2001-235 (1)


1. Ausgangslage

Mit Urteil vom 29. März 2000 hat das Verfassungsgericht des Kantons Basel-Landschaft die Bestimmung des Bürgerrechtsgesetzes, wonach die Bürgergemeindeversammlung über die Einbürgerung von ausländischen Staatsangehörigen zuständig ist, als verfassungsmässig höchst fragwürdig bezeichnet. Es hat jedoch vorderhand davon abgesehen die entsprechende Gesetzesbestimmung aufzuheben, weil dies primär in den Zuständigkeitsbereich des Gesetzgebers falle. Das Verfassungsgericht hat es abgelehnt, die Einbürgerung weiterhin als politischen Akt zu betrachten. Vielmehr handle es sich um einen Verwaltungsakt. Ein solcher müsse sich an den Grundrechten, insbesondere dem Willkürverbot, dem Diskriminierungsverbot und dem Rechtsgleichheitsgebot orientieren und justiziabel sein. Um die Verfassungskonformität überprüfen zu können, bedürfe es einer Begründung. Die Tatsache, dass die materiellen Gründe bei einem Entscheid einer Versammlung kaum feststellbar seien, würde die Frage aufwerfen, ob die Bürgergemeindeversammlung die geeignete Instanz sei, Einbürgerungen vorzunehmen.


Gestützt auf diesen Entscheid hat der Regierungsrat die sich aus dem summarisch zitierten Entscheid ergebenden gesetzgeberischen Konsequenzen gezogen und die Einbürgerung neu von einem politischen Akt in einen Verwaltungsakt transformiert. Im Kern ergeben sich dadurch folgende Änderungen:


- Bisher hat die Bürgergemeindeversammlung das Gemeindebürgerrecht verliehen, neu wird dafür der Bürger- bzw. Gemeinderat zuständig sein. Als Option können die Bürgergemeinden die Zuständigkeit an eine kommunale Einbürgerungskommission delegieren.


- Bisher hat der Landrat das Kantonsbürgerrecht an ausländische Staatsangehörige erteilt, neu ist dafür der Regierungsrat zuständig.




2. Organisation der Kommissionsberatung


Die Justiz- und Polizeikommission des Landrats (JPK) hat die Vorlage in Anwesenheit von Regierungsrat Andreas Koellreuter, Stephan Mathis, Generalsekretär JuPoMi, und Franziska Vogel Mansour, Leiterin Zivilrechtsabteilung 1 der JuPoMi anlässlich ihrer Sitzungen vom 12. November 2001, 3. Dezember 2001 und 28. Januar 2002 beraten. Im Rahmen ihrer Beratungen hat sie eine Delegation des Verbands Basellandschaftlicher Bürgergemeinden angehört.




3. Eintreten


Im Rahmen der Eintretensdebatte wird die Vorlage mehrheitlich begrüsst. Es sei erfreulich, dass der Regierungsrat nach dem Verfassungsgerichtsentscheid so rasch reagiert und eine Vorlage ausgearbeitet habe, in welcher die Einbürgerung als justiziabler Verwaltungsakt anerkannt werde. Damit könne das Einbürgerungsverfahren entpolitisiert werden. Die Vorlage entspreche auch der Stossrichtung der zur Zeit auf Bundesebene laufenden Revisionsbemühungen. Positive Erwähnung findet die Möglichkeit, dass Einbürgerungen durch eine spezielle Einbürgerungskommission vorgenommen werden können. Vereinzelt wird geltend gemacht, man hätte noch weiter gehen können und generell den Regierungsrat für die Erteilung des Kantons- und Gemeindebürgerrechts als zuständig erklären können. Das Vorrecht der Mitglieder der Bürgergemeinde gegenüber den übrigen Stimmberechtigten beim Entscheid über Einbürgerungen sei problematisch.


Gegen die Vorlage wird vorgebracht, Einbürgerungen seien nicht zwingend ein Verwaltungsakt, sondern könnten als eine Art Wahl verstanden werden, bei welcher auch emotional entschieden werden dürfe. Wahlentscheide seien an sich nicht Gegenstand einer richterlichen Nachkontrolle. In stossenden Fällen könnte der Regierungsrat als Aufsichtsorgan über die Gemeinden auch mit aufsichtsrechtlichen Mitteln eingreifen. Im Weiteren wird geltend gemacht, es stelle ein Recht des Volkes dar, sich zu Einbürgerungen zu äussern.


Mit 8:3 Stimmen (ohne Enthaltungen) beschliesst die JPK Eintreten auf die Vorlage.


Im Anschluss an den Eintretensentscheid wird beantragt, zunächst ein staatsrechtliches Gutachten einzuholen, welches der Frage nachgehen soll, ob allein der Umstand, dass eine Bürgergemeindeversammlung einen ablehnenden Entscheid unter Umständen nicht begründen kann, Anlass sein könne, die Einbürgerungskompetenz von den Bürgergemeindeversammlungen wegzunehmen. Dieser Antrag wird mit 9:2 Stimmen abgelehnt, im Wesentlichen mit der Begründung, die Vorlage beantworte diese Frage ausreichend und es sei gar nicht möglich, dass Bürgergemeindeversammlungen ihren Entscheid begründen könnten.




4. Gesetzesberatung


4.1 Allgemeines


Ausdruck der Transformation des Einbürgerungsverfahrens von einem politischen Akt in einen Verwaltungsakt bildet die Änderung der Zuständigkeitsregel in § 6 des Gesetzes. Die übrigen Bestimmungen sind eher technischer Natur und weitgehend unbestritten. Sie führten materiell zu keinen Diskussionen, hingegen wurden einige redaktionelle Änderungen gegenüber dem regierungsrätlichen Entwurf vorgenommen.




4.2 Anträge zu § 6


4.2.1 Ein Antrag will die heutige Zuständigkeit der Bürgergemeindeversammlung bzw. der Gemeindeversammlung zur Erteilung des Gemeindebürgerrechts beibehalten. Die Bürgergemeinde- bzw. Gemeindeversammlung soll aber verpflichtet werden, einen ablehnenden Entscheid zu begründen. Der Antrag wird damit begründet, dass gemäss Verfassungsgericht die Zuständigkeit der Bürgergemeindeversammlung nicht im vornherein im Widerspruch zur Verfassung stehe, jedoch müsse ein Prozedere gefunden werden, wie Einbürgerungen willkürfrei durchgeführt und allfällige ablehnende Entscheide begründet werden können. Sollte der Entscheid allerdings nicht begründet werden können, müsste eine Beschwerde gegen einen solchen Entscheid gutgeheissen werden.


Gegen diesen Antrag wird vorgebracht, es handle sich um eine Alibi-Übung, denn es sei angesichts der fehlenden Votumspflicht an Versammlungen schlechterdings nicht möglich, den Entscheid einer Gemeinde- oder Bürgergemeindeversamm-


lung stichhaltig zu begründen. Der Vorschlag sei nicht praktikabel. Mit 8:4 Stimmen wird er abgelehnt.


4.2.2 In die andere Richtung zielt der Antrag, die Zuständigkeit für die Erteilung des Kantons- und Gemeindebürgerrechts beim Regierungsrat zu konzentrieren. Damit könne eine weitere Straffung des Verfahrens erreicht werden und zudem sei eine einheitliche Beurteilung der Gesuche gewährleistet.


Demgegenüber wird geltend gemacht, es sei nicht opportun, weiterzugehen als die gerichtlichen Vorgaben. Der vorliegende Entwurf stelle einen Kompromiss dar, an welchem man festhalten wolle. Der Antrag wird mit 8:1 Stimmen bei 2 Enthaltungen abgelehnt.




5. Anträge


Die JPK beantragt dem Landrat mit 5:3 Stimmen bei 3 Enthaltungen, gemäss beiliegenden Entwürfen zu beschliessen.


Lausen, den 5. Februar 2002


Im Namen der Justiz- und Polizeikommission
Der Präsident: Dieter Völlmin



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