2003-13
Vorlage an den Landrat |
Titel:
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Beantwortung des Postulats von Landrätin Rita Bachmann-Scherer vom 21. Juni 2001 betreffend Sicherheit im Kreisel für Zweiradfahrer und -fahrerinnen ( 2001/169
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vom:
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14. Januar 2003
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Nr.:
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2003-013
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Bemerkungen:
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Vorlage
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Das Postulat von Rita Bachmann-Scherer hat folgenden Wortlaut:
"Die Bauarbeiten beim Kreisel bei der Motorfahrzeugkontrolle in Münchenstein sind praktisch abgeschlossen. Für die speditive Ausführung gebührt einen aufrichtigen Dank.
Bei der Ankündigung der bevorstehenden Bauarbeiten im Wochenblatt Birseck + Dorneck vom 15. März 2001 wurde mit Freude zur Kenntnis genommen, dass "ein Konfliktpunkt im Radroutennetz einerseits behoben, andererseits der gesamte Verkehrsablauf im Knotenbereich verbessert werde". Es darf mit Genugtuung zur Kenntnis genommen werden, dass der Verkehrsfluss viel flüssiger geworden ist.
Was leider immer noch nicht gelöst ist, ist die Situation für die Velo- resp. Kleinmotorfahrzeugfahrer und -fahrerinnen. Die Velospuren aus Richtung Basel wie Münchenstein hören eine gute Autolänge vor dem Kreisel auf, d.h. die Zweiradfahrer und -fahrerinnen werden noch vor dem Kreisel abgedrängt und im Stich gelassen. Eine Lösung, wie sie mit "Konfliktpunkt Radroutennetz beheben" in Aussicht gestellt wurde, ist weit und breit nicht in Sicht. Bereits in den ersten Tagen nach Fertigstellen des Kreisels musste eine mir bekannte Person haut- und Karosserienah ihre diesbezüglichen Erfahrungen machen, zum Glück ohne körperlichen Schaden zu nehmen. Es ist eine Person, welche ihr Fahrrad täglich benutzt und sehr wohl weiss, wie ein Kreisel zu befahren ist. Leider hatte, gemäss Pressebericht, ein Rollerfahrer am 19. Juni 2001 weniger Glück und musste hospitalisiert werden.
Es muss leider festgestellt werden, dass viele Autofahrer und Autofahrerinnen auch heute noch nicht wissen, wie sie sich in einem Kreisel korrekt zu verhalten haben. Hier wäre eine längerandauernde Kampagne vor Ort sowie in Anbetracht der intensiven Benutzung des Kreisels wohl auch eine, über das normale Mass hinausgehende, Ueberwachung bitter notwendig. Es stellt sich auch die Frage, ob im Sinne einer guten Sicht, der Kreisel nur mit niederwachsenden Pflanzen zu gestalten sei, damit die langsamerfahrenden Velo- resp. Mofafahrer/innen ja früh gesehen werden.
Ich ersuche den Regierungsrat zu prüfen, was für Massnahmen erforderlich sind, damit das befahren eines Kreisels auch für Zweiradfahrer und -fahrerinnen ohne Gefahr möglich ist. Dabei sollten auch die Erfahrungen im Ausland miteinbezogen werden."
Das Postulat wurde am 29. November 2001 überwiesen.
Antwort des Regierungsrates:
Die im Postulat angesprochene Problematik wurde bereits bei der Projektierung des Kreisels durch das beauftragte Ingenieurbüro behandelt.
Aufgrund des Postulates hat das Tiefbauamt das Projekt einem neutralen, d.h. nicht beteiligten, Ingenieurbüro zur Überprüfung übergeben. Das Büro Pestalozzi & Stäheli hat u.a. auch den Forschungsauftrag des UVEK "Führung des leichten Zweiradverkehrs im Bereich von Knoten" bearbeitet. Der Auftrag hatte zum Ziel, die heutige Situation bezüglich der Sicherheit für den Zweiradverkehr zu prüfen, zu analysieren und falls erforderlich, Massnahmen zur Verbesserung der Sicherheit vorzuschlagen.
Die bekannte Verkehrsproblematik vor dem Bau des Kreisels lässt keinen Zweifel, dass der Kreisel eine geeignete Massnahme darstellt, um eine Verbesserung des Verkehrsknotens "Reinacherstrasse" im Sinne der Norm zu erwirken. Es ist festzuhalten, dass die Geometrie des neuen Kreisels grundsätzlich den Normanforderungen entspricht. Betreffend Verkehrsverhalten konnten grundsätzlich zwei verschiedene Radfahrertypen beobachtet werden: Der geübte Fahrer nimmt sich das Recht in der Mitte der Kreiselfahrbahn zu fahren und überquert ohne Probleme, auch bei starkem Verkehr, den Kreisel. Gerade während der grössten Verkehrsbelastung in Spitzenzeiten gehören die meisten Radfahrer dieser Gruppe an (Pendler). Ungeübte Fahrer, jüngere Schüler oder ältere Personen fahren meist zu nahe am Fahrbahnrand und gefährden sich dadurch selbst. Es wurden jedoch keine gefährliche Konflikte beobachtet. Die neu kombinierten Bus- und Radstreifen enden bereits 50 m vor dem Kreisel, damit eine genügend lange Verflechtungsstrecke zur Verfügung steht. Das Aufheben des Bus- und Radstreifens 50 m vor dem Kreisel stellt einen guten Kompromiss zwischen Busbevorzugung, Verkehrssicherheit und Leistungsfähigkeit dar. Ein Verkürzen des Bus- und Radstreifens würde sich negativ auf den Busbetrieb, den Komfort und die Sicherheit für den Zweiradverkehr auswirken, eine Verlängerung würde die Leistungsfähigkeit des Kreisels mindern.
Erfahrungen aus dem Ausland:
Deutschland
In den deutschen "Empfehlungen für Radverkehrsanlagen" von 1995 ist die Führung des Radverkehrs bei Kreiseln behandelt. Für kleine Kreisel bis 30 m Aussendurchmesser entsprechen die Empfehlungen denjenigen der VSS-Normen, gemäss welchen der Kreisel Münchenstein ausgeführt ist. Die Empfehlungen lauten: Der Radverkehr soll im Mischverkehr geführt werden; Radstreifen auf der Kreisfahrbahn sind aus Sicherheitsgründen (Schneiden der Radfahrer) nicht anzulegen; umlaufende Radwege sind nur zweckmässig, wenn Zweirichtungsradwege vor und nach dem Kreisel vorhanden sind. Für grosse Kreisel ab 40 m Aussendurchmesser werden Unterführungen empfohlen. Für Kreisel mit Durchmessern zwischen 30 und 40 m sind keine Empfehlungen aufgeführt. In den Kreiselzu- und Wegfahrten wird empfohlen, den Radstreifen bis an die Kreisfahrbahn heranzuführen.
Die deutsche Forschungsarbeit "Fussgänger- und Radverkehrsführung an Kreisverkehrsplätzen" (Abschluss Mai 99) bestätigt, dass die negativen Auswirkungen von Radstreifen auf der Kreisfahrbahn in Bezug auf die Sicherheit von Radfahrer als gegeben angesehen werden können.
Der Forschungsbericht empfiehlt deshalb im Sinne der Sicherheit den Mischverkehr auf der Kreisfahrbahn als generelle Lösung, wobei der Radstreifen bis an die Kreisfahrbahn heranzuführen sei; besonderes Gewicht wird aus Sicherheitsüberlegungen auch auf eine geschwindigkeitsdämpfende Ausbildung des ganzen Kreisels gelegt.
Niederlande
Das niederländische Planungshandbuch "Radverkehrsplanung von A bis Z" empfiehlt grundsätzlich die Anordnung von Radstreifen bei Kreiseln mit genügender Fahrbahnbreite. Als obere Grenze wird jedoch ein durchschnittlicher täglicher Verkehr von 8'000 Motorfahrzeugen erwähnt, was beim Kreisel Münchenstein mit mehr als 30'000 Fahrzeugen deutlich überschritten ist. Bis 12'000 Motorfahrzeuge pro Tag kann ein Radstreifen noch angeordnet werden, wenn dieser durch gewölbte Pflästerungen abgetrennt ist.
Die Empfehlungen aus Deutschland und den Niederlanden geben wenig Hinweise, wie die Sicherheit der Radfahrer beim Kreisel Münchenstein verbessert werden könnte. In beiden Ländern werden aber Radstreifen auf der Kreisfahrbahn bei hochbelasteten Kreiseln nicht empfohlen, was mit den VSS-Normen übereinstimmt. Ein Radstreifen zwingt die Radfahrer an den Rand der Kreisfahrbahn, was im Widerspruch steht zur Empfehlung, als Radfahrer zur sicheren Durchquerung eines Kreisels in der Fahrbahnmitte zu fahren. Erprobte Lösungen bei engen Platzverhältnissen sind auch aus dem Ausland nicht bekannt.
Zusammenfassende Analyse: Der Kreisel "Reinacherstrasse" in Münchenstein ist entsprechend den Normen und dem heutigen Kenntnisstand gebaut. Die Geometrie (Aussendurchmesser, Breite der Kreisfahrbahn) lässt ein schnelles Befahren des Kreisels zu, ist aber für die Leistungsfähigkeit zwingend erforderlich. Das Büro Pestalozzi & Stäheli kommt zum Schluss, dass diese Kreiselanlage keine relevanten Sicherheitsmängel aufweist.
Massnahmen: Die Markierung der Radstreifen in den Kreiselausfahrten soll nach dem Fussgängerstreifen bzw. ca. 5-10 m nach dem Kreisel beginnen. Durch diese Markierung werden die Radfahrer klarer geführt. Den Motorfahrzeuglenkern wird der Strassenraum optisch eingeengt, was die Geschwindigkeit in der Ausfahrt leicht reduzieren wird.
Die Polizei Basel-Landschaft hat schon an verschiedenen Kreiselstandorten Informationskampagnen durchgeführt. Dazu wurde eigens eine Informationsbroschüre mit Verhaltensregeln, Verhaltensabläufen und Empfehlungen im Kreisverkehr geschaffen. Die Unterlagen werden jeweils den Verkehrsteilnehmern vor Ort abgegeben. Diese Informationskampagnen an den Kreiseln werden unter Berücksichtigung von Prioritäten und der personellen Ressourcen weitergeführt. Mit den Motorfahrzeugsteuerrechnungen 2003 wurde allen Motorfahrzeugbesitzerinnen und -Besitzern die bereits erwähnte Informationsbroschüre zugestellt werden. Zudem prüft das Tiefbauamt in Zusammenarbeit mit der Polizei eine Plakatkampagne über das richtige Verhalten im Kreisel.
Bei all diesen Überlegungen und Empfehlungen gilt es zu beachten, dass Konfliktsituationen im Strassenverkehr auch mit baulichen, gestalterischen, verkehrspolizeilichen und erzieherischen Massnahmen nie ganz ausgeschlossen werden können. Ein Fehlverhalten im Kreisel hat in der Regel jedoch keine gravierenden Auswirkungen, weil die Geschwindigkeit aller Verkehrsteilnehmer im Kreisel tief sind. Gerade darin liegt in Bezug auf die Sicherheit der Vorteil einer solchen Verkehrsanlage.
Der Regierungsrat hat den Bericht zur Kenntnis genommen und wird die vorgeschlagenen Massnahmen rasch möglichst umsetzen. Ein weiterer Handlungsbedarf ist nicht gegeben.
Antrag:
Der Regierungsrat beantragt dem Landrat das Postulat 2001/169 von Rita Bachmann vom 21. Juni 2001 als erledigt abzuschreiben.
Liestal, 14. Januar 2003
Im Namen des Regierungsrates
die Präsidentin: Schneider-Kenel
der 2. Landschreiber: Achermann
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