2002-1 (1)


1. Allgemeines

Die Vorlage nimmt das Anliegen von parlamentarischen Vorstössen und einer (inzwischen zurückgezogenen) Gemeindeinitiative auf und passt das Amtsvormundschaftswesen des Kantons den heutigen Gegebenheiten sowie den zwischenzeitlichen Gesetzesänderungen (Kindesrecht, Scheidungsrecht) an. Neben organisatorischen Veränderungen bringt die Vorlage eine Neuregelung der Finanzierung der Amtsvormundschaften zwischen dem Kanton und den Gemeinden, behält aber die bisherige Unterscheidung zwischen Fällen, die obligatorisch von den Amtsvormundschaften geführt werden und solchen, welche grundsätzlich in den Zuständigkeitsbereich der Gemeinden fallen und bloss fakultativ auf die Amtsvormundschaften übertragen werden können, bei.




2. Organisation der Kommissionsberatung


Die Justiz- und Polizeikommission (JPK) hat das Amtsvormundschaftsgesetz anlässlich ihrer Sitzungen vom 28. Januar, 4. März, 25. März, 22. April, 13. Mai und 27. Mai 2002 im Beisein von Regierungsrat Andreas Koellreuter, Stephan Mathis, Generalsekretär der JuPoMi und Franziska Vogel Mansour, Leiterin Zivilrechtsabteilung 1 der JuPoMi, beraten.




3. Eintreten


Eintreten auf die Vorlage blieb unbestritten.




4. Einteilung in obligatorische und fakultative Fälle der Amtsvormundschaft


Die in den §§ 2 - 4 geregelte Zuständigkeit der Amtsvormundschaft und der Mechanismus bei der Übertragung von Fällen wurde in der Kommission sehr eingehend diskutiert.




4.1 Kriterien für die Einteilung


Die im Gesetzesentwurf vorgesehene Einteilung der obligatorischen und fakultativen Fälle wurde aus dem geltenden Recht übernommen. Diskutiert wurde insbesondere die Frage, ob Kindesschutzmassnahmen nicht unter den obligatorischen Fällen der Amtsvormundschaften einzureihen seien. Aus den folgenden Überlegungen hat die JPK grundsätzlich die im Entwurf vorgesehene Einreihung belassen:




4.2 Gegenseitige Durchlässigkeit


Sowohl bisher als auch in Zukunft besteht die Möglichkeit, die nicht primär in den Zuständigkeitsbereich der Amtsvormundschaft fallenden Mandate mit Zustimmung der Justiz-, Polizei- und Militärdirektion (JuPoMi) auf die Amtsvormundschaften zu übertragen. Nicht zuletzt aufgrund der unter Ziff. 4.1 oben dargelegten Gründe kommt die JPK zur Überzeugung, die Starrheit des Systems auch bei den obligatorischen Fällen der Amtsvormundschaft behutsam aufzubrechen: Neu sollen auch Vormundschaften über Unmündige und Beistandschaften bei internationalen Adoptionen ausnahmsweise Sachverständigen im Sozialbereich ausserhalb der Amtsvormundschaften übertragen werden können und damit bei den Gemeinden verbleiben. Bedenken, bei solchen Entscheiden könnten sachfremde Motive mit einfliessen und der Ausnahmecharakter könne nicht überprüft werden, wird dadurch Rechnung getragen, dass der Verzicht auf die Übertragung eines solchen Mandats der Zustimmung der JuPoMi bedarf.


Eine weitere Durchbrechung der obligatorischen Fälle der Amtsvormundschaft besteht darin, dass die Möglichkeit geschaffen wurde, das Amt des Beistandes oder lediglich die Prozessvertretung des Kindes bei Vaterschaftsprozessen und Verfahren zur Wahrung des Unterhaltsanspruches von Unmündigen ebenfalls ausnahmsweise Anwälten bzw. Anwältinnen zu übertragen.




5. Entschädigungen und Kosten Trägerschaft


5.1 Bemessung der Entschädigungen


Gegenüber dem heute geltenden Recht, wonach die Kosten der Amtsvormundschaften je zur Hälfte vom Kanton und von den Einwohnergemeinden getragen werden, sieht die Vorlage eine Entschädigung pro Fallführung auf der Grundlage der jährlichen Kosten aller Amtsvormundschaften vor. Die JPK erachtet dieses Modell als nicht befriedigend, weil es dem Schwierigkeitsgrad und dem mit der Bearbeitung des Mandats verbundenen Aufwand nicht Rechnung trägt. Es führt tendenziell auch zu einer Benachteiligung von Gemeinden ohne ausgebauten Sozialdienst und setzt falsche finanzielle Anreize, indem es sich für Gemeinden mit einem eigenen Sozialdienst finanziell lohnt, die aufwändigen Fälle nach Möglichkeit den Amtsvormundschaften zu übertragen.


Umgekehrt stellt es keinen übertriebenen Verwaltungsaufwand dar, den mit der Mandatsführung verbundenen Aufwand zu erfassen, umso mehr als der Kanton ohnehin an der Einführung der Betriebsbuchhaltung arbeitet und eine vernünftig gehandhabte Leistungserfassung erwartet werden darf. Die JPK beschliesst einstimmig, die Entschädigung nach dem Aufwand, welcher mit der Amtsführung pro Kalenderjahr verursacht wird, zu bemessen.




5.2 Gegenseitige Entschädigungen?


Nachdem in der 1. Lesung ein Antrag, wonach nicht nur die Gemeinden den Kanton für von Amtsvormundschaften geführte fakultative Fälle zu entschädigen haben, sondern umgekehrt auch der Kanton für die ausnahmsweise nicht von der Amtsvormundschaft geführten Fälle die Gemeinden gleichermassen zu entschädigen habe, abgelehnt wurde, findet der gleiche Antrag im Rahmen der 2. Lesung eine Mehrheit. Während die Befürworter einer gegenseitigen Entschädigung auf Gleichbehandlung und Konsequenz auch bei der finanziellen Abgeltung hinweisen, befürchten die Gegner, diese Regelung könnte von den Gemeinden missbraucht werden, indem sie die Auslastung der eigenen Dienste optimieren und ihre Kosten auf den Kanton abwälzen könnten. Diese Bedenken haben dazu geführt, dass das unter Ziff. 4.2 oben erwähnte Zustimmungserfordernis der JuPoMi für obligatorische Fälle, welche nicht der Amtsvormundschaft übertragen werden, eingeführt wird.




6. Anträge


Die JPK beantragt dem Landrat


Lausen, den 5. Juni 2002


Im Namen der Justiz- und Polizeikommission
Der Präsident: Dieter Völlmin



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