2001-30 (1)

Am 25. Januar 2001 reichte Landrätin Esther Maag, Liestal, die Schriftliche Anfrage 2001/030 betreffend "Verkehrsschau" mit folgendem Inhalt ein:

"Im Kanton stehen viele grosse Verkehrsvorhaben an: H2, Umfahrung Sissach, Umfahrung Zwingen und Laufen, Südzubringer Allschwil, 3. Belchenröhre, Wiesenbergtunnel, Regio-S-Bahn - um nur einige zu nennen. Den Ueberblick scheint niemand so richtig zu haben. Es wirkt wie ein in die Einzelteile zerlegtes Puzzlespiel mit unzähligen (geplanten) Grossbaustellen in den verschiedensten Stadien.


Der Stadtforscher und Mitbegründer des International Network for Urban Reserch and Action INURA, Dr. Richard Wolff wollte herausfinden, welche Summe gesamtschweizerisch in den nächsten 20 Jahren in den Strassenbau investiert werden sollten und musste bald feststellen, dass sich die Annahme, die Bundesverwaltung wisse dies, als naiv erwies. Einzig beim Nationalstrassenbau waren genaue Zahlen vorhanden. "Bezüglich der Kantons- und Gemeindestrassen kennt der Bund nur die im vergangenen Jahr geplanten Ausgaben. Alles was darüber hinausgeht, ist unbekannt. Einen Blick in die Zukunft gibt es beim Bund nicht, meinte denn auch einer der zuständigen Bundesbeamten."


In bezug auf den Kanton Baselland wüssten wir eigentlich gerne mehr und erlauben uns deswegen, einige Fragen zu stellen (Siehe Beantwortung)."




Antwort des Regierungsrates


1. Eine präzise und vergleichbare finanzielle Übersicht - wie von Landrätin Esther Maag gefordert - ist deshalb schwierig, weil die Investitionen im Verkehr sich bekanntlich aus unterschiedlichen Teilbeträgen für Investitionen, Betrieb und Unterhalt sowie Folgekosten zusammensetzen, von unterschiedlichen Akteuren stammen und zu unterschiedlichen Zeiten gesprochen werden.


2. Für die nächsten vier Jahre besteht eine Übersicht über die Investitionen für den Unterhalt bestehender und den Bau von neuen Infrastrukturbauten. Die Angaben finden sich vor allem im vierjährigen Finanzplan als auch im Regierungsprogramm 1999-2003. Diese Aussage gilt ausdrücklich für den öffentlichen Verkehr als auch den Strassenbau.


3. Für die weitere Zukunft bestehen Vorstellungen und Absichten im Verkehrsbereich, deren Kosten lediglich grob geschätzt werden können und die nicht verbindlich sind. Für beide Verkehrsträger besteht zudem die Schwierigkeit der Abschätzung der Folgekosten (z.B. Anpassungen angrenzender Infrastruktur, Lärmschutz, Unterhalt) und der Beträge für Rollmaterial beim OeV.




Vor diesem Hintergrund kann zu den Fragen von Landrätin Esther Maag festgehalten werden:


1. Welche Summe soll in den nächsten 10 Jahren in den Strassenbau investiert werden?


Diese Frage lässt sich - aufgrund des Vorhergesagten - nicht beantworten. Die Bruttoinvestitionen setzen sich zusammen aus den Investitionen in den Strassenausbau und den Aufwendungen für die Erhaltung und Erneuerung des bestehenden Strassennetzes. Zu unterscheiden sind zudem auch die Investitionen des Bundes und des Kantons als Bauherr (im Falle der Kantonsstrassen) und als Betreiber der National- und der Kantonsstrassen. Dabei ist gegenwärtig mit ca. 37 % Investitionsbeiträgen des Bundes zu rechnen, wobei dieser Wert mit dem neuen Finanzausgleich zwischen Bund und Kantonen (NFA) noch ändern kann.
Aktuelle Zusammenstellung siehe Beantwortung der Fragen 3-6!


2. Welche Summe in den Ausbau des öffentlichen Verkehrs?


Auch diese Summe lässt sich aufgrund des heutigen Wissenstandes nicht beziffern. Eine Übersicht über die Bruttoinvestitionen besteht bis zum Jahre 2007. Aufgrund des neuen Finanzausgleichs zwischen Bund und Kantonen (NFA) und der Bahnreform 2 können sich die Beträge noch ändern. Die Gemeinden leisten an die noch vor 1998 beschlossenen Investitionsprogramme Beiträge in Höhe von 4.4 % der Bruttoinvestitionen. Aufgrund des OeV-Gesetzes haben sich die Gemeinden an den neuen Investitionsprogrammen nicht mehr zu beteiligen.
Der Kanton steht in Vorbereitung neuer Investitionen für den öffentlichen Verkehr, welche schwergewichtig aber erst nach 2007 finanzwirksam werden (siehe Beantwortung der Punkte 3-6).


3. Welche grossen Bauvorhaben - OeV und Strassenbau - sind überhaupt geplant?


4. Gibt es dabei eine Uebersicht?


5. Gibt es einen Zeitplan?


6. Gibt es eine Prioritätenliste?


Da die Fragen 3 bis und mit 6 inhaltsmässig teilweise eng miteinander verbunden sind, wurde die Beantwortung der Fragen in den nachfolgenden Übersichten zusammengestellt, unterteilt nach Strassenbau und Öffentlicher Verkehr. Zu beachten ist der jeweilige Stand des Bauvorhabens, die gesamte Projektsumme und der noch zu verbauende Teilkredit bis ins Jahr 2010. Zu berücksichtigen ist auch, dass einzelne Bauvorhaben Bauzeiten über 2010 hinaus aufweisen und bei den zum Teil grob geschätzten Beträgen nicht nach Finanzierungsart unterschieden wird.




Strassenbau


Grosse Vorhaben im Bau oder projektiert (zum Teil mit Bauzeiten über 2010 hinaus)

Weitere geplante oder mögliche grosse Vorhaben (zum Teil mit Bauzeiten über 2010 hinaus)



Öffentlicher Verkehr


Grosse Vorhaben im Bau oder projektiert (zum Teil mit Bauzeiten über 2010 hinaus)

Weitere geplante oder mögliche grosse Bauvorhaben (zum Teil mit Bauzeiten über 2010 hinaus)



7. Welchem Bauvorhaben wird Priorität eingeräumt: dem Wisenbergtunnel oder der 3. Belchenröhre


Die beiden Vorhaben haben direkt nichts miteinander zu tun. Beim Wisenbergtunnel handelt es sich um eine Neuinvestition. Beim Sanierungsstollen für den Belchen geht es primär um einen Ausbau, wobei grundsätzlich keine neuen Kapazitäten geschaffen werden sollen. Die Kosten werden auf ca. 220 Mio Fr. geschätzt. Der Kantonsanteil wird, wie bei allen bisherigen N2-Ausbauvorhaben, im Budget als gebundene Ausgabe aufgeführt.


Beim Belchentunnel ist der Kanton im Auftrag des Bundes der Bauherr. Die Finanzierungsvoraussetzungen gehen aus den Erläuterungen im vorangehenden Absatz hervor, wobei derzeit der Bund für 84 % der Kosten aufkommt. Das Plangenehmigungsverfahren erfolgt über das Bundesamt für Strassen (ASTRA), welches gleichzeitig auch allfällige Einsprachen zu behandeln hat.


Für die Realisierung des Wisenbergtunnels ist der Bund zuständig, wobei ein solches Projekt zuerst als Bestandteil des Projektes Bahn 2000 2. Etappe aufgenommen werden muss. Eine entsprechende Botschaft ist für das Jahr 2005 in Aussicht gestellt. Gegen diese Vorlage kann das Referendum ergriffen werden. Im Falle einer Referendumsergreifung wären weitere 2 Jahre vorzusehen. Nach einem allfällig überstandenen Referendum könnte die Projektierung an die Hand genommen werden. Danach müsste der Bund das Plangenehmigungsverfahren einleiten, für welches ebenfalls ca. 3 Jahre einzukalkulieren sind. Im besten Fall könnte wohl im Jahre 2010 mit dem Bau des Wisenbergtunnel begonnen werden. Mit einer Inbetriebnahme könnte somit frühestens auf das Jahr 2020 gerechnet werden.


Aus den vorangehend erwähnten Gründen geht hervor, dass es nicht abschliessend an uns liegt, Prioritäten festzulegen bzw. heute kann keine verbindliche Aussage betreffend die Priorität gemacht werden. Infrastrukturmässig kann jedoch festgestellt werden, dass im Bereich Bahnverkehr auf der Strecke Liestal (inkl. Bahnhof) bis Olten effektiv ein Engpass besteht, was bei der Nationalstrasse nur bei lang andauernden Erhaltungs- und Erneuerungsmassnahmen der Fall ist.




8. Wie wird die Planung der Regio-S-Bahn vorangetrieben?


Die Kantone der Nordwestschweiz beabsichtigen die Einführung des durchgehenden Halbstundentakts auf der Linie Laufen - Basel - Olten ab Fahrplanwechsel 2001. Der entsprechende Antrag ist dem Landrat im Rahmen des Generellen Leistungsauftrages 2001 - 2005 unterbreitet worden (der Entscheid steht noch aus). Die Konferenz der Direktoren des öffentlichen Verkehrs Nordwestschweiz (KöV NWCH) hat am 20. November 2000 den SBB einen Planungsauftrag für die Regio-S-Bahn 2005 erteilt. Das benachbarte Ausland wird in die Arbeiten für den grenzüberschreitenden Verkehr einbezogen. Die Projektoberleitung wird durch den Kanton Basel-Landschaft wahrgenommen. Mit dem Planungsauftrag sollen für den nächsten grossen Fahrplanwechsel von Ende 2004 das Angebot, die benötigte Infrastruktur, das Rollmaterial, das Marketing und die Finanzierung der Regio-S-Bahn 2005 festgelegt werden. Die Umsetzung erfolgt schrittweise.




9. Wie wird mit den angrenzenden Kantonen, bzw. dem angrenzenden Ausland koordiniert?


Bei internationalen und/oder regionalen Projekten bestehen in der Regel entsprechende Arbeitsgruppen, in welchen eine generelle, gemeinsame Projektbasis erarbeitet wird (vgl. auch Beantwortung von Frage 8).


Abschliessend wird die Koordination im Detail über Vernehmlassungen der konkreten Projekten mit grenzüberschreitenden bzw. regionalen Auswirkungen sichergestellt. Analog verhält es sich auch im Rahmen der Ausführungsphase.




10. Wäre es denkbar, dass BL analog zu BS einen Verkehrsplan ausarbeitet?


Derzeit liegt das Konzept zur räumlichen Entwicklung des Kantons Basel-Landschaft im Entwurf vor und soll demnächst in die Vernehmlassung gegeben werden. Mit der Diskussion und der nachfolgenden Bereinigung des Konzeptes bzw. mit der Genehmigung durch den Landrat, wird die erste Stufe der neuen kantonalen Richtplanung abgeschlossen und die Voraussetzung für das Erstellen des kantonalen Richtplanes geschaffen.


Der Richtplan ist dem Wesen nach ein Konzept- und Koordinationsplan. Er steht somit zwischen Leitbild und der Nutzungsplanung. Der Richtplan stellt durch seine Anweisungen die Koordination mit den Sachplanungen des Kantons, mit den internationalen und regionalen Planungen und den Nutzungsplanungen der Gemeinden sicher. Die im Richtplan zu regelnden Inhalte ergeben sich aufgrund der Differenzen zwischen der heutigen und der angestrebten räumlichen Entwicklung des Kantons und aufgrund des Koordinationsbedarfs kantonsintern sowie der mit Bund, Nachbarkantonen und angrenzenden Ländern abzustimmenden räumlichen Belangen. Dabei hat sich eine mittlerweilen als klassisch gewordene Gliederung


- Siedlung
- Natur- und Landschaft
- Verkehr
- Versorgung und Entsorgung
- sowie allenfalls noch weitere, spezielle Raumnutzungen


etabliert. Im Teilbereich Verkehr ist denn auch zu prüfen, wie das zukünftig erwartete Gesamtverkehrsvolumen siedlungs- und landschaftsverträglich bewältigt werden kann bzw. welche zusätzlichen Verkehrsbauten und -anlagen sowie Massnahmen dazu allenfalls nötig sind. Der Richtplaninhalt Verkehr bildet somit zum Verkehrsplan Basel-Stadt - auf Stufe Kanton - ein teilweise äquivalentes Instrument; er versucht die zukünftigen Mobilitätsansprüche gesamtheitlich und zukunftgerichtet zu steuern.


Aus Sicht des Kantons Basel-Landschaft macht es jedoch keinen Sinn, einen eigenständigen Verkehrsplan zu kreieren. Die Region Nordwestschweiz mit dem Zentrum der Stadt Basel bildet zusammen mit dem angrenzenden Ausland heute wie auch in Zukunft eine wichtige Drehscheibe des Strassen-, Schienen-, Flug- und Schifffahrtsverkehrs. Damit es nicht zu ernsthaften Widersprüchen in der regionalen Verkehrspolitik - und somit auch in unserem Lebens- und Wirtschaftsraum - kommt, ist diesbezüglich eine grenzüberschreitende, partnerschaftliche Handlungsweise mit einer übergeordneten Sichtweise nötig.


Liestal, 20. März 2001


Im Namen des Regierungsrates
der Präsident: Koellreuter
der Landschreiber: Mundschin



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Fussnoten:


1. H = Schweizerische Hauptstrasse (vormals T: Talstrasse bzw. J: Jurastrasse)


2. N = Nationalstrasse


3. BLT = Baselland Transport AG