1999-82
1999-083 vom
Landrat / Parlament
Interpellation von Bruno Krähenbühl: Ausschluss der Öffentlichkeit bei Strafprozessen
Geschäfte des Landrates || Hinweise und Erklärungen
Autor: Bruno Krähenbühl
Eingereicht: 15. April 1999
Nr.: 1999-082
Kürzlich erfolgten an unserem Strafgericht mehrere Prozesse, bei denen Delikte gegen die Steuergesetzgebung zu beurteilen waren. Dem Vernehmen nach, wurden diese Gerichtsverhandlungen unter teilw. Ausschluss der Öffentlichkeit abgewickelt (es war lediglich die Presse zugelassen).
Laut § 55 unserer Kantonsverfassung sind die Verhandlungen der Gerichte öffentlich . Ausnahmen bestimmt das Gesetz. Das Gerichtsverfassungsgesetz vom 30. Oktober 1941 sieht diesbezüglich folgende Regelung vor:
§ 31 Öffentlichkeit der Parteiverhandlungen
1) Die Parteiverhandlungen der Gerichte sind unter Vorbehalt von Abs. 2 öffentlich.
2) Nur die Parteien sind in folgenden Verfahren zu den Parteiverhandlungen zugelassen:
e. Auf Beschluss des Gerichts für das ganze Verfahren oder bloss einen Teil davon, wenn es in privatem oder öffentlichem Interesse als geboten erscheint.
Mit dem Grundsatz der Öffentlichkeit wird eine gewisse Kontrolle der Rechtspflege bezweckt. Öffentlich sind die Gerichtsverhandlungen, während die Urteilsberatung in der Regel geheim ist, um die Autorität des Gerichts zu wahren. Wo höhere Interessen es rechtfertigen, kann die Öffentlichkeit auch von den Verhandlungen ausgeschlossen werden. Dies ist z.B. in Scheidungsprozessen der Fall, wo die Parteien ein Recht auf Wahrung ihrer individuellen Geheimsphäre haben, ferner in Prozessen, wo aus Gründen der Staatssicherheit, der öffentlichen Sicherheit oder der Sittlichkeit die Verhandlungen geheim geführt werden müssen, dies oft auch zum Schutz der Opfer.
Der vom Strafgericht verfügte Ausschluss der Öffentlichkeit in den eingangs erwähnten Prozessen hat bei der Bevölkerung den Eindruck erweckt, dem Gericht sei es in erster Linie um den Schutz der prominenten Täter gegangen (Promi-Schutz). Der Vorwurf einer Art von "Klassenjustiz" darf nicht unwidersprochen stehen bleiben, da dies dem Ansehen unserer Gerichte schaden könnte.
Nach Recht und Praxis unterstehen unsere Gerichte bezüglich Geschäftsgang und Anwendung kantonaler Gesetze der Oberaufsicht des Landrates. In Befolgung dieser Aufsichtspflicht, wird der Präsident des Obergerichtes, gestützt auf § 54 des Landratsgesetzes, ersucht, zu folgenden Fragen schriftlich Stellung zu nehmen:
1) Entspricht der Ausschluss der Öffentlichkeit bei Steuerstrafverfahren der gängigen Praxis unseres Strafgerichts ?
2) Wie wird dieser Ausschluss der Öffentlichkeit begründet ?
3) Werden bei ähnlichen Delikten in anderen Bereichen die Täter in analoger Weise geschützt ?
4) Wie gross ist das Ermessen der einzelnen Gerichte, den Grundsatz der Öffentlichkeit zu durchbrechen ?
5) Entspricht der in den erwähnten Fällen angeordnete Ausschluss der Öffentlichkeit aus der Sicht des Obergerichtspräsidiums dem Sinn und Geist unserer Verfassung und unserer Gesetzgebung ?
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