1999-259 (1)
Landrat / Parlament || Bericht vom 25. April 2000 zur Vorlage 1999-259
Bericht der Justiz- und Polizeikommission an den Landrat
Entwurf zu einer Revision des Bürgerrechtsgesetzes vom 21. Januar 1993
Geschäfte des Landrats || Hinweise und Erklärungen
Bürgerrechtsgesetz (Entwurf)
1. Organisation der Kommissionsberatung
Die Justiz- und Polizeikommission (JPK) hat die Vorlage anlässlich ihrer Sitzungen vom 28. Februar 2000 (Eintreten), 27. März 2000 (1. Lesung) und 10. April 2000 (2. Lesung) beraten. Die Beratungen wurden begleitet von Regierungsrat Andreas Koellreuter, Stephan Mathis, Direktionssekretär JuPoMi, und Franziska Vogel Mansour, Leiterin der Zivilrechtsabteilung I.
2. Zielsetzung und Inhalt der Vorlage
Das Einbürgerungsverfahren von ausländischen Staatsangehörigen dauert heute rund 2 bis 2,5 Jahre. Diese unbefriedigend lange Dauer des Verfahrens ist einerseits systemimmanent, indem das Bürgerrecht auf den drei Ebenen Bund, Kanton und Gemeinden erteilt wird und entsprechend zahlreiche Behörden involviert sind. Andererseits bestehen im heutigen Verfahren Doppelspurigkeiten und ein Verfahrenskorsett, weshalb ein Potential zur Straffung und Effizienzsteigerung des Verfahrens vorhanden ist.
Hier setzt die Vorlage ein mit dem Ziel, den Spielraum zur Straffung und damit Beschleunigung des Einbürgerungsverfahrens für ausländische Staatsangehörige zu nutzen. Statt wie heute 13 Verfahrensschritte sollen inskünftig bloss noch 8 Verfahrensschritte notwendig sein. Die einzelnen Verfahrensschritte sollen nicht mehr hintereinander, sondern parallel zu einander abgewickelt werden. Das Verfahren zur Erteilung des Gemeindebürgerrechts an Schweizerbürger und -bürgerinnen ist davon nicht betroffen.
Die zweite Neuerung besteht darin, dass die Bürgergemeindeversammlung künftig die Kompetenz haben soll, die Zuständigkeit zur Erteilung des Gemeindebürgerrechts (für ausländische Staatsangehörige und/oder Schweizerbürger und -bürgerinnen) an den Bürger- bzw. Gemeinderat zu übertragen.
Das erste Anliegen ist weitgehend unbestritten geblieben.
3. Einordnung der Vorlage in die gegenwärtige Bürgerrechtsdiskussion
Vor dem Hintergrund umstrittener Verweigerungen der Einbürgerung von ausländischen Staatsangehörigen durch Bürgergemeindeversammlungen oder Volksentscheide ist in den Medien und damit auch in der kantonalen Politik eine Diskussion über die Rechtsnatur der Einbürgerung, die Zuständigkeit zur Erteilung des Bürgerrechts und die richterliche Überprüfbarkeit von Einbürgerungsentscheiden entstanden. Das bisherige Einbürgerungsverfahren wird dabei grundlegend in Frage gestellt. In diese Richtung weist gemäss Medienberichten auch ein Entscheid des basellandschaftlichen Verwaltungsgerichts vom 29. März 2000, dessen schriftliche Begründung zur Zeit noch aussteht.
Sowohl von aussen als auch kommissionsintern wurde im Anschluss an dieses Verwaltungsgerichtsurteil, welches zwischen der 1. Lesung und der 2. Lesung erging, angeregt, die Kommission möge die Behandlung der Vorlage bis zum Vorliegen der schriftlichen Urteilsbegründung des Verwaltungsgerichts sistieren. Die JPK hat sich aufgrund eines entsprechenden Antrags vor Beginn der 2. Lesung der Vorlage eingehend mit dieser Frage auseinandergesetzt. Sie hat sich mit 8:1 Stimmen bei 1 Enthaltung deutlich gegen eine Sistierung ausgesprochen und zwar aus folgenden Gründen:
- Die Zielsetzung der Vorlage beschränkt sich erklärtermassen auf eine weitgehend unbestrittene technische Effizienzsteigerung und Verfahrensstraffung. Über diese Zielsetzung herrscht ein allgemeiner Konsens. Gemäss (damals im Entwurf vorliegendem und in der Zwischenzeit vom Landrat verabschiedetem) Regierungsprogramm kann der Landrat demnächst eine Vorlage für die erleichterte Einbürgerung der 2. und 3. Ausländergeneration erwarten. Die Einbürgerung von ausländische Staatsangehörigen ist stark politisiert und die Fronten haben sich in letzter Zeit eher verhärtet. Deshalb wird eine Politik der kleinen Schritte grundsätzlich nach wie vor als richtig erachtet.
- Sollte das Urteil des Verwaltungsgerichts tatsächlich rechtskräftig werden und den Gesetzgeber in Zugzwang setzen, würde sich eine solche legislatorische Gestaltungsaufgabe nicht auf einen eher technischen Bereich beschränken, sondern die Grundlagen des bisherigen Bürgerrechtsverfahren betreffen. Wollte man dies mit der heutigen Vorlage verbinden, würde dies auf eine Rückweisung an den Regierungsrat hinauslaufen. Unter Berücksichtigung der damit realistischerweise zu erwartenden politischen Auseinandersetzungen wäre ein erheblicher Zeitbedarf verbunden. Eine Sistierung oder gar Rückweisung der Vorlage würde so zum unerwünschten Ergebnis führen, dass auf kurzfristig realisierbare Verbesserungen im Einbürgerungsverfahren für ausländische Staatsangehörige verzichtet wird.
4. Eintreten
In der Eintretensdebatte (vorgängig unter Ziff. 3 angeführt) zeigt sich, dass eine technische Vereinfachung und Straffung des Einbürgerungsverfahrens für ausländische Staatsangehörige von allen Fraktionen begrüsst wird. Die Standpunkte lassen sich grob in 3 Kategorien aufteilen:
- Einer ersten Gruppe gehen die Reformschritte der Vorlage bereits zu weit. So dürfe die Kompetenz zur Erteilung des Gemeindebürgerrechts nicht auf den Bürger- bzw. Gemeinderat übertragen werden. Dies stelle eine Schwächung der Volksrechte dar, welche angesichts der Bedeutung der Einbürgerung nicht geschmälert werden dürften.
- Eine zweite Gruppe könnte sich zwar auch weitergehende Reformschritte vorstellen (z.B. Übertragung der Zuständigkeit zur Erteilung des Kantonsbürgerrechts auf eine kantonale Kommission oder die Verwaltung), möchte aber bewusst im Rahmen dieser Vorlage auf Schritte verzichten, welche politisch heikel sind und zum Scheitern der an sich unbestrittenen Revisionspunkte führen könnten.
- Eine dritte Gruppe erachtet die Vorlage als mutlos und wünscht eine grundlegende Neuorientierung des Einbürgerungsverfahrens (Kompetenzverlagerung weg von der Bürgergemeindeversammlung, Justiziabilität, Rechtsanspruch auf Einbürgerung).
Ungeachtet dieser jeweils verschiedenen Optik sprechen sich alle Kommissionsmitglieder ohne Enthaltung für Eintreten auf die Vorlage aus.
5. Detailberatung
5.1 Delegationsmöglichkeit der Einbürgerungen an den Bürgerrat?
Mit der Begründung, die Volksrechte würden geschwächt, wenn die Möglichkeit bestehe, dass inskünftig der Bürger- bzw. Gemeinderat das Gemeindebürgerrecht erteilen könne, wurden sowohl der Antrag gestellt, diese Möglichkeit zur Kompetenzdelegation generell zu streichen als auch der Antrag, diese Kompetenzdelegation nur für die Erteilung des Gemeindebürgerrechts an schweizerische Staatsangehörige zuzulassen. Dagegen wurde vorgebracht, die Bürgergemeindeversammlung habe es in der Hand, von dieser Möglichkeit Gebrauch zu machen oder sie, wenn der Bürgerrat seine Aufgabe unbefriedigend erfüllen würde, rückgängig zu machen. Zudem werde der Bürgerrat von der Versammlung gewählt.
Der Antrag, die Kompetenzdelegation an den Bürger- bzw. Gemeinderat ausschliesslich bei der Erteilung des Gemeindebürgerrechts an Schweizerbürger und -bürgerinnen zuzulassen, obsiegt zunächst gegen den Antrag auf gänzliche Streichung dieser Möglichkeit mit 8:1 Stimmen bei 2 Enthaltungen. Mit 9:2 Stimmen spricht sich die Kommission jedoch für die Regierungsvariante aus. Auch in der 2. Lesung wird der erneute Antrag auf Streichung von § 6 Abs. 2 mit 7:3 Stimmen abgelehnt.
5.2 Landrat oder Petitionskommission?
Bereits im Rahmen der Ausarbeitung der Vorlage hat der Regierungsrat den Vorschlag geprüft, statt wie bisher dem Plenum des Landrats neu der Petitionskommission die Kompetenz zur Erteilung des Kantonsbürgerrechts an ausländische Staatsangehörige zu übertragen. Ein entsprechender Antrag wird damit begründet, auf diese Weise lasse sich die Effizienz des Verfahrens weiter steigern und es seien angesichts der datenschutzrechtlichen Einschränkungen wenig ergiebige und mühsam zu führende Diskussionen im Landrat zu vermeiden. Voraussetzung sei allerdings eine Aufstockung der Petitionskommission auf 13 Mitglieder, damit alle Fraktionen darin vertreten sind. Dies wiederum trage zu einer Professionalisierung der Bearbeitung der Gesuche bei. Dagegen wird vorgebracht, die Zuständigkeit des Plenums garantiere eine demokratische Kontrolle und diene der Transparenz. Zudem sei der Zeitgewinn minim.
Der Antrag auf Übertragung der Kompetenz zur Erteilung des Kantonsbürgerrechts an ausländische Staatsangehörige vom Plenum des Landrats an die Petitionskommission unter gleichzeitiger Erhöhung der Mitgliederzahl der Petitionskommission von 7 auf 13 Mitglieder und entsprechender Anpassung des Landratdekrets wird in der 1. Lesung mit 6:5 Stimmen angenommen. Diese Änderung wurde jedoch in der 2. Lesung mit einem Antrag, wieder zur regierungsrätlichen Fassung zurückzukehren, mit 6:4 Stimmen rückgängig gemacht. Die Kompetenz zur Erteilung des Kantonsbürgerrechts bleibt somit gemäss JPK beim Plenum des Landrats.
5.3 Weitere Anträge zur Einbürgerungszuständigkeit
Mit jeweils einer Gegenstimme wurden gegenläufige Anträge abgelehnt, welche den Bürgergemeinden (oder Gemeindeversammlungen) bei umstrittenen oder fragwürdigen Einbürgerungen ein Referendumsrecht zugestehen wollten und welche die Kompetenz zur Erteilung des Bürgerrechts von der Bürgergemeindeversammlung weg ausschliesslich dem Bürgerrat oder dem Gemeinderat übertragen wollten.
5.4 Fristen
Diskutiert wurde im Weitern die Bemessung der diversen einzuhaltenden Fristen. Nach Angaben der Direktion sind die im Entwurf vorgeschriebenen Fristen realistisch und können problemlos eingehalten werden. Im Interesse der Verfahrensbeschleunigung hat die JPK § 14 ergänzt und die Frist der JuPoMi zur Antragstellung auf 3 Monate seit Eingang der vollständigen Unterlagen festgesetzt sowie dem Landrat zur Beschlussfassung eine Frist von 10 Wochen seit Antragstellung des Regierungsrates eingeräumt.
6. Antrag
Die JPK beantragt dem Landrat mit 6:0 Stimmen bei 4 Enthaltungen gemäss beiliegendem Entwurf zu beschliessen.
Lausen, den 25. April 2000
Im Namen der Justiz- und Polizeikommission
Der Präsident: Dieter Völlmin