Vorlage an den Landrat


IV. Frist für die Stellungnahme zu Haftbeschwerden; Antrag auf Haftverlängerung auch bei Haftbeschwerden möglich

1. Frist für die Stellungnahme zu Beschwerden gegen abgewiesene Haftentlassungsgesuche gemäss § 85 Absatz 5 (bisher Absatz 3)


Ausgangslage: Offensichtlich ist für die haftanordnende Instanz eine dreitägige Frist für die Akteneinreichung samt kurzer Stellungnahme zur Haftbeschwerde zu kurz, zumal die Frist auch an Sonn- und Feiertagen läuft. Diese Fälle können nicht immer sinnvollerweise per


Pikett abgedeckt werden, weil die Pikettleistenden mit dem Fall in der Regel nicht vertraut sind und sich kurzfristig nicht mehr in die oft umfangreichen Dossiers einarbeiten können. Es rechtfertigt sich deshalb, die Frist - wie bei den meisten anderen Fristen auch - auf Arbeits tage zu beziehen.




=> § 85, Änderung von Absatz 5:


5 Die Beschwerde nach Absatz 3 ist bei der verfügenden Behörde einzureichen.


Diese erstellt Kopien der haftrelevanten Akten und leitet sie zusammen mit der Beschwerde und einer kurzen Stellungnahme umgehend, spätestens aber innert 3 Arbeits tagen, an das Präsidium des Verfahrensgerichts in Strafsachen weiter. In der Stellungnahme kann gleichzeitig das Gesuch um Haftverlängerung gestellt werden.


2. Möglichkeit der Haftverlängerung in Haftbeschwerdeverfahren gemäss § 81 Absatz 3


Ausgangslage: Die Vorlage des Regierungsrates von 1998 über die Revision des Gesetzes betreffend die Strafprozessordnung sah noch keine direkte Beschwerde gegen den Haftbefehl vor. Es wurde als ausreichend erachtet, dass wie gemäss alter StPO jederzeit ein Haftentlassungsgesuch gestellt und gegen dessen Abweisung Beschwerde erhoben werden konnte. In den landrätlichen Beratungen wurde dann beschlossen, neu gegen den Haftbefehl eine direkte Beschwerdemöglichkeit zu schaffen, ohne dass der "Umweg" über ein Haftentlassungsgesuch beschritten werden muss. Sowohl für die Haftentlassungsbeschwerde als auch für die direkte Haftbefehlsbeschwerde sollte jeweils das gleiche Verfahren gelten, weshalb der heute geltende § 81 Absatz 3 ausdrücklich auf § 85 Absätze 3-5 verweist.


In der Praxis scheint nun aber trotz dieses expliziten Verweises nicht klar, dass damit bewusst die Möglichkeit geschaffen werden sollte, dass die betreffende Behörde auch bei der Haftbefehlsbeschwerde gemäss § 81 Absatz 3 (analog zur Beschwerde gegen abgewiesene Haftentlassungsgesuche gemäss § 85 Absatz 3 letzter Satz) in ihrer Stellungnahme zur Beschwerde gleichzeitig auch einen Antrag auf Haftverlängerung stellen kann. Das ist insofern sinnvoll, als zum Zeitpunkt des Entscheids über eine Haftbefehlsbeschwerde gemäss § 81 Absatz 3 bereits die halbe Dauer des statthalterlichen Haftbefehls abgelaufen sein kann und ohnehin kurz darauf ein Antrag auf Verlängerung gestellt werden müsste. Es ist wenig ökonomisch und, wie sich in einzelnen Fällen gezeigt hat, in praktischer Hinsicht auch kaum möglich, diese beiden Verfahren kurz hintereinander durchzuführen. Innert derart kurzer Zeit sind auch kaum wesentliche neue Erkenntnisse zu erwarten. Im Übrigen setzt die Beschwerdeinstanz die Haftverlängerung auf die im Zeitpunkt des Entscheids "objektiv richtige" Frist fest, so dass nicht von Belang ist, ob dieser Entscheid in dem einen Verfahren (Haftbeschwerde) oder wenig später im anderen Verfahren (Haftverlängerung nach § 86) ergeht. Insofern entsteht damit für die Verhafteten keinerlei Rechtsnachteil, im Gegenteil, es werden auch für sie unnötige Leerläufe vermindert und die Beförderlichkeit der Untersuchung wird unterstützt, was wohl das vordringlichste Interesse der Verhafteten ist.




=> § 81, neuer Absatz 4 (erster Satz stammt aus bisherigem Absatz 3, s. vorne Ziffer II):


4 Die Beschwerde hat keine aufschiebende Wirkung. Für das Verfahren ist § 85 Absätze 5 ff. sinngemäss anwendbar. In der Stellungnahme zur Beschwerde kann gleichzeitig das Gesuch um Haftverlängerung gestellt werden.




V. Rechtsdomizil / Zustellungen ins Ausland (§ 28)


Ausgangslage: Das Besondere Untersuchungsrichteramt (BUR) weist darauf hin, dass in besonders umfangreichen Fällen mit vielen Geschädigten im Ausland die Zustellungen auf dem Rechtshilfeweg sehr aufwändig sein können. Das ist im geltenden § 28 Absatz 3 insofern berücksichtigt, als die Parteien von der Verfahrensleitung angehalten werden können, ein Rechtsdomizil und damit eine Zustelladresse in der Schweiz zu benennen. Kommen Verfahrensbeteiligte dieser Aufforderung nicht nach, kann dennoch nicht auf Zustellungen verzichtet werden. Jedoch soll die heutige Regelung dahin ergänzt werden, dass die Zustellungen an Opfer oder Geschädigte/Zivilkläger, die trotz Aufforderung keine Zustelladresse in der Schweiz bezeichnen, nicht mehr auf dem Rechtshilfeweg erfolgen müssen, sondern neu mit normaler Post erledigt werden können. Das vermindert zwar nicht die Anzahl der Sendungen, führt aber dennoch zu einer deutlichen Aufwand- und Kostenreduktion.




=> § 28, Ergänzung von Absatz 3:


3 Erfordern es die Umstände, können Verfahrensbeteiligte dazu angehalten werden, ein Rechtsdomizil in der Schweiz zu bezeichnen, wohin Zustellungen rechtsgültig möglich sind. Bezeichnen Parteien gemäss § 14 Buchstabe b oder c mit Wohnsitz oder Aufenthalt im Ausland kein solches Rechtsdomizil, können Zustellungen rechtsgültig mit normaler Post erfolgen .




VI. Kostenregelung bei Beschwerdeverfahren, über die ausserhalb der Hauptsache selbständig entschieden wird; keine regierungsrätliche Zuständigkeit mehr für den Gebührentarif


Ausgangslage: Die §§ 31 ff. regeln die Kostenverteilung, enthalten aber keine ausdrückliche Regelung für Beschwerdeverfahren, über die ausserhalb der Hauptsache selbständig entschieden wird (z.B. Haft- und allgemeine Verfahrensbeschwerden). Daher sind die §§ 31 und 33 entsprechend zu ergänzen. Unverändert bleibt der Grundsatz, dass für den Entscheid über alle Kosten - also auch über die von allfälligen "Zwischen"verfahren - die Behörde zuständig ist, welche in der Hauptsache urteilt. Dies sind bei Strafbefehlen die Statthalterämter oder das BUR, bei Verfahrenseinstellungen die Staatsanwaltschaft oder das BUR und ansonsten das Strafgericht bzw. das Kantonsgericht.




=> § 31, neuer Absatz 5:


5 Die Absätze 1 - 4 gelten sinngemäss auch für Beschwerdeverfahren, über die ausserhalb der Hauptsache selbständig entschieden wird.




=> § 33, neuer Absatz 5:


5 Die bei Verfahren nach § 31 Absatz 5 anfallenden Kosten für anwaltliche Vertretung sowie für anderweitige Nachteile können in dem Masse den Parteien zugesprochen werden, als sie mit ihren Anträgen obsiegen. Die Absätze 3 und 4 sind sinngemäss anwendbar.


Ausgangslage: gemäss § 30 Absatz 3 StPO war der Regierungsrat zuständig für den Erlass des Gebührentarifs im Strafverfahren; nachdem dafür neu gemäss § 52 Abs. 4 des Gerichtsorganisationsgesetzes (SGS 170) das Kantonsgericht zuständig ist, muss § 30 Absatz 3 Ersatzes gestrichen werden.




=> ersatzlose Streichung von § 30 Absatz 3:




VII. Mitteilung der Beweiserhebung wenn nötig erst nachträglich


Ausgangslage: Nach § 39 Absatz 1 kann die angeschuldigte Person von der Beweiserhebung ausgeschlossen werden, wenn durch ihre Teilnahme der Untersuchungszweck oder die öffentliche Ordnung, gefährdet würde oder ihre Anwesenheit für andere Beteiligte nicht zumutbar ist. Allerdings kommt es zuweilen vor, dass bereits die blosse Mitteilung des Teilnahmeausschlusses an die angeschuldigte Person Gefahren für das Verfahren, das Opfer o.ä. hervorrufen kann. Daher soll neu ausdrücklich festgeschrieben werden, dass ein solcher Ausschluss von der Teilnahme an der Beweiserhebung erst später der angeschuldigten Person mitgeteilt werden kann. Die Anregung des Besondere Untersuchungsrichteramts, auf das "unverzüglich" zu verzichten, kann aus rechtsstaatlichen Erwägungen nicht berücksichtigt werden. Immerhin bezieht sich das "unverzüglich" auf den Zeitpunkt, in welchem der Wegfall des Hinderungsgrundes der Behörde zur Kenntnis gelangt: allfällige praktische Probleme müssen mittels einer entsprechenden Geschäftskontrolle gelöst werden.




=> § 39, neuer Absatz 4:


4 Sofern die Mitteilung des Ausschlusses Gefahren für den Untersuchungszweck, das Opfer oder andere Verfahrensbeteiligte oder die öffentliche Ordnung hervorruft, können die Mitteilung sowie die Vorkehren nach Absatz 3 auch nachträglich erfolgen. Beides ist unverzüglich nachzuholen, sobald die Gefahr ausreichend gebannt erscheint.




VIII. Zeugnisverweigerungsrecht


Ausgangslage: Das in § 54 umschriebene Zeugnisverweigerungsrecht von EhegattInnen und KonkubinatspartnerInnen (Absatz 1 Buchstabe a) ist auf Vorgänge während der Ehe beschränkt. Damit ist es enger gefasst als das Zeugnisverweigerungsrecht von SchwägerInnen (§ 54 Absatz 1 Buchstabe b), bei denen diese Beschränkung nicht vorgesehen ist. Eine unterschiedliche Behandlung von EhegattInnen und KonkubinatspartnerInnen gegenüber SchwägerInnen ist sachlich nicht gerechtfertigt. Daher sollen Verschwägerte mit den EhegattInnen und KonkubinatspartnerInnen ohne gemeinsame Kinder gleichgestellt werden, das heisst neu soll das Zeugnisverweigerungsrecht auch bei den Verschwägerten auf Vorgänge während der Ehe begrenzt werden. Ehegatten mit gemeinsamen Kindern hingegen geniessen wegen dem damit verbundenen weiter dauernden Konfliktpotential auch nach Auflösung der Ehe ein umfassendes Zeugnisverweigerungsrecht. Ferner werden heute die privaten Vormunde bei den zeugnisverweigerungsberechtigten Personen nicht explizit erwähnt, obwohl ihr Zeugnisverweigerungsrecht ausser Frage steht. Im Interesse der Klarheit soll dies neu in einem zusätzlichen Buchstabe h festgeschrieben werden.




=> § 54 Absatz 1, Änderung der Buchstaben a und b sowie neuer Buchstabe h:


1 Zur Verweigerung des Zeugnisses sind berechtigt:




IX. Dauer der Untersuchungshaft: Ersetzung der heutigen Regelung durch Formulierung gemäss bundesgerichtlicher Praxis


Ausgangslage: Nach geltendem Recht darf die Untersuchungshaft die Hälfte einer zu erwartenden unbedingt vollziehbaren Freiheitsstrafe nicht überschreiten (§ 78 Absatz 2 Buchstabe b). Damit hat der Gesetzgeber eine gegenüber der bundesgerichtlichen Praxis strengere Regelung gewählt, die in der Praxis Schwierigkeiten bereitet; dies nicht wegen der nötigen Prognose über "die Dauer der zu erwartenden Strafe" - eine solche ist auch Grundlage der bundesgerichtlichen Praxis -, sondern wegen der Beschränkung der U-Haftdauer auf maximal die Hälfte der zu erwartenden Strafdauer. Das Bundesgericht lässt die (ganze) Dauer der zu erwartenden Strafe zu. Nachdem auch der inzwischen vorgestellte Entwurf einer gesamtscheizerischen Strafprozessordnung die bundesgerichtliche Praxis tel quel übernimmt, erscheint es angezeigt, diese Lösung auch in unserer Strafprozessordnung zu verankern. Auf den heutigen Zusatz " ... unbedingt zu vollziehenden Freiheitsstrafe" wird bewusst verzichtet, denn im Einklang mit der bundesgerichtlichen Rechtsprechung ist es in einem so frühen


Stadium nicht möglich, eine seriöse Prognose darüber anzustellen, ob das Gericht die zu erwartende Freiheitsstrafe als unbedingt oder als bedingt vollziehbar ausspricht.




=> § 78 Absatz 2, Änderung von Buchstabe b:


2 Unverhältnismässig ist die Untersuchungshaft insbesondere, wenn:


b. sie die Dauer einer zu erwartenden Freiheitsstrafe erreicht.



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