2002-276
Vorlage an den Landrat |
Titel:
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Beantwortung des Postulats von Barbara Fünfschilling/FDP-Fraktion vom 13. Dezember 2001 betr. Schülerkosten im Kantons Baselland ( 2001/302
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vom:
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5. November 2002
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Nr.:
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2002-276
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Bemerkungen:
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Acrobat (PDF):
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Vorlage
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Am 13. Dezember 2001 hat Landrätin Barbara Fünfschilling von der FDP ein Postulat betr. Schülerkosten im Kanton Baselland mit folgendem Wortlaut eingereicht:
Es fällt wahrscheinlich nicht nur uns auf, dass in den letzten Jahren die Kosten im Bildungssektor immer weiter ansteigen, obwohl die Schweiz in keiner grossen Wachstumsphase steckt.
Wir möchten deshalb konkret wissen, wie die Situation im Kanton Baselland ist, vergleichen mit den Nachbarskantonen Baselstadt, Aargau und Solothurn.
1.
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Haben wir jährlich immer mehr Schülerinnen und Schüler im Kanton BL?
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2.
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Ist die Anzahl der (d.h. Köpfe, ohne Doppelzählungen) pro Klasse gleich geblieben oder tendenziell gesunken oder gestiegen?
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3.
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Sind die Lehrerlöhne gestiegen wegen Überalterung des Lehrkörpers oder hat es andere Gründe?
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4.
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Wie sind die durchschnittlichen Vollkosten für einen Kindergartenschüler, resp eine Kindergartenschülerin im Kanton BL?
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5.
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Wie sind die durchschnittlichen Vollkosten für einen Primarschüler, resp eine Primarschülerin im Kanton BL?
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6.
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Wie sind die durchschnittlichen Vollkosten für einen Sekundarschüler, resp eine Sekundarschülerin?
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7.
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Wie sind die durchschnittlichen Vollkosten für einen Gymnasiasten, resp. eine Gymnasiastin im Kanton BL?
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8.
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Wie sind die durchschnittlichen Vollkosten für einen Berufsschüler, resp. eine Berufsschülerin im Kanton BL?
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9.
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Könnte man sich im Regierungsrat vorstellen, dass man den Schulen das nötige Geld für ihre Schule Pro-Kopf zur Verfügung stellt?
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10.
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Gibt es in anderen Kantonen Modelle dieser Art?
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Wir wären der Regierung dankbar, wenn sie die obigen Fragen prüft und dem Rat darüber berichtet.
Einleitende Bemerkung
Im Postulat wird darauf hingewiesen, dass die Kosten im Bildungssektor in den letzten Jahren immer weiter ansteigen würden. Tatsächlich hat der Bildungssektor in den letzten Jahren ein konstantes Wachstum erfahren. Der Regierungsrat legt jedoch Wert darauf, festzuhalten, dass der Bildungssektor gemessen am gesamten Kantonshaushalt nicht überdurchschnittlich gewachsen ist. Untenstehende Tabelle zeigt, dass der Anteil Bildung am gesamten Aufwand des Kantons in der laufenden Rechnung seit 1988 bei rund 25% liegt.
Grafik [PDF]
Beantwortung der Fragen
Die Ausgewiesenen Schüler- und Klassenzahlen beruhen auf Angaben des Statistischen Amtes BL (Statistische Jahrbücher 1998 - 2002).
Die Schüler- und Klassenzahlen werden jährlich vom statistischen Amt BL per November erhoben. Doppelzählungen liegen keine vor, es werden nur die Köpfe gezählt.
1. Haben wir jährlich immer mehr Schülerinnen und Schüler im Kanton BL?
Die Schülerzahlen im obligatorischen Schulbereich sind in den letzten Jahren stabil geblieben, während im nachobligatorischen Bereich ein leichter Anstieg zu verzeichnen war.
Nach den zur Verfügung stehenden Prognosen des Amtes für Raumplanung ist in den nächsten Jahren nicht mit grösseren Veränderungen zu rechnen.
Schüler nach Schulart im obligatorischen Schulbereich seit 1990: Grafik [PDF]
Schüler nach Schulart im nachobligatorischen Schulbereich seit 1990: Grafik [PDF]
2. Ist die Anzahl der Kinder (d.h. Köpfe, ohne Doppelzählungen) pro Klasse gleich geblieben oder tendenziell gesunken oder gestiegen?
Der Mehrjahresvergleich der Jahre 1986 - 2001 zeigt, dass sich die durchschnittlichen Klassengrössen in der Gesamtbetrachtung kaum verändert haben.
Durchschnittliche Schülerzahl pro Abteilung nach Schulart seit 1986: Grafik
3. Sind die Lehrerlöhne gestiegen wegen Überalterung des Lehrkörpers oder hat es andere Gründe?
Die Altersstruktur des Lehrkörpers hat wesentlichen Einfluss auf die Lohnkosten im Schulbereich. Untenstehender Tabelle ist zu entnehmen, dass die Alterskategorien 40-49 und 50-59 stark vertreten sind. Neben dem Anstieg der Erfahrungsstufen sind es folgende zwei Faktoren, die zu altersbedingten Mehrkosten führen: zum einen steigt mit zunehmendem Alter der Anteil Lehrpersonen mit Anspruch auf Entrichtung von Dienstjubiläen, zum andern wird ab Alter 55 eine Altersentlastung von 2 Stunden gewährt.
Allerdings hält der Regierungsrat fest, dass die Lehrerlöhne nicht stärker oder schneller ansteigen als die Löhne des übrigen Staatspersonals. Ab Alter 55 hat ein Grossteil der Lehrpersonen die maximale ES-Stufe 27 erreicht.
Die Neuregelung der Schulleitungsvergütung führte zu Mehrkosten. Die Besoldungsrevision bei den Lehrpersonen verursacht infolge Erhöhung der Anzahl Pflichtstunden keine zusätzlichen Kosten.
4.- 8. Wie sind die durchschnittlichen Vollkosten für die Schüler resp. Schülerinnen der folgenden Stufen:
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Kindergarten
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Primarschule
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Sekundarschule
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Gymnasium
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Berufsschule
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Im Rahmen des Regionalen Schulabkommens (RSA) der Nordwestschweiz wurde im Jahr 2000 eine Kostenerhebung, basierend auf den Zahlen der Rechnung 1998 durchgeführt. Dabei wurde den beteiligten Kantonen die Vorgehensweise in einem Leitfaden, der von einer externen Firma erstellt wurde, vorgegeben. So konnten einigermassen vergleichbare Ergebnisse erzielt werden.
Die untenstehende Tabelle zeigt das Ergebnis dieser Kostenerhebung. Bezogen auf die Kosten pro Kopf liegt der Kanton BL bei den meisten Schulstufen im Mittelfeld der Kantone, die sich an dieser Kostenerhebung beteiligt haben.
Die Pro-Kopfkosten des Gymnasiums sind für BL inklusive DMS 3 ausgewiesen.
Die Gewerbeschulen wurden in dieser Kostenerhebung nicht berücksichtigt. Die Kosten für einen Berufsschüler resp. eine Berufsschülerin sind nicht einheitlich, da sowohl Lektionenangebot als auch notwendige Infrastruktur sich je nach Beruf stark unterscheiden. Die Erziehungs- und Kulturdirektion ist bestrebt, die Kosten-Leistungsrechnung so auszugestalten, dass diese Kosten künftig in ausreichender Qualität und mit vertretbarem Aufwand erhoben werden können.
Kosten der Schulstufe pro Schüler/Schülerin (ohne Kapitalkostenzuschlag, Angaben netto), in Franken: Grafik
9. Könnte man sich in der Regierung vorstellen, dass man den Schulen das nötige Geld für ihre Schule Pro-Kopf zur Verfügung stellt?
Ausgehend von der Vorlage zur neuen Bildungsgesetzgebung, welche der Regierungsrat dem Landrat unterbreitet hat, kann diese Frage mit einem klaren Nein beantwortet werden, jedenfalls in bezug auf die Bildungsangebote am Kindergarten, an der Primarschule und an der Sekundarschule. Das Bildungsgesetz stipuliert, dass die Zuteilung der Mittel über das System der Klassenbildung mit Richtzahl- und Höchstzahlwerten erfolgt (§ 11). Diesem System wiederum ist ein Stufenlehrplan mit einer Stundentafel zugrunde gelegt. Letztere gibt vor, wie viele Lektionen jeder Bildungsbereich und Teilbildungsbereich pro Klasse erhält (§ 85 Buchstabe b).
Eine Öffnung in Richtung Pro-Kopf-Beitrag an den öffentlichen Schulen (auf die Mitfinanzierung von Privatschulbesuchen tritt der Regierungsrat hier nicht näher ein) sieht das neue Bildungsgesetz im Bereich der Speziellen Förderung vor. Es hält in § 45 Absatz 4 fest, dass für die Kursbildung und für Einzelmassnahmen der Speziellen Förderung Lektionenpauschalen vorgesehen werden können.
Bei der Speziellen Förderung können Lektionenpauschalen unter bestimmten Voraussetzungen durchaus sinnvoll und zweckmässig sein:
1.
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Entsprechend der Anzahl fremdsprachiger Schülerinnen und Schüler pro Bildungsstufe kann dieser den Schulen eine Lektionenpauschale für die Kurse in Deutsch als Zweitsprache zugesprochen werden. Wenn die curricularen Ziele dieses Angebots z.B. einer Bildungsstufe klar ist, kann es dann der Schule frei gestellt werden, wie sie Deutsch als Zweitsprache organisiert.
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2.
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Ebenso kann in anderen Bereichen der Speziellen Förderung verfahren und den Schulen - z.B. entsprechend der Anzahl Schülerinnen und Schüler, evtl. verfeinert mit einem Sozialindikator - eine Lektionenpauschale z.B. für Legasthenie, Dyskalkulie, Begabungsförderung zugeteilt werden. Auch dies würde es wiederum ermöglichen, dass die Schulen ihre Angebote (curriculare Standards vorausgesetzt) frei gestalten können.
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3.
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Mit Lektionenpauschalen wird bereits heute die Integrative Schulung als Alternative zum Kleinklassenangebot geregelt.
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Ausgenommen bei Kleinstschulen, wäre es grundsätzlich möglich, auch im Volksschulbereich den Schulen Pro-Kopf-Beiträge zur Verfügung zu stellen (selbst mit Geldpauschalen). Die entscheidende Frage ist, was damit bezweckt und erreicht werden soll. Würde man beispielsweise wollen, dass jede Schule weitestgehend selber darüber bestimmen kann, wie sie ihren Unterricht organisiert (der Lehrplan würde nur die verbindlichen Standards, die Dauer einer Bildungsstufe in Jahren und die wöchentliche Unterrichtszeit der Schülerinnen und Schülern pro Jahr, vorgeben), so wäre zwingend, die Mittelzuteilung der Schulen über Geldpauschalen zu regeln. Es würde freilich immer noch von einer bestimmten Unterrichtsorganisation ausgegangen, die als Richtschnur für die Berechnung und Festlegung der Pauschale diente. Die Schulen hätten aber so die Möglichkeit, ganz andere Organisationsformen einzurichten.
Eine derart weitreichende Teilautonomie der Volksschulen sieht das neue Bildungsgesetz nicht vor (abgesehen von der Speziellen Förderung).
10. Gibt es in anderen Kantonen Modelle dieser Art?
Zunächst weist der Regierungsrat darauf hin, dass es im Volksschulbereich Schülerpauschalen inzwischen vor allem im Rahmen der gegenseitigen Abgeltung von Schulkosten zwischen den Kantonen gibt (z.B. RSA NW EDK).
Auf der Sekundarstufe II sind verschiedene Kantone dazu übergegangen, Bildungsangebote und ganze Schulen mit Leistungsvereinbarungen, die ganz oder teilweise auf Schülerpauschalen bzw. Bildungsangeboten und Anzahl Studierender beruhen, zu finanzieren (z.B. Kanton Basel-Landschaft im Bereich des KV): Die Leistungsvereinbarungen haben allerdings in der Schweiz in aller Regel nicht den Zweck, die Unterrichtsorganisation weitgehend freizugeben, sondern sollen vor allem die Qualitätsvorsorge und -sicherung der Bildungsangebote über Outcome-Standards und über deren interne und externe Evaluation verbessern helfen uns zu einer effizienteren Verwendung der von den Trägerschaften gewährten Mittel beitragen.
Im Volksschulbereich trifft man heute Schülerpauschalen vor allem - wie bereits weiter oben angeschnitten - bei den Zusatzangeboten an, mit deren Hilfe einzelne Schülerinnen und Schüler bzw. Schülergruppen mit besonderen Bedürfnissen unterstützt und gefördert werden. In der einen oder anderen Weise haben viele Kantone die Mittelzuteilung in diesem Bereich jedenfalls teilweise mit Pauschalen geregelt (Integrative Schulungsform, inzwischen fast überall auch bei der Begabungs- bzw. Hochbegabtenförderung, teilweise aber auch bei den Therapieangeboten für Legasthenie, Dyskalkulie und bei der Logopädie).
Eine neue Variante im Umgang mit Schülerpauschalen bahnt sich im Kanton Zürich an. Dort sieht das neue Bildungsgesetz vor, dass die Kantonsbeiträge an die kommunalen Trägerschaften der Volksschule (bis und mit Sekundarstufe I) in Zukunft über Schülerpauschalen entrichtet werden sollen. Es handelt sich dabei um ein NPM-Projekt, das vor allem auf einen effizienten Mitteleinsatz ausgerichtet sein dürfte. Das heisst, da nicht mehr Klassen oder Kurse oder Lehrer/innenstellen subventioniert werden, sondern Schülerinnen und Schüler, sind die Kommunen gehalten, die kantonalen Beiträge möglichst effizient und sparsam einzusetzen. Aus dem Gesetzestext geht klar hervor, dass entsprechende Regelungen äusserst kompliziert sind und auch mit Schülerpauschalen auf die Finanzkraft der Gemeinden und auf die Grösse der Schulen bzw. deren Schülerzahl Rücksicht genommen werden muss. Eine Schülerpauschale bei der kantonalen Subventionierung der Kindergärten und Primarschulen würde im Kanton Basel-Landschaft z.B. nur für diejenigen Gemeinden funktionieren, in denen es Jahr für Jahr eine bestimmte Anzahl von Schülerinnen und Schülern pro Bildungsstufe gibt. Alle Gemeinden, die unter dieser kritischen Zahl liegen, müssten zusätzliche Beitragsleistungen erhalten, z.B. wiederum in Form von Schülerpauschalen, die allerdings keine Kinder repräsentieren, jedoch dafür notwendig sind, dass Mehrjahrgangsklassen gebildet werden können.
Liestal, 5. November 2002
Im Namen des Regierungsrates
Die Präsidentin
Der Landschreiber
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