2000-69 (1)
Landrat / Parlament || Bericht vom 3. Mai 2000 zur Vorlage 2000-069
Bericht der Finanzkommission an den Landrat
Änderung des Gesetzes über die Erbschafts- und Schenkungssteuer vom 7. Januar 1980
Gesetzesinitiative "Für eine vernünftige Erbschaftssteuer" und Gegenvorschlag des Regierungsrates
Geschäfte des Landrats || Hinweise und Erklärungen
Landratsbeschluss (Entwurf)
1. Einleitende Bemerkungen
1.1 Volksinitiative
Mitte 1998 ist die kantonale Volksinitiative "Für eine vernünftige Erbschaftssteuer" eingereicht worden. Es handelt sich dabei um eine formulierte Gesetzesinitiative, die die vollständige Steuerbefreiung der direkten Nachkommen von der Erbschafts- und Schenkungssteuer verlangt.
1.2 Gegenvorschlag
Angesichts der Entwicklung in anderen Kantonen erachtet der Regierungsrat einen gewissen Handlungsbedarf in unserem Kanton als gegeben. Aufgrund der hohen zu erwartenden Steuerausfälle sowie wegen der Gefahr einer Verlagerung der Erbschafts- und Schenkungssteuer auf die Bundesebene vertritt die Exekutive aber die Meinung, dass die Forderung der Initianten nicht die beste Lösung darstellt. Deshalb unterbreitet sie einen Gegenvorschlag, der im Wesentlichen folgende zwei Punkte beinhaltet:
- Für direkte Nachkommen soll ein Steuerfreibetrag von Fr. 200'000.- je empfangender Person gewährt werden.
- Bei Unternehmensnachfolgen soll die Erbschafts- und Schenkungssteuer um die Hälfte ermässigt wer-den.
Der Regierungsrat beantragt somit Ablehnung der Initiative und Zustimmung zum Gegenvorschlag.
1.3 Finanzpolitischer Hintergrund
Im Zusammenhang mit der Beratung des Steuerpakets 2 (Anpassungen gemäss Steuerharmonisierungsgesetz) ergab sich der Konsens zwischen Regierung und Finanzkommission, dass die aus dem Steuerpaket 2 resultierenden Mehreinnahmen von 12 Mio Franken, den Steuerpflichtigen in ihrer Gesamtheit wieder "zurückzugeben" seien. Dabei kristallisierte sich mit der Zeit heraus, dass die entsprechenden Kompensationen bei der Familienbesteuerung und bei der Erbschaftssteuer erfolgen würden. Das erklärte Ziel lautet somit, dass die drei erwähnten Steuervorlagen in ihrer Gesamtheit weder Mehr- noch Mindererträge bringen sollen (Ertragsneutralität).
Diese Überlegungen fanden im Wesentlichen auch Eingang in den Finanzplan 1999-2003, welchen der Landrat am 13.4.2000 verabschiedet hat und bei dem dem Schuldenabbau eine hohe Priorität eingeräumt wurde.
Die Annahme der Initiative hätte jährliche direkte Mindereinnahmen von gesamthaft rund 30 Mio Franken zur Folge (davon 75 % zulasten des Kantons und 25 % zulasten der Gemeinden). Demgegenüber ergäben sich mit dem regierungsrätlichen Gegenvorschlag Einnahmenausfälle von "nur" rund 15 Mio Franken.
Unter der Annahme, dass die unbestrittenen Entlastungen von 4 Mio Franken im Bereich Ehegattenbesteuerung (Vorlage 2000/070) beschlossen werden, wäre bereits mit dem Gegenvorschlag des Regierungsrates die Ertragsneutralität der drei aktuellen Steuervorlagen nicht mehr gegeben. Bei einer Annahme der Initiative ergäben sich sogar deutlich spürbare Einnahmenausfälle. Der am 13.4.2000 vom Landrat beschlossene Finanzplan wäre in diesem Fall bereits nach kurzer Lebensdauer nur noch Makulatur.
1.4 Auswirkungen für die Steuerpflichtigen
Ein Vergleich zwischen der heutigen Belastung durch die Erbschaftssteuer sowie die Belastung gemäss Gegenvorschlag des Regierungsrates (bei 1 und 2 direkten Nachkommen) sieht wie folgt aus:
2. Kommissionsberatung
2.1 Einleitung
Die Finanzkommission behandelte die Vorlage an ihrer Sitzung vom 12.4.2000 in Anwesenheit von Herrn Regierungsrat Dr. Hans Fünfschilling sowie den Herren Dr. Martin Thomann, Finanzverwalter, Roland Winkler, Vorsteher der Finanzkontrolle, Dr. Hans Peter Salzgeber, Vorsteher der Steuerverwaltung, und Marcel Kühne, Leiter des Rechtsdienstes der Steuerverwaltung.
2.2 Kommissionshaltung
Die Mehrheit der Kommission ist entgegen der Haltung des Regierungsrates der Meinung, die Initiative "für eine vernünftige Erbschaftssteuer" sei dem Volk zur Annahme zu empfehlen und auf den Gegenvorschlag des Regierungsrates sei gar nicht einzutreten. Als Gründe werden dazu angeführt:
- Ohne Abschaffung der Erbschaftssteuer für direkte Nachkommen ist mit der Abwanderung vermögender Leute aus dem Kanton zu rechnen.
- Es besteht eine allgemeine Steuermüdigkeit.
- Die Erbschaftssteuer verursacht eine Mehrfachbesteuerung.
- Der Mittelstand ist durch die Erbschaftssteuer übermässig belastet.
- Die Erbschaftssteuer bewirkt einen grotesken Kampf um Standortvorteile.
Die Minderheit der Kommission ist wie die Regierung der Ansicht, dass die Initiative abzulehnen sei. Folgendes ist dabei massgebend:
- Die Erbschaftssteuer stellt eine der gerechtesten Steuern dar, da Vermögen in der Regel ohne angemessene Gegenleistung geerbt werden. Zudem sind die Steuersätze gerade bei direkten Nachkommen sehr bescheiden.
- Mit dem Regierungsprogramm 1999-2003 soll die Standortattraktivität des Kantons verbessert werden. Diesbezüglich könnten allenfalls Reduktionen bei den Unternehmens- und Einkommenssteuern ins Auge gefasst werden. Mit den durch die Initiative verursachten Einnahmenausfällen bei der Erbschaftssteuer wird ein entsprechender Handlungsspielraum leichtfertig aus der Hand gegeben. Auch das Ziel des Schuldenabbaus tritt damit in weite Ferne.
- Für die Abwanderungstheorien gibt es keine konkreten Hinweise. Bereits seit Jahren wären erbschaftssteuerbedingte Wegzüge - beispielsweise in den Kanton Schwyz - möglich, werden aber trotzdem nicht praktiziert.
Da die Kommission mit 6 : 4 Stimmen (bei einer Enthaltung) für die Initiative eintrat, wurde der Gegenvorschlag des Regierungsrates nicht mehr im Detail behandelt. Es kann aber davon ausgegangen werden, dass die Kommissionsminderheit - teilweise aus Gründen der Schadensbegrenzung - hinter dem Gegenvorschlag des Regierungsrates steht.
Grundsätzlich unbestritten war in der Kommission die als sinnvoll beurteilte Regelung bei Unternehmensnachfolgen, die unabhängig vom Verwandtschaftsgrad gelten würde. Bei einer Annahme der Initiative fällt diese allerdings dahin, da sie lediglich einen Bestandteil des Gegenvorschlags bildet.
2.3 Zur Abschreibung beantragte Vorstösse
Zu den beiden Vorstössen, die der Regierungsrat gemäss Ziffer 8 seiner Vorlage abschreiben will, nimmt die Finanzkommission wie folgt Stellung:
Postulat SVP/EVP-Fraktion vom 12.12.1991 (1989/235):
Die Forderungen der als Postulat überwiesenen Motion werden mit der Initiative teilweise erfüllt. Das Postulat kann deshalb abgeschrieben werden.
Postulat Jörg Affentranger vom 18.2.1993 (1991/285):
Die Forderungen der als Postulat überwiesenen Motion werden mit der Initiative nur teilweise erfüllt. Die Kommissionsmehrheit will deshalb das Postulat stehen lassen.
3. Antrag
1. Die Finanzkommission beantragt mit 6 : 4 Stimmen bei einer Enthaltung, die Gesetzesinitiative "Für eine vernünftige Erbschaftssteuer" anzunehmen und auf den Gegenvorschlag des Regierungsrates nicht einzutreten. Es ist somit gemäss beiliegendem Entwurf für einen Landratsbeschluss zu beschliessen.
2. Die Finanzkommission beantragt einstimmig, den folgenden Vorstoss abzuschreiben:
Postulat SVP/EVP-Fraktion vom 12.12.1991 (1989/235).
3. Die Finanzkommision beantragt mit 9 : 1 Stimmen bei einer Enthaltung, das folgende Postulat stehen zu lassen:
Postulat Jörg Affentranger vom 18.2.1993 (1991/285).
Namens der Finanzkommission
der Präsident: Roland Laube
Gelterkinden, den 3. Mai 2000