Vorlage an den Landrat


2.7 Massgebendes Jahreseinkommen (§9)

2.7.1 Absatz 1


Die Definition des massgebenden Jahreseinkommens wird mehrheitlich begrüsst, insbesondere die Anrechnung von 20 Prozent des steuerbaren Vermögens zum massgebenden Einkommen (VBLG, Gemeinderäte Binningen, Birsfelden und Zeglingen, FDP, CVP, SP, KV BL und Graue Panther). Die Gemeinderäte Binningen und Birsfelden, der KV BL und die CVP begrüssen explizit auch die Möglichkeit der Alleinerziehenden, die Kinderunterhaltsbeiträge abzuziehen. Der FDP erscheint die Aufrechnung von Kinderabzügen für volljährige Kinder fragwürdig, weil materiell die Familie diese Ausgaben effektiv habe. Für die SP ist das massgebende Jahreseinkommen eine Bemessungsgrösse, die nicht überzeugt. Sie erachtet die Definition von § 9 nach wie vor als willkürlich. Insbesondere die Aufrechnung der Steuerfreibeträge bei Renten wird nicht unterstützt. Bei der Ermittlung des massgebenden Einkommens müssten aus der Sicht der SP z.B. auch Einzahlungen in die Säule 3a aufgerechnet werden. Die zu berücksichtigenden Aufrechnungen oder Verminderungen zur Berechnung des massgebenden Jahreseinkommens seien nicht sorgfältig festgelegt worden und bedürfen einer Überprüfung. Der Seniorenverband Nordwestschweiz bemängelt, dass die Streichung des Steuerfreibetrags von 7 000 bzw. 10 000 Franken eindeutig zu Lasten der älteren Generation fällt. Die Grauen Panther weisen darauf hin, dass die Rentenfreibeträge nun zum Einkommen gerechnet werden, womit die Steuerbelastung von Rentnerinnen und Rentnern in kleineren Schritten ohne grundsätzliche öffentliche Diskussion steige, was ein unangenehmes Gefühl der "Salamitaktitk" aufkommen lasse.


Der Regierungsrat nimmt diese Kritiken zur Kenntnis, sieht aber trotzdem von einer Änderung der Definition des massgebenden Einkommens ab. Diese wurde nämlich im Laufe der Revisionsarbeiten wiederholt sorgfältig überprüft und für die Zwecke der Prämienverbilligung als geeignet eingestuft. Hinsichtlich der Kinderabzüge ist unbestritten, dass die Familie materiell diese Ausgaben hat. Mit der Aufrechnung der Kinderabzüge für volljährige Kinder soll nur verhindert werden, dass die Familie einerseits steuerlich vom Abzug profitiert und - wegen dem dadurch reduzierten massgebenden Einkommen - gleichzeitig auch noch eine eine höhere Prämienverbilligung erhält.




2.7.2 Absatz 2


Aus der Sicht des Verwaltungsgerichts wäre zu verdeutlichen, dass auch rechtskräftige Steuerveranlagungen anderer Kantone genügen. Liegen nämlich Steuerdaten vor - auch wenn sie aus einem anderen Kanton stammen - muss der Anspruch einer versicherten Person nach Massgabe der basellandschaftlichen Bemessungsgrundsätze überprüft werden.


Der Regierungsrat hat dieses Problem erkannt und in der Verordnung über die Krankenver-sicherungsprämienverbilligung entsprechend geregelt.




2.7.3 Absatz 4


Die Kompetenzdelegation an den Regierungsrat vermag aus der Sicht des Verwaltungsgerichts nicht durchwegs zu befriedigen. In der Praxis des Versicherungsgerichts betreffend KVPV hat sich nämlich ein Personenkreis herauskristallisiert, dessen Grösse als erheblich zu qualifizieren ist, nämlich die Kinder, die das Mündigkeitsalter erreichen und in diesem Zeitpunkt noch über keine Steuerdaten verfügen. Das Verwaltungsgericht ist der Ansicht, dass insbesondere aufgrund der grossen Anzahl der betroffenen Versicherten, der Prämienverbilligungsanspruch mündiger Kinder ohne Steuerdaten auf Gesetzesstufe zu regeln sei. Der Rechtsdienst des Regierungsrates schliesst sich der Auffassung des Verwaltungsgerichts an.


Der Regierungsrat nimmt diesen Vorbehalt auf und schreibt die Grundzüge der Regelung für die erwähnte Personengruppe neu im Gesetz fest.




2.8 Veränderte Verhältnisse (§ 9a)


Die Gemeinderäte Binningen und Birsfelden beantragen, die Grenze von 20 Prozent gemäss Absatz 1 nicht absolut festzulegen, sondern für tiefere Einkommensverhältnisse nach unten anzupassen. Die SP erachtet es als ungenügend, dass personelle Veränderungen gemäss § 9a nur auf Gesuch hin berücksichtigt werden und beantragt, dass bei der Berechnung der jährlichen Prämienverbilligung die bei der Bearbeitung des Anspruchs aktuell verfügbaren persönlichen und familiären Verhältnisse berücksichtigt werden, was mit den bestehenden Vollzugsinstrumenten möglich sein müsste.


Die Möglichkeit, Gesuche um eine Neuberechnung der Prämienverbilligung zu stellen, ist vorgesehen für den Fall erheblicher Einkommenseinbussen. Der Regierungsrat erachtet 20 Prozent als erhebliche Veränderung und hält deshalb an dieser Grenze fest. Er will im Sinne der Gleichbehandlung auch an einem einheitlichen Wert für alle Personen festhalten. Weiter weist er auf den Vorteil für die Versicherten hin, dass dank dem Gesuchsverfahren die veränderten Verhältnisse bei der Berechnung der Prämienverbilligung früher berücksichtigt werden können als bisher. Der Regierungsrat hält deshalb auch an dieser Regelung fest.




2.9 Ausrichtung (§ 11)


Von Seiten der Gemeinden wird die Auszahlung der KVPV an die Versicherer beantragt, vor allem um die Gefahr der Zweckentfremdung zu minimieren (VBLG, Allschwil, Birsfelden, So-zialhilfebehörde Ormalingen, Münchenstein, VSO).


Der Regierungsrat hat Verständnis für den Wunsch der Gemeinden, die Beiträge in Zukunft an die Versicherer auszuzahlen. Er will aber die Beiträge weiterhin an die Versicherten auszahlen. Die Auszahlung an die Versicherer wurde im Rahmen der Revisionsarbeiten analysiert und aufgrund der folgenden Argumente verworfen. Erstens verursacht der Einbezug einer zusätzlichen Vollzugsstelle einen erheblichen Mehraufwand bei der Durchführung und der Koordination der Prämienverbilligung. Das Verfahren würde zum Beispiel dadurch verlangsamt, dass die Versicherer - nachträglich zur Arbeit der Ausgleichskasse - für jeden Versicherten die beantragten Beiträge registrieren und diese anschliessend von der Prämie in Abzug bringen müssten. Zweitens wäre die Mitarbeit der Krankenversicherer mit spürbaren Zusatzkosten verbunden. Die Versicherer müssten für ihren Verwaltungsmehraufwand entschädigt werden, weshalb ein Teil der für die Versicherten reservierten Beiträge verloren ginge. Vor allem aber ist es aus der Sicht des Regierungsrates ungerechtfertigt, wegen einer kleinen Minderheit von Zahlungsunwilligen, welche die Beiträge zweckentfremdet, die Prämienverbilligung aller Versicherten an die Versicherer auszuzahlen. Es erscheint angemessen, dass nur für die Minderheit der Zahlungsunwilligen die Auszahlung an den Versicherer erfolgt (§ 11b).




2.9.1 Absatz 3


Aus der Sicht des VBLG können Kleinbeträge, insbesondere wenn die KVPV an die Kran-kenversicherer ausbezahlt werden, statt gestrichen, jährlich ausgerichtet werden. Es wird gebeten, in jedem Fall "werden nicht ausgerichtet" in "werden jährlich ausgerichtet" zu korrigieren. Die Grenze für die jährliche Ausrichtung (nicht für das Streichen) soll höher angesetzt werden als im Entwurf. Der Gemeinderat Birsfelden, die Sozialhilfebehörde Ormalingen und der VSO sind der Auffassung, dass in Absatz 3 der Grenzwert von auszurichtenden Kleinbeträgen bei 60 Franken belassen werden sollte. Der FDP wiederum erscheint die beabsich-tigte Erhöhung auf 120 Franken pro Jahr angemessen.


Der Regierungsrat erachtet wegen dem unverhälnismässigen Verwaltungsaufwand für die Auszahlung von Kleinbeträgen die Erhöhung auf 120 Franken als vertretbar und verzichtet deshalb auf eine Änderung.




2.10 Anspruchsübergang (§ 11a)


Gelterkinden begrüsst diese neue und klare Regelung. Mit den §§ 11a und mit 11b wird aus der Sicht der FDP dem Missbrauch ein Riegel geschoben. Der KV BL ist mit dem Anspruchsübergang einverstanden. Der VBLG, der VSO, der Gemeinderat Birsfelden und die Sozialhilfebehörde Ormalingen sind der Auffassung, dass sich die §§ 11a und 11b erübrigen, wenn die KVPV an die Versicherer bezahlt werden. Allschwil bittet um Neuregelung im Sinn des Kommentars unter § 11.


Da der Regierungsrat an der Auszahlung der KVPV an die Versicherten festhält, bleibt die Regelung des Anspruchsübergangs unverändert.




2.11 Drittausrichtung (§ 11b)


Gelterkinden begrüsst diese neue und klare Regelung. Der KV BL ist mit der Drittausrichtung einverstanden. Der VBLG, der VSO, der Gemeinderat Birsfelden und die Sozialhilfebehörde Ormalingen sind der Auffassung, dass sich die §§ 11a und 11b erübrigen, wenn die KVPV an die Versicherer bezahlt werden. Allschwil bittet um Neuregelung im Sinn des Kommentars unter § 11. Der FDP erscheint der Zeitpunkt des Vorliegens eines Verlustscheines zu spät. Als mögliche Lösung erachtet sie eine Antragsmöglichkeit des Versicherers, wenn der Versicherte mit Prämienzahlungen mindestens 3 Monate in Verzug ist.


Um die Auszahlung der Prämienverbilligung von Zahlungsunwilligen zu beschleunigen, ändert der Regierungsrat diese Bestimmung dahin gehend, dass die Auszahlung erfolgen kann, sobald die Sozialhilfebehörde über die Bedürftigkeit der von den Versicherern gemeldeten Zahlungsrückstände entschieden hat.




2.12 Rückerstattungen (§ 13)


Wenn Kleinbeträge jährlich ausbezahlt werden, ist aus Sicht des VBLG auf 13 Absatz 2 zu verzichten.


Der Regierungsrat hält wegen den Bestimmungen über die Kleinbeträge gemäss § 11 Absatz 3 an der vorgeschlagenen Regelung fest.




2.13 Rechtspflege (§ 15)


Das Verwaltungsgericht regt an, dass im Sinne einer einheitlichen Ausgestaltung der kantonalen Rechtsmittel und damit auch der Rechtssicherheit die Frist für Einsprachen und Beschwerden im Bereich der Prämienverbilligung auf 10 Tage reduziert wird. Dafür kann der die Einsprache bzw. die Beschwerde führende Partei in analoger Anwendung beispielsweise von § 33 Abs. 3 des Verwaltungsverfahrensgesetzes eine Frist zur Begründung gewährt werden.


Im Sozialversicherungsrecht beträgt die Frist für Einsprachen und Beschwerden einheitlich 30 Tage. Für den Regierungsrat besteht deshalb kein Anlass, im EG KVG eine abweichende Regelung zu verankern.




2.14 Entschädigung (§ 17a)


Die vorgesehene Möglichkeit wird sehr begrüsst, den Gemeinden (und den Versicherern) die Verluste ganz oder teilweise zu entschädigen, die diese aufgrund der unklaren Rechtslage betreffend der Tragung des Prämien-Bonitätsrisikos erlitten haben. Der VBLG bittet darum, die Entschädigungsregelung verbindlich festzulegen und den genauen Zeitraum zu definieren, der mit Inkrafttreten des EG KVG vom 25. März 1996 und der Verordnung über den Zahlungsverzug von Krankenversicherten vom 24. September 1996 übereinstimmt. Der VSO will den zeitlichen Rahmen für die Entschädigung ebenfalls im Gesetz klar definieren, z.B. 1.1.1998 bis 31.12.2002. Die SP fordert, dass die Höhe der Aufwendungen für die Rückerstattung an die Gemeinden 1998 bis 2002 bis zur Beratung der Vorlage im Landrat abschliessend erhoben werden soll. Der Gemeinderat Münchenstein wirft ausserdem die Frage auf, ob die Rückvergütung durch den Kanton ausschliesslich aufgrund von Verlustscheinen erfolgt, oder ob Überweisungsaufträge ebenfalls akzeptiert werden. Der FDP wiederum erscheint es nicht notwendig, dass der Kanton den gesamten Verlust kompensiert. Zeitraum und Höhe der Entschädigung sollen wie vorgeschlagen durch den Regierungsrat bestimmt werden, wobei sie der Meinung ist, dass der Zeitraum nur so lange sein sollte, wie die Unsicherheit über die Tragung des Bonitätsrisikos zwischen Versicherern und Gemeinden bestand.


Der Regierungsrat lehnt eine abschliessende Regelung der Entschädigung der Versicherer und der Gemeinden auf Gesetzesstufe ab und will im Anschluss an die Inkraftsetzung des EG KVG über den zu entschädigenden Zeitraum entscheiden. Massgebend für die Entschädigung sind dabei die vorgelegten Verlustscheine.



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