1999-127_3.htm

Landrat / Parlament || Inhalt der Vorlage 1999-127 vom 22. Juni 1999


Ausrichtung staatlicher Beiträge an private Schulen auf der Volksschulstufe; Änderung des Schulgesetzes


Geschäfte des Landrats || Hinweise und Erklärungen





1.3 Heutige Finanzierung privater Schulen

Gesetzliche Grundlage
Gemäss § 99 der Verfassung des Kantons Basel-Landschaft vom 17. Mai 1984 kann der Kanton private Schulen innerhalb- und ausserhalb seines Gebietes unterstützen. Im Begleitbericht zur neuen Kantonsverfassung wurde dargelegt, dass dem Kanton mit dieser Bestimmung neu die Möglichkeit eingeräumt wird, «auch private Schulen zu unterstützen und damit Alternativangebote und Denkanstösse zu fördern, welche die wenigen noch vorhandenen Privatschulen bieten.» Die §§ 6 und 145 des Schulgesetzes (SG) vom 26. April 1979 (2) übertragen dem Landrat die Kompetenz, unter Vorbehalt des fakultativen Finanzreferendums Beiträge an private Schulen inner- und ausserhalb des Kantonsgebietes auszurichten, sofern diese wesentliche Aufgaben übernehmen, welche die öffentlichen Schulen nicht erfüllen.» § 19 Absatz 1 Gesetz über die Berufsbildung vom 10. Juni 1985 (3) ermächtigt den Regierungsrat, anerkannte Berufsverbände und Firmen durch Vertrag mit der Durchführung des Berufsschulunterrichtes zu beauftragen. Ebenso kann der Regierungsrat gemäss § 37 die Durchführung des Unterrichts der vom Landrat beschlossenen Handelsfach- und Handelsmittelschulen privaten Organisationen übertragen.

Voraussetzung für eine staatliche Unterstützung ist folglich heute, dass eine Lücke im staatlichen Schulangebot besteht sowie die Wesentlichkeit der Aufgaben, welche die private Schule übernimmt.

Staatliche Leistungsaufträge
Die Finanzierung privater Schulen erfolgt im Kanton Basel-Landschaft auf der Basis eines Leistungsauftrags mit entsprechend ausgehandelter Abgeltung der zu erbringenden Leistung, wenn das Angebot - wie z. B. bei der Handelsschule - staatlich festgelegt ist, aber die Umsetzung einer privaten Trägerschaft übertragen wird. Neben dem Schulangebot des Kaufmännischen Vereins (Kaufmännische Berufsschule, kaufmännische Berufsmittelschule, Bürolehre, Verkaufslehre, Detailhandelslehre, Verkaufsanlehre, Handelsmittelschule, Kaufmännische Vorbereitungsschule, Diplommittelschule 2, kaufmännischer Lehrabschluss für Erwachsene und weitere Angebote in der Erwachsenenbildung) ist aufgrund der Neuordnung und -unterstellung unter das Bundesgesetz über die Berufsbildung neuerdings auch der berufliche Unterricht für Medizinische Praxisassistentinnen und Praxisassistenten (4) und für Dentalassistentinnen- und -assistenten (5) zu kostendeckenden Ansätzen privaten Schulträgern übertragen worden. Im beruflichen Bildungsbereich sind ferner bisher, gestützt auf den Landratsbeschluss vom 5. Juni 1989, 80% der Schulgelder der Berufsschule des Schweizerischen Krippenverbandes für Absolventinnen und Absolventen mit Wohnsitz im Kanton Basel-Landschaft finanziert worden, wobei neu der berufliche Unterricht durch die Berufs- und Frauenfachschule Basel angeboten und dessen Besuch und Abgeltung in einer Vereinbarung zwischen den beiden Kantonen Basel-Stadt und Basel-Landschaft geregelt ist. (6)

Gestützt auf § 5 Absatz 4 des Schulgesetzes hat der Kanton die Durchführung von Sonderschulmassnahmen im IV-Bereich grösstenteils gemeinnützigen privaten Institutionen übertragen. Er kommt zusammen mit den Gemeinden laut §§ 146 und 149 für die Kosten der IV-Sonderschulung auf, soweit sie nicht durch Beiträge der Sozialversicherung gedeckt sind. Diese Aufgabenübertragung wird neu mittels Leistungsvereinbarung mit den einzelnen Trägerschaften der Sonderschuleinrichtungen oder mit interkantonalen Vereinbarungen geregelt. Die Bewilligung zum Besuch einer Privatschule und die Zusprechung von Beiträgen basiert auf einer individuellen Abklärung der Sonderschulbedürftigkeit. Der Bereich der IV-Sonderschulung ist deshalb nicht Gegenstand dieser Vorlage.

Für Schülerinnen und Schüler mit spezieller Leistungsfähigkeit und entsprechender Indikation durch eine kantonale Fachstelle ist es möglich, dass an die Kosten der Schulung durch einen privaten Schulträger Beiträge bis zu 16'000.- Franken gesprochen werden (RRB Nr. 681 vom 18. März 1997).

Steuerabzug
Für die nichtsubventionierten privaten Schulen leistet der Kanton Basel-Landschaft einen indirekten Beitrag durch Gewährung des Steuerabzugs für Schulgelder und für weitere Beiträge. § 29 Absatz 1 Buchstabe m des Steuer- und Finanzgesetzes vom 7. Februar 1974 (7) ermöglicht den Eltern, die Schulgelder, welche die Steuerpflichtigen während der obligatorischen Schulzeit für ihre Kinder für den Besuch von Privatschulen entrichten, höchstens jedoch von 4'000.- Franken pro Kind, von den steuerbaren Einkünften abzuziehen (Position 9.14 der Steuererklärung). Übersteigt der Elternbeitrag an die Schule den anzurechnenden Schulgeldabzug, so kann der Mehrbetrag gemäss den Richtlinien als Abzug im Sinne freiwilliger Zuwendungen geltend gemacht werden (Position 9.10 der Steuererklärung). Diese Abzüge bewirken für Kanton und Gemeinden eine Verminderung der Steuereinnahmen. Eine Auswertung des Steuerjahres 1995 hat gezeigt, dass 909 Steuerpflichtige einen Schulgeldabzug (ohne freiwillige Zuwendungen) deklariert haben, was für den Kanton zu Steuermindereinnahmen von ca. Fr. 472'000.- und für die Gemeinden von ca. Fr. 300'000.- geführt hat. Dieser indirekte Beitrag des Kantons und der Gemeinden in der Höhe von insgesamt Fr. 772'000.- unterstützt die Erziehungsberechtigten, welche ihre Kinder in private Schulen schicken.

Am 1. Januar 1993 ist das Bundesgesetz über die Harmonisierung der direkten Steuern der Kantone und Gemeinden (8) in Kraft getreten. Die Kantone haben aufgrund dieses Erlasses ihre Steuergesetze innert acht Jahren, d.h. bis zum 1. Januar 2001, den harmonisierungsrechtlichen Bestimmungen anzupassen. Der Bericht des Regierungsrates vom 9. Februar 1999 zur Anpassung des kantonalen Steuer- und Finanzgesetzes vom 7. Februar 1994 an die zwingenden Bestimmungen des Bundesgesetzes über die Harmonisierung der direkten Steuern der Kantone und Gemeinden vom 14. Dezember 1990 sieht eine Streichung des Steuerabzugs für die Kosten des Privatschulbesuchs vor.

Ausbildungsbeiträge
Ausbildungsbeiträge gemäss Gesetz über Ausbildungsbeiträge vom 5. Dezember 1994 und der Verordnung zum Gesetz über Ausbildungsbeiträge vom 23. Mai 1995 (9) werden auch für Absolventinnen und Absolventen privater Schulen - unabhängig von der Gewährung einer staatlichen Subventionierung - ausbezahlt. Dies erleichtert den Zugang zu privaten Schulen. Bei Erfüllung der gesetzlich definierten Voraussetzungen gehen Ausbildungsbeiträge an Absolventinnen und Absolventen der RSS, der Minerva (Maturitätsausbildung), der Huber Widemann Schule und der Neuen Sprach- und Handelsschule (eidgenössisches Fähigkeitszeugnis).

1.4 Erwägungen
Im folgenden wird nicht die oben beschriebene Form der heutigen Finanzierung bzw. Mitfinanzierung privater Schulen mit Leistungsvereinbarungen erörtert. Sie ist nicht Gegenstand dieser Vorlage. Sie befasst sich nur mit privaten Schulen, welche keinen staatlichen Auftrag bzw. keine Leistungsvereinbarung mit dem Kanton für die Erbringung von Bildungsleistungen haben, sondern aufgrund privater Initiative entstanden und als Alternative zu einem bestehenden Angebot der öffentlichen Hand konzipiert sind.

Die Existenz solcher Alternativen zur öffentlichen Schule ist für den Staat noch kein hinlänglicher Grund, diese privaten Schulen finanziell zu unterstützen. Die von Kanton und Gemeinden getragenen Schulen können zusammen mit den privaten Schulen mit öffentlichem Leistungsauftrag als qualitativ hochwertiges und vollständiges Bildungsangebot verstanden werden, das von allen beansprucht werden kann. Auch Schülerinnen und Schüler aus nichtsubventionierten Privatschulen haben die Möglichkeit, ins staatliche Bildungswesen zurückzukommen, so dass der Staat einen Platz bereitstellen muss.
Der Regierungrat vertritt aber auch die Auffassung, dass die wenigen privaten Schulen, welche aus privater Initiative als Alternative zum staatlichen Bildungswesen aufgebaut worden sind, eine wesentliche Aufgabe übernehmen: sie stellen neben dem staatlich angebotenen Ausbildungsplatz einen zweiten Ausbildungsplatz zur Verfügung, der aufgrund besonderer individueller Präferenzen und mit hohem finanziellem Zusatzengagement genutzt werden kann. Das private Angebot eröffnet eine Wahl und entschärft damit die Nachteile des staatlichen «Schulmonopols». Private Schulen können als Bereicherung des Bildungswesens verstanden werden, auch wenn sie keinen oder z. B. nur auf die Sonderschulung begrenzten öffentlichen Leistungsauftrag erhalten. Die privaten Schulen sollen neben dem hochwertigen und als vollständig verstandenen staatlichen Bildungsangebot als hochschwellige Alternative erhalten bleiben.
Der Wegfall der heutigen Steuererleichterungen und die z. T. schwierigere finanzielle Lage bewirken, dass die Existenz der nichtsubventionierten, privaten Schulen für die Zukunft bedroht ist. Ein staatlicher Beitrag in Form einer Schülerpauschale zur Reduktion des zu bezahlenden Schulgeldes unterstützt die Weiterexistenz dieser Schulen.

Es bietet sich an, die Leistung kantonaler Beiträge an die Kosten des Privatschulbesuchs auf die Dauer der Pflichtschulzeit (1. - 9. Schuljahr) zu beschränken. Der Kindergarten wird heute kommunal finanziert. Für den Besuch der nachobligatorischen Ausbildungen der Sekundarstufe II (10. - 13. Schuljahr) stellt das öffentliche Bildungswesen bereits genügend Alternativen bereit, so dass keine zusätzlichen «zweiten Ausbildungsplätze» staatlich mitfinanziert werden müssen.

Fortsetzung


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Fussnoten:


2. SGS 640, GS 27.169

3. SGS 681, GS 29.124

4. Vereinbarung zwischen den Kantonen Basel-Stadt und Basel-Landschaft und der Huber Widemann Schule über den beruflichen Unterricht für Medizinische Praxisassistentinnen und Medizinische Praxisassistenten in den Kantonen Basel-Stadt und Basel-Landschaft vom 13. November 1995; genehmigt vom Landrat am 11. Juni 1998 mit LRB 1499 (96/4).

5. Vereinbarung zwischen den Kantonen Basel-Stadt und der Medidacta vom 15. Januar 1998; Vorlage an den Landrat betreffend Vereinbarung über den beruflichen Unterricht für Dentalassistentinnen/Dentalassistenten in den Kantonen Basel-Stadt und Basel-Landschaft vom 14. April 1998 (98/75).

6. Vereinbarung zwischem dem Kanton Basel-Stadt und dem Kanton Basel-Landschaft über den beruflichen Unterricht im Ausbildungsgang Kleinkindererziehung auf der Sekundarstufe II an der Berufs- und Frauenfachschule Basel; Vorlage an den Landrat betreffend Vereinbarung über den beruflichen Unterricht im Ausbildungsgang Kleinkindererziehung auf der Sekundarstufe II an der Berufs- und Frauenfachschule vom 26. Mai 1998 (98/107)

7. GS 25.427

8. SR 642.14

9. SGS 365 und 365.11, GS 32.180