2001-41 (1)
Vorlage an den Landrat |
Titel:
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Schriftliche Antwort des Regierungsrates zur Interpellation der FDP-Fraktion: Wann kommt der Container-Terminal im Birsfelder Hafen?
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vom:
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22. Mai 2001
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Nr.:
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2001-041
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Bemerkungen:
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I.
Am 8. Februar 2001 hat Landrat Max Ribi namens der FDP-Fraktion folgende Interpellation zum Projekt eines Container-Terminals im Birsfelder Hafen eingereicht, und um schriftliche Beantwortung gebeten:
" Ausgangslage : Der Landrat hat am 25. Juni 1998 den kantonalen Nutzungsplan Rheinhäfen Birsfelden und Muttenz mit grossem Mehr genehmigt. Schon bei den damaligen Beratungen in der Bau- und Planungskommission und im Landrat sorgten die Orchideen und andere seltene Pflanzen für heftige Diskussionen. Der Kohlestaub mit den damit verbundenen erhöhten Bodentemperaturen sind die Ursache für das Gedeihen dieser seltenen Pflanzen. Durch den Abbruch des Tanklagers am südöstlichen Ende des Birsfelder Hafens wurde eine Fläche frei, die auf dem Plan als ökologische Schutzzone ausgeschieden worden ist. Mit dem Transfer von kohlestaubvermischter Erde auf dieses Gelände können ideale Bedingungen für die Entfaltung von Flora und Fauna geschaffen werden. Das Schrägbord zum Rhein ist ebenfalls mit diesen seltenen Pflanzen bestückt. Beim Bau des Container-Terminals würde das Bord in Mitleidenschaft gezogen. Hier liegt der Konflikt zwischen Naturschutz und Rheinhafennutzung.
Der Regierungsrat und der Landrat betonten an der Landratssitzung vom 25. Juni 1998, dass die Rheinhäfen ein Wirtschaftsstandort von nationaler Bedeutung seien. Auf dem Rhein erfolgt ein umweltschonender Transport. Der Weitertransport mit der Bahn ist ebenfalls umweltschonend. Es sei ein seltsamer Zielkonflikt zu beobachten: Umweltschutz gegen Naturschutz. Der Landrat hat in § 16 des kantonalen Nutzungsplanes festgehalten: "Die Rheinuferzone dient als Standort für Umschlagseinrichtungen. Sofern die Umschlagseinrichtungen es erlauben, ist die Biotopvernetzung zu gewährleisten." Die Mehrheit des Landrates hat sich klar für den Wirtschaftsstandort Rheinhafen und damit indirekt für den Bau eines Container-Terminals ausgesprochen. Mit der Ausscheidung der oekologischen Schutzzone hat der Landrat auch dem Naturschutz Rechnung getragen. Ein guter Kompromiss.
Geschehnisse seit dem Landratsbeschluss
Gemäss Auskunft von Regierungsrat Erich Straumann anlässlich der Landratssitzung vom 14.12.2000 zum Regierungsprogramm und gemäss Zeitungsartikel "Orchideen stehen im Weg" in der Basellandschaftlichen Zeitung vom 17.1.2001 ist der Konflikt Naturschutz gegen wirtschaftliche Nutzung des Hafens Birsfelden 2 1/2 Jahre nach dem Landratsbeschluss noch nicht ausgestanden.
Inzwischen ist auch der Kanton Basel-Stadt nicht untätig geblieben. Kürzlich gelangte die Regierung mit dem Ratschlag zur Erneuerung und Anhebung der Eisenbahnbrücke über das Hafenbecken 2 in Kleinhüningen mit einem Kostenaufwand von 9,4 Mio Fr. an den Grossen Rat. Nach der Verwirklichung dieses Bauwerks können Container-Schiffe ins Hafenbecken 2 einfahren.
Der Landrat hat ein von Rita Kohlermann verfasstes FDP-Postulat 99/169, "Optimierung der Transportinfrastruktur am Oberrhein und Hochrhein" einstimmig überwiesen.
Das vom Landrat am 13. April 2000 verabschiedete Regierungsprogramm 1999-2003 mit dem roten Faden "Förderung der Standortgunst des Kantons Basel-Landschaft" wurde von allen Fraktionen gutgeheissen. Dazu gehört unserer Meinung nach auch die Realisierung des Container-Terminals im Birsfelder Hafen.
Aufgrund der geschilderten Sachlage bitten wir den Regierungsrat um schriftliche Beantwortung folgender Fragen:
1. Ist der kantonale Nutzungsplan Rheinhäfen Birsfelden und Muttenz rechtskräftig?
2. Ist die ökologische Schutzzone realisiert worden und gedeihen die seltenen Pflanzen dort?
3. Warum ist der Container-Terminal noch nicht gebaut?
4. Welches sind die Gründe für die Verzögerungen?
5. Setzt sich der Regierungsrat weiterhin für den Bau des Container-Terminals ein?
a) Mit welchen Mitteln?
b) Wann ist mit dem Baubeginn zu rechnen?
4. Welche Optimierungen der Transportinfrastruktur am Oberrhein und Hochrhein sind gemäss Inhalt des FDP-Postulats 99/169 in die Wege geleitet worden?
5. Welche weiteren Aktivitäten zur Erhöhung der Standortgunst sind im Hafen Birsfelden und im Hafen Muttenz im Tun oder geplant?"
II.
Auftragsgemäss berichtet der Regierungsrat was folgt:
Allgemeine Bemerkungen
Die Interpellation spricht drei verschiedene Themenbereiche an, die zwar eng miteinander verknüpft sind, im Grunde genommen aber einzeln betrachtet werden müssten. Es sind dies:
a) Fragen im Zusammenhang mit dem kantonalen Nutzungsplan Rheinhäfen Basel-Landschaft,
b) Fragen im Zusammenhang mit dem Projekt Container-(Kombi-)Terminal im Birsfelder Hafen, und
c) Fragen, die im weitesten Sinne den Wirtschaftsstandort Kanton Basel-Landschaft, im Speziellen die Förderung der Rheinhäfen Basel-Landschaft ansprechen.
Bei der Beantwortung der Fragen der Interpellation wird das Hauptgewicht auf die beiden Themen Nutzungsplan und Container-Terminal gelegt, obwohl im Zusammenhang mit den strategischen Zielsetzungen der Rheinhafenpolitik noch weitere Einflussfaktoren relevant sind. Aufgrund der komplexen Abhängigkeit verschiedener Faktoren müssen aber alle grösseren Bauprojekte bis zur Inkraftsetzung des Nutzungsplanes zurückgestellt werden. Dies betrifft insbesondere die Realisierung eines Container-Terminals.
Beantwortung der Fragen
1. Ist der kantonale Nutzungsplan Rheinhäfen Birsfelden und Muttenz rechtskräftig?
Der vom Landrat genehmigte kantonale Nutzungsplan Rheinhäfen Birsfelden und Muttenz konnte wegen der hängigen Einsprache der PRO NATURA nicht in Kraft gesetzt werden. Es war von allem Anfang an das Bestreben aller Verantwortlichen, diese Einsprache im Sinne eines Kompromisses einer einvernehmliche Lösung zuzuführen. In der Zwischenzeit liegt ein ausgehandelter Kompromissvorschlag vor, welcher den Anliegen des Naturschutzes weitgehend entgegenkommt. Unter der Voraussetzung, dass dieser Erlass umgesetzt wird, haben die Naturschutzverbände schriftlich ihre Einsprache zurückgezogen.
2. Ist die ökologische Schutzzone realisiert worden und gedeihen die seltenen Pflanzen dort?
Die im Nutzungsplan ausgeschiedene Schutzzone ist Bestandteil des ausgehandelten Kompromisses. Die Schutzzone ist Teil des ehemaligen BP-Areals. Die Sanierung dieses Areals ist noch nicht abgeschlossen, sodass die vorgesehene Umsiedlung und Ausbreitung der seltenen Pflanzen noch nicht möglich war. Die inzwischen erfolgten Abklärungen bezüglich der konkreten Möglichkeiten und Erfolgschancen einer solchen Besiedlung haben ergeben, dass verschiedene unerwartete Schwierigkeiten zu überwinden sein werden. So ist beispielsweise die Beschaffenheit des Untergrundes von entscheidender Bedeutung. Eine notwendige Verlagerung von kohledurchsetztem Erdreich ist ebenfalls nicht ohne weiteres statthaft. Der vorgesehene Massnahmekatalog sieht vor, diese Fragen in Zusammenarbeit mit den kantonalen Fachstellen im Rahmen eines konkreten Projektes zu klären und mit gezielten Massnahmen die Schutzziele anzugehen.
Es sei noch erwähnt, dass es nicht nur um das beschriebene Schutzzonenareal geht, sondern dass das gesamte Hafenareal mit unterschiedlichen Zonen zu berücksichtigen ist. So ist insbesondere auch das Rheinbord teilweise ebenfalls Standort geschützter und seltener Pflanzen.
3. Warum ist der Container-Terminal noch nicht gebaut?
Das Projekt eines Container-Terminals wurde in Form einer Machbarkeitsstudie unter Begleitung einer "Entwicklungsgruppe" vorbereitet. Wesentliche Erkenntnisse aus dieser Studie führten zu zusätzlich notwendigen Abklärungen. So müssen beispielsweise wegen der geringen Durchfahrtshöhe bei der Mittleren Brücke in Basel die technischen und logistischen Voraussetzungen geklärt sein. Neben diesen Abklärungen sind weitere Voraussetzungen notwendig: Es muss eine Betriebsgesellschaft gegründet werden zum Betrieb eines Terminals, Bund und Kanton müssen ihre finanzielle Beteiligung zusichern, und nicht zuletzt muss ein solches Projekt umweltverträglich sein. Dieser letzte Punkt war denn auch massgebend für den Entscheid, das Projekt Container-Terminal erst nach der Inkraftsetzung des Nutzungsplanes zu reaktivieren, damit die Bedingungen bezüglich allfälliger baulicher Einschränkungen bekannt sind und damit das Projekt entsprechend angepasst werden kann. Hintergrund dieser Überlegung ist, möglichst auch solche Projekte "einsprachefrei" und ohne verzögernde Rechtsstreitigkeiten realisieren zu können.
4. Welches sind die Gründe für die Verzögerungen?
Zusätzlich zu den bereits genannten Gründen muss erwähnt werden, dass die zahlreichen personellen Veränderungen mit ein Grund waren, weshalb insbesondere die Behandlung der Einsprache bzw. die Inkraftsetzung des Nutzungsplanes verzögert wurde. So wechselte in der entscheidenden Phase der Abklärungen der Vorsteher der Volkswirtschafts- und Sanitätsdirektion, der Leiter der Rheinhäfen BL verstarb überraschend und der Präsident der PRO NATURA übernahm eine neue Aufgabe im Ausland.
Für die Verzögerungen im Projekt Container-Terminal waren zweifellos auch andere Gründe verantwortlich. So spielten die Pläne bezüglich Terminal im Kleinhüninger Hafen insbesondere bei der abwartenden Haltung potenzieller Betreiber und damit Investoren sicher eine Rolle. Auch konnte sich das Bundesamt für Verkehr ohne Bekanntgabe einer Betreibergesellschaft nicht zu einer Subventionszusicherung durchringen. Schliesslich werden sich auch die von einem Teil der Experten geäusserten technischen Vorbehalte oder Auflagen (z.B. Notwendigkeit des Baus eines Senkrechtufers) verzögernd ausgewirkt haben.
5. Setzt sich der Regierungsrat weiterhin für den Bau des Container-Terminals ein?
Der Regierungsrat ist nach wie vor überzeugt, dass die vielversprechenden Aussichten des Container-Verkehrs auf dem Rhein als ökologisch sinnvolles Transportmittel den baldigen Bau einer solchen Anlage notwendig machen. Die prognostizierten grossen Zuwachsraten und die speziellen Weiterverteilungsmöglichkeiten lassen ein solches Projekt auch mit den bestehenden kleinen Einschränkungen (2-lagige Fracht wegen Mittlerer Brücke) und trotz parallelen Ausbauplänen in den Basler Häfen ohne weiteres zu.
a) Mit welchen Mitteln?
Das Hafengesetz regelt in § 10 die Finanzierung der durch den Kanton zu erstellenden Erschliessungsanlagen. Der Kanton kann nach § 13 des Hafengesetzes auch Investitionsbeiträge an Dritte gewähren. Nach § 14 können auch Unterhalts- und Betriebsbeiträge an Dritte gewährt werden. Aus heutiger Sicht kann über eine solche Beitragsgewährung keine verbindliche Aussage gemacht werden.
b) Wann ist mit dem Baubeginn zu rechnen?
Ein möglicher Baubeginn hängt stark vom Inkraftsetzungstermin des Nutzungsplanes und des daraus abzuleitenden Nutzungskonzeptes ab. Schliesslich wird auch die Variantenwahl und der Terminplan des potentiellen Betreibers einer solchen Anlage entscheidend sein.
6. Welche Optimierungen der Transportinfrastruktur am Oberrhein und Hochrhein sind gemäss Inhalt des FDP-Postulats 99/169 in die Wege geleitet worden?
Diese Frage soll im Rahmen der Berichterstattung zum erwähnten Postulat beantwortet werden. Das Postulat ist in Bearbeitung und das Ergebnis wird voraussichtlich im Herbst dieses Jahres vorgelegt werden können.
7. Welche weiteren Aktivitäten zur Erhöhung der Standortgunst sind im Hafen Birsfelden und im Hafen Muttenz im Tun oder geplant?
Zur Zeit sind keine besonderen Aktivitäten zur Erhöhung der Standortgunst in den Häfen Birsfelden und Au Muttenz geplant.
Zusammenfassung
Der Landrat hat den Nutzungsplan der Rheinhäfen Basel-Landschaft genehmigt. Der Regierungsrat ist für die Inkraftsetzung zuständig.
Nachdem die ProNatura ihre Einsprache zurückgezogen hat will der Regierungsrat mit einem Erlass über Schutzziele und Massnahmen die Voraussetzung schaffen, dass der Rückzug wirksam wird und der Nutzungsplan in Kraft gesetzt werden kann.
Der Bau beziehungsweise die Förderung eines Container-Terminals ist zwar nicht zwingend als Folge der Zustimmung zum Nutzungsplan anzusehen, wurde aber bisher klar als strategisches Ziel innerhalb der Hafenpolitik vom Regierungsrat unterstützt. Die recht massiven Verzögerungen in diesem Projekt sind mit der besonderen Situation in personeller Hinsicht, aber auch mit technischen und logistischen Schwierigkeiten erklärbar. Das Projekt wird nach erfolgter Inkraftsetzung des Nutzungsplanes reaktiviert, die verschiedenen Varianten abgewogen und grundsätzlich entschieden. Je nach gewählter Variante wird der Kanton Basel-Landschaft für die Erstellung der notwendigen Infrastruktur einen mehr oder weniger hohen Betrag investieren müssen. Ein möglicher Baubeginn hängt ebenfalls von der Wahl der Varianten ab.
Die übergeordneten Fragen zur Optimierung der Infrastruktur am Ober- und Hochrhein werden im Rahmen der Behandlung des FDP-Postulats 99/169 noch dieses Jahr beantwortet.
Liestal, 22. Mai 2001
Im Namen des Regierungsrates
Der Präsident: Koellreuter
Der Landschreiber: Mundschin
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