Vorlage an den Landrat
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Vorlage an den Landrat |
Titel: | Drei kleine Revisionen des Landwirtschaftsgesetzes Basel-Landschaft | |
vom: | 5. März 2002 | |
Nr.: | 2002-059 | |
Bemerkungen: | Inhaltsübersicht dieser Vorlage || Verlauf dieses Geschäfts |
2. Revisionspunkt Entsorgung von Tierkörpern
Als Vorbemerkung sei hier angeführt, dass die nachfolgenden Erläuterungen doch sehr ausführlich sind und sich kaum kürzen lassen, obschon es fast allein um die gesetzliche Verankerung von Beitragsleistungen im Bereich der Entsorgung von Tierkörpern geht. Aber diese gesetzliche Verankerung bliebe unverständlich, wenn nicht das ganze Entsorgungskonzept miterläutert würde. Achtung: Aufgrund der Vernehmlassung und aufgrund eingehender Gespräche und aufgrund der Tierseuchenereignisse im Jahre 2001 wurde das zur Vernehmlassung unterbreitete Konzept der Schaffung von regionalen Sammelstellen zugunsten einer adäquaten Lösung verlassen.
2.1.1 Postulat Ritter
Mit dem Postulat Ritter (1999-017) "Schaffung von zentralen Kadaversammelstellen" (Anhang I) wurde am 29.4.1999 das Probleme in der Kadaverentsorgung im Gewichtsbereich von 80 bis 200 kg im Landrat aufgegriffen.
In der Folge wurde die Entsorgungssituation im Bereich der tierischen Abfälle einer eingehenden Prüfung unterzogen.
Diese Prüfung hat ergeben, dass Handlungsbedarf besteht bezüglich
- | einer zweckmässigen Infrastruktur für das Zwischenlagern tierischer Abfälle; |
- | der rechtlichen Regelung der finanziellen Beteiligung der Gemeinden und Tierhalter oder Tierhalterinnen an den Entsorgungskosten; |
- | der langfristig tierseuchenpolizeilich sicheren Entsorgung der tierischen Abfälle. |
2.1.2 Eidgenössische Gesetzgebung
Auf Stufe Bund ist die Entsorgung der tierischen Abfälle in der Verordnung vom 3. Februar 1993
(11)
über die Entsorgung tierischer Abfälle (VETA) geregelt.
Die VETA hält fest, dass
- | Schlachtbetriebe die Entsorgung der Schlachtabfälle sicherstellen und den Kantonen eine schriftliche Vereinbarung vorlegen müssen (Art. 16); |
- | die Kantone für eine zweckmässige Infrastruktur für das Sammeln und Zwischenlagern der tierischen Abfälle sorgen (Art. 18); |
- | die Kantone für die Entsorgung der tierischen Abfälle verantworltich sind, die nicht vom Inhaber entsorgt werden können (Art. 17); |
- | die Kantone die Entsorgung der tierischen Abfälle mit einer Entsorgungsfirma mittels einer Vereinbarung sicherstellen, sofern sie keine eigene Anlage betreiben (Art. 17); |
- | der Inhaber der tierischen Abfälle die Kosten der Entsorgung trägt (Art. 22); |
- | der Kanton die Entsorgungskosten anteilsmässig den Verursachern belastet, für die er die Entsorgung übernommen hat (Art. 22); |
- | der Kanton auf die vollständige Ueberwälzung der Entsorgungskosten verzichten kann, soweit dies im öffentlichen Intresse ist oder ein unverhältnismässiger administrativer Aufwand entsteht (Art. 22); |
- | die Kantone die Kostenbeteiligung der Gemeinden regeln (Art. 22); |
- | abweichende Regelungen auf kantonaler gesetzlicher Grundlage vorbehalten bleiben. |
2.1.3 Kantonale Gesetzgebung
Im Kanton Basel-Landschaft ist die Entsorgung der tierischen Abfälle in der Verordnung vom 2. Dezember 1997
(12)
über die Tierseuchenbekämpfung geregelt. Diese Verordnung löste die noch vom Landrat erlassene Verordnung vom 1. Februar 1971
(13)
über die Tierseuchenbekämpfung ab, als auf Bundesebene eine neue Tierseuchenverordnung erlassen worden war.
Die Bestimmungen über die Entsorgung der tierischen Abfälle wurden aus der alten Landratsverordnung mehr oder weniger übernommen. Der Umstand, dass gesetzlicher Regelungsbedarf im Bereich der Entsorgung der tierischen Abfälle bestand, wurde zu diesem Zeitpunkt nicht erkannt, obwohl gerade das neue Landwirtschaftsgesetz vorbereitet wurde.
2.1.4 Bestehende Organisation
Schlachtabfälle
Für die anfallenden Schlachtabfälle besteht von Seiten des Metzgermeisterverbandes Baselland eine vertragliche Vereinbarung mit einer Entsorgungsfirma. In einigen Gemeinden werden allerdings gewerbliche Schlachtabfälle über die Gemeindesammelstellen nach dem Verursacherprinzip entsorgt. Im Bereich der gewerblichen Schlachtabfälle besteht im Bezug auf die Entsorgung
kein Handlungsbedarf
.
Kadaver und übrige tierische Abfälle
Mit Ausnahme des Laufentals, wo in Laufen eine zentrale Sammelstelle für die Gemeinden des Laufentals betrieben wird, exisitiert in fast jeder Gemeinde eine Gemeindesammelstelle. Die Gemeindesammelstellen bestehen aus einem Kühlcontainer, in dem je nach anfallender Menge tierischer Abfälle Aluminiumgefässe mit 80 Liter Volumen Platz finden. In diesen Gebinden kann man problemlos Kleinkadaver deponieren, bei grösseren Kadavern geht das nicht mehr und diese müssen entsprechend zerlegt werden. Die tierischen Abfälle aus den Gemeindesammelstellen werden wöchentlich durch eine Transportfirma nach Basel in die städtische Tierkörpersammelstelle und dann von dort nach Bazenheid verbracht, wo sie dann zu einem brennbaren Zwischenprodukt verarbeitet und anschliessend verbrannt werden. Einzig die Sammelstelle Laufen wird von einer Entsorgungsfirma direkt bedient, weil dies durch die dort anfallende Menge an tierischen Abfällen gerechtfertigt ist.
Grosskadaver
Grosse landwirtschaftliche Nutztiere mit mehr als 200 kg Gewicht werden von einer Entsorgungsfirma direkt ab Hof sicher entsorgt.
Vertragliche Vereinbarung mit einem Entsorgungsbetrieb
Der Kanton selbst hat mit der GZM Lyss gemäss den Bestimmungen von Art. 17 VETA eine Entsorgungsvereinbarung abgeschlossen, die auch im Seuchenfall eine adäquate Entsorgung der tierischen Abfälle sicherstellt.
2.1.5 Bestehende Kostenstruktur
Einzelne Gemeinden wenden das Verursacherprinzip bei den tierischen Abfällen nicht an, andere Gemeinden überwälzen die Kosten, die ab der Sammelstelle Basel anfallen, andere Gemeinden überwälzen die Kosten vollumfänglich. Die Entsorgung von einem Kilo tierischer Abfälle kostet ab der Sammelstelle Laufen 55 bis 60 Rp., während die Entsorgung ab Basel-Stadt pro Kilo tierischer Abfälle einen Franken zuzüglich die Transportkosten nach Basel kostet. Der Preisunterschied ergibt sich daraus, dass die Tierkörpersammelstelle Basel Betrieb, Unterhalt und Amortisation entsprechend umlegt.
2.1.6 Probleme und Schlussfolgerungen
Die unterschiedliche Tarifpolitik in den Gemeinden hat zur Folge, dass in einigen Gemeinden, wo das Verursacherprinzip eingeführt worden ist, die Menge an tierischen Abfällen zurückgegangen ist, die Inhaber von tierischen Abfällen z.T. die Sammelstellen von den Gemeinden aufsuchen, die das Verursacherprinzip nicht kennen und speziell innerhalb der Landwirtschaftskreisen ein Unbehagen besteht, weil für die Entsorgung eines Kadavers aus dem landwirtschaftlichen Sektor unterschiedliche Preise gelten. Andererseits häufen sich Meldungen, dass illegal tierische Abfälle im Freien deponiert werden und es mussten schon Verzeigungen gemacht werden.
Aus den bestehenden Strukturen müssen folgende Schlussfolgerungen gezogen werden:
- | Die bestehende Entsorgungsinfrastruktur ist nicht in allen Teilen zweckmässig. So müssen insbesondere Kadaver im Gewichtsbereich von 80 - 200 kg zerlegt werden, damit diese in den 80 Litern Gebinden Platz finden. Dies ist aus gesundheitlichen und tierseuchenpolizeilichen Erwägungen inakzeptabel, weil sich die Person, die den Kadaver zerlegen muss, mit Krankheitserregern anstecken kann oder aber es besteht die Gefahr, dass grössere Mengen an Tierseuchenerregern durch austretendes Blut verbreitet werden. Gemäss Art. 17 Abs. 1 VETA hat der Kanton hier für geeignete Infrastruktur zu sorgen. |
- | Die Kostenregelung der in den Tierkörpersammelstellen anfallenden tierischen Abfällen muss so gelöst werden, dass die Entsorgungskosten nicht derart hoch sind, dass andere Entsorgungswege gesucht werden und dass keine Rechtsungleichheiten entstehen; nur so kann langfristig die Entsorgungssicherheit gewährleistet werden. |
- | Es besteht im Moment keine gesetzliche Grundlage, welche die Gemeinden zum Betrieb einer Gemeindesammelstelle verpflichten kann. Jedoch haben die Gemeinden diese Aufgabe aufgrund der alten, landrätlichen Tierseuchenverordnung schon bisher wahrgenommen. Mit der Aenderung des LG BL soll nun die kantonale gesetzliche Grundlage geschaffen werden, die einerseits die Pflichten der Gemeinden umschreibt und andererseits deren finanzielle Beteiligung an den Entsorgungskosten gemäss Art. 22 Abs. 4 VETA regelt. Der Beitrag an die Entsorgung tierischer Abfälle der Nutztierbesitzer und -besitzerinnen ist ebenfalls gesetzlich zu regeln. |
2.1.7 Lösungen
Die Lösungen haben sich aus der Vernehmlassung und intensiven Gesprächen mit allen Interessengruppen ergeben. Daher wird hier das Resultat der Vernehmlassung angeführt und nicht mehr der ursprüngliche Vorschlag des Regierungsrates der regionalen Sammelstellen
Es ist davon auszugehen, dass:
a. | die Gemeinden die Gemeindesammelstellen weiterhin betreiben wollen; |
b. | Kadaver im Gewichtsbereich 50 bis 200 kg mit entsprechender Kostenfolge direkt ab Hof entsorgt werden können; |
c. | bei der Tierkörpersammelstelle Basel-Stadt eine Kostenoptimierung möglich und somit die Entsorgung der tierischen Abfälle via Basel-Stadt wirtschaftlich sinnvoll ist; |
d. | und der Verband basellandschaftlicher Gemeinden bei der Tarifgestaltung bei den Gemeindesammelstellen auf die Gemeindeautonomie verweist und eine Beteiligung bei den anfallenden Kosten beim Teilverursacherprinzip ablehnt. |
e. | Unabhängig vom Vernehmlassungsverfahren haben die im Zeitraum Februar bis September aufgetretenen Ereignisse in England, Frankreich und Holland mit der Maul- und Klauenseuche mit allein in England 5.7 Mio getöteten Tieren und geschätzten Kosten von rund 2 Billionen Pfund den Regierungsrat bewogen, der Seuchensicherheit bei der Entsorgung tierischer Abfälle höchste Priorität einzuräumen . |
ad a:
Da die Gemeinden die Gemeindesammelstellen für Tierkörper und andere tierische Abfälle weiterhin betreiben wollen, die Kantone jedoch aufgrund von Art 16 VETA
(14)
für eine zweckmässige Infrastruktur besorgt sein müssen und auch die Kostenbeteiligung der Gemeinden zu regeln haben (Art. 22 VETA), sieht der Regierungsrat in einem neuen
§ 23a
vor, dass die Gemeinden Gemeindesammelstellen für Tierkörper und andere tierische Abfälle errichten und betreiben (Abs. 1); da aber noch andere Entsorgungswege bestehen (Entsorgung ab Hof, Schlachtabfälle), muss dafür die entsprechende Regelungskompetenz geschaffen werden (Abs. 2).
ad b und c:
Die Idee der regionalen Sammelstellen für Tiere im Gewichtsbereich von 50 bis 200 kg wird fallengelassen.
Die Hofabfuhr dieser Tierkadaver ist logistisch möglich und auch der Aspekt der Seuchensicherheit kann vollumfänglich abgedeckt werden.
Die Möglichkeit einer zentralen Sammelstelle im Kanton Basel-Landschaft wurde abgeklärt und es wird festgestellt, dass deren Betriebskosten gleich hoch wären wie die optimierten jährlichen Betriebskosten der Sammelstelle Basel-Stadt.
ad d:
Der Regierungsrat misst der Gemeindeautonomie hohe Bedeutung zu und tangiert diese nicht leichtfertig. Auf der anderen Seite hat der Kanton gemäss Art. 9 des eidgenössischen Tierseuchengesetzes
(15)
vom 1. Juli 1966 den Auftrag, alle Massnahmen zu treffen, die nach dem jeweiligen Stand der Wissenschaft und Erfahrung angezeigt erscheinen, um das Auftreten und die Ausdehnung einer Tierseuche zu verhindern. Wir verweisen im Folgenden auf die unter ad e gemachten Ausführungen.
ad e:
Der seuchensicheren Entsorgung von Tierkörpern und anderen tierischen Abfällen kommt höchste Priorität zu. Diesem Grundsatz stimmen alle Vernehmlassungsteilnehmer zu. Die Sicherheit ist insbesondere dann gegeben, wenn einerseits eine zweckmässige Infrastruktur angeboten wird (was mit der weiter oben angeführten Lösung gegeben sein wird) und sichergestellt ist, dass nicht aufgrund von Kostenfragen andere Entsorgungswege gesucht werden. Der Regierungsrat ist der Ueberzeugung, dass in Bezug auf die Seuchensicherheit auf der präventiven Seite alles getan werden muss, um mögliche Risiken auszuschalten. Eine Kostenbeteiligung von Kanton und Gemeinden an die Entsorgung von Tierkörpern und anderen tierischer Abfälle ist eine Investition in die Tierseuchenprophylaxe, die kalkulierbar ist - ganz im Gegensatz zu den Kosten für eine allfällige Seuchenbekämpfung, die im Fall von hochansteckenden Seuchen sehr rasch exorbitant hoch sein werden.
Vor diesem Hintergrund hält der Regierungsrat an seinem Vorschlag fest, dass für Kleinkadaver aus Privathaushaltungen und aus der Landwirtschaft, soweit diese noch über die Gemeindesammelstellen entsorgt werden (einzelne tote Ferkel, einzelne Hühner, einzelne Schafe) keine Gebühren erhoben werden dürfen. Für die Tierkörperbeseitigung ab Hof soll das Teilverursacherprinzip angwandt werden. Weiterhin sollen Gebühren erhoben werden können für die übrigen gewerblich anfallenden tierischen Abfälle wie für Schlachtabfälle, Kadaver aus Tierarztpraxen und anderweitige Grosskadaver wie z.B Pferde. Die durch die Entsorgung von Kadavern im Gewichtsbereich von 50 bis 200 kg anfallenden Entsorgungskosten (Kostenrahmen 135'000 Fr.) sollen zu gleichen Teilen zwischen den Tierhaltern (Erhöhung des Beitrages in die Tierseuchenkasse um 2 bis 2.5 Fr. pro Grossvieheinheit), dem Kanton (Erhöhung des Beitrages in die Tierseuchenkasse um 45'000 bis 50'000 Fr.) und den Gemeinden (Anteil pro Gemeinde direkt proportional zu den in der Gemeinde gehaltenen Grossvieheinheiten) aufgeteilt werden
(§ 23b
). Eine Aufteilung nach Einwohnern ist in diesem Kontext nicht gerechtfertigt, weil sonst die Gemeinden mit viel Einwohnern, aber geringem Viehbestand, die Entsorgung in den viehreichen Gemeinden querfinanzieren würden.
Aufgrund der Hofabfuhr werden in den Gemeinden wesentlich weniger Tierkörper und andere tierische Abfälle anfallen (140 statt 190 Tonnen jährlich) und es werden weiterhin die Entsorgungsmengen nach Gemeinde erfasst werden. Tierische Abfälle sind Spezialabfälle, insbesondere die Tierkörper. Sie lassen sich durch die Anwendung des Verursacherprinzips nicht wie die Siedlungsabfälle minimieren (Heimtiere werden unabhängig von ihrem späteren Tod als Lebewesen angeschafft und die Halter von landwirtschaftlichen Nutztieren halten diese zur Milch- bzw. Fleischproduktion). Um den Befürchtungen entgegenzutreten, die Kosten für die tierischen Abfälle (soweit diese nicht nach dem Verursacherprinzip [Schlachtabfälle] bzw. Teilverursacherprinzip [landw. Nutztiere] abgegolten werden) würden die Abfallsackgebühren erhöhen und vor dem Hintergrund, dass es sich primär um eine tierseuchenpolizeiliche Frage handelt, beabsichtigt der Regierungsrat die tierischen Abfälle aus der kommunalen Abfallrechnung herausnehmen und die Verordnung vom 24. November 1998 über den Finanzhaushalt und das Rechnungswesen der Gemeinden (Gemeindefinanzverordnung) entsprechend anzupassen und die tierischen Abfälle über allgemeine Steuermittel finanzieren lassen.
Die Neuregelung hat keine personellen Auswirkungen. Nach wie vor haben die Gemeinden gestützt auf die Tierseuchengesetzgebung einen Wasenmeister zu bezeichnen, der die Sammelstellen für Tierkörper und andere tierische Abfälle betreut.
Fortsetzung >>>
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Fussnoten: