2001-27 (1)
Vorlage an den Landrat |
Titel:
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Interpellation 2001/027 der SP-Fraktion: Gewährleistung einer umfassenden und qualitativ hochstehenden Lebensmittelkontrolle
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vom:
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20. März 2001
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Nr.:
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2001-027
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Bemerkungen:
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I.
Die SP-Fraktion hat am 25. Januar 2001 eine Interpellation betreffend "Gewährleistung einer umfassenden und qualitativ hochstehenden Lebensmittelkontrolle" mit folgendem Wortlaut eingereicht:
Lebensmittel- und Tierskandale ohne Ende. Den BSE-Rindern, Dioxin-Hühnern, Hormonkälbern folgen seit kurzem noch die Antibiotika-Schweine. Das Vertrauen der Konsumentinnen und Konsumenten in die Produktion unserer Lebensmittel schwindet wie der Schnee an der Sonne und hat nach dem neusten Skandal einen weiteren Tiefpunkt erreicht. Viele fragen sich, was wird eigentlich vom Staat getan, um die Verbraucherinnen und Verbraucher besser zu schützen? Andere wiederum zweifeln an der Wirksamkeit unserer Lebensmittelkontrolle.
Da das Vertrauen in die Lebensmittelproduktion und in die Tierhaltung nur durch höchste Transparenz wieder gewonnen werden kann, ersuchen wir die Regierung um die schriftliche Beantwortung folgender Fragen:
1. Wie gross sind die personellen Ressourcen der Organe unserer Lebens-mittelkontrolle (aufgeschlüsselt nach den verschiedenen Einsatz- und Zuständigkeitsbereichen)?
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2. Wieviele Kontrollen wurden in den Jahren 1999 und 2000 in diesen Bereichen vorgenommen?
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3. Wie gross ist die Anzahl der zu Kontrollierenden (Betriebe/Tiere)?
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4. Genügt der heutige Personalbestand, um die Sicherheit unserer Lebensmittel zu gewährleisten ? Wenn nicht, was gedenkt die Regierung diesbezüglich zu unternehmen?
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5. Existiert ein kantonales Konzept über die Durchführung der Lebensmittelkontrollen?
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6. Was hat der Vollzug
a. der Lebensmittelverordnung b. der Verordnung über die Tierseuchenbekämpfung in den Jahren 1999 und 2000 gekostet? |
7. Wieviele Widerhandlungen gegen die Lebensmittelgesetzgebung wurden in den Jahren 1999/2000 festgestellt:
a. im Bereich der Tierhaltung, Schlachtung, Fleischverarbeitung und -lagerung b. im übrigen Lebensmittelbereich? |
8. Wieviele Strafverfahren wurden in den Jahren 1999/2000 gegen fehlbare Per-sonen oder Firmen eingeleitet?
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9. Mit welchen Strafen ist bei Widerhandlungen gegen die Lebensmittelgesetzgebung zu rechnen? Genügen diese Strafen aus der Sicht der Regierung, um die Bestimmungen der Lebensmittelgesetzgebung durchzusetzen und den Verbraucherschutz zu gewährleisten?
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10. Wäre es nicht angebracht, im Wiederholungsfall drakonische Massnahmen zu ergreifen (zum Beispiel Entzug bzw. Verweigerung der eidgenössischen und kantonalen Subventionen)?
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II.
Der Regierungsrat nimmt zu den einzelnen Fragen wie folgt Stellung:
Allgemeines
Im Kanton Basel-Landschaft sind das Veterinärwesen und das Kantonale Laboratorium für die Lebensmittelkontrolle zuständig. Das Veterinärwesen leitet die Lebensmittelkontrolle im Bereich der Tierhaltung, Schlachtung und der Schlachttier- und Fleischuntersuchung. Das Kantonale Laboratorium ist für die sämtlichen übrigen Lebensmittel und Gebrauchsgegenstände zuständig. Das Kantonale Laboratorium befasst sich ausschliesslich mit Lebensmitteln und Gebrauchsgegenständen, hingegen gehören zum Aufgabengebiet des Veterinärwesens auch die Tierseuchenprophylaxe und -bekämpfung und der Vollzug der Tierschutzgesetzgebung.
Die Lebensmittelsicherheit in der Schweiz ist hoch. Dieser hohe Standard kann aber offenbar der Bevölkerung nur ungenügend kommuniziert werden, die vor allem auch durch die Ereignisse im benachbarten Ausland verunsichert worden ist. Alle beteiligten Seiten müssen Anstrengungen unternehmen, um das Vertrauen in die Lebensmittel zu-rückzugewinnen.
Zu den Fragen im Einzelnen
Frage 1: Personelle Ressourcen
Das Kantonale Laboratorium verfügt über 19,9 Sollstellen:
Anzahl Stellen
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Bezeichnung
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Aufgabe
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2
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Amtsleitung
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3
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Lebensmittelinspektorat
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Inspektion von Betrieben und Probenahme
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2
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Trinkwasserinspektorat
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Inspektionen von Gemeindewasserversorgungen und Trinkwassermonitoring
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10,9
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Labor
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Untersuchung von Lebensmittelproben und Gebrauchsgegenständen
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2
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Sekretariat
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Anzahl Stellen
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Bezeichnung
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Aufgabe
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1
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Kantonstierarzt
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Ueberwachung der Fleischkontrolleure
Inspektion der Schlachtlokale Kontrolle der Tierhaltungen |
1
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Sekretariat
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Die eigentliche Fleischkontrolle wird von 16 tierärztlichen und 2 nicht tierärztlichen Fleischkontrolleuren, die im Nebenamt gewählt sind, vorgenommen.
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18
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Fleischkontrolleure im Nebenamt
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Schlachttier- und Fleischuntersuchung
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Frage 2: Anzahl Kontrollen
Kantonales Laboratorium
Bezeichnung
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Anzahl
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Jahr
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Lebensmittelinspektorat
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376 Inspektionen
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1999
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450 Inspektionen
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2000
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Trinkwasserinspektorat
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18 Inspektionen und Überwachung des Trinkwassers sämtlicher Gemeinden
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1999
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24 Inspektionen und Überwachung des Trinkwassers sämtlicher Gemeinden
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2000
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Labor
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5905 Kontrollierte Produkte
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1999
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5667 Kontrollierte Produkte
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2000
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Veterinärwesen
Bezeichnung
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Anzahl
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Jahr
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Kantonstierarzt
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56 Schlachtlokale inspiziert
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1999
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56 Schlachtlokale und eine Zerlegerei inspiziert
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2000
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86 Landwirtschaftsbetriebe integral kontrolliert bezüglich Einhaltung der neuen Tierverkehrskontrolle (Herkunftsnachweis), der Aufzeichnungspflicht der eingesetzten Arzneimittel, der Milchqualitätssicherung (und des Tierschutzes und der Tiergesundheit)
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2000
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Fleischkontrolleure
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Untersuchte Tierart:
Grosses Rindvieh: Kälber: Schafe/Ziegen: Schweine: Pferde: |
Stück:
2232 2023 14260 3419 222 |
1999
|
Untersuchte Tierart:
Grosses Rindvieh: Kälber: Schafe/Ziegen: Schweine: Pferde: |
Stück:
1885 1588 12411 3318 182 |
2000
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Frage 3: Anzahl zu kontrollierender Betriebe
Kantonales Laboratorium
Restaurants
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765
|
Bauernbetriebe
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566
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Lebensmittelverkauf
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325
|
Wasserversorgungen
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86
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Heime, Spitäler
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75
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Bäckereien, Konditoreien
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74
|
Metzgereien
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56
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Weinproduzenten, -handel
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52
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Gemüseproduzenten
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51
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Verkauf oder Handel mit Gebrauchsgegenständen
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33
|
Lebensmittelhandel
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33
|
Lebensmittelproduzenten
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32
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Total
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2'148
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Veterinärwesen
Schlachtlokale
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56
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1200 Nutztierhaltungen, wovon 900 Landwirtschafts-betriebe im Haupt- oder Nebenerwerb
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Tierart:
Rindvieh: Schweine: Schafe/Ziegen: Legehennen: Mastgeflügel: |
Anzahl:
28'000 14'000 7'000 12'000 14'000 |
Frage 4: Ist der Personalbestand genügend?
Neue Risiken wie BSE, der Dioxinskandal in Belgien oder der erst kürzlich festgestellte Skandal mit Schweinefleisch in Oesterreich, neue Technologien und Produkte (gen-technisch veränderte Lebensmittel), die Globalisierung (Lebensmittel gelangen aus der ganzen Welt auf den heimischen Küchentisch) und vermehrt wenig Ausgebildete, die Lebensmittel vertreiben oder herstellen, sind permanent neue Herausforderungen für die Lebensmittelkontrolle. Dem steht die regionale Produktion von Lebensmitteln ge-genüber, die unter der direkten Aufsicht der Lebensmittelkontrolle steht.
Um im Kanton Basel-Landschaft eine effiziente Lebensmittelkontrolle beibehalten zu können, wurde deshalb bereits 1997 ein Zusammenarbeitsvertrag mit Basel-Stadt un-terzeichnet. Inzwischen wurden diverse Gebiete aufgeteilt (nur noch ein Labor führt die Untersuchungen für beide Kantone), teure Geräte werden nur einmal angeschafft und die Untersuchungen erfolgen nach einem gemeinsamen Jahresplan.
Im Bereich des Veterinärwesens kam mit der neuen Tierverkehrskontrolle, der Auf-zeichnungspflicht für eingesetzte Antibiotika bei Tieren, die der Lebensmittelproduktion dienen, und der Veterinärkontrolle bei der Milchqualitätssicherung, die letztendlich die Exportfähigkeit unserer Milchprodukte garantiert, neue Aufgaben auf die Vollzugs-organe zu.
Vor diesem Hintergrund ist der Personalbestand im Kantonalen Laboratorium aus-reichend, im Veterinärwesen unzureichend. Wohl hat der Kantonstierarzt im Jahr 2000 eine integrale Kontrolle auf 86 Landwirtschaftsbetrieben vorgenommen, eine jährliche Kontrolle von 10 % aller Klauentierhaltungen, wie es eine Weisung des Bundesamtes für Veterinärwesen vorschreibt, und die der Regierungsrat als notwedig erachtet, um das Vertrauen in die tierische Produktion zu stärken, übersteigt die Ressourcen des Veterinärwesens. Aus diesen Gründen wird diese Kontrollleistung in den nächsten drei Jahren beim Kanton Solothurn eingekauft werden.
Um die Sicherheit der Lebensmittel in Zukunft weiterhin zu garantieren, muss vermehrt ganzheitlich gedacht werden. Gesunde und sichere Lebensmittel können nur in einer intakten Umwelt hergestellt werden. Die Zusammenarbeit zwischen dem Kantonalen Laboratorium, dem Veterinärwesen, den Vollzugsorganen im Bereich der Umweltschutzgesetzgebung und den Organen in Basel-Stadt muss weiter intensiviert werden, um mögliche Synergien freilegen zu können.
Frage 5: Kantonales Konzept der Lebensmittelkontrolle
Ein Kantonales Konzept existiert. Die Inspektionen erfolgen nach einer Risikoanalyse, die Untersuchungen nach einem Jahresplan, welcher die Risiken und die aufge-nommene Menge berücksichtigt. Bei der Fleischkontrolle muss jedes geschlachtete Tier untersucht werden (Fleischschau). Ab diesem Jahr müssen jährlich 10 % der Nutz-tierhaltungen dahingehend überprüft werden, ob die Aufzeichnungspflicht beim Arznei-mitteleinsatz wahrgenommen, die neue Tierverkehrskontrolle korrekt umgesetzt und die Milchqualitätsverordnung eingehalten wird. Neu hinzu werden auch Kontrollen ein-geführt werden müssen, die dem Aspekt der Nutztierfütterung Rechnung tragen werden.
Frage 6: Kosten
Kantonales Laboratorium
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1999
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Fr. 2'205'651.--
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2000
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Fr. 2'226'656.--
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Veterinärwesen
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1999
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Lebensmittelkontrolle
1
: 135'000 Fr.
Tierseuchenbekämpfung 2 : 180'000 Fr. |
2000
|
Lebensmittelkontrolle
1
: 175'000 Fr.
Tierseuchenbekämpfung 2 : 220'000 Fr. |
2 Kostenschätzung, da Leistungsauftrag noch nicht implementiert. Beinhaltet Kantons-beitrag an die Tierseuchenkasse und Aufwendungen im Veterinärwesen, aber nicht Aufwendungen, die über die Tierseuchenkasse beglichen werden.
Frage 7: Widerhandlungen
Kantonales Laboratorium
1999
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Untersuchungen: 1'189 Beanstandungen
Inspektionen: 65 Beanstandungen |
2000
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Untersuchungen: 733 Beanstandungen
Inspektionen: 108 Beanstandungen |
1999
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Fleischkontrolle:
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keine Angaben, zu beanstandende Tierkörperteile werden bei der Fleischkontrolle entfernt.
2 Beanstandungen durch den Kantonstierarzt aufgrund eingegangener Meldungen |
Schlachtlokale:
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4 Beanstandungen
|
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2000
|
Fleischkontrolle:
|
keine Angaben, zu beanstandende Tierkörperteile werden bei der Fleischkontrolle entfernt.
3 Beanstandungen durch den Kantonstierarzt aufgrund eingegangener Meldungen |
Schlachtlokale:
|
3 Beanstandungen
|
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Aufzeichnungspflicht Antibiotika*:
|
40 % Beanstandungen
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Neue Tierverkehrskontrolle:
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25 % Beanstandungen
|
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Milchqualitätssicherung:
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5 % Beanstandungen
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Frage 8: Strafverfahren
Kantonales Laboratorium
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1999
|
6 Strafanzeigen
|
2000
|
9 Strafanzeigen
|
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Veterinärwesen
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1999
|
10 Strafanzeigen
|
2000
|
6 Strafanzeigen
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Frage 9: Strafbestimmungen
Das maximale Strafmass für ein fahrlässiges Vergehen oder Übertretungen beträgt Gefängnis bis zu sechs Monaten oder Busse bis zu Fr. 20'000.--. Vorsätzliches Vergehen wird mit bis zu fünf Jahren Gefängnis oder Busse bis zu Fr. 20'000.-. bestraft.
In der Praxis erhalten die angezeigten Personen normalerweise eine Busse bis zu Fr. 1'000.--.
Der Verbraucherschutz wird primär durch strenge Kontrollen und Wiederherstellung des rechtmässigen Zustandes über das Verwaltungsrecht erreicht. Höhere Strafbestimmungen würden den Verbraucherschutz nicht verbessern.
Frage 10: Wiederholungsfall
Der Entzug von Bundessubventionen (Direktzahlungen bei den landwirtschaftlichen Be-trieben) ist nur möglich, wenn die Auflagen im Rahmen des oekologischen Leistungsnachweises nicht erfüllt werden. Der Regierungsrat geht jedoch davon aus, dass, wenn überhaupt erforderlich, Verwaltungsmassnahmen wie Sperrung des Tierverkehrs bei einem landwirtschaftlichen Betrieb so einschneidende Massnahmen sind, dass Wiederholungsfälle kaum vorkommen dürften.
Bei Herstellern und Vertreibern von Lebensmitteln und Gebrauchsgegenständen werden bei Gesundheitsgefährdung oder im Wiederholungsfall Produkte gesperrt und/oder zurückgerufen, Produktionsprozesse oder ganze Betriebe geschlossen. In Restaurationsbetrieben wird ein Entzug des Patentes beantragt und durch das Pass- und Patentbüro vorgenommen.
20. März 2001
Im Namen des Regierungsrates
der Präsident: Koellreuter
der Landschreiber: Mundschin
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