2002-127
Bericht Nr. 2002-127 an den Landrat |
Bericht der:
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Petitionskommission
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vom:
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28. Mai 2002
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Titel des Berichts:
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Petition des VPOD BL Gruppe Gesundheit KPD vom 22. November 2001 "für mehr Qualität im Gesundheitswesen"
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Bemerkungen:
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I. Inhalt der Petition
Im Rahmen eines Aktionstages wurden am 14. November 2001 an verschiedenen Orten der Schweiz ähnliche Petitionen eingereicht. Die hier vorliegende mit Datum vom 22. November 2001 unter dem Titel "Für mehr Qualität im Gesundheitswesen" stammt insbesondere von der "Gruppe Gesundheit KPD" des VPOD. Die vorgebrachten Anliegen betreffen die Arbeitsbedingungen der Mitarbeitenden in den Spitalberufen, insbesondere aber des Kantonalen Psychiatrischen Dienstes Baselland.
Der Text lautet wie folgt:
In den neunziger Jahren nahm die Arbeitsintensität enorm zu. Kombiniert mit dem Personalstop führte dies zu chronischen Überbelastungen weiter Teile des Personals, was sich heute negativ im Gesundheitswesen auswirkt. Das Gesundheitspersonal wird seit Jahren überbeansprucht. Viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter steigen nach wenigen Jahren aus ihrem Beruf aus. Dies führt zum Verlust von gut ausgebildetem und erfahrenem Personal. Die Besoldungsrevision hat auch nicht die erhoffte Gleichbehandlung der Gesundheitsberufe gebracht. Dieser Entwicklung muss mit klaren Verbesserungen entgegengewirkt werden. Wir fordern:
1.
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Zusätzlich eine Woche Ferien.
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2.
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Vollen und automatischen Teuerungsausgleich.
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3.
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Kostengünstige Kinderbetreuungsplätze.
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4.
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Gerechte Lohneinstufung für Pflegeberufe.
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II. Anhörung einer Vertretung der Petenten
Nachdem die Petenten im Besitz der schriftlichen Stellungnahmen der Finanz- und Kirchendirektion sowie der Volkswirtschafts- und Sanitätsdirektion waren, wurde eine Delegation bestehend aus Frau Luzia Kilchmann und Herrn Thomas Brand zu einer persönlichen Anhörung empfangen. Diese fand am 26. März 2002 statt.
Eingangs wiesen die Delegierten allgemein darauf hin, dass die Kantonale Psychiatrische Klinik chronisch und bis zu 30% überbelegt sei. Gleichzeitig mache sich aber auch der rückläufige Personalbestand bemerkbar, weshalb das Pflegepersonal überlastet sei und die Arbeitsmoral leide. Die Zahl der Eintritte habe seit 1995 stetig zugenommen, leider aber auch das Gewaltpotenzial gewisser Patienten. Unter diesen Umständen werde es immer schwieriger, die zahlreichen Abgänge an qualifiziertem Pflegepersonal zu ersetzen. In den Kantonen Aargau und Zürich wären die Arbeitsbedingungen besser, weshalb eine Abwanderung des Personals dorthin zu beobachten sei. Angeblich sucht unser Kanton sogar Personal per Inseraten in Osteuropa. Würden die Arbeitsbedingungen verbessert, dann könnte wieder vermehrt Schweizer Personal gewonnen werden und gleichzeitig resultierte daraus mehr Qualität im Gesundheitswesen.
Bezüglich der Forderung nach einer Woche mehr Ferien gehen die Petenten mit der Meinung der Finanz- und Kirchendirektion nicht einig. Es sei nicht einzusehen, weshalb die Arbeitsbedingungen für das gesamte Personal des Kantons einheitlich gestaltet sein müssten. Eine zusätzliche Ferienwoche wäre für das Spitalpersonal durchaus gerechtfertigt. Zur Forderung eines vollen und automatischen Teuerungsausgleichs wurde argumentiert, dass die Pflegeberufe in den letzten zwanzig Jahren einen stetigen Reallohnabbau hätte hinnehmen müssen und die jährlich gewährte Lohnerhöhung von 1% für höhere Erfahrungsstufen dürfte nicht in die Berechnung einbezogen werden. Auch wurde es als ermüdend empfunden, dass der Teuerungsausgleich beim Staat jedes Jahr von neuem diskutiert werden müsse.
Im Gegensatz zur Meinung der FKD sollten nicht die Gemeinden, sondern die Arbeitgeber für die Bereitstellung kostengünstiger Kinderbetreuungsplätze verantwortlich gemacht werden. Eine grosse Zahl der in den Pflegeberufen tätigen Frauen seien allein erziehende Mütter. Eine früher existierende Kinderkrippe für das Personal des Kantonsspitals wurde angeblich aus unerklärlichen Gründen wieder geschlossen. Bezüglich Lohnforderungen wurde bemängelt, dass die wichtigsten Anliegen der Petenten in der Paritätischen Kommission nicht hätten eingebracht werden können. Es seien auch keine Quervergleiche vorgenommen worden.
III. Stellungnahme der Finanz- und Kirchendirektion
Nachdem die FKD ihre Stellungnahme schriftlich abgegeben hatte, erschienen ebenfalls am 26. März 2002 der Personalchef des Kantons Basel-Landschaft, Herr Christoph Bucher, sowie die Leiterin der Arbeitsbewertung/Lohnsystem, Frau Béatrice Krebel zu einer Anhörung. Herr Regierungsrat Adrian Ballmer war aus terminlichen Gründen kurzfristig verhindert. Generell, so wurde erklärt, sei das Personalrecht in den letzten Jahren revidiert worden. Insbesondere wurden dazu neue Arbeitsmodelle (z.B. Jahresarbeitszeit) entwickelt, die den Mitarbeitenden mehr Flexibilität ermöglichen. Vorschläge zur Änderung der Arbeitsbedingungen würden in den regelmässig stattfindenden Verhandlungen unter den Sozialpartnern auch innerhalb der Spitalbetriebe diskutiert. Der VPOD, dessen Gruppe Gesundheit KPD die Petition eingereicht hat, sei Mitglied der Arbeitsgemeinschaft der Baselbieter Personalverbände.
Es wurde betont, dass bei der Forderung nach mehr Ferien alle Mitarbeitenden des Kantons gleich behandelt werden müssten, zudem sei eine Reduktion der Arbeitszeit im Rahmen der Verabschiedung der Teilrevision des Lohnwesens am 8. Juni 2000 vom Landrat abgelehnt worden. Es wurde auch darauf hingewiesen, dass die in unserem Kanton zu leistende Arbeitszeit (inkl. Ferienanspruch) den Angeboten anderer öffentlicher Arbeitgeber entspreche und bezüglich Teuerungsausgleich wurde auf den jeweiligen Antrag des Regierungsrates an den Landrat verwiesen. Der diesjährige Vorschlag bezifferte sich auf 0,6%, was dem Teuerungsindex vom Oktober 2001 entsprach. Als weitere Beurteilungsgrössen zur Bestimmung von Lohnanpassungen wurden die finanzielle Situation des Kantons und die wirtschaftliche Entwicklung im Umfeld angegeben. Bei guten Leistungen erhalten zudem 75% der Mitarbeitenden auf Grund des Anstieges der Erfahrungsstufe zusätzlich 1% Reallohnerhöhung. Das Personaldekret sieht keinen automatischen Teuerungsausgleich vor. Die Konkurrenzfähigkeit der Arbeitsbedingungen im Kanton wird laufend beobachtet.
Mit Beschluss vom 11. April 2000 setzte der Regierungsrat unter Federführung der Erziehungsdirektion eine Arbeitsgruppe ein, die den Auftrag hatte, ein kantonales Gesamtkonzept für die Familienergänzende Kinderbetreuung (FEB-Konzept) zu skizzieren. Die Feststellungen in dem daraus resultierenden Bericht führten zum Beschluss des Regierungsrates, eine der Direktionen als "Familiendirektion" zu bezeichnen. Diese wird den Auftrag erhalten, eine entsprechende gesetzliche Grundlage zu erarbeiten, welche u.a. vorsieht, eine Fachstelle für familienergänzende Kinderbetreuung zur Beratung der Gemeinden, allfälliger privater Trägerschaften und des Kantons einzurichten. Hierbei wird im Sinn der Aufgabenteilung zwischen Kanton und Gemeinden davon ausgegangen, dass für die Einrichtung eines familienergänzenden Kinderbetreuungsangebotes die Kommunen zuständig sind.
Die Inhalte der Petition sind auf Grund o.e. Ausführungen entweder abzulehnen (Punkte 1 und 2) oder bereits Gegenstand materieller Prüfung (Punkte 3 und 4).
IV. Stellungnahme des Volkswirtschaft- und Sanitätsdirektion
In einer kurzen schriftlichen Stellungnahme schloss sich die VSD den Ausführungen der FKD an. Anlässlich einer persönlichen Anhörung durch die Kommission am 23. April 2002 äusserten sich aber noch die Herren Hans-Peter Ulmann, Verwalter der KPD, sowie Chefarzt Dr. Theodor Cahn. Anhand von Folien wurde erläutert, wie sich die Patientenzahlen, der Stellenplan und der tatsächliche Personalbestand bei den Kantonalen Psychiatrischen Diensten in den letzten Jahren entwickelt hatten. Beim Personalbestand wurde nach Pflegedienst, Ärztlichem Dienst und Zentralem Dienst unterschieden. Während der letzten fünf Jahre nahm die Nachfrage nach stationären und ambulanten Behandlungen zu, wie übrigens auch die Zahl der Pflegetage. Seit 1998 lag die Zahl der besetzten Stellen immer über den Vorgaben des Stellenplans. Dies war möglich, obwohl das Budget eingehalten und sogar der Staatsbeitrag gesenkt werden konnte. Grund dafür waren erwirtschaftete Erträge aus zusätzlichen Leistungen der KPD, welche in Stellen investiert wurden. Anhand dieser Ergebnisse wurde die Behauptung der Petenten entkräftet, dass der grösseren Nachfrage an der Kantonalen Psychiatrischen Klinik nicht mit einer Aufstockung von Stellen begegnet worden sei. Momentan sind lediglich fünf budgetierte Stellen im Pflegedienst unbesetzt.
An der KPD wird viermal jährlich eine Erhebung vorgenommen, welche den Stellenbedarf pro Patient ausweist. Die Resultate zeigen auf, dass die Kantonale Psychiatrische Klinik KPK diesbezüglich gut gefahren ist. Es ereignen sich aber jeweils Spitzentage, an denen das Personal unter grossem Druck steht, denn 70% der Eintritte sind Notfälle. Darum wird der Ruf nach Veränderungen von der Klinikleitung verstanden und es wird auch versucht, entsprechende Lösungen zu entwickeln. Im Vergleich mit den einzelnen Spitälern im Kanton weist die KPK gemäss Folie die tiefste Fluktuationsrate aus. Der Aussage, dass Personal im Osten rekrutiert werde, wurde vehement widersprochen.
Das grösste Problem in der Psychiatrie ist nach Darlegung Hans-Peter Ulmanns der erhöhte Platzbedarf. Deshalb wurde im Herbst 2001 eine vierte Akutabteilung mit 20 zusätzlichen Betten eröffnet. Seit Anfang 2002 ist die Akutabteilung aber bereits wieder überlastet, denn die Belegungsspitzen bewegen sich zwischen 109% und 125%. Erst nach dem Umbau der KPK wird die Situation entschärft sein. Der Baubeginn findet im November/Dezember 2002 statt. Während des Umbaus kann auf das Birmannspital ausgewichen werden. Ausserdem wird darüber nachgedacht, einen alterspsychiatrischen Dienst im Gebäude des heutigen Altersheimes einzurichten, wodurch an der Klinik weitere Akutbetten frei würden.
Auf die Frage nach einer zusätzlichen Ferienwoche erklärte Hans-Peter Ulmann, dass damit die Probleme des Personals der KPK nicht gelöst werden könnten. Seiner Meinung nach steht der Raummangel im Zentrum aller Probleme.
Zu den Lohnforderungen wurde erklärt, dass die Löhne in früheren Jahren höher gewesen seien als in anderen Kantonen, aber in der Zwischenzeit hätten jene aufgeholt. Dennoch sei nicht mit einer dramatischen Fluktuationsbewegung zu rechnen. Dem Anliegen für eine Kinderkrippe steht die Verwaltung positiv gegenüber und eine Mitarbeiterin wurde damit beauftragt, den Bedarf abzuklären. Es würde aber als sinnvoller erachtet, wenn die ganze Verwaltung in eine solche Lösung mit einbezogen würde.
V. Beratung in der Kommission
Es wurde erkannt, dass das Pflegepersonal vor allem im Psychiatriebereich grosse Probleme zu meistern hat, die den dafür zuständigen Stellen bekannt sind und auch bereits in Presseberichten ihren Niederschlag gefunden haben. Es wurde mit Besorgnis zur Kenntnis genommen, dass die Ursachen für den kontinuierlichen Anstieg akut depressiver und suizidgefährdeter Menschen in unserer kontaktarmen Gesellschaft zu suchen sind.
Obwohl der Eindruck entstanden war, dass die Delegation der Petenten die Überbelegung der KPK etwas dramatisiert hatten, stiess der Wunsch nach einer zusätzlichen Ferienwoche für das überlastete Pflegepersonal grundsätzlich auf Verständnis. Es war aber nicht einzusehen, wie zusätzliche Ferien die momentan bestehenden Probleme im Sinne von "mehr Qualität im Gesundheitswesen" lösen könnten, denn zusätzliche Freizeit müsste mit zusätzlichem Personal kompensiert werden, welches zuerst gefunden werden müsste. Unter Beachtung des Ferienangebotes in der Privatwirtschaft, wo fünf Wochen bald einmal zum Standard gehören, drängen sich jedoch Überlegungen in dieser Richtung auf. Ein Antrag aus der Mitte der Kommission, dem Pflegepersonal eine zusätzliche Ferienwoche zu gewähren, wurde mit 5:1 Stimmen abgelehnt.
Auf die Forderung nach einem automatischen und vollen Teuerungsausgleich soll nicht eingetreten werden, da diese de facto bereits erfüllt ist, wobei sich die Kommission den Ausführungen der Finanzdirektion anschliesst. Bezüglich der Lohneinstufungen wurde kein Handlungsbedarf festgestellt, weil diese bezüglich der Pflegeberufe momentan überprüft werden. Hingegen könnte der Standortvorteil des Kantons Baselland bezüglich Personalrekrutierung eindeutig verbessert werden, wenn den erwerbstätigen Müttern Kinderbetreuungsplätze angeboten werden könnten. Diesbezüglich erwartet die Kommission von der Regierung, dass sie die notwendigen Schritte einleitet und über den Stand der Dinge regelmässig Bericht erstattet. Bezüglich der Raumprobleme während der Umbauphase der KPK sollten seitens der Volkswirtschafts- und Sanitätsdirektion Massnahmen ergriffen werden.
VI. Antrag der Kommission
Die Petitionskommission beantragt dem Landrat, auf die Forderungen gemäss den Punkten 1, 2 und 4 für eine zusätzliche Ferienwoche, auf die Gewährung des vollen automatischen Teuerungsausgleiches und einer Reallohnerhöhung nicht einzutreten.
Das Anliegen nach der Schaffung kostengünstiger Kinderbetreuungsplätze soll im Sinne eines Postulates an die Regierung überwiesen werden.
Pratteln, den 28. Mai 2002
Namens der Petitionskommission:
Der Präsident: Heinz Mattmüller
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