2002-27 (1)
Bericht Nr. 2002-027 an den Landrat |
Bericht der:
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Volkswirtschafts- und Gesundheitskommission
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vom:
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6. Mai 2002
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zur Vorlage Nr.:
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Titel des Berichts:
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Änderung des Einführungsgesetzes vom 25. März 1996 zum Bundesgesetz über die Krankenversicherung (EG KVG)
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Bemerkungen:
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1. Entwurf: Einführungsgesetz zum Bundesgesetz über die Krankenversicherung (EG KVG) [PDF]
2. Entwurf: Dekret über den Prozentanteil am massgebenden Jahreseinkommen für die Prämienverbilligung [PDF] 3. Entwurf EG KVG [PDF] 4. Synopsis der Änderung EG KVG [PDF] |
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1. Organisation der Kommissionsberatung
Die Volkswirtschafts- und Gesundheitskommission hat die Vorlage anlässlich ihrer Sitzungen vom 8. und 22. März sowie vom 12. April 2002 beraten. Sie erhielt zudem am 6. Dezember 2001 eine eingehende Einführung in die anspruchsvolle Materie. Die Kommission wurde bei ihrer Beratung begleitet durch die Herren RR Adrian Ballmer, Daniel Schwörer, Fürsprecher FKD, Rudolf Schaffner, Leiter Sozialamt, Willy Baumann, Geschäftsleiter Sozialversicherungsanstalt und Lothar Niggli, akademischer Mitarbeiter FKD.
2. Zielsetzung und Inhalt der Vorlage
Mit der Prämienverbilligung in der Krankenpflegeversicherung (KVPV) werden die Prämien für die obligatorische Krankenpflegeversicherung von Personen in bescheidenen wirtschaftlichen Verhältnissen verbilligt. Im Kanton Basel-Landschaft regelt das Einführungsgesetz zum Bundesgesetz über die Krankenversicherung (EG KVG) aus dem Jahr 1996 die KVPV.
Mit der bestehenden Regelung können allerdings die neuen Anforderungen nicht vollständig erfüllt werden, die das revidierte Steuergesetz des Kantons und die veränderten Vorschriften des Bundes an die KVPV stellen. Es ist deshalb eine Anpassung an diese veränderten Rahmenbedingungen erforderlich. Mit einer Teilrevision des EG KVG, die auch politische Anliegen umsetzt, soll gleichzeitig die Situation der Bezugsberechtigten weiter verbessert werden.
Es ist keine grundlegende Umstellung des bestehenden EG KVG nötig, um die geänderten rechtlichen Rahmenbedingungen und die politischen Anliegen an die Verbilligungspraxis zu erfüllen. Das revidierte Gesetz übernimmt deshalb die grundlegenden Bestimmungen über die KVPV weitgehend unverändert. Die Beiträge sollen auch in Zukunft in der Regel direkt an die Versicherten ausbezahlt werden.
Es sollen weiterhin diejenigen Versicherten Anspruch auf eine Verbilligung haben, bei denen die Richtprämie einen bestimmten Prozentanteil des massgebenden Einkommens übersteigt. Wie bisher soll der Regierungsrat die Richtprämien jährlich neu festlegen, die für die Erwachsenen weiterhin mindestens 20 Prozent unter der kantonalen Durchschnittsprämie liegen. Der Landrat bestimmt in Kenntnis der Richtprämien den Prozentanteil wie bisher so, dass maximal die Hälfte der Kantonseinwohnerinnen und -einwohner eine Verbilligung erhalten kann. Der Prozentanteil soll per Dekret neu auf 6.25 Prozent angehoben werden, und der Regierungsrat beabsichtigt, die Richtprämien näher am kantonalen Prämiendurchschnitt festzulegen.
Es sollen im Jahr 2003 auch nicht mehr Mittel (94 Mio Franken) für die KVPV verwendet werden als im laufenden Jahr, was einer Ausschöpfungsquote von ca. 77% der Bundesbeiträge entspricht (im Jahr 2000 lag die Quote noch bei 58 Prozent). Diese kantonal budgetierten 94 Millionen Franken sollen aber neu so verteilt werden, dass die Versicherten mit tieferen Einkommen zu Lasten der Versicherten mit höheren Einkommen besser gestellt werden.
Die Gesetzesrevision sieht ausserdem die folgenden Verbesserungen vor:
- Die Versicherten sollen eine Neuberechnung der KVPV verlangen können, wenn im Vorjahr gegenüber der Steuerveranlagung Veränderungen des Einkommens um 20 Prozent eingetreten sind, oder wenn die Familienverhältnisse geändert haben (z.B. durch die Geburt eines Kindes). Im geltenden EG KVG war es nicht möglich, veränderte Verhältnisse bereits im Folgejahr zu berücksichtigen.
- Bisher erhalten Versicherte mit einem steuerbaren Vermögen in keinem Fall eine Verbilligung. Neu sollen Personen mit kleinerem Vermögen und geringem Einkommen ebenfalls eine KVPV erhalten können, indem 20 Prozent des steuerbaren Vermögens zum massgebenden Einkommen dazu gezählt werden.
- Wegen dem revidierten kantonalen Steuergesetz sind Kinderalimente neu zu versteuern. Damit die Alleinerziehenden deswegen nicht schlechter fahren als bisher, sollen die Kinderalimente bei der Berechnung der KVPV vom massgebenden Einkommen dieser Bezügerinnen und Bezüger wieder abgezogen werden können.
- Die Neuregelung des Zahlungsverzugs der Versicherten soll sicherstellen, dass die Prämienverbilligung von Zahlungsunwilligen - Versicherte, die keinen Anspruch auf Unterstützung durch die Sozialhilfebehörde haben, aber ihre Krankenversicherungsprämien trotzdem nicht bezahlen - an die Versicherer ausbezahlt werden kann, bevor ein Verlustschein vorliegt.
- Schliesslich sollen die Gemeinden und die Versicherer vom Kanton rückwirkend für die Verluste entschädigt werden, die sie wegen unbezahlten Prämien und Kostenbeteiligungen in der Vergangenheit erlitten haben. Massgebend sind die Verlustscheine. Der Regierungsrat soll dazu ermächtigt werden, die Verluste für einen von ihm zu bestimmenden Zeitraum ganz oder teilweise zu entschädigen.
3. Detailberatung
Die Diskussion über Änderungswünsche resp. Anpassung in der Ausrichtung der Prämienverbilligung ist vermutlich fast so alt wie das EG KVG selber. Die Volkswirtschafts- und Gesundheitskommission hat sich diesem Anliegen im Jahr 2000 an vier Sitzungen intensiv angenommen. Das bisherige Modell wurde eingehend hinterfragt, durchleuchtet und letztendlich weiterentwickelt und verfeinert. Als Ziele einer Revision wurde definiert: Stärkere Entlastung von Personen mit niedrigem Einkommen und Familien mit Kindern, Festlegen der Höchsteinkommen, Vermögenseinbezug zum Einkommen, Prüfung einer degressiven Gestaltung der Subventionsgrenze, Kostenneutralität, Jugendlichenprämie etc. Der Beratungsprozess hat ergeben, dass am bisherigen Modell festgehalten werden soll. Die VGK beschloss somit einstimmig Eintreten auf die Vorlage.
§ 8a Prozentanteil
Aufgrund der durch die Volkswirtschafts- und Gesundheitskommission anvisierten Zielwerte wird der im Dekret geregelte Prozentanteil neu auf 6,25 Prozent (seit 1998 4,25 Prozent) vom massgebenden Jahreseinkommen festgelegt. Sollte dereinst, wofür sich die Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit (SGK) des Ständerates aussprach, die Richtprämie auf maximal 8 Prozent des steuerbaren Einkommens festgelegt werden, dürfte dies für unseren Kanton keine allzu grossen Probleme verursachen. Der Kommission wurden Modellrechnungen mit einem Satz von 6, 6,5 und 6,75 Prozent unterbreitet. Dabei konnte festgestellt werden, dass die Auswirkungen auf die niedrigen Einkommenskategorien recht bescheiden sind. Bei einem Satz von 6% würden an 129'251 Personen total Fr. 99'266'109.- ausbezahlt, während bei einem Satz von 6,75% 114'114 Personen total Fr. 85'559'962.- erhalten würden. Mit dem nun vorgeschlagenen Satz von 6,25 Prozent kann der Anteil der Anspruchsberechtigten um 15'000 Personen gegenüber 2002 reduziert werden. Ein berechtigtes Anliegen, stieg dieser Anteil doch in den letzten Jahren kontinuierlich von 81'834 im Jahr 1996 auf 138'221 im Jahr 2002 an. Was die Wirksamkeit der vorgesehenen Prämienverbilligung betrifft, so darf erwähnt werden, dass der Anteil der Personen der Einkommenskategorie 0 - Fr. 5000.- an allen Begünstigten knapp 25 Prozent beträgt. Über 50 Prozent aller Leistungen gehen an Personen der Einkommenskategorien von 0 - Fr. 35'000.-.
§ 8b Jahresrichtprämie
Wegen der in den letzten Jahren massiv angestiegenen Prämien erhöht die Regierung die Richtprämie für Erwachsene von heute Fr. 155.- auf Fr. 175.- und für Kinder von Fr. 50.- auf Fr. 70.-. Die massive Erhöhung der Richtprämien für Kinder wurde explizit als gezielte Unterstützung der Familien vorgenommen. Neu muss auch eine Richtprämie für Jugendliche eingeführt werden, welchen bis anhin der (höhere) Erwachsenensatz angerechnet wurde. Bei der Kommissionsberatung ungeklärt blieb jedoch die diesbezügliche Richtprämie für das kommende Jahr. Ein zentrales Anliegen der Kommissionsminderheit war es, dass die Richtprämie sich an der Minimalprämie oder an der Durchschnittsprämie orientiere und nicht - wie im Gesetz definiert - "mindestens 20% unter dem kantonalen Prämiendurchschnitt" liegen soll. Die Kommission nimmt zur Kenntnis, dass der Regierungsrat bereit ist, sich näher an der Minimalprämie zu orientieren, jedoch für jede Person den Anreiz zum Wechsel in eine günstigere Versicherungsgesellschaft offen halten will. Letzteres Anliegen war in der Kommission unbestritten. Hingegen wird der Höhe der Richtprämie eine zentrale Rolle in Bezug auf die Entlastungswirkung der Prämienverbilligung beigemessen. Der VGK ein wichtiges Anliegen ist deshalb die Möglichkeit des Einbezugs der Kommission beim Festlegen der Richtprämien durch die Regierung. Die Kommission argumentiert, dass es für den Landrat im Sinne einer Feinsteuerung nur Sinn mache, wenn Richtprämien und Subventionsgrenze bei einer Veränderung gleichzeitig aufeinander abgestimmt würden. Die Regierung wehrt sich wegen dem gegebenen, sehr engen Zeitfenster zwischen Bekanntwerden der neuen Prämien und Auszahlung der Verbilligung gegen die Forderung, jede Änderung mit einer Vorlage an den Landrat begleiten zu müssen. Mit Genugtuung nimmt die VGK §5 Abs. 2 des Verordnungsentwurfs vom 5. April 2002 zur Kenntnis, der lautet: "Bei Änderungen der Richtprämien informiert der Regierungsrat die zuständige Kommission des Landrates".
Die alleinige Kompetenz für die Festlegung des Prozentanteils und der Jahresrichtprämie durch den Landrat war ein weiteres Anliegen aus der Kommission. Diesbezügliche Anträge sowie auch ein Kompromissvorschlag der Regierung wurden schliesslich deutlich zugunsten der Vorlagsvariante abgelehnt.
§ 9 Massgebendes Jahreseinkommen: neuer, eingeschobener Abs. 2
Für den Fall, dass mit der Steuergesetzesrevision (Vorlage 2002/075) der Kinderabzug am steuerbaren Einkommen zugunsten des pauschalen Abzugs vom Steuerbetrag geändert wird, benötigt dieser Paragraph einen diesbezüglichen Passus für die Aufrechnung der Abzüge für volljährige Kinder.
§ 11b Drittausrichtung
In Bezug auf eine generelle Ausrichtung der Prämienverbilligung direkt an die Versicherer wurde der VGK ein Arbeitspapier zur Verfügung gestellt, das einen Vergleich mit anderen Kantonen zum Inhalt hat. Argumente dafür waren, dass bei einem Nichtbezahlen der Versicherungsprämie ein grosser Schaden entstanden sein kann, bevor der Versicherer überhaupt das Problem erkannt hat und dass eine generelle Ausrichtung an die Versicherer auch die Verwaltungskosten senken kann. Dagegen spricht, dass, anders als heute in unserem Kanton praktiziert, aus zeitlichen und organisatorischen Gründen die Bezugsberechtigten nicht schon ab Januar von einer reduzierten Prämie profitieren könnten, die Prämienverbilligung deshalb auf z.B. 9 Monate aufgeteilt würde. Zudem könnten damit Spesenaufwändungen an die Krankenversicherer ausgelöst werden. Die Frage nach einer Kontrollmöglichkeit betreffend der korrekten Weitergabe der KVPV müsste ebenfalls gelöst werden. Aus der VGK wurde zudem argumentiert, dass eine solche Ausrichtung aus Gründen des Personenschutzes nicht wünschbar sei. Es erfolgte kein Änderungsantrag und die Kommission stimmte § 11b einstimmig zu.
§ 17a Entschädigung
Es wird angenommen, dass, ausgehend von unklaren gesetzlichen Bestimmungen, in unserem Kanton Verlustscheine und Ansprüche auf Verlustscheine von zwischen 2 bis 4 Mio Franken existieren. So erliess der Bund ein Versicherungsobligatorium und ging offenbar davon aus, dass alle "Zwangsversicherten" auch die Prämien bezahlen würden. Weil die Existenz Zahlungsunwilliger in der Bundesgesetzgebung leider nicht Eingang fand, ging der Bund davon aus, dass jene, die nicht bezahlen, bedürftig sind, und folglich der Krankenversicherer nach erfolgloser Mahnung diese Personen der örtlichen Sozialhilfebehörde meldet. In § 6 des geltenden Rechts legt der Regierungsrat fest, nach welchen Kriterien - nebst eines Verlustscheines - Versicherte für die ausstehenden Prämien und Kostenbeteiligungen als leistungsunfähig zu gelten haben. Das Problem mit den Zahlungsunwilligen jedoch blieb ungelöst. Mit dem neu formulierten § 6 "Zahlungsverzug der Versicherten" entsteht eine diesbezügliche klare Rechtslage. § 17a schafft nun die Möglichkeit, einen finanziellen Schlussstrich ziehen zu können.
4. Antrag
Die Volkswirtschafts- und Gesundheitskommission hat dem Einführungsgesetz zum Bundesgesetz über die Krankenversicherung (EG KVG) mit 11 Stimmen bei 2 Enthaltungen und dem Dekret über den Prozentanteil am massgebenden Jahreseinkommen für die Prämienverbilligung einstimmig zugestimmt.
Die VGK beantragt dem Landrat, dem beiliegenden Entwurf eines Einführungsgesetzes über die Krankenversicherung (EG KVG) sowie dem Dekret über den Prozentanteil am massgebenden Jahreseinkommen für die Prämienverbilligung die Zustimmung zu erteilen.
Muttenz, 6. Mai 2002
Im Namen der Volkswirtschafts- und Gesundheitskommission
Die Präsidentin: Rita Bachmann-Scherer
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