2001-103

1. Die Vorlage 1999/036 und der Beschluss des Landrates vom 3. Juni 1999

Mit der Vorlage 1999/036 vom 17. Februar 1999 hat das Verwaltungsgericht den Landrat über die starke Zunahme an Gerichtsverfahren in den vergangenen Jahren und den stetig anwachsenden Pendenzenberg orientiert. Das Gericht hat sich zum Ziel gesetzt, innert zwei Jahren diese Rückstände aufzuarbeiten und die durchschnittliche Bearbeitungsdauer der Verfahren vor allem im sozialversicherungsgerichtlichen Bereich erheblich zu verkürzen. Dazu hat es vorgeschlagen, beim Versicherungsgericht die beiden bereits bestehenden a.o. Vizepräsidien von je 30% eines Vollamtes auf je 40% zu erhöhen sowie befristet für zwei Jahre ein zusätzliches a.o. Vizepräsidium von 50% eines Vollamtes zu schaffen sowie ebenfalls befristet die Zahl der Gerichtsschreiber- und Kanzleistellen anzuheben. Die Mehrbelastung der nebenamtlichen Gerichtsmitglieder sei durch eine angemessene und befristete Anpassung des Fixums abzugelten.


Die Vorlage hat im Parlament eine günstige Aufnahme gefunden: Sowohl die Justiz- und Polizeikommission wie das Plenum haben den Handlungsbedarf anerkannt und den vorgeschlagenen Massnahmen - soweit sie in der landrätlichen Kompetenz liegen - grundsätzlich zugestimmt. Bezüglich der Erhöhung der a.o. Vizepräsidien ist der Beschluss des Landrates jedoch in einem wesentlichen Punkt von den Anträgen in der Vorlage abgewichen:


Die Vorlage hat darauf hingewiesen, dass bei der Präsidialkompetenz "die bestehende Kapazität von 160% eines Vollamtes (100% ordentliches Präsidium, 2 x 30% a.o. Vizepräsidien) nicht einmal für die Bewältigung aller neu eingehenden Fälle ausreichend ist" (Vorlage S. 4). Mit der Erhöhung der a.o. Vizepräsidien auf 2 x 40% sei "für den Abbau der Pendenzen noch nichts gewonnen" (Vorlage, a.a.O.). Der Verwaltungsgerichtspräsident hat denn auch in der Kommissionsberatung darauf hingewiesen, dass diese Erhöhung benötigt wird, "um mit den Neuzugängen Schritt zu halten" (Protokoll der Justiz- und Polizeikommission, 52. Sitzung vom 29. März 1999, S. 600 und 602 sowie Protokoll der 53. Sitzung vom 19. April 1999, S. 613). Aus diesen Überlegungen ist diese Erhöhung unbefristet beantragt worden.


Die Kommission hat sich indessen dafür entschieden, auch diese Erhöhung auf die Zeit vom 1. Juli 1999 bis 30. Juni 2001 zu befristen. Allerdings ist dies nicht in der Meinung geschehen, eine Weiterführung der erhöhten Pensen über den 30. Juni 2001 käme nicht in Frage, sondern in der Absicht, die Lage bei Fristablauf neu zu beurteilen (vgl. v.a. Voten P. Tobler, E. Maag und St. Mathis, Protokoll S. 613).




2. Erfolgskontrolle der getroffenen Massnahmen und heutige Situation:


Mit Inkrafttreten der Massnahmen am 1. Juli 1999 wurde ein Controlling installiert, das eine vernünftige Ressourcenplanung, eine Planung der Gerichtssitzungen im Hinblick auf das zu erreichende Ziel, eine Überprüfung der durchschnittlichen Verfahrensdauer und eine laufende Pendenzenkontrolle sowohl bei den Gerichtsfällen wie bei den einzelnen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in der Gerichtsschreiberfunktion sicherstellt. Das Gericht ist daher in der Lage, die Auswirkungen der getroffenen Massnahmen mit ausreichender Genauigkeit zu beurteilen. Diese sind in den Amtsberichten über die Tätigkeit in den Jahren 1999 und 2000 dargestellt. Im Sinne einer Zusammenfassung sei hier lediglich die per 31. März 2001 nachgeführte Fallstatistik aufgeführt, die sich wie folgt präsentiert:

Eine eingehende Interpretation der Statistik würde den Rahmen dieser Vorlage sprengen, doch seien die folgenden Kernaussagen erlaubt:

Im weiteren ist festzustellen, dass die durchschnittliche Verfahrensdauer beim Verwaltungsgericht von 354 Tagen im 1. Semester 1999 auf 334 Tage im Jahr 2000 mit weiter sinkender Tendenz zurückgegangen ist. Das Verwaltungsgericht kann heute innert vier Monaten nach Abschluss des Schriftenwechsels eine Verhandlung durchführen (in dringenden Fällen selbstverständlich auch früher).


Beim Versicherungsgericht ist die durchschnittliche Verfahrensdauer für die gleichen Zeiträume von 538 Tagen auf 382 Tage zurückgegangen und liegt bei Abfassung dieser Vorlage bereits deutlich unter einem Jahr.


Es sei hier angemerkt, dass diese sehr guten Ergebnisse nur mit einem ausserordentlichen Engagement der Beteiligten in allen Funktionen erreicht werden konnten. Im Zusammenhang mit dieser Vorlage ist speziell darauf hinzuweisen, dass die Pensen der drei a.o. Vizepräsidien "freiwillig" regelmässig höher lagen als die bewilligten 130 Stellenprozente.




3. Ausblick


3.1 Gerichtsverfahren :


Die bessere Wirtschaftslage und der Rückgang der Arbeitslosigkeit hätten eigentlich einen markanten Rückgang bei den Fällen aus dem Bereich der Arbeitslosigkeit erwarten lassen. Dies ist bis heute erst in einem geringen Ausmass geschehen: So sind im vergangenen Jahr zwar rund 12% weniger Fälle als 1999, aber gleich viele wie 1998 und deutlich mehr als 1997 und 1996 anhängig gewesen. Der aktuelle Rückgang wird aber zur Zeit interessanterweise durch einen erhöhten Eingang an Fällen aus dem Kranken- und Unfallversicherungsbereich kompensiert. Es ist daher anzunehmen, dass die Gesamtzahl an Fällen beim Versicherungsgericht in nächster Zeit konstant bleibt, dass aber eine gewisse Verlagerung stattfindet. Dies ist insofern von Bedeutung, als Fälle aus dem Bereich der Kranken- und Unfallversicherung im Durchschnitt einen höheren Arbeitsaufwand erfordern als solche aus dem Bereich der Arbeitslosenversicherung. Insgesamt ist also nicht mit einem Rückgang der Arbeitsbelastung zu rechnen.


Beim Verwaltungsgericht gibt es zur Zeit keine Indizien, die eine wesentliche Veränderung bei den Neueingängen erwarten lassen. Hier ist also anzunehmen, dass der bisherige hohe Arbeitsanfall in nächster Zeit anhält.




3.2 Einführung Kantonsgericht :


Nachdem die parlamentarischen Beratungen abgeschlossen sind und die Volksabstimmung noch vor den Sommerferien stattfinden wird, ist damit zu rechnen, dass das Kantonsgericht am 1. April 2002 seine Tätigkeit aufnimmt. Der Landrat hat bereits entschieden, dass die Präsidien der verfassungs- und verwaltungsrechtlichen Abteilung wie auch der sozialversicherungsrechtlichen Abteilung Pensen von je 100% aufweisen sollen.




4. Schlussfolgerung:


Aus den obigen Darlegungen ergibt sich, dass eine Rücknahme der Präsidialkapazität auf die vor dem 1. Juli 1999 bestandenen 160% (100% Präsidium sowie 2 x 30% a.o. Vizepräsidien) wieder zu einem Anwachsen der Pendenzen führen würde und das mit grossem Effort Erreichte teilweise wieder zunichte machen würde. Aus diesen Gründen ist - wie bereits in der Vorlage 1999/036 vom Verwaltungsgericht beantragt - eine Weiterführung der a.o. Vizepräsidien von 2 x 40% unverzichtbar.


Im Hinblick auf das mutmassliche Inkrafttreten des Kantonsgerichts am 1. April 2002 und die bereits erfolgte Festlegung der Präsidialpensen von je 100% für die beiden Abteilungen Verfassungs- und Verwaltungsrecht sowie Sozialversicherungsrecht macht es aber auch keinen Sinn, für die neun Monate dazwischen die Präsidialpensen von jetzt noch 230% auf 180% herunterzufahren, nur um sie dann ab 1. April 2002 wieder zu erhöhen. Es drängt sich auf, die Präsidialpensen bereits ab 1. Juli 2001 auf 200% festzulegen.


Die bisherigen Funktionsträger sind bereit, sich weiterhin für diese Aufgabe zur Verfügung zu stellen, wobei lic. iur. Silvan Ulrich sein Pensum von derzeit noch 50% auf 20% reduzieren würde.


Trotz anhaltend hoher Belastung verzichten die nebenamtlichen Richter auf die Weiterführung des erhöhten Fixums, da die Frage der Entschädigung der nebenamtlichen Gerichtsmitglieder ohnehin mit Blick auf das Kantonsgericht per 1. April 2002 überprüft wird.


Eine teilweise Weiterführung der befristeten Anstellungen im Bereich der Gerichtsschreiber und der Kanzlei ist ohne Nachtragskredit möglich, da mehrere Vakanzen Minderausgaben zur Folge haben.




5. Kosten


An Personalkosten fallen Fr. 38'262.-- für das laufende Jahr (40% einer Vollstelle LK 3 für 6 Monate) und ca. Fr. 19'131.-- für Januar bis März 2002 an, jeweils zuzüglich Sozialbeiträge des Arbeitgebers. Dazu kommen die Kosten für den Raum und die Sachmittel, wobei erstere nur rechnerisch anfallen und letztere gering sind.




6. Antrag


Zusammenfassend unterbreitet das Verwaltungsgericht dem Landrat folgenden Antrag:


Die bestehenden a.o. Vizepräsidien des Versicherungsgerichts werden für die Zeit vom 1. Juli 2001 bis 31. März 2002 wie folgt festgesetzt:


Zwei a.o. Vizepräsidien zu je 40% eines Vollamtes
Ein a.o. Vizepräsidium zu 20% eines Vollamtes.


Verwaltungsgericht des Kantons Basel-Landschaft


Der Präsident: Dr. P. Meier
Der Gerichtsschreiber: lic. iur. M. Greppi



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