2002-85 (1)


1.1 Ausgangslage

Mit Vorlage 2002/085 unterbreitet der Regierungsrat dem Landrat unter dem Titel "Steuergesetzrevision 2002" ein Paket zur Änderung des Steuer- und Finanzgesetzes vom 7. Februar 1974 (SR 331).


Das Revisionspaket beinhaltet 5 materielle Änderungen des geltenden Steuer- und Finanzgesetzes und stellt die Reaktion auf einen vom Regierungsrat erkannten dringlichen Handlungs- und Anpassungsbedarf dar.


Gegenstand der vorliegenden Revision bilden kantonale Eigenheiten in folgenden Bereichen:


Mitauslösende bzw. zu -berücksichtigende politische Interventionen bilden die Volksinitiative des Mieterinnen- und Mieterverbands Baselland und Dorneck-Thierstein "Gerechte Steuern für Mieterinnen und Mieter" vom 6. April 1998 sowie zwei parlamentarische Vorstösse betreffend den Kinderabzug.


Mit Postulat 1992/249 ( Anhang 3.1 ) verlangte Peter Brunner (SD) noch unter dem damaligen Steuerregime in Bezug auf den Kinderabzug vom Steuerbetrag (von CHF 400) unter anderem dessen Anpassung an die Teuerung.


In seiner Motion 2001/283 ( Anhang 3.2 ) beantragte Roland Laube (SP), dass der erfolgte Übergang zu einem System des Kinderabzugs vom steuerbaren Einkommen (Anpassung aufgrund der Gesetzgebung zur Steuerharmonisierung) aus sozialpolitischen Überlegungen wieder rückgängig gemacht werden sollte. Dabei wurde ein Betrag von neu mindestens CHF 500 (vorher CHF 400) verlangt. Die Motion wurde vom Landrat mit deutlicher Mehrheit überwiesen.


Für Details zu den einzelnen Teilbereichen sei auf die Ausführungen in der Vorlage verwiesen.




1.2 Grad der Handlungsfreiheit


Der Landrat ist in seiner Entscheidfindung in den im Paket enthaltenen Revisionsteilen auf unterschiedliche Weise gebunden. Anders als bei den Anpassungen im Zusammenhang mit der Steuerharmonisierung (s. Vorlagen 1999/025/A/B) ist allerdings nicht von einer absolut zwingenden Bindung an die in der Vorlage der Regierung enthaltenen Revisionspunkte auszugehen.


Im Bereich Erhöhung des Mietkostenabzugs bzw. des Eigenmietwerts besteht aufgrund der Rechtsprechung des Bundesgerichts sowie der hängigen Volksinitiative ein rechtlicher Handlungszwang. Auf welche Weise die erforderliche Anpassung an die verfassungsmässigen Anforderungen erfolgt, ist dagegen nicht eindeutig vorgeschrieben.


In den Bereichen Krankheits-, Unfall- und Invaliditäts-kosten, freiwillige Zuwendungen für gemeinnützige oder öffentliche Zwecke und Kinderabzug besteht grundsätzlich Handlungsfreiheit. Allerdings ist die Anpassung dieser kantonalen Eigenheiten vor dem Hintergrund der aktuellen Finanzsituation und des mit dem Revisionsvorhaben insgesamt verbundenen Potentials zur Ertragssteigerung (1) ein Gebot im Sinne ausgeglichener Führung des Finanzhaushalts (vgl. § 129 Kantonsverfassung).




2. Kommissionsberatung


2.1 Einleitung


Die Finanzkommission behandelte die Vorlage an ihrer Sitzung vom 27. März 2002 in Anwesenheit der Herren Regierungsrat Adrian Ballmer, Finanzdirektor und Peter B. Nefzger, Steuerverwalter, von Frau Yvonne Reichlin, Finanzverwalterin und Herrn Roland Winkler, Leiter Finanzkontrolle.


Aufgrund der sich abzeichnenden Anträge betreffend die Höhe des Kinderabzuges vom Steuerbetrag wurde der Steuerverwalter eingeladen, insbesondere die konkreten Auswirkungen der Abzugshöhe auf die Steuerpflichtigen einerseits sowie anderseits auf die Steuereinnahmen darzulegen. Die präsentierten Erkenntnisse sind in Anhang 2 zusammengefasst.




2.2 Eintreten


Im Rahmen der Eintretensdebatte wurde speziell auf folgende Punkte hingewiesen:


Wie sich aus dem durchgeführten Vernehmlassungsverfahren ergibt, stellt die Vorlage einen Konsens dar, der mehrheitsfähig sein dürfte.


Die Beseitigung der aktuellen Ungleichbehandlung von MieterInnen gegenüber den HauseigentümerInnen ist als grundsätzlich positiv zu werten; die Volksinitiative gehe dabei allerdings zu weit.


Bei der Beschränkung des Abzugs der freiwilligen Zuwendungen wird insbesondere auf eine willkürfreie Praxis Wert gelegt, bei welcher regierungsrätliche Einzelfall-Entscheide über die Abzugsfähigkeit von Zuwendungen >10% gestützt auf geeignete Kriterien gefällt werden sollen.


Die Neueinführung eines Selbstbehalts bei den abzugsfähigen Krankheits-, Unfall- und Invaliditätskosten wird als nötig und sinnvoll erkannt (Ertragssteigerungspotential).


Der Übergang zum vorherigen System des Kinderabzuges stösst ebenfalls auf Zustimmung, wobei dessen betragsmässige Höhe als ausschlaggebender Punkt kontrovers ist.


Das Eintreten auf die Vorlage war grundsätzlich unbestritten und wurde einstimmig beschlossen.




2.3 Detailberatung


Anlässlich der Detailberatung entlang der zur Revision vorgesehenen Bestimmungen des Steuer- und Finanzgesetzes (vgl. die synoptische Darstellung, Anhang 1.1 ) wurden die nachfolgend genannten Punkte erörtert und Modifikationen vorgenommen (vgl. zu den Anträgen Anhang 1.2 ):




2.3.1 Eigenmietwert


§ 27ter Abs. 1,3,9 und 10


Zu § 27ter Abs. 3 wurden zwei Änderungsanträge gestellt, der eine betreffend die Limitierung der Kompetenz des Regierungsrates zur Erhöhung des Eigenmietwertes um maximal 10%, der andere betreffend den frühesten Zeitpunkt, ab welchem eine Modifikation der Eigenmietwerte möglich sein soll. Dieser sollte antragsgemäss vom Jahre 2005 in das Jahr 2008 verschoben werden.


Die Änderungsanträge führten zu folgendem Ergebnis:


2.3.1.1 Antrag auf Verschiebung Zeitpunkt:
://: Der Antrag wird zunächst mit 7:5 Stimmen und gestützt auf einen Rückkommensantrag nochmals mit 5:5 Stimmen und Stichentscheid des Präsidenten abgelehnt.


2.3.1.2 Antrag auf Streichung Maximalgrenze:
://: Der Antrag wird mit 8:4 Stimmen abgelehnt.


2.3.1.3 Im Zusammenhang mit § 27ter Abs. 9 und 10 wird die Problematik aufgeworfen, ob diese eigentumsfördernden Bestimmungen bundesrechtskonform seien. Nachdem die Frage vor dem Hintergrund der hängigen Gesetzgebungsarbeiten zur Steuerharmonisierung derzeit nicht verbindlich beantwortet werden kann, soll in Wahrnehmung der gesetzgeberischen Sorgfaltspflicht die Inkraftsetzung dieser Bestimmung davon abhängig gemacht werden, dass das Steuerharmonisierungsrecht des Bundes eine dementsprechende Regelung vorsieht oder zulässt.




2.3.2 Mietkostenabzug


§ 33 Buchstabe e (neu)


Es wird Antrag gestellt, als Übergangslösung für das Jahr 2002 (das Inkrafttreten der Gesetztesrevision ist auf 01.01.2003 konzipiert) in § 33 Buchstabe e (neu) einen Mietkostenabzug von CHF 1'500 zu gewähren.


://: Der Antrag wird mit 8:3 Stimmen bei 1 Enthaltung abgelehnt.




2.3.3 Kinderabzug


§ 34 Abs. 4, i.V.m. §§ 33 Buchstaben a und c


Es wird nach Einsicht in die von der Steuerverwaltung präsentierten Unterlagen betreffend Auswirkungen auf die Steuersubjekte und den Steuerertrag Antrag gestellt, den Kinderabzug vom Einkommenssteuerbetrag von CHF 500 (gemäss Vorlage) auf den im Vergleich zur heutigen Situation etwa ertragsneutralen Betrag von CHF 600 zu erhöhen.


://: Der Antrag wird bei 6:6 Stimmen mit Stichentscheid des Präsidenten angenommen.




3. Anträge


Die Finanzkommission beantragt dem Landrat


3.1 mit 6:1 Stimmen bei 5 Enthaltungen, die Änderung des Steuer- und Finanzgesetzes gemäss beiliegendem Entwurf zu genehmigen.


3.2 einstimmig, folgende politischen Vorstösse als erfüllt abzuschreiben:


3.2.1 Postulat Peter Brunner (SD) vom 9. November 1992 (1992/249)


3.2.2 Motion Roland Laube (SP) vom 22. November 2001 (2001/283).


3.3 mit 7:0 Stimmen bei 5 Enthaltungen, die Volksinitiative "Gerechte Steuern für Mieterinnen und Mieter" vom 6. April 1998 dem Stimmvolk mit dem Antrag auf Ablehnung zur Abstimmung zu unterbreiten.


Namens der Finanzkommission
Der Präsident: Roland Plattner-Steinmann


Reigoldswil, den 7. Mai 2002



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Fussnote: