur Diskussion.


2. Nach geltendem basellandschaftlichem Verfassungsrecht liegt die Zuständigkeit zum Abschluss von interkantonalen Verträgen öffentlich-rechtlicher Natur beim Regierungsrat. Dem Landrat steht lediglich - sofern es sich nicht um eine blosse Verwaltungsvereinbarung handelt oder das Gesetz die Mitwirkung des Landrates nicht ausdrücklich ausgeschlossen hat (bei Verträgen, die weder verfassungsändernden oder gesetzeswesentlichen Inhalt haben) - ein Genehmigungsrecht zu (vgl. § 64 und § 77 Absatz 1 Buchstaben b - d KV). Die Genehmigungskompetenz des Landrates ist eine rein "reaktive" Kompetenz: Das Parlament kann bei der Genehmigung am Vertrag nichts ändern; es kann ihn nur entweder als Ganzes genehmigen oder aber ihm die Genehmigung verweigern. Es kann die Exekutive auch nicht unmittelbar verpflichten, mit anderen Kantonen Vertragsverhandlungen - sei es zum Abschluss eines neuen oder zur Änderung eines bestehenden Vertrags - aufzunehmen. Hingegen kann der Landerat bei wichtigen Staatsverträgen im Rahmen der Vertragsverhandlungen versuchen, Einfluss auf den Vertragsinhalt zu nehmen: Gemäss § 64 Absatz 3 KV kann er bei der Vorbereitung wichtiger Staatsverträge, die seiner Genehmigung unterliegen, Kommissionen einsetzen, die den Regierungsrat bei den Vertragsverhandlungen begleitend beraten. Auch diese Kompetenz zur "begleitenden Beratung" verleiht dem Landrat jedoch keinen unmittelbaren Einfluss auf die Vertragsgestaltung, das heisst bezüglich des Vertragsinhalts kein Mitentscheidungsrecht. Die Vertragsabschlusskompetenz der Exekutive umfasst auch die Kompetenz, solche Verträge - ohne Mitwirkung des Parlaments! - zu kündigen. Fraglich ist, ob der Landrat bei Staatsverträgen, die seiner Genehmigung unterlagen, durch Widerruf dieser Genehmigung den Regierungsrat zwingen kann, den Vertrag auf den nächst möglichen Kündigungstermin zu kündigen.


3. Nach dieser Zuständigkeitsordnung des basellandschaftlichen Verfassungsrechts bezüglich des Abschlusses und der Genehmigung von Staatsverträgen steht dem Landrat in diesem Bereich somit kein unmittelbares Initiativrecht zu. Deshalb kann er in diesem Bereich den Regierungsrat nicht beauftragen, ihm eine Vorlage für einen materiellen Parlamentsbeschluss (vgl. § 34 Absatz 1 Buchstaben a - c des Landratsgesetzes) zu unterbreiten. Der Auftrag, den das Parlament der Exekutive hier mit einer Motion erteilen kann, kann lediglich darin bestehen, dass der Regierungsrat dem Landrat über die getroffenen oder über die beabsichtigten Massnahmen (Kündigung von Staatsverträgen oder Aufnahme von Verhandlungen mit den anderen Vertragskantonen zur Änderung von Staatsverträgen) im Sinne von § 34 Absatz 1 Buchstabe d des Landratsgesetzes berichtet . Obwohl sich dies dem Wortlaut der vorliegenden Motion nicht entnehmen lässt, kann diese Motion nur in diesem Sinne verstanden werden. Dem Landrat verbleibt somit bloss die Möglichkeit, den hier vorgelegten Bericht des Regierungsrates zur Kenntnis zu nehmen.




III.


Das Projekt "Neugestaltung des Finanzausgleichs und der Aufgaben zwischen Bund und Kantonen" (NFA) beinhaltet neue Kriterien für die interkantonale Zusammenarbeit. Eine Inkraftsetzung ist frühestens 2006 zu erwarten. 2004 wird eine Volksabstimmung zu den notwendigen Änderungen in der Bundesverfassung durchgeführt werden.


Ziele dieses Projektes sind unter anderem die Stärkung der regionalen Zusammenarbeit und die Verwirklichung des Grundsatzes, dass beanspruchte Leistungen fair abgegolten und Mitspracherechte (der Vereinbarungskantone) gewährleistet werden. Dabei ist zentral, dass eine regionale Zusammenarbeit nur angestrebt wird, wenn dadurch die Leistungen günstiger angeboten werden können. Die NFA sieht neun Bereiche für eine obligatorische interkantonale Zusammenarbeit vor. (1) Für die Zusammenarbeit werden mit der interkantonalen Rahmenvereinbarung (IRV) (2) klare Rahmenbedingungen geschaffen. Wer Leistungen bezieht, soll dafür einen fairen Preis entrichten - im Gegenzug erhält er das Recht mitzureden. Dies ermöglicht flexible, regional angepasste Lösungen. Gleichzeitig wird verhindert, dass einzelne Kantone als Trittbrettfahrer profitieren. Die Kantone regeln in einer interkantonalen Rahmenvereinbarung und in aufgabenbezogenen Einzelverträgen ihre Zusammenarbeit. Die gesamte interkantonale Zusammenarbeit wird somit zum gegeben Zeitpunkt gemäss der NFA-Richtlinien zu prüfen sein.




IV.


Gemäss der sehr kurz kommentierter Auflistung im Anhang besteht bei keinem der Konkordate ein unmittelbarer Handlungsbedarf aufgrund dieser Motion. Die Ausnahme: zwei Konkordate sind aus der SGS aufgrund dieser Arbeit zu entfernen, da sie nicht mehr gültig sind. Die kommentierte Auflistung zeigt aber, dass vieles im Fluss ist und sich seit Einreichen der Motion auch einiges verändert hat.


Der Regierungsrat stellt den Antrag, dass der Landrat von diesem Bericht zur Motion vom 10. Februar 2000 der FDP-Fraktion: "Überprüfung der heute noch bestehenden Konkordatsverträge und Erarbeitung allfälliger Änderungsvorschläge" in zustimmendem Sinne Kenntnis nimmt und die Motion 2000/034 als erfüllt abschreibt.


Liestal, 28. Januar 2003


Im Namen des Regierungsrates
die Präsidentin: Schneider-Kenel
der Landschreiber: Mundschin


Anhang: Kommentierte Auflistung der Konkordate [PDF]



Back to Top

Fussnoten:


1 Institutionen zur Eingliederung von Invaliden, Straf- und Massnahmenvollzug, Öffentlicher Agglomerationsverkehr, Abwasseranlagen und Gewässerschutz, Abfallanlagen, Universitäten, Fachhochschulen, Spitzenmedizin und Spitzenkliniken, Kultureinrichtungen von überregionaler Bedeutung.


2 Botschaft 01.074 zur Neugestaltung des Finanzausgleichs und der Aufgaben zwischen Bund und Kantonen (NFA) vom 14. November 2001, S. 2574 ff..