Vorlage an den Landrat
Geschäfte des Landrats || Parlament | Hinweise und Erklärungen |
Vorlage an den Landrat |
Titel: | Änderung des Steuer- und Finanzgesetzes vom 7. Februar 1974; Steuergesetzrevision 2002 | |
vom: | 19. März 2002 | |
Nr.: | 2002-085 | |
Bemerkungen: | Inhaltsübersicht dieser Vorlage || Verlauf dieses Geschäfts |
2. Erhöhung des Mietkostenabzugs
2.1. Einleitung
Die Besteuerung des Eigenmietwertes fällt im Kanton Basel-Landschaft aufgrund der Bestimmungen in der Kantonsverfassung und dem Steuer- und Finanzgesetz gemässigt aus. Die Besteuerung erfolgt deshalb nicht zu den gängigen Marktwerten, sondern durchwegs tiefer. Als Ausgleich dafür wird den Mieterinnen und Mietern ein Mietkostenabzug gewährt. Dieser Abzug ist als Sozialabzug ausgestaltet und beträgt derzeit Fr. 1000.- pro Person.
Im September 2000 fand auf Veranlassung der Eidgenössischen Steuerverwaltung eine neue Teilerhebung über die tatsächlichen Marktmieten von vergleichbaren Objekten (Einfamilienhäuser und Eigentumswohnungen) statt. Diese Erhebung zeigt aufgrund des neuen Zahlenmaterials, dass die Eigenmietwerte im aktuellen Zeitpunkt tiefer ausfallen als diejenigen der letzten Erhebung. Es rechtfertigt sich deshalb, die Höhe des Mietkostenabzugs neu zu überdenken und im Sinne des Gebots der rechtsgleichen Behandlung von Mietern und Wohneigentümern den aktuellen Verhältnissen anzupassen.
Ein ähnlich gelagertes Anliegen beinhaltet unter anderem auch die kantonale und formulierte Verfassungsinitiative "Gerechte Steuern für Mieterinnen und Mieter", die am 6. April 1998 eingereicht worden ist. Diese Initiative fordert einerseits eine rechtsgleiche Behandlung von Mietern und Wohneigentümern, andererseits verlangt sie insgesamt eine Streichung des Auftrags zur Förderung des selbstgenutzten Wohneigentums auf Verfassungsstufe. Die Initiative beschränkt sich also nicht nur auf die steuerliche Gleichbehandlung.
Ein erstes Vernehmlassungsverfahren , welches sich einzig auf die Erhöhung des Mietkostenabzugs konzentrierte, hat ergeben, dass eine Erhöhung des Abzugs allein keine Mehrheit finden kann. Es wurde vorgeschlagen, den Ausgleich insgesamt durch eine moderate Anpassung des Eigenmietwertes in Verbindung mit einer leichten Erhöhung des Mietkostenabzugs zu suchen; einzig eine solche Lösung könne - sowohl politisch betrachtet als auch im Sinne einer ausgewogenen rechtsgleichen Behandlung - zum Erfolg führen.
2.2. Rechtsprechung des Bundesgerichts
Die bundesgerichtliche Rechtsprechung hat aus Art. 4 der alten Bundesverfassung abgeleitet, dass Haus- und Wohnungseigentümer einen Eigenmietwert als Form von Naturaleinkommen versteuern müssen, damit eine verfassungswidrige Bevorzugung gegenüber den Mietern vermieden wird (BGE 123 II 9). Es ist jedoch zulässig, dass der Eigenmietwert tiefer festgelegt werden kann als der tatsächliche Marktmietwert. Dies wird unter anderem mit der geringeren Disponibilität in der Nutzung des Wohneigentums begründet; ferner wird die Selbstnutzung anderer Vermögenswerte ja auch nicht besteuert. Zulässig ist zudem das Anliegen, die Selbstvorsorge durch Eigentumsbildung fiskalisch zu fördern (BGE 124 I 193).
Das Bundesgericht hat hingegen eine zahlenmässige untere Grenze für die Besteuerung des Eigenmietwertes festgelegt: dieser muss in jedem Fall mindestens 60% des effektiven Marktwertes betragen (BGE 124 I 145 und 193). Verfassungswidrig ist demnach der gänzliche Verzicht auf die Besteuerung oder eine Besteuerung zu weniger als 60% des Marktwertes dann, wenn dies nicht mit ausgleichenden Massnahmen zu Gunsten der Mieter verbunden wird (BGE 116 Ia 321).
Die durch die Verfassung geforderte Gleichbehandlung von Mietern und Eigentümern lässt sich aber auch durch andere Lösungen verwirklichen, beispielsweise durch einen speziellen Wohnkostenabzug für die Mieter (BGE 123 II 9). Die im Kanton Basel-Landschaft geschaffene Lösung, wonach als Ausgleich für die unter 60% des effektiven Marktwertes gelegenen Eigenmietwerte ein Abzug für Mieter zugelassen wird, wurde vom Bundesgericht als verfassungsmässig beurteilt (BGE vom 16. Juli 1992; publ. in StR 47/1992, S. 599; bestätigt im Entscheid vom 2. März 1999; publ. in BStPra Bd. XIV, S. 440 ff.).
Der erwähnten bisherigen Rechtsprechung kann man entnehmen, dass die Verfassungsmässigkeit immer dann gewahrt bleibt, wenn die Differenz zwischen 60% des Marktwertes und dem darunter liegenden Eigenmietwert sich nicht zu Ungunsten der Mieter auswirkt. Diese Differenz muss deshalb mittels eines Mietkostenabzugs in derjenigen Höhe ausgeglichen werden, der insgesamt dem Wert der Differenz entspricht.
2.3. Neuberechnungen und Handlungsbedarf
Wie bereits dargelegt, wurde im September 2000 im Kanton Basel-Landschaft eine neue Erhebung über die Mietzinsen von vermieteten Einfamilienhäusern und Stockwerkeigentumswohnungen durchgeführt. Dabei wurden die Mieterträge von 254 Einfamilienhäusern und 116 StWE-Wohnungen aufgrund der Mietzinseinnahmen des Jahres 1998 ausgewertet. Auf der Grundlage dieser Erhebung wurde in der bereits erwähnten Vernehmlassungsvorlage eine Erhöhung des Mietkostenabzuges auf 1'500 Franken vorgeschlagen.
2.4. Finanzielle Auswirkungen
Um weitere Steuerausfälle zu vermeiden, führte die kantonale Steuerverwaltung in der Folge verschiedene EDV-gestützte Simulationsrechnungen durch. Mit unterschiedlichen Kombinationen der beiden Variablen "Erhöhung des Eigenmietwertes" und "Erhöhung des Mietkostenabzuges" wurde versucht, eine ertragsneutrale Lösung zu finden, bei der das Gleichgewicht bei der Steuerbelastung der Mieter und der Wohneigentümer möglichst gut erreicht wird. Dabei zeigte es sich, dass eine kombinierte Erhöhung der Eigenmietwerte und der Mietkostenabzüge dieser Vorgabe am besten zu entsprechen vermag. Insbesondere ergibt sich eine ertragsneutrale Lösung, wenn der Mietkostenabzug auf 1'250 Franken und gleichzeitig die Eigenmietwerte um 12% erhöht werden.
2.5. Volksinitiative vom 6. April 1998
Am 6. April 1998 wurde eine formulierte Verfassungsinitiative eingereicht. Die Initiative "Gerechte Steuern für Mieterinnen und Mieter" beinhaltet einerseits eine Festsetzung des Prinzips der rechtsgleichen Behandlung von Mietern und Eigentümern innerhalb der Kantonsverfassung. Andererseits zielt sie aber auch darauf ab, den Auftrag zur Förderung des selbstgenutzten Wohneigentums durch Kanton und Gemeinden aus der Kantonsverfassung zu streichen. Die Initiative beschränkt sich also nicht nur auf die steuerliche Behandlung, sondern geht deutlich einen Schritt weiter.
Die Förderung der Bildung von Privateigentum - und damit auch des selbstgenutzten Wohneigentums als Teil der Selbstvorsorge - hat sich insgesamt bewährt und sollte als Verfassungsauftrag nicht aufgegeben werden. Die relativ niedrige Eigentumsquote im Vergleich zu anderen Staaten verlangt geradezu nach einer Förderung der Eigentumsbildung auf Verfassungsstufe. Auch der Bund unternimmt bekanntlich diesbezügliche Anstrengungen. Man denke dabei etwa an die fördernden Massnahmen zum Erwerb oder zur Erhaltung von Wohneigentum innerhalb der beruflichen Vorsorge (Säulen 2 und 3a). Das Wohneigentum wird damit von Bundesrechts wegen als Teil der Vorsorge, die auf drei Säulen basiert, längstens anerkannt.
Gerade in der Förderung des selbstgenutzten Wohneigentums nimmt unser Kanton gesamtschweizerisch eine führende Stellung ein: die vor zehn Jahren eingeführten Massnahmen wie steuerlich begünstigtes Bausparen, kantonale Bausparprämie, reduzierte Besteuerung des Eigenmietwertes, keine Handänderungssteuer beim Erwerb von selbstgenutztem Wohneigentum etc. stehen auch oder besonders gerade Mieterinnen und Mietern offen, die Wohneigentum erwerben wollen. Mit der Streichung des Verfassungsauftrages dazu würde all diesen Massnahmen die rechtliche Grundlage im Kanton entzogen. Aus diesem Grund zielt die Initiative in die falsche Richtung und geht damit zu weit. Sie ist deshalb auch abzulehnen.
Da die rechtsgleiche Behandlung von Mietern und selbstnutzenden Wohneigentümern bereits durch höherrangiges Recht festgelegt wurde - das Rechtsgleichheitsgebot der Bundesverfassung sowie die dazu erfolgte konkretisierende Rechtsprechung durch das Bundesgericht -, erübrigt sich eine genaue Umschreibung innerhalb der Kantonsverfassung, ansonsten letztendlich jede Personengruppierung dort speziell aufgeführt werden müsste.
Diese bereits von Bundesrechts wegen gebotene rechtsgleiche Behandlung kann in unserem Kanton durch einen aktualisierten Mietkostenabzug gewährleistet werden, wie die bereits durchgeführten Berechnungen gezeigt haben. Mit der Erhöhung dieses Mietkostenabzugs im Zusammenspiel mit einer leichten Anhebung der Eigenmietwerte wird deshalb das steuerliche Anliegen der Initiative erfüllt.
2.6. Vernehmlassung ausschliesslich zum Mietkostenabzug
Das durchgeführte Vernehmlassungsverfahren hat insgesamt gezeigt, dass die befürwortenden und ablehnenden Meinungsäusserungen sich etwa die Waage halten. Vornehmlich in den Gemeinden ist man geteilter Ansicht, da aufgrund der verschiedenen Gemeindestrukturen es entweder einen höheren Eigentümeranteil, oder aber einen überwiegenden Mieteranteil hat. Die finanziellen Auswirkungen in der jeweiligen Gemeindekasse würden dementsprechend auch verschieden ausfallen, wenn der Mietkostenabzug erhöht werden soll. Deshalb schlossen sich viele Gemeinden der Vernehmlassung ihres Verbandes (VBLG) an, der eine gemischte Lösung durch eine moderate Erhöhung der Eigenmietwerte in Verbindung mit einer leichten Erhöhung des Mietkostenabzugs vorschlägt. Zwei Gemeinden haben sich zuerst befürwortend, nach der Stellungnahme des VBLG jedoch ablehnend vernehmen lassen. Dass ein entsprechender Handlungsbedarf aber bestehe, wurde vielerorts anerkannt. Vereinzelt wurde hingegen bemerkt, dass die Zeit für ein solches Vorgehen noch nicht reif sei, weil auf Bundesebene bekanntlich noch über einen Systemwechsel bei der Eigenmietwertbesteuerung debattiert werde.
Nachfolgend die Stellungnahmen in einem tabellarischen Überblick
Pro | Contra |
HEV | Mieterinnen- und Mieterverband |
FDP | VBLG |
SVP | CVP |
SD | SP |
20 Gemeinden | Freie Grüne Liste |
Diverse kleinere Verbände | 27 Gemeinden |
Gewerkschaftsbund |
Fortsetzung >>>
Back to Top