2002-4 (1)


Die Interpellation von J. Halder hat folgenden Wortlaut:

"Das Amt für Umweltschutz und Energie des Kantons Basel-Landschaft (AUE) bestätigte in einem Artikel in der Basler Zeitung vom 17. Dezember 2001, dass die Verschmutzung des Grundwassers im Umfeld der Chemiemülldeponie Feldreben in Muttenz nicht beurteilt werden kann. Dies, weil die bestehenden Stellen zum Beobachten des Grundwassers nicht am richtigen Ort seien. Zudem, so die BaZ, sei nicht auszuschliessen, dass bei starkem Pumpbetrieb durch die Hardwasser AG verdrecktes Grundwasser aus dem Bereich der Feldrebengrube in einige Trinkwasserbrunnen der Hardwasser AG fliessen würde. Aus der Muttenzer Hard beziehen 100'000 Menschen aus der Stadt und Agglomeration Basel ihr Trinkwasser, so auch die Baselbieter Gemeinden Allschwil, Binningen und Birsfelden.


Der Kanton Basel-Landschaft beziehe sich seit 1957 auf den sogenannten Grundwasserberg: Dieser verdränge alles verschmutzte Grundwasser aus der Umgebung der Hard. Ob dem aber tatsächlich so ist, sei aufgrund mangelnder Untersuchungen und wegen der komplizierten Geologie im Südwesten der Hard mehr als fraglich.


Dass die Feldrebengrube eine Gefahr für die Trinkwasserfassungen in der Hard darstellt, weiss der Kanton Basel-Landschaft seit spätestens 1954. 1957 wurde der Brunnen der zwischen Deponie und Hard liegenden Florin AG verschmutzt. Damals floss das von Süden nach Norden. Seit die Hardwasser AG allerdings mehr Rheinwasser in der Hard infiltriert, als sie als Trinkwasser wieder heraufpumpt, fliesst das mit Rheinwasser verdünnte Grundwasser bei der Feldrebengrube eher in westliche bzw. nordwestliche Richtung ab, weshalb im Florin-Brunnen seit ca. 1957 80 % Rheinwasser abgepumpt wird. Dieser liegt zudem nicht mehr im Abstrombereich der Deponie, wie vor 1957, sondern eher im Zustrombereich. Trotzdem bezieht sich eine Studie der Firma Holinger von 994 beinahe ausschliesslich auf den Florin-Brunnen zur Beurteilung der Grundwasserverschmutzung . Sie tut dies zudem mit summarischen Analysen (DOC, AOX, Phenole), die wenig geeignet sind, die tatsächlich Grundwasserverschmutzung im Umfeld einer Chemiemülldeponie zu beurteilen. Aufgrund dieser fragwürdigen Daten erklärte ein Mitarbeiter des AUE 1996 der BaZ, bei der Feldrebengrube besteht keine Gefahr, seitdem gab es keine weitere Abklärungen mehr. Seit Sommer 2001 untersucht die chemischen Industrie (Novartis, Syngenta, Ciba SC) die Feldrebengrube. Bohrungen im Abstrombereich, der Deponie aber wurden bisher wiederum nicht ausgeführt. Dies obwohl den Firmen bekannt ist, dass die vorhandenen Stellen zum Beobachten des Grundwassers kein Urteil zulassen. Da die Firmen diese Untersuchungen zudem in eigener Sache veranlassen, ist deren Unabhängigkeit in Frage gestellt. Da die Rolle des Kantons bei den Chemimüllablagerung bzw. bei der nachherigen Abwägungen der Risiken für die Trinkwasserversorgung Hard nicht über alle Zweifel erhaben ist, ist die Glaubwürdigkeit des AUE als Aufsichtsbehörde ebenfalls in Frage gestellt. Glaubwürdige, unabhängige Untersuchungsergebnisse aber sind angesichts der Risiken für die benachbarte Trinkwasserbrunnen in der Hard von ausserordentlichem öffentlichen Interesse.


Ich frage deshalb den Regierungsrat und bitte um schriftliche Beantwortung:



Vorbemerkungen

Angesichts der langen Vorgeschichte der Feldreben-Grube und der Komplexität der Altlast-Thematik erscheint es im vorliegenden Fall angebracht, vor der Beantwortung der einzelnen Fragen kurz eine generelle Übersicht über die bisherigen Abklärungen und den gegenwärtigen Kenntnisstand zu geben.


Im Gebiet Feldreben (Gemeinde Muttenz) wurde etwa seit 1918 Kies ausgebeutet und später auch stellenweise der darunter liegende Muschelkalk abgebaut. Etwa seit den Vierzigerjahren wurden parallel zum Abbau auch Teilbereiche der Grube mit Abfällen aller Art wieder aufgefüllt. Dabei handelte es sich hauptsächlich um Aushub und Bauschutt, daneben gelangte aber auch Kehricht sowie in geringen Mengen Abfälle aus Chemiebetrieben und anderen Industrien zur Ablagerung. Der Anteil an Produktionsabfällen aus der chemischen Industrie wird auf ca. 1 bis 2% des gesamten Deponievolumens von rund 950'000 m 3 geschätzt. Bei der Feldrebengrube handelt es sich daher um eine - für die damalige Zeit typische - Mischdeponie mit einem gewissen Anteil an Problemabfällen. Dies im Gegensatz zu den später betriebenen Deponien Bonfol und Kölliken, bei denen praktisch ausschliesslich Sonderabfälle abgelagert wurden.


1957 wurde bei einer Brauchwasserbohrung auf dem Areal der Fa. Florin AG unmittelbar nördlich der Feldrebengrube eine massive Grundwasserverunreinigung festgestellt. Das Wasser wurde als farbig-trübe, mit flockig-weissem Ausfall und starkem Chemiegeruch beschrieben. Daraufhin erliess die Regierung ein Ablagerungsverbot für Industrieabfälle im ganzen Kanton (RRB Nr. 2702 vom 9.8.1957). Dieses Ablagerungsverbot wurde im Falle der Grube Feldreben vermutlich erst 1959 vollständig durchgesetzt. Die Restauffüllung bis 1967 erfolgte mit Aushub- und Bauschuttmaterial, und in den Siebziger- und Achtzigerjahren wurde das ehemalige Grubengebiet teilweise überbaut.


Die Brauchwasserfassung der Firma Florin wurde nach 1957 während Jahrzehnten als Sanierungsbrunnen genutzt, mit welchem das verunreinigte Grundwasser abgepumpt wurde. Die intensive Grundwassernutzung durch die Florin AG prägt auch heute das Grundwasserregime im ehemaligen Grubenbereich, ebenso wie die Grundwasseranreichung in der Hard. Durch den Überschuss bei der Versickerung fliesst das Grundwasser von der Hard in Richtung Feldrebengrube ab.


Nach der 1957 festgestellten Grundwasserverunreinigung wurden die Hydrogeologie und die Grundwasserqualität im näheren und weitern Umfeld der Grube Feldreben wiederholt und eingehend vom Amt für Umweltschutz und Energie (AUE) und von der Hardwasser AG untersucht, so in den Jahren 1957, 1972/73, 1979-81, 1993, und 1997/98. Diese Untersuchungen ergaben folgendes:


Trotz dieser Ergebnisse war es für Fachleute klar, dass aufgrund der komplizierten Hydrogeologie eine abschliessende Beurteilung der Belastungssituation voreilig wäre. Andererseits zeigten die Ergebnisse aber auch, dass keine Sofortmassnahmen zum Schutz des Grundwassers erforderlich sind und daher für die Behörden auch kein Anlass besteht, im Sinne einer Ersatzvornahme selber weitere Untersuchungen durchzuführen. Das Vorgehen richtet sich daher nach der Altlasten-Verordnung (AltlV vom 26.8.1998), nach der in der Regel die Inhaber des belasteten Standortes zu Abklärungen angehalten werden. Wie von der Altlasten-Verordnung in Art. 20 Abs. 2 vorgesehen, wurde im Falle der Grube Feldreben von Anfang an die chemische Industrie als Mitverursacher einbezogen.


Im letzten Jahr wurde im Einvernehmen mit der chemischen Industrie mit der sog. "Historischen Untersuchung" begonnen. Gleichzeitig wurde an den bestehenden Beprobungsstellen im Umfeld der Deponie das Grundwasser analytisch untersucht. Die Ergebnisse sind im Bericht des Projektteams vom 29. Januar 2002 zusammengefasst und öffentlich zugänglich.


Entsprechend den Vorgaben der Altlasten-Verordnung wird nun in einem nächsten Schritt ein detailliertes Pflichtenheft für die technischen Untersuchungen erarbeitet. Mit ergänzenden Bohrungen und einer vertieften Analytik soll die Emissionssituation der Grube möglichst genau erfasst und damit die Basis für eine Gefährdungsabschätzung geschaffen werden.


Zusammenfassend ist festzuhalten, dass bereits umfangreiche Untersuchungen durchgeführt wurden und ein ausgedehntes Messstellennetz besteht. Auch wenn bisher keine abschliessende Beurteilung der Belastungssituation erfolgen konnte, ist der Kenntnisstand bei der Grube Feldreben doch bedeutend besser als dies die Interpellantin darstellt.


Antwort auf die einzelnen Fragen von J. Halder






















Liestal, 26. Februar 2002


Im Namen des Regierungsrates
der Präsident: Schmid
der Landschreiber: Mundschin



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