2000-99 (1)

I. Wortlaut der Interpellation

"Im Bericht der Geschäftsprüfungskommission zum Regierungsprogramm 1999-2003 ist nachzulesen: "Das Hauptziel - der Ausbau der Standortgunst des Kantons Basel-Landschaft - als Leitmotiv verstanden, ist sehr geeignet als "roter Faden" für die Tätigkeit aller, die sich für unseren Kanton einsetzen und sich um seine erfolgreiche Zukunft kümmern." Landrat und Regierungsrat stellten sich in der Debatte vom 13. April 2000 einmütig hinter diese Zielsetzung.


Das "Innovationszentrum Nordwestschweiz" am Bachgraben in Allschwil mit 27'000 m2 Nutzfläche und heute 31 Firmen ist nach dem Technopark in Zürich mit 120 Firmen das zweitgrösste Zentrum in der Schweiz. 400 Personen sind zur Zeit in diesem Zentrum beschäftigt. 2/3 der Arbeitsplätze sind neue und ca. 1/3 sind verschobene. Im Endausbau dürften gesamthaft 5000 Personen im Zentrum in Allschwil beschäftigt sein. Das Zentrum ist bereits fast voll vermietet. Diese Leistung verdient unsere Hochachtung. Sie ist ein grosser Beitrag zur Initiative Bio-Valley am Oberrhein. Viele hochqualifizierte Arbeitsplätze konnten damit in der Region erhalten bleiben.


Leider wurde die geplante Gründerecke, ca. 1500 m2 für 5-10 Jungunternehmer, bis jetzt nicht wahr, obwohl die Wirtschaftsförderung beider Basel von Anfang an dabei war. In den Unterlagen zur Pressekonferenz vom 8. Januar 1998 ist nachzulesen: "Mit der Ansiedlung und Gründung innovativer Firmen im Hochtechnologiebereich möchte die Wirtschaftsförderung beider Basel das grosse, in der Nordwestschweiz vorhandene "Know-how" ausschöpfen sowie neue Arbeitsplätze schaffen. Mit diesem Zentrum können wir einen konkreten Beitrag zur "Bio-Valley"-Initiative am Hochrhein schaffen. Die Wirtschaftsförderung bietet den jungen Firmen ein Beraternetz an. Sie wird auch den Kontakt zu potentiellen Investoren herstellen."


Nach mehr als 2 Jahren, Anfang April 2000, verzichtete die Wirtschaftsförderung auf die Option Gründerecke im Innovationszentrum. Eine grosse Chance wurde vertan. Sehr schade auch, weil Gemeinderat und Einwohnerrat Bereitschaft signalisierten, einen Beitrag zu Gunsten der Gründerecke zu sprechen. Was in Reinach möglich war, hätte auch in Allschwil gelingen können. Erklärungsbedarf seitens des Kantons drängt sich zwingend auf.


Wir bitten den Regierungsrat um eine schriftliche Stellungnahme zur Wirtschaftsförderung in den letzten paar Jahren:


1. Welche Leistungen hat die Wirtschaftsförderung in den letzten Jahren erbracht?
a) Welche Projekte wurden unterstützt und wie haben sie sich entwickelt?
b) Wieviel Geld wurde den Projekten zugesprochen?
c) Wieviele Gesuche wurden abgelehnt?
d) Wieviel bereits bestehende Firmen wurden gefördert?


2. Warum ist es der Wirtschaftsförderung nicht gelungen, die Gründerecke im Innovationszentrum Am Bachgraben zu verwirklichen? Sieht der Regierungsrat noch eine Chance?


3. Gibt es zu viele oder zu wenig gute Ideen von Forschern und Erfindern in der Region, deren erste Schritte in die Selbständigkeit gefördert werden sollten?


4. Welche Projekte kamen in den vergangenen Jahren von den Hochschulen
- Universität Basel
- Fachhochschule beider Basel in Muttenz
- ETH Zürich?


5. Wer trifft die Auswahl, was gefördert werden soll?


6. Welche Aktivitäten entwickelte die Wirtschaftsförderung bei der Adtranz in Pratteln?


7. Hat sich die heutige Organisation der Wirtschaftsförderung Basel-Stadt und Basel-Landschaft mit Sitz an der Wallstrasse 1 in Basel bewährt?


8. Welches ist der jährliche Kostenanteil des Kantons Basel-Landschaft an die Wirtschaftsförderung?


9. Wie beurteilt der Regierungsrat die Zukunft der Wirtschaftsförderung des Kantons Basel-Landschaft?"



I. Stellungnahme des Regierungsrates

1. Welche Leistungen hat die Wirtschaftsförderung in den letzten Jahren erbracht?


Die Wirtschaftsförderung Basel-Stadt und Basel-Landschaft ist rechtlich ein Verein gemäss Art. 60 ff. ZGB mit Sitz in Basel. Die Trägerschaft setzt sich zusammen aus den Kantonen Basel-Landschaft und Basel-Stadt, der Handelskammer beider Basel, dem Basler Volkswirtschaftsbund, der Wirtschaftskammer der KMU Basel-Landschaft, dem Gewerbeverband Basel-Stadt, dem Gewerkschaftsbund Baselland, dem Basler Gewerkschaftsbund, der Angestelltenvereinigung für die Region Basel und dem Kaufmännischen Verein Baselland. Der Leistungsauftrag der Wirtschaftsförderung Basel-Stadt und Basel-Landschaft umfasst die Bestandespflege, die Förderung von Neugründungen und die Standortwerbung/Akquisition. In der Bestandespflege sind die Funktionen der Wirtschaftsförderung Basel-Stadt und Basel-Landschaft subsidiär zu jenen der Verwaltung und der Verbände. Die wirtschaftspolitischen Funktionen verbleiben grundsätzlich bei den Kantonen und den Verbänden, ebenso der Auftrag, für gute wirtschaftliche Rahmenbedingungen zu sorgen.


Die Wirtschaftsförderung Basel-Stadt und Basel-Landschaft wurde am 29.11.1995 gegründet. Die Leistungsstatistik 1996 bis 2000, nach Kategorien geordnet, präsentiert sich wie folgt:

Darüber hinaus wurden unzählige telefonische Auskünfte über die Wirtschaftsregion, gesetzliche und administrative Regelungen aller Art erteilt sowie Kontakte zu Experten, Behörden und Geschäftspartnern vermittelt.


Die Wirtschaftsförderung Basel-Stadt und Basel-Landschaft verfügt über keine finanziellen Mittel zur Ausrichtung von einzelbetrieblichen Unterstützungen.




2. Warum ist es der Wirtschaftsförderung nicht gelungen, die Gründerecke im Innovationszentrum am Bachgraben zu verwirklichen? Sieht der Regierungsrat noch eine Chance?


Im Laufe der Projektarbeiten zur Gründerecke im Innovationszentrum am Bachgraben füllte sich das Innovationszentrum viel rascher als erwartet. Die Option auf die für das Gründerzentrum ursprünglich vorgesehene Fläche wurde daher zugunsten eines konkreten Ansiedlungsprojektes aufgegeben. Zurzeit ist das Innovationszentrum Allschwil mit Ausnahme einer Ladenfläche vollständig ausgelastet. Das Projekt einer Gründerecke wurde damit aber nicht aufgegeben. Die Interessengemeinschaft Innovationszentrum besteht weiterhin und ist daran, alternative Möglichkeiten zur Realisierung zu evaluieren.




3. Gibt es zu viele oder zu wenig gute Ideen von Forschern und Erfindern in der Region, deren erste Schritte in die Selbständigkeit gefördert werden sollten?


Die Erfahrungen aller einschlägigen Förderinstitutionen zeigen, dass mehr Fördermittel als förderungswürdige Projekte vorhanden sind. Dies gilt nicht nur für die Nordwestschweiz, sondern auch im europäischen und amerikanischen Umfeld.




4. Welche Projekte kamen in den vergangenen Jahren von den Hochschulen?


Die Universität Basel hat sich dafür entschieden, eine eigene Förderstelle gemeinsam mit der Fachhochschule beider Basel einzurichten (Wissens- und Technologietransferstelle, WTT). Die Wirtschaftsförderung Basel-Stadt und Basel-Landschaft erhält daher kaum Projekte aus der Universität, bei welchen es um Wissens- und Technologietransfer im engeren Sinne geht. Fragen, die an die Wirtschaftsförderung Basel-Stadt und Basel-Landschaft herangetragen werden, betreffen eher das Fachwissen über den technischen Vorgang der Firmengründung und Hilfestellungen bei der Erarbeitung des Business-Planes oder bei der Suche nach geeigneten Geschäftsräumlichkeiten. Aus der ETH Zürich sind im Raum Basel bisher keine Projekte hervorgegangen.




5. Wer trifft die Auswahl, was gefördert werden soll?


Da die Wirtschaftsförderung Basel-Stadt und Basel-Landschaft nicht über ein finanzielles Instrumentarium für einzelbetriebliche Fördermassnahmen verfügt, stellt sich die Frage so nicht. Die finanzielle Förderung einer Firma kann in der Form einer Steuererleichterung (Basel-Stadt und Basel-Landschaft) und/oder in der Form einer Bürgschaft oder eines Darlehens (Basel-Landschaft, Rechtsgrundlage Wirtschaftsförderungsgesetz vom 28. Januar 1983) (1) erfolgen. Sowohl Gesuche um Steuererleichterungen, wie auch Gesuche um Unterstützung nach Wirtschaftsförderungsgesetz, werden vom Regierungsrat entschieden. Im Falle einer Massnahme nach Steuergesetz ist die zukünftige Standortgemeinde des Unternehmens anzuhören (2) . Im Falle einer Massnahme nach Wirtschaftsförderungsgesetz ist das Gesuch vorgängig der Konsultativkommission für das Wirtschaftsförderungsgesetz zur Stellungnahme zu unterbreiten (3) .




6. Welche Aktivitäten entwickelte die Wirtschaftsförderung bei der Adtranz in Pratteln?


Die Wirtschaftsförderung Basel-Stadt und Basel-Landschaft war aktiv involviert in das Projekt "one roof" der Adtranz (Verlegung von Arbeitsplätzen von Oerlikon nach Pratteln) im Jahre 1998. Sie war an den Familienbesuchstagen präsent und beantwortete dort Fragen aus dem Besucherkreis zur Wohn- und Arbeitsregion Basel. Zusätzlich war sie Mitglied in der Task Force Basel-Landschaft, welche vom Regierungsrat im Anschluss an den Schliessungsentscheid des Standortes Pratteln im November 1999 ins Leben gerufen worden ist. Aktuell hat die Wirtschaftsförderung Basel-Stadt und Basel-Landschaft den Auftrag, die Geschäftsleitung Adtranz Schweiz bei der Ansiedlung von Firmen auf Teilflächen des Areals in Pratteln zu unterstützen.




7. Hat sich die heutige Organisation der Wirtschaftsförderung Basel-Stadt und Basel-Landschaft mit Sitz an der Wallstrasse 1 in Basel bewährt?


Da es zu den Gepflogenheiten gehört, staatlich unterstützte Institutionen in bestimmten Abständen zu überprüfen, ist auf Initiative des Kantons Basel-Landschaft auch die Wirtschaftsförderung Basel-Stadt und Basel-Landschaft von der Beratungsfirma Prognos untersucht worden. Der entsprechende Auftrag wurde im Juli 2000 erteilt. Der Zeitpunkt dieser Überprüfung ist durch die Tatsache bedingt gewesen, dass der Vertrag über die Finanzierung bis Ende 2002 terminiert ist.


Die Resultate der nun vorliegenden Studie sind als positiv zu werten. Die Beratungsfirma empfiehlt, die WIBB als gemeinsame Institution weiterzuführen, jedoch den Leistungsauftrag zu modifizieren: Die Schwergewichte sollen verschoben werden von der Bestandespflege zu Neugründungen und Ansiedlungen. Einige der von Prognos vorgeschlagenen Anregungen (z.B. Immobiliendatenbank, Innovations- und Gründerzentren, Entwicklung sinnvoller Kooperationsformen mit anderen in- und ausländischen Wirtschaftsförderungen, Ausbau des Bereichs Wissens- und Technologietransfer) sind noch intensiver zu prüfen und gegebenenfalls mittelfristig umzusetzen.


Auch die Personalsituation der Wirtschaftsförderung beider Basel wird zu überprüfen und gegebenenfalls anzupassen sein, so dass ein modifizierter Auftrag erfolgversprechend umgesetzt werden kann. Mit geeigneten Reformen wollen die beiden Regierungen die Wirtschaftsförderung auf der Basis eines modernen Leistungsauftrags zum Wohle der Bevölkerung und der Wirtschaft reformieren und stärken.




8. Welches ist der jährliche Kostenanteil des Kantons Basel-Landschaft an die Wirtschaftsförderung?


Der Kostenanteil beläuft sich auf 438'750 Franken bei einem Gesamtbudget pro Jahr von 1'007'500 Franken (Subventionsperiode 1999-2002).




9. Wie beurteilt der Regierungsrat die Zukunft der Wirtschaftsförderung des Kantons Basel-Landschaft


Der Regierungsrat hat in seiner Sitzung vom 16. Januar 2001 die Studie der Prognos AG zur Kenntnis genommen und beschlossen, diese den weiteren Trägern der Wirtschaftsförderung und schliesslich auch der Leitung der Wirtschaftsförderung zur Verfügung zu stellen. Er setzte zudem eine regierungsrätliche Delegation für die Wirtschaftsförderung ein, bestehend aus den Vorstehern der Finanz- und Kirchendirektion und der Volkswirtschafts- und Sanitätsdirektion, und beauftragte ferner die Volkswirtschafts- und Sanitätsdirektion, dem Regierungsrat bis Ende April 2001 über den Stand der Umsetzungsarbeiten zu berichten.


Liestal, 27. März 2001


Im Namen des Regierungsrates
Der Präsident: Koellreuter
Der Landschreiber: Mundschin



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Fussnoten:


1. SGS 501, GS 27.483


2. § 17 des Steuer- und Finanzgesetzes vom 7. Februar 1974, SGS 331, GS 25.427


3. § 12 des Wirtschaftsförderungsdekretes vom 28. Januar 1983, SGS 501.1, GS 27.488