2000-136 (1)

Beilage:
Bilaterale Verträge: welche Bereiche der kantonalen Verwaltung sind hauptsächlich betroffen?



Am 8. Juni 2000 hat die FDP-Fraktion eine Interpellation "Umsetzung der bilateralen Verträge im Kanton Basel-Landschaft" eingereicht. Die Interpellation hat folgenden Wortlaut:

Das Schweizervolk hat am 21. Mai 2000 die bilateralen Verträge mit 67,2% Ja zu 32,8% Nein deutlich angenommen. Im Kanton Basel-Landschaft waren es 59'983 Ja zu 24'583 Nein (70.9% Ja zu 29,1% Nein). Es dürfte unsere Bevölkerung interessieren, in welcher Art und Weise diese Verträge umgesetzt werden und welche Rolle dabei dem Kanton Basel-Landschaft zukommt. Eine gute Qualität der Umsetzungsarbeit entscheidet über den Erfolg. Die Chancen als Grenzkanton sind aufzuzeigen und zu nutzen.


Wir bitten den Regierungsrat um schriftliche Beantwortung der folgenden Fragen:


1. Welche Vorbereitungen trifft der Kanton Basel-Landschaft für die Umsetzung der bilateralen Verträge?


2. Welche Bereiche der kantonalen Verwaltung sind betroffen?


3. Werden die Vollzugsaufgaben koordiniert, innerhalb des Kantons, mit den Nachbarkantonen und dem Bund? Wie steht es mit der Unterstützung durch den Bund?


4. Was ändert sich bezüglich Zusammenarbeit unter den Grenzorganen (Zoll, Grenzwacht, Polizei) der 3 Länder Schweiz, Deutschland und Frankreich?


5. Welche Massnahmen werden ergriffen, damit sich die bilateralen Verträge vorteilhaft auf die Standortgunst des Kantons Basel-Landschaft auswirken?


6. Wie werden die von Bundesrat und Parlament beschlossenen flankierenden Massnahmen, wie z.B. Vermeidung von Dumping, umgesetzt werden?


7. Wie werden die involvierten Mitarbeiter ausgebildet?


8. Wird es eine zentrale Auskunftsstelle geben?


9. Wie sieht der zeitliche Ablauf aus?




Stellungnahme des Regierungsrates:


1. Vorbemerkung


Die Umsetzungsarbeiten der bilateralen Verträge erfolgen auf kantonaler Ebene grundsätzlich dezentral durch die Direktionen und ihre Dienststellen. Für einzelne Bereiche ist eine Zusammenarbeit zwischen den direkt betroffenen Verwaltungsstellen vereinbart worden. Für die Umsetzung stehen verschiedene Koordinations- und Ausführungsvorschriften des Bundes noch aus, weshalb eine abschliessende Beantwortung der Interpellation zur Zeit nicht möglich ist. Die beiliegende Zusammenstellung der betroffenen Bereiche der kantonalen Verwaltung wird nach Erlass der Koordinations- und Ausführungsvorschriften des Bundes noch ergänzt oder präzisiert werden müssen. Bei der Rechtsanwendung gilt es zu beachten, dass Regelungen der bilateralen Verträge entgegenstehenden kantonalen Normen vorgehen werden. Vorausschauend hat der Regierungsrat vor der Abstimmung über die bilateralen Verträge bereits bei der Ausarbeitung neuerer kantonaler Normen die mögliche Annahme der bilateralen Verträge in seine Betrachtungen und Lösungsvorschläge einbezogen. So besteht heute für den Kanton Basel-Landschaft beispielsweise im Bereich des öffentlichen Beschaffungswesens dank neuem Gesetz über öffentliche Beschaffungen und Verordnung zum Beschaffungswesen kein Handlungsbedarf mehr in Zusammenhang mit dem Inkrafttreten der bilateralen Verträgen.


Zur Frage der Auswirkung der bilateralen Verträge auf den Güter- und Personenverkehr auf Schiene und Strasse lassen sich zur Zeit nur spekulative Ausführungen machen. Die grösseren Fahrzeuggesamtgewichte im Bereich des Schwerverkehrs (40 Tonnen) könnten sich gegenüber heute (28 Tonnen) positiv auswirken, weil für die Intensität der Infrastrukturbeanspruchung die Achslasten massgebend sind. Diese sind bei den schwereren Gefährten eher geringer (Gewichtsverteilung auf mehr Achsen). Die Ladungen bis 40 Tonnen sollten bei gleichbleibender Gesamttonnage zu einer Reduktion der Anzahl Fahrten führen (zwei Wagen mit 40 Tonnen ersetzen theoretisch rund 3 Wagen mit 28 Tonnen). Die Verkehrsinfrastrukturbelastung durch den Schwerverkehr ginge somit bei diesem Szenario tendenziell zurück. Kommt es aber aufgrund des Abkommens (oder aus anderen Gründen) und trotz der flankierenden Massnahmen (z.B. LSVA) zu einer Verkehrszunahme, so wird die Verkehrsinfrastrukturbelastung höher und damit würde beispielsweise der Zeitraum, in welchem eine Strasse erneuert werden muss, kürzer. Die heute noch kaum abschätzbare Entwicklung nach Inkrafttreten der bilateralen Verträge muss deshalb sorgfältig beobachtet werden, damit rechtzeitig und bedarfsgerecht die Infrastrukturbereitstellung geplant werden kann.


Sollten die bilateralen Verträge tatsächlich eine massive Verlagerung des Nord-Süd-Güterverkehrs von der Strasse auf die Bahn mit sich bringen, so ist der öffentliche Verkehr im Kanton davon tangiert, weil in diesem Fall Kapazitäten für den weiteren Ausbau im Regional- und im Reisefernverkehr fehlen werden. Aus diesem Grund setzt sich der Regierungsrat für den Ausbau der Bahnlinie Basel-Olten auf vier Spuren ein. Die Kantone befassen sich derzeit mit den Grundlagen für die Bestimmung der Projekte der 2. Etappe der Bahn 2000. Erst die Botschaft des Bundesrates, die 2004 an das Parlament überwiesen werden soll, wird zeigen, inwiefern die Anliegen des Kantons zum Ausbau der Kapazitäten auf der Linie Basel-Olten vom Bundesrat unterstützt werden.




2. Zu den Fragen der Interpellation im Einzelnen:


Zu Frage 1: Welche Vorbereitungen trifft der Kanton Basel-Landschaft für die Umsetzung der bilateralen Verträge?


Der Regierungsrat orientiert sich bei der Umsetzung der bilateralen Verträge an den von der Europa-Kommission der Konferenz der Kantonsregierungen erarbeiteten Berichten bezüglich der Umsetzung und des Vollzugs der bilateralen/sektoriellen Abkommen der Schweiz mit der EG. Diese Berichte zeigen den Handlungsbedarf für die Kantone auf. Der Regierungsrat hat am 4. Januar 2000 die Berichte der Konferenz der Kantonsregierungen den zuständigen Direktionen zur Kenntnis gebracht und sie zur weiteren Bearbeitung zugeteilt.


An der Regierungssitzung vom 18. Januar 2000 hat der Regierungsrat von einer ersten Beurteilung durch die Direktionen Kenntnis genommen. Diese Beurteilung umfasste eine kurze Darstellung des jeweiligen Handlungsbedarfs für den Kanton Basel-Landschaft und wichtige Termine für das weitere Vorgehen im Falle der Annahme der bilateralen Verträge.


Anlässlich der Sitzung der Konferenz der Regierungen der Nordwestschweizer Kantone (Aargau, Basel-Stadt, Basel-Landschaft, Bern, Solothurn, Jura) vom 21. Januar 2000 wurde festgestellt, dass von den an der Konferenz beteiligten Kantonsregierungen zum damaligen Zeitpunkt keine über die bereits bestehende Zusammenarbeit hinausgehenden Projekte für einen interkantonal harmonisierten Vollzug der bilateralen/sektoriellen Abkommen vorgeschlagen werden.


Im Kanton Basel-Landschaft sind die notwendigen Massnahmen zur Umsetzung und zum Vollzug der bilateralen/sektoriellen Abkommen nach Annahme der Verträge von den Direktionen eingeleitet worden und die notwendigen Beschlüsse betreffend Änderung von geltenden Regelungen sollten rechtzeitig gefasst werden können.




Zu Frage 2: Welche Bereiche der kantonalen Verwaltung sind betroffen?


Die beiliegende Zusammenstellung (Beilage 1) gibt einen summarischen Überblick zu den betroffenen Bereichen (vgl. auch oben unter Vorbemerkung), in denen grössere Anpassungsarbeiten notwendig sind.




Zu Frage 3: Werden die Vollzugsaufgaben koordiniert, innerhalb des Kantons, mit den Nachbarkantonen und dem Bund? Wie steht es mit der Unterstützung durch den Bund?


Die Vollzugsaufgaben werden durch den Regierungsrat geleitet. In seinem Auftrag koordiniert die Landeskanzlei die Beschlussfassung. Wichtige Fragen mit besonderem Koordinationsbedarf werden direkt zwischen den betroffenen Direktionen oder im Rahmen der monatlich stattfindenden Direktionssekretärenkonferenz behandelt. Die Koordination mit den Nachbarkantonen erfolgt bilateral mit Basel-Stadt, im Rahmen der Regionalkonferenz mit den weiteren Kantonen der Nordwestschweiz, über Kontakte im Rahmen der Fachdirektorenkonferenzen und über Kontakte zwischen den Fachstellen der Verwaltung. Bei der Koordination von Vollzugsaufgaben mit dem Bund hat sich die Konferenz der Kantonsregierungen mit verschiedenen Arbeitsgruppen profiliert. Im leitenden Ausschuss der Konferenz der Kantonsregierungen ist der Kanton Basel-Landschaft durch Regierungspräsident Andreas Koellreuter vertreten, der von der Regionalkonferenz der Regierungen der Nordwestschweiz in dieses Gremium delegiert worden ist. Die Bundesstellen werden von den kantonalen Fachstellen bei Unterstützungsbedarf direkt kontaktiert und geben im Rahmen ihrer Möglichkeiten Auskunft. Die Koordination der Vollzugsaufgaben ist auf allen Ebenen sichergestellt. Für den Bereich der AHV/IV und der Ergänzungsleistungen ist festzustellen, dass die kantonalen Organe Bundesaufgaben wahrnehmen. In den entsprechenden Versicherungszweigen werden die kantonalen Organe Vorgaben durch das Bundesamt für Sozialversicherung erhalten, so dass eine Koordination unter den Kantonen sichergestellt ist. Auch bei der Prämienverbilligung werden Koordinationsvorschriften seitens des Bundes erwartet.




Zu Frage 4: Was ändert sich bezüglich Zusammenarbeit unter den Grenzorganen (Zoll, Grenzwacht, Polizei) der 3 Länder Schweiz, Deutschland und Frankreich?


Vorderhand sind keine Änderungen zu erwarten.




Zu Frage 5: Welche Massnahmen werden ergriffen, damit sich die bilateralen Verträge vorteilhaft auf die Standortgunst des Kantons Basel-Landschaft auswirken?


Der Kernpunkt des aktuellen und vom Landrat genehmigten Regierungsprogramms 1999-2003 ist der Erhalt und die Steigerung der Standortgunst des Kantons Basel-Landschaft. Beim Erarbeiten dieses Programms war für den Regierungsrat die bevorstehende Annahme der bilateralen Verträge bereits absehbar. Die eventuell in diesem Zusammenhang stehenden Möglichkeiten für eine Steigerung der Standortgunst sind bereits im Programm berücksichtigt worden. Es sind zur Zeit keine darüber hinausgehenden Massnahmen vorgesehen, wobei der Regierungsrat die Lage selbstverständlich laufend beurteilt, um zusätzliche Massnahmen einzuleiten, falls solche angezeigt sind. Bei der Erarbeitung des kommenden Regierungsprogramms 2003+ wird erneut Gelegenheit bestehen, sich grundsätzlich zur Entwicklung nach Annahme und Inkrafttreten der bilateralen Verträge zu äussern.




Zu Frage 6: Wie werden die von Bundesrat und Parlament beschlossenen Massnahmen, wie z.B. Vermeidung von Dumping, umgesetzt werden?


Die flankierenden Massnahmen werden von den zuständigen kantonalen Behörden so sorgfältig und konsequent vollzogen wie andere Bundesregelungen auch.


Zum Problem Dumping: Durch eine konsequente Anwendung von Gesetz und Verordnung zum öffentlichen Beschaffungswesen wird der Regierungsrat als Auftraggeber dafür Sorge tragen, dass bei kantonalen Arbeitsvergaben keine Firmen zum Zuge kommen, die Dumpingangebote unterbreiten. Weitere Massnahmen im Bereiche des Arbeitsmarktes sind der beiliegenden Zusammenstellung zu entnehmen (vgl. Beilage 1).




Zu Frage 7: Wie werden die involvierten Mitarbeiter ausgebildet?


Die involvierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter werden zum Teil an Kursen (z.B. Kurse des Bundesamtes für Sozialversicherung) oder auf der Ebene der Arbeitsprozesse "on the job" ausgebildet. Spezialisten geben ihr Wissen intern weiter. Als Grundlage der persönlichen Weiterbildung dienen u.a. die von der Europa-Kommission der Konferenz der Kantonsregierungen erarbeiteten Berichte, die im Bundesblatt veröffentlichte Botschaft des Bundesrates zu den bilateralen Verträgen, eine CD-Rom des Integrationsbüros EDA/EVD, die hervorragende Internet-Homepage des Integrationsbüros EDA/EVD (www.bilaterale.ch) sowie verschiedene weitere Publikationen von Verwaltungsstellen und Wirtschaftsverbänden. Der Regierungsrat des Kantons Basel-Landschaft hat sich zudem an den im Frühjahr durchgeführten Informationsveranstaltungen des Gewerbeverbandes Baselland - Wirtschaftskammer der KMU massgeblich beteiligt. Der Besuch dieser Veranstaltungsreihe stand auch den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der kantonalen Verwaltung offen.




Zu Frage 8: Wird es eine zentrale Auskunftsstelle geben?


Die Informationsbeauftragten des Regierungsrates und der Direktionen sind als zentrale Auskunftsstellen bezeichnet. Sie werden dafür besorgt sein, dass die an sie gerichteten Fragen zu Umsetzung und Vollzug der bilateralen Verträge von der dafür kompetentesten Mitarbeiterin oder dem fachkundigsten Mitarbeiter der Verwaltung beantwortet werden. Weitere zentrale und vom Kanton Basel-Landschaft mitgetragene Auskunftsstellen sind die Wirtschaftsförderung beider Basel und die trinationale Informationsdrehscheibe Infobest Palmrain (v.a. für Fragen in Zusammenhang mit Grenzgängerinnen und Grenzgängern).




Zu Frage 9: Wie sieht der zeitliche Ablauf aus?


Eine Übersicht über die zur Zeit massgeblichen und bekannten Termine ist der beiliegenden Zusammenstellung zu entnehmen. Anzumerken ist an dieser Stelle, dass der Termin für das Inkrafttreten der bilateralen Verträge zur Zeit noch offen ist.


Liestal, 26. September 2000


Im Namen des Regierungsrates
der Präsident: Koellreuter
der Landschreiber: Mundschin


Back to Top