2000-057_5.htm

Landrat / Parlament || Inhalt der Vorlage 2000-057 vom 29. Februar 2000


Postulat 1996/036 vom 15. Februar 1996 betreffend Abschaffung des Datenschutzbeauftragten


Geschäfte des Landrats || Hinweise und Erklärungen





5. Organisationsformen der Datenschutzaufsichtsbehörde und ihre Eignung

5.1 Ausgestaltung und Arbeitsweise


Für die Ausgestaltung der Datenschutzaufsichtsbehörde stehen traditionellerweise zwei Organisationsformen - Datenschutzbeauftragte(r) oder Datenschutzkommission - und eine Kombination beider Formen zur Auswahl. Auf Grund der Anforderungen neuer internationaler Gesetzgebungen (insbesondere der EU-Richtlinie) und im Hinblick auf die effiziente Erfüllung der immer komplexer werdenden Aufgaben im Bereich des Datenschutzes und der Informationssicherheit sind auch neue Organisationsformen in Diskussion: So führt beispielsweise das Bundesland Schleswig-Holstein auf den 1. Juli 2000 ein "unabhängiges Landeszentrum für Datenschutz" als selbständige öffentlichrechtliche Anstalt ein.


Eine Datenschutzkommission tagt periodisch und behandelt vorbereitete Themen. Sie kann sich allenfalls in Teilgremien organisieren, welche einzelne Bereiche vertieft behandeln. Ohne zusätzliche Ausstattung kommt eine Datenschutzkommission nicht aus. Nicht zuletzt aus Datenschutzgründen braucht sie eine von anderen Behörden unabhängige Geschäftsstelle. Für die Vorbereitung und/ oder Ausführung der Entscheide der Kommission sind Kompetenz und Ressourcen vorausgesetzt, die entweder entschädigt oder von irgendwoher zur Verfügung gestellt werden müssen (17) . Die Beratung von betroffenen Personen, eine Unterstützung von Behörden in konkreten Fragestellungen, die intensive Zusammenarbeit mit datenbearbeitenden Behörden und die Mitwirkung in kantonsinternen und überkantonalen Gremien kann von Kommissionen in aller Regel nicht oder nur in sehr beschränkter Weise geleistet werden. Je nach der Art und Weise der Zusammensetzung ist sie aber sehr geeignet, um politische Gewichtungen und Bewertungen vorzunehmen und entsprechenden Empfehlungen, vor allem gegenüber rechtsetzenden Behörden, Nachdruck zu verleihen.


Ein(e) Datenschutzbeauftragte(r) ist - innerhalb oder ausserhalb der Verwaltungsstrukturen - mehr oder weniger permanent ansprechbar, kann mit Behörden zusammenarbeiten, in kantonsinternen und überkantonalen Gremien mitwirken und unabhängig eines Sitzungsfahrplans agieren. Durch die permanente Beschäftigung und intensiven Austausch mit den datenbearbeitenden Behörden und anderen Datenschutzbehörden entwickelt sich eine hohe Kompetenz. Das Gewicht ihrer bzw. seiner Empfehlungen gegenüber rechtsetzenden Behörden ist allenfalls tendenziell geringer, weil keine institutionalisierte Lobby dahinter steht.


Eine Kombination - Datenschutzkommission und Datenschutzbeauftragte(r) - kann die Stärken beider Organisationsformen verbinden: Politisches Gewicht der Kommission vor allem im Rechtsetzungsprozess, Kompetenz und Verfügbarkeit der/ des Datenschutzbeauftragten in der Beratung von betroffenen Personen und Behörden, insbesondere in der Zusammenarbeit mit datenbearbeitenden Behörden und in der Mitwirkung in kantonsinternen und überkantonalen Gremien. Schwierig gestaltet sich allerdings die Kompetenzabgrenzung zwischen den beiden Organen: Wo hört die für die Beratung unabdingbare Unabhängigkeit der bzw. des Datenschutzbeauftragten auf und wo beginnt die Zuständigkeit der Kommission?




5.2 Vergleich unter den Kantonen


Ein Blick auf die Schweizer "Datenschutzszene" (18) zeigt ein auf den ersten Blick uneinheitliches Bild (siehe Anhang 2). Der Grund für die unterschiedlichen Lösungen liegt im unterschiedlichen Stand der Gesetzgebung. Zusammenfassend kann festgehalten werden:


Die Form der Datenschutzkommission haben in der Regel die früh für den Datenschutz sensibilisierten französischsprachigen Kantone mit Gesetzen aus den Jahren bis 1986 gewählt (Genf, Neuenburg, Wallis, Jura). Auf der deutschsprachigen Seite sind es zwei Kantone mit - in formeller und materieller Hinsicht dem verlangten Minimalstandard nicht genügender - Regelung auf Richtlinien- oder Verordnungsstufe (Solothurn und Aargau) sowie Basel-Stadt und Schwyz, wobei das geschäftsführende Mitglied der Schwyzer Kommission in die Verwaltung eingegliedert ist. Basel-Stadt kommt mit seiner Lösung - Datenschutzkommission und selbständige Geschäftsstelle - schon in die Nähe der Kombination beider Formen, was in der damaligen Grossratsdebatte als - im Vergleich zur Baselbieter Lösung - "Rolls Royce-Lösung" bezeichnet wurde.


Sowohl eine Datenschutzkommission als auch eine(n) Datenschutzbeauftragte(n) sieht der Kanton Freiburg vor, was in der in diesem Kanton traditionellerweise gepflegten Kombination von Verwaltungsstellen und (Miliz-)Kommissionen begründet liegt.


Alle übrigen Kantone wie auch der Bund (19) haben die Form einer bzw. eines Datenschutzbeauftragten gewählt. Im Kanton Solothurn sieht die Vernehmlassungsvorlage für ein Datenschutzgesetz nun ebenfalls eine(n) Datenschutzbeauftragte(n) vor; dasselbe schlägt der Bericht der Datenschutzkommission des Kantons Aargau für die Schaffung eines Datenschutzgesetzes vor. Auch im Kanton Genf ist nach jüngsten Informationen eine Revision hängig, mit der statt der bestehenden Kommission ein(e) Datenschutzbeauftragte(r) eingeführt werden soll.


Unterschiedlich ist die Zuständigkeit der (vergleichbaren) Datenschutzbeauftragten: Sie reicht von der umfassenden Zuständigkeit für die kantonalen und kommunalen Behörden (z.B. Zürich und Basel-Landschaft) bis hin zur Aufsicht über die kantonalen Behörden und blossen Oberaufsicht über die obligatorisch einzusetzenden kommunalen Datenschutzaufsichtsorgane (z.B. Bern). Entsprechend unterschiedlich ist auch die Ausstattung : Sie reicht von 50 Stellenprozenten (nebst weiteren 50 Sekretariats-Stellenprozenten und - wie erwähnt - einer Datenschutzkommission) im Kanton Freiburg bis hin zu 415 Stellenprozenten und einem Budget von rund 900'000 Franken (inkl. Personalkosten) im Kanton Zürich. Der Kanton Basel-Landschaft mit einer 100%-Stelle liegt damit im unteren Mittelfeld.


Fortsetzung


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Fussnoten:


17. Im Kanton Basel-Stadt beispielsweise wird der Präsident der Datenschutzkommission, ein freiberuflich tätiger Advokat und Statthalter am Appellationsgericht, ausserordentlicherweise zusätzlich entschädigt. Ausserdem wenden aus der Verwaltung stammende Kommissionsmitglieder einen nicht unerheblichen Teil ihrer Arbeitszeit für die Redaktion von Stellungnahmen der Kommission auf. Solche "Unterstützung" muss bei einer Vollkostenrechnung mitberücksichtigt werden.


18. Eine Übersicht über die Datenschutzbehörden samt Rechtsgrundlagen findet sich im Internetangebot des Baselbieter Datenschutzbeauftragten


19. Die neben dem Eidgenössischen Datenschutzbeauftragten bestehende Eidgenössische Datenschutzkommission ist kein Aufsichtsorgan in hier behandelten Sinne, sondern eine (gerichtliche) Eidgenössische Rekurskommission.