2000-69
Änderung des Gesetzes über die Erbschafts- und Schenkungssteuer vom 7. Januar 1980 |
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Vorlage 2000-069 vom 28. März 2000
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Inhalt:
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8.
Antrag
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1. Initiative als Ausgangslage
Am 12. Juni 1998 wurde die kantonale Volksinitiative "Für eine vernünftige Erbschaftssteuer" eingereicht. Am 3. Juli 1998 ist sie als mit 3057 gültigen Unterschriften zustandegekommen erklärt und als formulierte Gesetzesinitiative im Amtsblatt veröffentlicht worden. Die Initiative verlangt eine vollständige Steuerbefreiung der direkten Nachkommen von der Erbschafts- und Schenkungssteuer, wie es ja bereits heute schon für Zuwendungen unter Ehegatten der Fall ist.
2. Entwicklung in anderen Kantonen
Der Kanton Schwyz kennt keine Erbschafts- und Schenkungssteuer, der Kanton Luzern keine Schenkungssteuer. Verschiedene Kantone, darunter auch der Nachbarkanton Solothurn, haben die direkten Nachkommen von der Erbschafts und Schenkungssteuer gänzlich befreit. Unter anderem auch im Zuge des Konkurrenzkampfes unter den Kantonen um Standortvorteile haben andere Kantone ebenso Erleichterungen bei der Erbschafts- und Schenkungssteuer geschaffen - oder solche werden derzeit eingehend diskutiert. Es betrifft vor allem die gänzliche Befreiung oder zumindest stärkere Entlastung der direkten Nachkommen von dieser Steuerlast.
Als Argumente werden dabei hauptsächlich vorgebracht, dass
die Erbschafts- und Schenkungssteuer gute Steuerzahler in günstigere Kantone vertreiben würde;
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eine erneute Besteuerung beim Übergang der bereits mit der Einkommens- und Vermögenssteuer erfassten Vermögensmasse als ungerecht empfunden werde;
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eine Belastung von direkten Nachkommen mit der Erbschafts- und Schenkungssteuer familien- und eigentumsfeindlich sei, weil diese Steuer die Erhaltung von erspartem Vermögen innerhalb der Familie behindere und deshalb auch dem Vorsorgegedanken zuwiderlaufe;
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übertragener Liegenschaftsbesitz oft wegen der dabei anfallenden Steuerlast veräussert werden müsse und so den Erwerb von Grundbesitz im Kanton als unattraktiv erscheinen lasse.
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Im Zuge dieser Entwicklung haben mittlerweile auch die Kantone St. Gallen, Aargau und kürzlich auch Zürich die Erbschafts- und Schenkungssteuer für direkte Nachkommen vollständig abgeschafft. Auch im angrenzenden Kanton Basel-Stadt wurde - wie in unserem Kanton - eine entsprechende Initiative eingereicht. Deshalb wird dort in nächster Zeit ebenfalls eine Diskussion um die Befreiung der direkten Nachkommen stattfinden müssen.
Aus dieser Situation heraus ist nun ein grosser Nachfolgedruck auf unseren Kanton entstanden. Schon bisher gehörte unser Kanton zu denjenigen mit einer hohen Erbschafts- und Schenkungssteuerbelastung. Nachdem nun auch der Kanton St. Gallen die Erbschafts- und Schenkungssteuer für direkte Nachkommen fallengelassen hat, gehört der Kanton Basel-Landschaft zusammen mit dem Kanton Tessin jetzt zu den zwei Kantonen mit der höchsten Steuerbelastung für Nachkommen.
3. Parlamentarische Vorstösse
Mit dem Postulat vom 12.12.1991 der SVP/EVP-Fraktion betreffend Änderung des Erbschafts- und Schenkungssteuergesetzes (19.10.1989; Nr. 1989/235 ) und dem Postulat vom 18.2.1993 von Jörg Affentranger (12.12.1991; Nr. 1991/285 ) werden ähnliche oder sogar identische Ziele verfolgt: Während bei dem ersten Postulat auch die Übertragung von Liegenschaften grundsätzlich erleichtert werden soll (Bewertung zum Katasterwert), hat das zweitgenannte Postulat eine generelle Senkung des Steuersatzes zum Ziel.
4. Steuerausfälle
Wenn zuweilen als Argument vorgebracht wird, die hohe Steuerbelastung mit der Erbschafts- und Schenkungssteuer in unserem Kanton vertreibe gute Steuerzahler und führe so zu Steuerausfällen bei den Einkommens- und Vermögenssteuern, so hätte natürlich ein Verzicht auf die Erhebung einer Erbschafts- und Schenkungssteuer erhebliche Steuerausfälle zur Folge: Aufgrund einer statistischen Auswertung des Jahres 1997 von rund 3'600 Steuerfällen, was etwa einer "Jahresproduktion" entspricht, kann errechnet werden, dass rund die Hälfte der Erbschafts- und Schenkungssteuern auf die Nachkommen (Kinder und Grosskinder) entfällt. Gemäss Budget 1999 geht man von rund 60 Mio. Franken Erbschafts- und Schenkungssteuern aus. Auf die Nachkommen fallen damit rund 30 Mio. Franken Steuereinnahmen. 75% dieser Steuereinnahmen verbleiben dem Kanton, 25% gehen an die Gemeinden.
Sollte gänzlich auf eine Steuererhebung von den direkten Nachkommen verzichtet werden, so resultierte daraus jährlich ein Fehlbetrag von rund 30 Mio. Franken. Wollte man nicht völlig auf die Steuererhebung verzichten, sondern lediglich gewisse Freibeträge pro Kind schaffen, so würde dies etwa folgendes Bild ergeben (in Fr.):
Freibetrag
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100'000
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150'000
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200'000
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Steuerausfälle
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9'900'000
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12'900'000
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15'300'000
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Die Gewährung von Steuerfreibeträgen für Nachkommen belastet folglich den Staatshaushalt weit weniger als eine gänzliche Steuerbefreiung
5. Gefahr der Verlagerung auf Bundesebene
Gegen den völligen Verzicht auf die Erhebung der kantonalen Erbschafts- und Schenkungssteuer spricht auch ein rein staatspolitisches Argument: Wenn nun alle oder zumindest die meisten Kantone auf ihre zugestandene Autonomie verzichten, eine Erbschafts- und Schenkungssteuer (teilweise) zu erheben, könnte verständlicherweise die Versuchung aufkommen, dass eine entsprechende nationale Steuer erhoben würde. Diese Befürchtung ist angesichts der leergewordenen Bundeskasse gar nicht abwegig. Auch wenn vorliegend nicht die grundsätzliche Abschaffung der Erbschafts- und Schenkungssteuer zur Debatte steht, geben kantonale Lösungen mit Freibeträgen dem Ruf nach einer nationalen Erbschafts- und Schenkungssteuer politisch betrachtet weniger oder keinen Raum.
6. Gegenvorschlag des Regierungsrates
Aus all den vorstehend genannten Gründen ist der Regierungsrat der Überzeugung, dass ein gänzlicher Verzicht auf die Erhebung der Erbschafts- und Schenkungssteuer von direkten Nachkommen , wie es die Initiative verlangt, derzeit keine optimale Lösung darstellt. Vielmehr sollte mit einem Freibetrag ein gangbarer Weg gefunden werden. Mit Rücksicht auf die Finanzlage unseres Kantons kommt der Regierungsrat zur Ansicht, dass ein Steuerfreibetrag für jeden Nachkommen eine für beide Seiten durchaus vernünftige und tragbare Lösung darstellt. Ursprünglich wurde ein Freibetrag von Fr. 150'000.- vorgeschlagen. Anlässlich der Vernehmlassung hat sich dann gezeigt, dass ein Freibetrag von Fr. 200'000.- eine breitere Zustimmung findet. Er unterbreitet dem Landrat daher folgenden Gegenvorschlag mit drei Punkten:
(1)
§ 13 ESchStG soll dahingehend abgeändert werden, indem neu
für Nachkommen
ein
Steuerfreibetrag
von Fr. 200'000.- pro empfangende Person gewährt wird. Der Freibetrag kann aber nur alle zehn Jahre gewährt werden, sei es bei einer Schenkung zu Lebzeiten oder aber beim Erbgang, weil ja Vermögenszuwendungen von der gleichen Person an die gleiche Person innerhalb von zehn Jahren zusammengerechnet werden. Jedes Kind kann daher pro Elternteil alle zehn Jahre einen Freibetrag von Fr. 200'000.- beanspruchen. Der Freibetrag von Fr. 200'000.- wird vom steuerbaren Vermögensübergang abgezogen. Da generell nur Vermögenszuwendungen über Fr. 10'000.- steuerbar sind, können folglich insgesamt Fr. 210'000.- steuerfrei an einen Nachkommen verschenkt oder vererbt werden.
(2)
Ausserdem soll bei
Unternehmensnachfolgen
die Erbschafts- bzw. Schenkungssteuer
um die Hälfte ermässigt
werden. Das zugewendete Geschäftsvermögen soll möglichst ungeschmälert bestehen bleiben können, damit die selbständige Erwerbstätigkeit vom Empfänger weitergeführt werden kann. Besteht die Zuwendung aus einer Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft oder Genossenschaft, muss die empfangende Person dort in leitender Funktion tätig sein, und zwar auf der Grundlage eines Arbeitsverhältnisses. Die Funktion als Mitglied des Verwaltungsrates würde deshalb allein noch nicht genügen. Zudem muss die Beteiligung mindestens 70% betragen. Von der Steuerermässigung profitiert also nur diejenige Person, welche tatsächlich die Unternehmensnachfolge in einer der beschriebenen Formen antritt. Sollte diese Nachfolge innert 20 Jahren vollständig oder teilweise aufgegeben werden, so müsste die erlassene Hälfte der Steuer mittels einer Nachveranlagung vollumfänglich bzw. anteilmässig erhoben werden. Die Steuerermässigung wird also erst nach Ablauf von 20 Jahren seit Antritt der Unternehmensnachfolge endgültig. Anlässlich der durchgeführten Vernehmlassung wurde vielfach eine Präzisierung dieser Unternehmensnachfolgekriterien gewünscht. Der Regierungsrat verzichtet aber bewusst auf eine detailiertere Regelung, um den Ermessenspielraum für die Praxis nicht unnötig einzuschränken.
(3)
Die vorliegende Änderung wird zudem als Gelegenheit genutzt, eine rein
formelle Anpassung
vorwegzunehmen, die sich geradezu aufdrängt: Juristische Personen mit rein
ideeller
Zwecksetzung werden inskünftig ab dem Jahr 2001 wegen der Steuerharmonisierung (Vorlage Nr. 1999/025) nicht mehr von der Einkommens- und der Vermögenssteuer befreit sein. Wegen dem Verweis in § 9 ESchStG muss die Steuerbefreiung dort aber speziell noch erwähnt werden, damit z.B. ein Legat an einen Musikverein, wie es ja bereits heute der Fall ist, nicht mit der Erbschaftssteuer belastet wird (s. Kommentar zu § 16 in der Vorlage Nr. 1999/025 auf Seite 11).
7. Ergebnis der Vernehmlassung
Das Vernehmlassungsverfahren hat wie erwartet gezeigt, dass die Meinungen grundsätzlich in zwei Gruppen eingeteilt werden können: einerseits all diejenigen, welche unter anderem aufgrund der Standortattraktivität unseres Kantons dafür plädieren, dass die Erbschafts- und Schenkungssteuer für direkte Nachkommen gänzlich abgeschafft wird. Andererseits bildete sich eine Gruppe, welche die Ansicht des Regierungsrates teilt, dass wegen der doch erheblichen Steuerausfälle mit einem grosszügigen Freibetrag eine nahezu gleichwertige Lösung gefunden werden könne. Nahezu einig ist man sich dabei, dass der Freibetrag wegen dem zu erwartenden Abstimmungskampf auf Fr. 200'000.- zu erhöhen wäre. Verschiedentlich wurde auch die privilegierte Unternehmensnachfolge bemängelt, sie sei zum einen nicht ganz ausgereift, d.h. nicht genug präzise abgefasst, zum anderen sei die Nachbesteuerungsfrist zu verkürzen. Eine letzte Gruppe verzichtete auf eine klare Stellungnahme, weil damit ein rein politischer Entscheid getroffen werde.
Im einzelnen ergaben sich folgende Stellungnahmen:
Für die Initiative
- FDP, SVP
- Sissach, Hemmiken, Oberdorf, Therwil, Allschwil, Schönenbuch, Niederdorf, Bubendorf, Arisdorf, Lauwil, Waldenburg, Rothenfluh
- Liga der Baselbieter Steuerzahler, Wirtschaftskammer der KMU, Handelskammer beider Basel, Basler Volkswirtschaftsbund, Treuhandkammer, Hauseigentümerverband
Für den regierungsrätlichen Gegenvorschlag
- CVP (mit Vorbehalt), EVP, SP (Freibetrag eher noch zu hoch), SD
- Arboldswil, Buckten, Hölstein, Füllinsdorf, Gelterkinden, Reinach, Arlesheim, Maisprach, Tecknau, Tenniken, Titterten, Oberwil, Aesch, Langenbruck, Ettingen, Bottmingen, Frenkendorf
- Verband der Gemeindesteuerbeamten, Seniorenverband Nordwestschweiz, (längerfristig aber Abschaffung der Steuer für Nachkommen) Fachstelle für Gleichstellung von Mann und Frau (nur tendenziell, da Finanzierung einer Mutterschaftsversicherung)
- Bau- und Umweltschutzdirektion, Justiz,- Polizei- und Militärdirektion, Volkswirtschafts- und Sanitätsdirektion
Verzicht auf eine ausdrückliche Stellungnahme
- Verband Basellandschaftlicher Gemeinden (mit Bemerkungen und Anregungen), Böckten, Pfeffingen (mit Anregungen), Bretzwil, Buus, Brislach, Birsfelden, Ormalingen, Reigoldswil, Känerkinden, Lausen, Zwingen, Hersberg, Biel-Benken, Münchenstein, Muttenz
- Verwaltungsgericht, Obergericht, Mieterinnen- und Mieterverband BL und Dorneck-Thierstein, Frauenrat
8. Antrag
Der Regierungsrat beantragt dem Landrat, die Gesetzesinitiative "Für eine vernünftige Erbschaftssteuer" abzulehnen und dem Gegenvorschlag des Regierungsrates gemäss beiliegendem Entwurf zuzustimmen. Das Postulat vom 12.12.1991 der SVP/EVP-Fraktion (Nr. 1989/235 ) sowie dasjenige vom 18.2.1993 von Jörg Affentranger (Nr. 1991/285 ) sind abzuschreiben.
Liestal, 28. März 2000
IM NAMEN DES REGIERUNGSRATES
der Vizepräsident: Koellreuter
der 2. Landschreiber: Achermann
Gesetzesentwurf
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