Überführung Amt für Industrielle Betriebe aus der kantonalen Verwaltung in eine AG
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Überführung Amt für Industrielle Betriebe aus der kantonalen Verwaltung in eine AG |
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Vorlage 2000-122 vom 23. Mai 2000 - [Vorlage 2000-122; Inhalt ] |
5. Zeitlicher Ablauf
Gemäss Verfassung sind Initiativen unter bestimmten Voraussetzungen dem Volk innerhalb von 2 Jahren nach Einreichung zu unterbreiten. Die Idee der Gemeindeinitiative vom 28. April 1995 hat der Regierungsrat mit seiner Vorlage an den Landrat vom 3. Juni 1997 aufgegriffen. Am 30. Oktober 1997 hat der Landrat die Ausgliederung des AIB beschlossen und der Regierung den Auftrag erteilt, eine Vorlage "Überführung des AIB aus der kantonalen Verwaltung in eine Aktiengesellschaft" auszuarbeiten. Diese Vorlage liegt nun vor. Gemäss Verfassung hätte spätestens nach 2 Jahren, also spätestens 1999, dem Volk die beantragte Überführung zur Annahme oder Ablehnung unterbreitet werden müssen. Schwierige Verhandlungen zu Fragen der Bewertung der Infrastrukturen, Zusammensetzung des Verwaltungsrates sowie der Haftung haben zu einer Verzögerung von einem Jahr geführt.
Stimmt der Landrat auch dieser zweiten Vorlage im Laufe des Sommers 2000 zu, so wird das Volk im Herbst 2000 Gelegenheit erhalten, darüber abzustimmen. Folgt das Volk der Meinung von Regierung und Parlament, so werden die IBBL ab 1. Januar 2001, allenfalls ab 1. Juli 2001, operationell sein. Lehnt das Volk die vom Parlament beschlossene Überführung des AIB aus der kantonalen Verwaltung in eine Aktiengesellschaft ab, so bleibt es beim heutigen Zustand (betrieblich und rechtlich), das heisst, beim AIB als Dienststelle der Bau- und Umweltschutzdirektion.
Stellt sich der Landrat gegen die Überführung des AIB in eine Aktiengesellschaft, wird das Volk ebenfalls im Herbst 2000 Gelegenheit haben, über die Initiative ohne Vorschlag von Regierung und Parlament abzustimmen. Lehnt das Volk die Initiative ab, so bleibt es in jedem Fall beim heutigen Zustand. Nimmt das Volk die Initiative an, wird damit die Regierung verpflichtet, wiederum innerhalb von 2 Jahren, dem Parlament eine entsprechende Vorlage zur Ausgliederung des AIB zu unterbreiten, über welche wiederum der Souverän - gemäss Verfassungsauftrag spätestens im Herbst 2002 - zu befinden hätte.
Die seit dem Landratsbeschluss vom 30. Oktober 1997 aufgelaufenen (externen) Kosten für die Vorbereitung der Überführung belaufen sich auf rund 270'000 Franken. Die weiteren Kosten, welche bei einem positiven Entscheid des Souveräns im Herbst 2000 bis zur Gründung der IBBL noch anfallen werden, werden auf rund 500'000 Franken geschätzt. Diese Mittel sind im Budget 2000 des AIB berücksichtigt.
Das im Herbst 1999 durchgeführte breite Vernehmlassungsverfahren beim Gemeindeverband, bei den Gemeinden, Parteien, Verbänden und Verwaltungsstellen zeigt ein überwiegend positives Echo.
Generell kann der Gemeindeverband der Überführung des AIB in eine Aktiengesellschaft gemäss der nun vorliegenden Landratsvorlage - abgesehen von wenigen aber für die Gemeinden entscheidenden Fragen - zustimmen. Die Forderungen der "nicht formulierten Initiative für eine separate Trägerschaft für die Abwasser- und Abfallanlagen" seien mit dieser Vorlage erfüllt, wenn die erwähnten Punkte noch geändert werden. Der Gemeindeverband bedankt sich für die Möglichkeit der Mitwirkung und die gute konstruktive Zusammenarbeit.
Die offenen Fragen sind:
1. Leistungen wirtschaftlicher erbringen. Es soll als Ziel der Ausgliederung explizit das günstigere Erbringen der jetzigen Leistungen in der Vorlage genannt werden. Die Übernahme von Gemeindekanalisationen sei nicht der Kernvorteil der neuen Lösung, sondern eine Vision für das neue Unternehmen.
Die Vorlage ist in diesem Punkt entsprechend präzisiert worden.
2. Parität zwischen Kanton und Gemeinden auch im Verwaltungsrat. Entsprechend der Forderung der Gemeinde-Initiative und dem Auftrag des Landrates vom 30. Oktober 1997 soll auch für den Verwaltungsrat, der die strategische Führung des Unternehmens inne haben wird, konsequent die Parität - mit andern Worten für Kanton und Gemeinden je gleich viele Sitze - gewährleistet sein.
Der Regierungsrat sieht keine Möglichkeit, dieser Forderung nachzukommen.
3. Keine Buchgewinne beim Kanton bei Kanälen, die mit Steuergeldern bereits amortisiert worden sind. Beim Vermögensaufbau werden die Anlagen im Netz, das sind im Wesentlichen die Abwasserkanäle, mit einem Buchwert von 57,8 Mio. Franken per 31. Dezember 1998 aufgeführt. Für die Anlagen im Netz sind die Abschreibungen durch das AIB mit 2.5% p.a. auf dem Neuwert vorgenommen worden. Nun betrugen aber bis zum 31. Dezember 1994 - bis zu diesem Datum wurde der gesamte Kapitaldienst für die Abwasseranlagen durch den allgemeinen Staatshaushalt geleistet, also mit Steuergeldern bestritten - die Abschreibungen gemäss Staatsbuchhaltung dabei jährlich 10% des Restbuchwertes. Statt den Restwert nun aufgrund der erfolgten Abschreibungen festzulegen - moniert der Gemeindeverband - würde rückwirkend ein theoretischer Abschreibungssatz für die Kanäle von 2.5% geltend gemacht. Dadurch würde der Kanton einen Buchgewinn von rund 50 Mio. Franken erzielen. Die IBBL dagegen müsste das mit Steuergeldern bereits Amortisierte nochmals bezahlen und mit höheren Gebühren als nötig den Abwasserliefernden überwälzen. Der Gemeindeverband ersucht deshalb den in der Vorlage aufgeführten Restwert der Anlagen im Netz um 50 Mio. Franken zu reduzieren.
Der Regierungsrat sieht allerdings keine Möglichkeit, dieser Forderung nachzukommen.
4. Die mittelfristigen Perspektiven der Verselbständigung in Bezug auf die Auswirkungen auf die Gebühren fehlen.
In der nun vorliegenden Vorlage ist sowohl für den Abwasser- als auch den Abfallbereich die mittelfristige Gebührenentwicklung dargestellt.
5. Die Sicherheitsleistungen sind von der dafür vorgesehenen Kontrollstelle und nicht von einer Amtsstelle zu überwachen.
Im Zuge der Gründung und im Rahmen der öffentlichen Beurkundung wird auch die Revisionsstelle der Gesellschaft gewählt. Diese hat die Aufgabe, am Ende des Geschäftsjahres Jahresrechnung, Bilanz und Geschäftsbericht zu prüfen. Dieser Akt ist immer nachgelagert. Die Revisionsstelle kann daher nicht zur Überwachung der für die Nachsorge und für einen allfälligen Störfall geäufneten Sicherheitsleistungen für die Deponieanlage Elbisgraben herangezogen werden. Das kantonale Umweltschutzgesetz überträgt diese Aufgabe ausschliesslich der Bau- und Umweltschutzdirektion. Sie hat dafür zu sorgen, dass jederzeit die entsprechenden Mittel vorhanden sind. Aus diesem Grund kann der Forderung nicht stattgegeben werden.
Von den 48 im Rahmen der Vernehmlassung antwortenden Gemeinden sind 43 grundsätzlich mit der Vorlage einverstanden und unterstützen die Ausgliederung. Eine Gemeinde teilt schriftlich den Verzicht auf eine Stellungnahme mit. Vier Gemeinden lehnen die geplante Ausgliederung ab. Von den zustimmenden Gemeinden schliessen sich 16 ohne jeden zusätzlichen Kommentar der Vernehmlassung des Gemeindeverbandes an. Weitere 22 schliessen sich ebenfalls der Vernehmlassung des Gemeindeverbandes an und unterstreichen zusätzlich die von ihm genannten Forderungen. Von einzelnen Gemeinden in dieser Kategorie werden noch zusätzliche Punkte wie kleinerer Verwaltungsrat, kein Gesamtarbeitsvertrag, keine Quersubventionierung oder ein zusätzliches technisch-wirtschaftliches Kontrollorgan gefordert. Fünf Gemeinden nehmen nicht Bezug auf die Vernehmlassung des Gemeindeverbandes. Einzelne unter ihnen pochen auf die Parität im Verwaltungsrat und fordern den Verzicht auf den Buchgewinn bei den Anlagen im Netz sowie den Verzicht auf eine Ausweitung der Tätigkeitsfelder. Bei den vier ablehnenden Gemeinden werden die Einschränkung der politischen Mitwirkung, die Konkurrenz für Private und das Problem der Quersubventionierung ins Feld geführt. Sofern die Ausgliederung zustande kommt, wird die Parität im Verwaltungsrat sowie der Verzicht auf Buchgewinne gefordert.
Die Forderungen des Gemeindeverbandes sind somit auch aus Sicht der meisten Gemeinden die Wesentlichsten. Bis auf drei sind diese in der Vorlage berücksichtigt. Ferner hat der Regierungsrat das Begehren einzelner Gemeinden um Verkleinerung des Verwaltungsrates aufgegriffen: Statt 13 resp. 12 - wie ursprünglich vorgesehen - soll der Verwaltungsrat neu 9 Sitze umfassen. Auf die übrigen, meist einzelnen Begehren ist der Regierungsrat nicht eingetreten.
Von den angefragten Parteien haben sich fünf schriftlich geäussert. Die Christlichdemokratische Volkspartei, die Freisinnig-Demokratische Partei, die Jungfreisinnigen Baselland, sowie die Schweizer Demokraten unterstützen die mit dieser Vorlage angestrebte Verselbständigung. Die Sozialdemokratische Partei lehnt die Verselbständigung gemäss der regierungsrätlichen Vorlage ab. Das Spektrum der Forderungen ist teilweise diametral. Während beispielsweise eine Partei den vorgesehenen Gesamtarbeitsvertrag ablehnt (er ist im IBBL-Gesetz mit einer "kann"-Formulierung enthalten), fordert eine andere Partei zwingend die GAV-Unterstellung. Ferner werden Private im Verwaltungsrat und als Aktionäre bereits bei der Gründung der Gesellschaft verlangt beziehungsweise es soll umgekehrt verhindert werden, dass Private ohne Gesetzesänderung später auch dazustossen können. Eine Partei möchte den Gesellschaftszweck völlig offen lassen, während eine andere die IBBL ausschliesslich in den heutigen Geschäftsbereichen wirken lassen möchte.
Von den Verbänden hat der Verband des Staats- und Gemeindepersonals schriftlich mitgeteilt, dass er sich über den Sinn und die Notwendigkeit der Überführung in eine AG nicht äussern kann und die Handelskammer hat keine Vorbehalte zur Vorlage angemeldet, während von andern - ausser dem anfangs erwähnten Gemeindeverband - keine Antwort eingetroffen ist.
8 . Parlamentarische Vorstösse
Im Zusammenhang mit dieser Vorlage ist das am 22. September 1994 (2173) überwiesene, modifizierte Postulat der FDP-Fraktion vom 22 Juni 1994 (94/150) betreffend Fernheizwerk Liestal, Mitverantwortung für Wärmebezüger, von Bedeutung. Das Postulat vom 22. Juni 1994 hat folgenden Wortlaut:
"Das Fernheizwerk Liestal wurde ursprünglich gebaut, um die Zentralwäscherei und das Kantonsspital Liestal mit Wärme zu versorgen. In mehreren Stufen ist dieses Werk zum Hauptversorger der kantonalen Verwaltungsbauten und der Spitäler Liestal geworden. Inzwischen sind auch die Kantonalbank, ein Schulhaus der Stadt Liestal und überdies private Wärmebezüger angeschlossen. Die Nutzung des Deponiegases ist realisiert worden und zur Zeit steht ein ganzes Fernwärmenetz in Richtung Frenkendorf und Füllinsdorf im Bau.
Es ist nicht zu übersehen, dass das Fernheizwerk Liestal eine zentrale Umweltschutzaufgabe erfüllt, weil damit zahlreiche mittelgrosse und kleinere Ölfeuerungen ersetzt werden konnten. Das gross gewordene Fernheizwerk verfügt über ein beachtliches Potential für die Produktion von elektrischem Strom. Es ist vorgesehen, dieses auch zu nutzen. Das Fernheizwerk steht somit nicht nur im Interesse des Kantons, sondern es ist auch ein bedeutungsvolles Werk für die erschlossenen Gemeinden, die privaten Wärmebezüger und für die regionale Stromversorgung.
Es ist deshalb zu prüfen, ob und wie die Gemeinschaft der Wärmebezüger und sonstiger Interessenten in die künftigen Entscheidungsprozesse und in die Verantwortung eingebunden werden können. Die alleinige Trägerschaft durch den Kanton stellt einen Sonderfall dar. Andernorts in unserem Kanton werden ähnliche Werke gemeinschaftlich (Genossenschaft, AG, etc.) getragen. Diese Werke werden sowohl vom Kanton wie von den Standortgemeinden, den Elektras und von Privaten unterstützt. Der Einbezug der EBL in die Trägerschaft und in die Mitverantwortung liegt auf der Hand, da diese sich neulich ganz klar zu Gunsten eines stärkeren Engagements im Wärmemarkt ausgesprochen hat. Zudem wäre die EBL als Elektrizitäts-Unternehmung prädestiniert, die künftige Elektrizitätsproduktion als mitverantwortliche Gesellschaft und unverzichtbarer Partner mit dem vorhandenen "Know-how" zu begleiten.
Eine solche Veränderung liesse sich relativ rasch realisieren, weil bereits viel Vorarbeit dazu geleistet worden ist und die Zeit sich zu Gunsten einer Neuaufnahme der Verhandlungen verändert hat.
Deshalb wird der Regierungsrat gebeten, für das Fernheizwerk Liestal eine erweiterte Trägerschaft zu finden und die dazu notwendigen Verhandlungen aufzunehmen."
Aufgrund der Debatte im Landrat wurde der letzte Satz des Postulates, der Motionscharakter hat, wie folgt geändert:
"Der Regierungsrat wird gebeten, eine erweiterte Trägerschaft zu prüfen, die Gemeinden, Private und Gesellschaften einbezieht."
Das modifizierte Postulat wurde ohne Gegenstimme mit grosser Mehrheit überwiesen.
Wie in Kapitel 4.4.6 ausgeführt, vermag das AIB (und künftig auch die IBBL) mit den Einnahmen aus dem Energieverkauf - die Wärmetarife sind durch den Regierungsrat festgelegt - nur gerade seine Betriebskosten und einen Teil der Kapitaldienstkosten zu decken. Die Gebührenstruktur für die Fernwärmenetze Liestal und Kriegacker Muttenz ist auch in Zukunft nicht zu ändern; langjährige Verträge verhindern dies. Die Betriebskosten sind bereits auf einem sehr tiefen Stand. Die Kapitaldienstkosten variieren zwar, werden aber nie auf eine Höhe absinken, dass sie mittels der Einnahmen aus dem Energieverkauf vollständig gedeckt werden könnten. Im IBBL-Gesetz ist daher vorgesehen, dass die Infrastrukturen des Fernwärmenetzes Liestal im Eigentum des Kantons Basel-Landschaft sowie diejenigen des Fernwärmenetzes Kriegacker Muttenz (ehemals Ingenieurschule beider Basel) im Eigentum der Kantone Basel-Landschaft und Basel-Stadt verbleiben sollen. Hingegen überträgt der Kanton der IBBL für die bestehenden Fernwärmenetze in Liestal und Muttenz den Betrieb der Anlagen. Der Bau der Anlagen wird ihr übertragen in eigenem Namen, jedoch auf Rechnung des Kantons. Der Aufwand für den Kapitaldienst geht zu Lasten des Kantons Basel-Landschaft (Fernwärmenetz Liestal) bzw. zu Lasten der Kantone Basel-Landschaft und Basel-Stadt (Fernwärmenetz Kriegacker Muttenz).
Für Betrieb und Bau sind also grundsätzlich die IBBL verantwortlich; eine Gesellschaft an der der Kanton und die Gemeinden partizipieren und die zu einem späteren Zeitpunkt für Private oder weitere Interessierte geöffnet werden kann. Aus Gründen der Gebühren- und Kostenstruktur verbleibt der Kapitaldienst des Fernwärmenetzes Liestal beim Kanton. Die Forderungen des Postulates sind mit Gründung der IBBL also weitgehend erfüllt. Das Postulat kann somit als erfüllt abgeschrieben werden.
Gestützt auf die vorstehenden Ausführungen beantragen wir ihnen, gemäss beiliegendem Entwurf zu beschliessen.
Liestal, den 23. Mai 2000
Im Namen des Regierungsrates
Der Präsident: Fünfschilling
Der Landschreiber: Mundschin