2001-46

Wir haben das Jahr der Freiwilligenarbeit, doch liegt diese nicht mehr im Trend, wie ein Univox-Umfrage bestätigt. Dass man für Freiwilligenarbeit oft mehr Hohn und Kritik erntet, weiss nicht nur der 17-jährige Marc Hohl, der freiwillig den Zürcher Berninaplatz putzt (SZ vom 25.10.98) sondern vermutlich kennen auch die meisten unter uns Sprüche wie: "Was, das machst Du auch noch? Meinst du nicht, deine Familie... " etc.


Dass es auch anders gehen würde beweist (ausnahmsweise mal im positiven Sinne) die USA, wo der Freiwilligenarbeit ein hoher gesellschaftlicher Stellenwert beigemessen wird. Wer Karriere machen will, muss nachweisen, dass er oder sie sich auch für die Gemeinschaft engagiert hat, ansonsten bleibt der Weg an eine Elite-Uni verschlossen.


Obwohl auch bei uns vieles nicht mehr funktionieren würde ohne Freiwilligenarbeit, hat sie nicht den sozialen Stellenwert, der ihr gebührt. Laut dem BA für Statistik werden pro Monat(!) 44 Millionen Arbeitsstunden unentgeltlich geleistet. Auf das Jahr hochgerechnet entspricht das einem Wert von 19,4 Milliarden Franken oder fünf Prozent des Bruttosozialproduktes (TA vom 6.12.99 und 4.1.01).


Es kann und darf jedoch nicht sein, dass die Kosten und Defizite des Sozialstaates durch Freiwilligenarbeit kompensiert werden. Carlo Knöpfle von Cariats warnt davor: "Wer glaubt, dass die Lücken im Sozialbereich mit Freiwilligen zu schliessen seien, macht eine Fehlkalkulation". Durch die zunehmende Berufstätigkeit "leert sich das Reservoir der freiwillig arbeitenden (Haus-)Frauen", auch "die jungen Alten lassen sich nicht mehr ohne weiteres für regelmässigen Tätigkeiten einspannen (TA 4.1.01). Und was es heisst als Berufstätige/r zusätzlich Freiwilligenarbeit zu leisten, brauche ich Ihnen nicht zu erzählen...


Was ist also zu tun? In der Antwort auf meine Interpellation "Wie Erfahrungen zu Qualifikationen werden" vom 11.12.97 hat RR Hans Fünfschilling gesagt, dass bei Anstelllungen im Kanton Hausarbeit und Kindererziehung zu 25% angerechnet werden und dass der soziale Bereich im Zusammenhang mit der Besoldungsrevision aufgewertet werden solle. Zudem haben wir ein Postulat der SP überwiesen, wonach ein Baselbieter Zeitspende-Preis auszurichten sei. Das sind Ansätze, doch um die Freiwillenarbeit wirklich aufzuwerten, reichen sie nicht.


Wir bitten den Regierungsrat deshalb zu prüfen und zu berichten,


1. wie der Kt. Baselland analog zum Projekt "Sozialzeit-Ausweis" des Kantons Bern (1999) eine anerkannte und standardisierte Nachweis-Dokumentation einführen könnte, mit der sich ehrenamtliche und freiwillige Arbeit nachweisen und qualifizieren lässt. Darin sollen wie in anderen Arbeitszeugnissen Leistungen, Kompetenzen und Fachwissen dokumentiert werden.


2. wie bei der lohnwirksamen Anrechnung von Freiwilligenarbeit Verbesserungen erzielt werden können.


3. wie mit Sozialzeit Gutschriften auf bezahlte Weiterbildung erwirkt werden können. Besonders für Frauen ist dies wichtig, bezahlen doch heute 70% der Frauen ihre Weiterbildung selber, während es bei Männern nur gerade 30% sind.


4. wie er auf den Bund einwirken kann, so dass Freiwilligenarbeit auch bei Sozialversicherungen wirksam wird und beispielsweise Unfallversicherungen garantiert und Gutschriften bei Renten auslöst ("AHV-Bonus").


5. wie ein Steuerabzug für Aufwendungen (Spesen) bei der Freiwilligenarbeit und/oder andere Gutschriften bei den Steuern ermöglicht werden können.



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