2001-280 (1)
Bericht Nr. 2001-280 an den Landrat |
Bericht der:
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Volkswirtschafts- und Gesundheitskommission
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vom:
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15. Februar 2002
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zur Vorlage Nr.:
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Titel des Berichts:
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Förderung des Obstbaus im Baselbiet
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Bemerkungen:
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I. Organisation der Kommissionsberatung
Die Volkswirtschafts- und Gesundheitskommission hat die Vorlage anlässlich ihrer Sitzung vom 17. Januar 2002 beraten. Für Erläuterungen und Fragen standen zur Verfügung: Regierungsrat Erich Straumann; Generalsekretär Rosmarie Furrer; Werner Mahrer, Leiter Landwirtschaftliches Zentrum Ebenrain sowie Hanspeter Hauri von der Abteilung Obst- und Weinbau.
II. Zielsetzung und Inhalt der Vorlage
Ursache dieser Vorlage bildeten zwei Vorstösse aus dem Landrat, welche von der Regierung einen Bericht verlangen, woraus ersichtlich wird, wie § 15 des Landwirtschaftsgesetzes in Zukunft vollzogen wird.
§ 15 Obstbau
1
Der Kanton fördert den Anbau von Obst.
2
Er unterstützt anerkannte Fachorganisationen und geeignete Selbsthilfemassnahmen.
1. Entwicklung des Obstbestandes im Baselbiet
Die Vorlage zeigt eindrücklich die Entwicklung des Obstbaus im Kanton Basel-Landschaft auf. So waren es die Römer, welche vor 2000 Jahren als Erste einen namhaften Obstbau bei uns betrieben haben. Sie brachten die Kirsche aus dem Schwarzmeergebiet, ebenso die Rebe. Die landwirtschaftlich bewirtschaftete Fläche war jedoch klein. Erst im 13. Jahrhundert fanden Rodungen des Waldes im grossen Stile statt. Die Landwirtschaft wurde nach dem Dreizelgensystem betrieben: Wintergetreide, Sommergetreide und Brache. Im 19. Jahrhundert erfolgte ein Wechsel, indem der Obstanbau an Bedeutung gewann. Schon damals wurde ein grosser Teil des Obstes wie auch des Kirschwassers ausserhalb des Baselbiets verkauft. Das 20. Jahrhundert war geprägt durch die rasante Entwicklung im technischen wie auch im chemischen Bereich. Der Obstbau geriet unter Druck. Arbeitskräfte wanderten ab, für die aufwändigen Pflege- und Pflückarbeiten fehlten günstige Hilfskräfte. In den 60er- und 70er- Jahren wurden kleinere Bäume in Anlagen gepflanzt, was zu einer starken Entlastung des Aufwands für Pflege und Ernte führte.
2. Der aktuelle Obstbau
Hochstammobstbäume
Im Jahr 1991 fand die letzte Obstbaumzählung statt. Von den knapp 200'000 Feldobstbäumen sind ca. 170'000 Hochstammbäume. Der Anteil nimmt jährlich um etwa 2% ab. 17'000 (10%) werden durch den Kanton aus ökologischen Gründen vertraglich geschützt, was Kosten von total 3 Millionen Franken ausmacht. Der Verein "Edelchrüsler" hegt und pflegt zudem an 10 Standorten ca. 370 Bäume mit 200 alten Apfelsorten.
Obstanlagen im Jahr 2000
Von der Gesamtanbaufläche von 233.2 Hektaren ist nur ein Anteil von 90 ha oder 38.7% unter 10 Jahre alt, bei den Kirschbäumen sogar nur ein Viertel. Die wirtschaftliche Realität verlangt nach einer grundlegenden Erneuerung, wenn der Kanton als Obstbaukanton erhalten werden soll. Seit wenigen Jahren stehen neue Sorten und Anbausysteme für Kirschen und Zwetschgen zur Verfügung. Es gilt nun, diese im Interesse der Konsumenten und Konsumentinnen und der Landwirtschaft zu nutzen.
3. Die Rolle des Obstbaus im Baselbiet
Die klimatischen und topographischen Voraussetzungen im Tafeljura sind für den Obstbau besonders gut. Es darf mit Genugtuung festgestellt werden, dass der Obstbau mit einem Erntewert von ca. 10 Millionen Franken einen beträchtlichen Teil der Baselbieter Land- und Volkswirtschaft ausmacht.
Kirschbäume, aber auch andere Obstbäume, prägten das Landschaftsbild des Baselbiets Mitte des 20. Jahrhunderts stark. Heute hat sich die von Obstbäumen bedeckte Fläche um fast zwei Drittel verringert. Entsprechend sind unzählige Tier- und Pflanzenarten rarer geworden.
4. Beurteilung der Lage
In einer Stunde pflückt eine geübte Person 8 bis 10 kg Kirschen von Hochstammbäumen, während es in Anlagen rund 15 kg sind. Der Erlös bei den Industrie- und Brennkirschen ist heute tiefer als vor 30 Jahren. Die Preise für Tafelkirschen konnten jedoch mit der Teuerung Schritt halten. Die Erlös-Kosten-Schere bei Hochstämmen ist, trotz Oeko-Beitrag des Bundes von 15 Franken, ungünstig. Wenn die Anlagen nicht erstellt werden, gehen zusätzlich zu den Arbeitsplätzen auch noch die Einnahmen aus dem Obstbau verloren.
Die Unterstützung der Konkurrenz versus Markt im Baselbiet
Es gibt kaum einen europäischen Staat, welcher den Obstbau nicht unterstützt. So dürfen z.B. in Deutschland die so genannten Betriebsfonds von Erzeugerorganisationen bis zu 4,1% des Wertes der vermarkteten Produkte betragen. Auch Frankreich hat 690 Millionen Francs in Aussicht gestellt, um auf einer Fläche von 5000 ha die Äpfel-, Pfirsich- und Nektarinenanlagen zu erneuern. Im eigenen Land erwächst ebenfalls Konkurrenz, indem Bund und Kanton Wallis je 5 Millionen Franken für eine Erneuerungsaktion der Aprikosenanlagen beisteuert.
Natur und Landschaft: Hochstamm versus Anlagen
Die bestehenden geschlossenen Anlagen bedecken 230 Hektaren oder 14% der Fläche der Hochstamm-Obstbäume, was einem Prozent der gesamten landwirtschaftlichen Nutzfläche entspricht. Es hat somit genügend Raum für beide Formen des Obstbaus. Den Entscheid fällt letztlich der Landwirt, resp. die Landwirtin. Die Rentabilität, sprich die Sicherstellung der bäuerlichen Existenz, ist dabei ein wichtiger Entscheidungsfaktor.
5. Die rechtlichen Grundlagen
Bundesrecht
Das Bundesgesetz wie auch das Natur- und Heimatschutzgesetz erlauben es, kantonale Massnahmen mit Bundesbeiträgen zu erleichtern. Die Hochstammbäume werden mit 15 Franken pro Jahr gefördert. Wo der Kanton eigene Mittel für besonders ökologische Massnahmen zur Verfügung stellt, kann er teilweise eine Rückerstattung beim Bund einfordern. Nach der neuen Ökoqualitätsverordnung des Bundes werden die kantonalen Beiträge für Hochstammbäume insgesamt zu ca. 75% subventioniert.
Kantonales Natur- und Landschaftsschutzgesetz
Die massgebenden kantonalen Bestimmungen sind im Natur- und Landschaftsschutzgesetz, namentlich in den Paragraphen 4, 5, 6 und 10 sowie in § 15 des Landwirtschaftsgesetzes enthalten.
6. Ausgestaltung der Massnahmen
Hochstammobstbäume
Pro Baum ist höchstens ein Beitrag von 45 Franken möglich. Dafür wurden verschiedene Kriterien festgelegt. Die definierten Beiträge sind hoch genug, um jene 17'000 Hochstamm-Obstbäume zu erhalten, die unter Vertrag stehen. Sie reichen aber kaum aus, um genügend neue Bäume zu pflanzen und zu pflegen, bis sie in Ertrag kommen. Wollte man die Pflanzung neuer Hochstammobstbäume fördern, wäre ein höherer Beitrag während rund 15 Jahren unumgänglich. Die Forschungsanstalt für Betriebswirtschaft und Landtechnik in Tänikon schätzt die Kosten auf 90 Franken pro Baum und Jahr. Wollte man sämtliche Hochstammobstbäume erhalten, entstünden, wie die Grafik auf Seite 16 der Vorlage zeigt, pro Jahr Kosten von ca. 4.75 Mio Franken. Es handelt sich hier um ein Grobszenario welches davon ausgeht, dass jedes Jahr gleich viele Bäume ersetzt wie alte Bäume gerodet würden. Da heute viel mehr alte Bäume vorhanden sind, müssten in den nächsten 30 Jahren überdurchschnittlich viel mehr neue gepflanzt werden. Der Erhalt des gegenwärtigen Hochstammobstbaum-Bestandes ist mit den heutigen Mitteln auf keinen Fall möglich.
Anlagen
Der Regierungsrat beschloss, im Sinne einer Anschubfinanzierung, den Anbau von Tafelkirschen nach genau definierten Kriterien zu fördern. Diese Massnahme ist befristet. Gesuche können bis Ende 2003 gestellt werden. Es wird gerechnet, dass an ca. 25 - 30 Landwirtschaftsbetriebe für insgesamt 13 bis 15 Hektaren Beiträge ausgerichtet werden können.
III. Detailberatung
Die Volkswirtschafts- und Gesundheitskommission beschloss einstimmig Eintreten auf die Vorlage. Ziel der Vorlage war es, schonungslos offen zu zeigen, wie sich die Situation im Obstbau des Kantons Basel-Landschaft präsentiert. Der technische Fortschritt hat dazu geführt, dass der Hochstamm-Obstbau unrentabel geworden ist. Hier ist der Produktionsrückgang offensichtlich. Unser Kanton hat im Jahr 2001 für 19'200 vertraglich unterstellte Bäume einen Beitrag von 500'000 Franken an den Hochstamm-Obstbau ausbezahlt. Der Bund leistete 288'000 Franken dazu. Andererseits hat die Regierung beschlossen, auch die Niederstamm-Anlagen, als Anschubfinanzierung, zu fördern und zwar mit 50'000 Franken jährlich. Dies bis im Jahr 2003 - danach ist die weitere Entwicklung ungewiss. Die Niederstamm-Anlagen erzielen bessere Qualitäten und sind deshalb aus Sicht des Erwerbs erwünschter. Was vor dreissig Jahren beim Kernobst eingeführt wurde und heute selbstverständlich ist, vollzieht sich nun auch beim Steinobst. Der Markt für die im Baselbiet heimische Kirsche soll erhalten bleiben, insbesondere auch für die kleinen und mittleren Landwirtschaftsbetriebe. Zudem verweigert der Markt die qualitativ minderwertigen Kirschen vieler Hochstammbäume. Ziel ist es, eine Kirsche zu produzieren, die der Konsument resp. die Konsumentin kaufen will; ihn/sie interessiert vielleicht, ob die Kirsche biologisch angebaut wurde, nicht aber, ob mit Hoch- oder Niederstammbäumen.
Die Kommission erachtet die Vorlage als einen guten Überblick über das, was war und das, was nun realistischerweise erwartet werden darf. Nicht unvergessen darf bleiben, dass die Blust im Baselbiet immer schon eine touristische Attraktion war. Es wurde angeregt, dass der Kanton nicht nur Subventionen spricht, sondern auch versuchen soll, die Positionierung der Produkte von Hochstammbäumen mit der Labelförderung zu stärken.
IV. Beschluss
Die Volkswirtschafts- und Gesundheitskommission empfiehlt dem Landrat mit 11 zu 0 Stimmen dem folgenden Antrag zuzustimmen:
Antrag
Der Regierungsrat beantragt dem Landrat, die Postulate 2000-009 Auch für den Baselbieter Obstbau beginnt eine neues Jahrtausend und 2000-265 Kantonale Beiträge für Niederstammobstbäume als erfüllt abzuschreiben.
Muttenz, 15. Februar 2002
Im Namen der Volkswirtschafts- und Gesundheitskommission:
Die Präsidentin: Rita Bachmann-Scherer
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