2003-16
Vorlage an den Landrat |
Titel:
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Bericht zum Postulat Nr. 2000/135 von Peter Holinger betreffend Konkurrenz der Privatwirtschaft
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vom:
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21. Januar 2003
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Nr.:
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2003-016
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Bemerkungen:
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Acrobat (PDF):
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Vorlage
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Am 16. November 2000 überwies der Landrat das folgende, von 13 Landratsmitgliedern mitunterzeichnete Postulat von Peter Holinger an den Regierungsrat:
"Was bei der Diskussion der Schlackentransporte von der KVA Basel nach Liesberg schon zu Kritik Anlass gab (diese Strassentransporte werden jetzt vom Kanton ausgeführt), gibt auch in anderen Bereichen je länger je mehr Probleme auf.
Im Gesetz über das öffentliche Beschaffungswesen heisst es im Paragraph 1 "Zweck": Der Kanton will mit diesem Gesetz : d "Die Gleichbehandlung aller Anbietenden gewährleisten".
Leider kommt es bei Submissionen der öffentlichen Hand mit "offenem" Verfahren jetzt oft zur Situation, dass z.B. die Werkstätten AEA des Arxhofes in Niederdorf mit extrem tiefen Preisen mitrechnen.
Diese AEA Arxhof ist sicher nicht mit einem KMU "gleichzubehandeln" wie es der erwähnte § 1 Abschnitt d verlangt. Diese an sich ja wichtige Institution AEA, baut seine Werkstätten, kauft seine Einrichtungen und Maschinen mit Geldern der öffentlichen Hand und es werden ganz sicher nicht GAV - Konforme Löhne an Delinquenten ausbezahlt. § 5 Abschnitt 1 des Gesetzes schreibt vor, dass nur beauftragt werden darf, wer beteiligter Arbeitgeber eines GAV ist!
Aus all diesen erwähnten Gründen bitten wir den Regierungsrat dafür zu sorgen, dass sich Betriebe des Kantons, wie der Erwähnte nicht mehr an öffentlichen Submissionen beteiligen können!
Der Regierungsrat nimmt zum Postulat betreffend Konkurrenz der Privatwirtschaft durch öffentliche Betriebe wie folgt Stellung:
Es besteht kein Anlass, Betrieben des Kantons wie dem Arxhof oder dem Amt für Industrielle Betriebe (AIB) eine Beteiligung an öffentlichen Submissionen zu verbieten. Diese Haltung begründet der Regierungsrat wie folgt:
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Das Gesetz über öffentliche Beschaffungen (BeGe)
(1)
, das am 1. Februar 2000 in Kraft getreten ist, gilt nicht für Vergaben an Behindertenorganisationen, Wohltätigkeitseinrichtungen, Strafanstalten sowie für arbeitsmarktliche Massnahmen nach Arbeitslosenversicherungsgesetz
(2)
. Der Kanton kann also Aufträge an die vom BeGe ausgenommenen Betriebe, zu denen auch der Arxhof gehört, ohne vorgängige öffentliche Ausschreibung direkt vergeben. Diese Regelung verankert zwingendes übergeordnetes Recht auf kantonaler Ebene, namentlich Artikel 10 Absatz 1 der interkantonalen Vereinbarung über das öffentliche Beschaffungswesen (IVÖB)
(3)
sowie die Bestimmungen des WTO-Übereinkommens über das öffentliche Beschaffungswesen (Artikel des Artikel XXIII Absatz 2)
(4)
. Zudem könnte die AEA Arxhof als Bestandteil der kantonalen Verwaltung ebenso direkt beauftragt werden.
Im Falle des Arxhof ist zudem zu berücksichtigen, dass dieser neben erzieherischen und therapeutischen Massnahmen auch den Auftrag hat, seinen Bewohnern die Möglichkeit zu bieten, einen Beruf zu erlernen oder auszuüben (5) . Bestandteil der Ausbildung ist auch, unter Wettbewerbsdruck zu arbeiten. Zu diesem Zweck ist eine interne Berufsschule zu führen (6) . Aufbau und Betrieb dieser Schule verursachen Kosten beim Kanton, die mit dem Verkaufserlös des Arxhof wenigstens teilweise finanziert werden können. Aus finanzpolitischer Sicht ist es gerechtfertigt, wenn der Arxhof die im Rahmen der Berufsbildung hergestellten Produkte verkauft, auch wenn dies als unerwünschte Konkurrenzierung der Privatwirtschaft betrachtet wird. Die für die Berufsbildung im Arxhof eingesetzten Steuergelder würden nur unnötig verschleudert, wenn dieser seine Produkte nicht verkaufen könnte. |
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Im Rahmen öffentlicher Submissionen ist in den letzten Jahren keine problematische Konkurrenzierung der Privatwirtschaft durch Betriebe des Kantons festzustellen. Bei der öffentlichen Vergabe der Schlackeentsorgung an das AIB handelt es sich um einen begründeten Einzelfall. Die Möglichkeit erscheint grundsätzlich als sinnvoll, dass Verwaltungsbehörden auf betriebseigene Ressourcen zurückgreifen können. Es wird davon Gebrauch gemacht, wenn die erforderlichen Ressourcen bereits vorhanden sind, wie im Falle der Schlackeentsorgung durch das AIB. Diese steht überdies in einem engen sachlichen Zusammenhang zum Amtsauftrag des AIB. Diese Leistung beim AIB führt zu einer Kostenoptimierung, weil damit bereits vorhandene Ressourcen besser ausgelastet werden.
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Für einen Vergabeentscheid werden Kosten- und Preisvergleiche benötigt. Während der Marktpreis die Beschaffungskosten der privatwirtschaftlichen Leistungserstellung abbildet, fehlen solche für die Leistungserstellung der öffentlichen Hand, und die Kosten müssen mit geeigneten Methoden verwaltungsintern ermittelt werden. Mit einer entsprechenden Vollkostenrechnung bei der öffentlichen Hand können somit weitgehend gleich lange Spiesse im Wettbewerb geschaffen werden.
Im Finanzhaushaltsgesetz (FHG) (7) wird folgerichtig postuliert, dass in der Regel Vollkostenrechnungen zu führen sind (§ 20 a FHG) und dass, sofern es zur Ermittlung der Leistungsziele oder für die wirtschaftliche Aufgabenerfüllung erforderlich ist, besondere Kostenrechnungen geführt werden, wobei kalkulatorische Abschreibungen und Zinsen zu berücksichtigen sind (§ 21 FHG). Mit der Vollkostenrechnung wird Kostenwahrheit im Sinne des Finanzhaushaltsgesetzes geschaffen. Die Vollkostenrechnung der Kantonsverwaltung entspricht dabei der in der Privatwirtschaft üblichen Deckungs-Beitrags-Rechnung, und ermöglicht somit den Vergleich der Kosten der verwaltungsinternen und externen Aufgabenerfüllung. |
Fazit
Aus obigen Überlegungen ergibt sich, dass in jedem konkreten Einzelfall einer Beteiligung eines Betriebes des Kantons an einer öffentlichen Submission vorgängig geprüft werden muss bzw. geprüft wird, ob dem Grundsatz der Wettbewerbsneutralität nachgelebt wird. Nur wenn diese Voraussetzungen erfüllt ist, ist die Beteiligung und die unternehmerische Tätigkeit der öffentlichen Hand rechtlich zulässig, und in diesen Fällen stellt sich anschliessend die Frage nach der politischen Akzeptanz, wie dies bei der Schlackeentsorgung durch das AIB der Fall war.
Die Kantonsverwaltung erweitert weder ihre Tätigkeit gezielt im Hinblick auf eine vermehrte Konkurrenzierung der Privatwirtschaft noch schafft sie zusätzliche Kapazitäten dafür. Die Schlackeentsorgung durch das AIB bleibt ein Einzelfall. Nur wenn das AIB dafür zuerst Investitionen getätigt hätte, wäre die Vergabe nicht vertretbar gewesen. Die erforderlichen Kapazitäten waren aber bereits vorhanden und konnten besser ausgelastet werden, so dass es sinnvoll erscheint, dass sich das AIB diesem Geschäft widmet, auch weil es sich um eine Aufgabe handelt, die direkt mit seinem Amtsauftrag in Zusammenhang steht und deshalb Synergien ausgeschöpft werden.
Eine grundsätzliche Regelung, die Betriebe des Kantons von Submissionen ausschliesst, ist weder sinnvoll noch machbar. Entsprechend der bisherigen Praxis beschränkt der Kanton seine unternehmerische Tätigkeit auf Nischenprodukte und es wird wie bisher nur begründete Ausnahmen für Beteiligungen an öffentlichen Submissionen geben, um zu verhindern, dass die Kantonsverwaltung die Privatwirtschaft in Zukunft übermässig konkurrenziert.
Antrag
Der Regierungsrat beantragt dem Landrat, das Postulat abzuschreiben.
Im Namen des Regierungsrates
die Präsidentin: Schneider-Kenel
der Landschreiber: Mundschin
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Fussnoten:
5 Verordnung für die Arbeitserziehungsanstalt Arxhof (SGS 266.11).
6 § 5 Absatz 2 und 4 der Verordnung für die Arbeitserziehungsanstalt Arxhof.