2001-265
Vorlage an den Landrat |
Titel:
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Schriftliche Beantwortung der Interpellationen der SP-Fraktion (2001/265), der FDP-Fraktion (2001/274) und der CVP-Fraktion (2001/275) betreffend Wegzug der Institut Straumann AG, Waldenburg
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vom:
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4. Dezember 2001
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Nr.:
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2001-265 / 2001-274 / 2001-275
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Bemerkungen:
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Acrobat (PDF):
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Vorlage
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Am 29. Oktober 2001 gab der Verwaltungsrat der Straumann Gruppe, Waldenburg, über ein Mediencommuniqué bekannt, dass die Institut Straumann AG ihren Hauptsitz im Jahr 2004 von Waldenburg nach Basel verlegen werde. Der angekündigte Wegzug des alteingesessenen, renommierten Unternehmens führte an der Landratssitzung vom 8. November 2001 zur Einreichung verschiedener parlamentarischer Vorstösse darunter die folgenden drei Interpellationen:
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Interpellation der SP-Fraktion: Wegzug der Institut Straumann AG (2001/265)
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Interpellation der FDP-Fraktion: Weggang der Waldenburger Firma Institut Straumann nach Basel (2001/274)
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Interpellation der CVP-Fraktion: Wegzug der Firma Straumann aus Waldenburg (2001/275)
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Da sich die in den drei Vorstössen aufgeworfenen Fragen thematisch weitgehend decken, hält es der Regierungsrat für zweckmässig, die Interpellationen im Rahmen einer einzigen Vorlage schriftlich zu beantworten.
1 Grundsätzliches
Auch der Regierungsrat bedauert den Wegzug der Institut Straumann AG aus Waldenburg sehr. Der Kanton Basel-Landschaft verliert damit ein florierendes, innovatives Unternehmen mit hoher Wertschöpfung. Insbesondere für die Wirtschaftsregion Waldenburgertal und die Standortgemeinde bedeutet der Umzug zweifellos einen herben Verlust. Die Frage liegt deshalb nahe: Hätte "der Kanton", d.h. hätten die zuständigen kantonalen Instanzen durch eine frühzeitige Intervention den Wegzug verhindern und die Arbeitsplätze im Kanton behalten können?
Die Antwort lautet klar: nein.
Bei der zu einem internationalen Konzern angewachsenen Straumann-Gruppe stieg die Zahl der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter am Hauptsitz in Waldenburg in den letzten Jahren auf heute über 200 Personen an. Aufgrund des äusserst positiven Geschäftsganges erwartet man auch in Zukunft ein starkes Wachstum. Die Ressourcen der Liegenschaften in Waldenburg sind heute nahezu ausgeschöpft; die engen lokalen Verhältnisse in Waldenburg bieten keine genügenden Erweiterungs- und Expansionsmöglichkeiten. Hinzu kommt, dass der Standort Waldenburg aus der Sicht des High-Tech-Unternehmens für die Rekrutierung des erforderlichen, hoch qualifizierten Personals zunehmend als zu wenig attraktiv beurteilt wird. Diese beiden erkannten Schwachstellen waren ausschlaggebend dafür, dass sich das Unternehmen vor über einem Jahr entschloss, einen optimalen künftigen Firmensitz im Rahmen einer systematischen, umfassenden Standortevaluation abzuklären. Beauftragt mit der Evaluation wurde ein externes Unternehmen, die Firma Planconsult.
Der Focus der Standortsuche war übrigens in einer ersten Phase auf die ganze Schweiz gerichtet. In einem ersten Vorentscheid fielen dann die Würfel zu Gunsten eines Standortes in der Wirtschaftsregion Nordwestschweiz, vor allem deshalb, weil das Unternehmen die bestehenden qualifizierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nach Möglichkeit nicht verlieren möchte. Den Ausschlag für den nun gewählten Standort Basel/City gaben primär die optimale Anbindung an die Verkehrswege, die Nähe zu Universität und Forschung sowie die günstige Infrastruktur, die den künftigen Personal- und Raumbedarf des expandierenden Unternehmens längerfristig sicherstellen wird.
Die Unternehmensleitung wollte sich bei der Standortevaluation bewusst alle Optionen offen halten. Sie wollte damit zu objektiven Entscheidungsgrundlagen gelangen und gestützt darauf einen freien unternehmerischen Entscheid fällen. In diesem Sinne hat das Unternehmen auch bewusst darauf verzichtet, kantonale Instanzen im Rahmen der Standortevaluation zu kontaktieren und mit einzubeziehen. Zwar gab es Kontakte zwischen der beauftragten Firma Planconsult und der Wirtschaftsförderung beider Basel bezüglich möglicher Areale bzw. Standorte in Basel-Stadt und Basel-Landschaft, die Auftraggeberin dieser Recherche wurde jedoch wie in derartigen Fällen üblich nicht bekannt gegeben. Von Seiten der Institut Straumann AG wird im Übrigen auch ausdrücklich betont, dass dem Kanton Basel-Landschaft gegenüber in diesem Zusammenhang keine Vorwürfe wegen mangelnder Unterstützung oder Inaktivität erhoben werden.
Es ist somit festzuhalten, dass die Institut Straumann AG bei der Wahl ihres künftigen Firmenhauptsitzes einen freien unternehmerischen Entscheid getroffen hat. Diesen Entscheid gilt es zu respektieren und zu akzeptieren. Auch wenn die Verlegung des Firmensitzes aus Sicht unseres Kantons und des hauptbetroffenen Waldenburgertals zu bedauern ist, so ist in einer überregionalen Optik doch vor allem dies von zentraler Bedeutung: Die Institut Straumann AG bekennt sich mit ihrem Standortentscheid zum Wirtschaftsraum Region Basel; das innovative, wertschöpfungsstarke Unternehmen und die attraktiven Arbeitsplätze bleiben in unserem Wirtschaftsraum erhalten.
2 Beantwortung der einzelnen Fragen
Wann wurde der Regierungsrat über den Wegzug der Institut Straumann AG informiert?
Der Regierungsrat wurde gleichzeitig mit den Medien über den Entscheid des Unternehmens informiert durch persönliche Schreiben an den Regierungspräsidenten und den Vorsteher der Volkswirtschafts- und Sanitätsdirektion.
Sind dem Regierungsrat die Gründe bekannt? Wenn ja, wie lauten sie?
Die Frage ist im vorstehenden Abschnitt "Grundsätzliches" beantwortet.
Wie beurteilt der Regierungsrat den angekündigten Wegzug der Institut Straumann AG und wie werden die Auswirkungen auf die Wirtschafts- und Beschäftigungssituation im Kanton Basel-Landschaft eingeschätzt?
Für das wirtschaftlich schon bisher eher benachteiligte Waldenburgertal bedeutet der Wegzug des Unternehmens eine spürbare strukturelle Schwächung. Auswirkungen auf die Beschäftigungssituation sind kaum zu erwarten, da alle Arbeitsplätze am neuen Standort in Basel erhalten bleiben.
Wie viele Arbeitsplätze gehen dem Baselbiet verloren? Sieht der Regierungsrat Handlungsbedarf im Hinblick auf den in Aussicht gestellten Stellenabbau?
Die gut 200 Arbeitsplätze der Institut Straumann AG gehen dem Baselbiet nicht verloren. Sie werden auch nach dem Standortwechsel im Jahr 2004 in Basel weiter bestehen. Handlungsbedarf bezüglich Stellenabbau besteht deshalb nicht.
Wie hoch ist der zu erwartende Steuerausfall von juristischen und natürlichen Personen für den Kanton und die Standortgemeinde?
Aufgrund der im kantonalen und eidgenössischen Steuergesetz statuierten Schweigepflicht ist es der Steuerverwaltung untersagt, über die Verhältnisse von Steuerpflichtigen allgemeine Auskünfte zu erteilen. Aus diesem Grund ist es nicht möglich, den zu erwartenden Steuerausfall in absoluten oder prozentualen Zahlen bekannt zu geben. Zudem ist zu berücksichtigen, dass der Steuerertrag bei Unternehmen von Jahr zu Jahr je nach wirtschaftlicher Entwicklung schwankt. Festhalten kann man jedoch, dass die Straumann-Gruppe sowohl auf kantonaler als auch auf Gemeindeebene zu den bedeutenden Steuerzahlern gehört.
Zu den natürlichen Personen ist keine Aussage möglich, da sich heute noch kaum abschätzen lässt, ob und wie stark sich die Betriebsverlagerung auf den Wohnsitz einzelner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auswirken wird. Ausserdem ist zu berücksichtigen, dass auch heute nur ein Teil der Mitarbeiter/innen in Waldenburg oder in unserem Kanton wohnt. Die steuerlichen Auswirkungen bei den natürlichen Personen dürften jedoch insgesamt kaum stark ins Gewicht fallen.
Hätte bei einem rechtzeitigen Erkennen der Absicht der Wegzug verhindert werden können, oder hätten allenfalls alternative Standorte im Kanton Baselland angeboten werden können?
Aufgrund der klaren Aussage von Seiten der Unternehmensleitung ist davon auszugehen, dass auch ein "rechtzeitiges Erkennen" den Standortentscheid nicht hätte ändern können. Im Übrigen wurden ja wie vorstehend bereits erwähnt auch mögliche Standorte im Kanton Basel-Landschaft evaluiert.
Nachdem im Frühjahr 2001 an der Generalversammlung der Institut Straumann AG das Thema Raumbedarf in allgemeiner Form angesprochen worden war, wurde auch der Leiter des kantonalen Amtes für Liegenschaftsverkehr sofort aktiv, suchte den Kontakt zum Unternehmen und unterbreitete dem für Raumfragen bei der Institut Straumann AG verantwortlichen Mitarbeiter ein konkretes Angebot für voll erschlossenes Bauland im Gebiet Bad Bubendorf. Das Unternehmen reagierte auf die Offerte nicht.
Stand die kantonale Wirtschaftsförderung mit der Firmenleitung im Gespräch? Waren der Wirtschaftsförderung allfällige Schwierigkeiten bezüglich Standort Waldenburgertal bekannt? Warum hat die Wirtschaftsförderung im Kanton Basel-Landschaft keine geeigneten Grundstücke evaluiert?
Die kantonale Wirtschaftsförderung war wie bereits erwähnt nicht in die Standortevaluation involviert, weil das Unternehmen die Evaluation über die beauftragte Firma Planconsult unabhängig und frei abwickeln wollte. Planconsult hat sich indessen über die Wirtschaftsförderung beider Basel (und die dort geführte Arealdatenbank) selber die benötigten Informationen über geeignete Areale beschafft und mögliche Standorte auch im Kanton Basel-Landschaft in die Abklärung mit einbezogen.
Wurden Kontakte zu den Entscheidungsträgern des Unternehmens aufgebaut und sind Gespräche geplant? Werden allfällige Interventionen des Regierungsrates mit den Behörden der bisherigen Standortgemeinde koordiniert?
Der Vorsteher der Volkswirtschafts- und Sanitätsdirektion hat sich nach Bekanntgabe des Standortentscheides unverzüglich mit dem Verwaltungsratspräsidenten der Straumann-Gruppe, Herrn Thomas Straumann, in Verbindung gesetzt und sich persönlich über die Gründe für den Wegzug des Unternehmens ins Bild setzen lassen. Sie haben inzwischen vereinbart, sich im Januar 2002 zu einem Gespräch zu treffen, bei dem vor allem die Frage einer möglichen Nachnutzung der frei werdenden Liegenschaften erörtert werden soll. Ebenfalls im Januar 2002 wird auf Initiative des Delegierten der Wirtschaftsförderung beider Basel, Dr. Rainer Füeg, eine erste Sitzung mit Vertreterinnen und Vertretern der Gemeinden des Waldenburgertals stattfinden. An dieser Sitzung wird ebenfalls die Frage der Nachnutzung im Vordergrund stehen.
Der Regierungsrat wird sich mit allen ihm zur Verfügung stehenden Mitteln dafür einsetzen, dass nach dem Wegzug der Institut Straumann AG in den frei werdenden Liegenschaften wirtschaftliche Aktivitäten weitergeführt und neue Arbeitsplätze geschaffen werden können. Dank des frühzeitig kommunizierten Umzugstermins steht bis zum Jahr 2004 genügend Zeit zur Verfügung, um zum Thema Nachnutzung kreative Konzepte und Lösungen zu entwickeln und umzusetzen.
Was gedenkt der Regierungsrat zu unternehmen, dass sich ein solcher Fall nicht wiederholt?
Ein "solcher" Fall kann auch in Zukunft nicht zu hundert Prozent ausgeschlossen werden. Wenn sich ein Unternehmen dazu entscheidet, seinen Sitz aus dem Baselbiet nach Basel zu verlegen, weil es dies so will und weil es dort die besten Bedingungen für sich sieht, dann wird dies auch in Zukunft nicht zu verhindern sein. Der Regierungsrat wird aber auch in Zukunft dafür Sorge tragen, dass die insgesamt hohe Standortgunst in unserem Kanton und in der ganzen Wirtschaftsregion Basel erhalten bleibt und wo möglich weiter gestärkt werden kann. Dies tut er, indem er der Wirtschaft möglichst gute Rahmenbedingungen anbietet und die Rahmenbedingungen immer wieder den aktuellen wirtschaftlichen Bedürfnissen anpasst. Die unternehmerischen Entscheide werden jedoch die Unternehmen letztlich immer in eigener Kompetenz und Verantwortung zu treffen haben. Im übrigen ist festzustellen, dass auch immer wieder Unternehmen ihren Sitz von Basel in den Kanton Basel-Landschaft verlegen
Wie kommen die am 25. November 1999 vom Parlament in Auftrag gegebenen Instrumente und Massnahmen zum Tragen?
Im vorliegenden Fall konnten und mussten diese Instrumente nicht zum Tragen kommen. Der Regierungsrat wird im Übrigen zu diesem Thema ausführlich Stellung nehmen, wenn die entsprechenden parlamentarischen Vorstösse an einer Landratssitzung im kommenden Jahr zur Sprache kommen.
Liestal, 4. Dezember 2001
Im Namen des Regierungsrates
der Präsident: Schmid
der Landschreiber: Mundschin
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