1999-127_2.htm
Landrat / Parlament || Inhalt der Vorlage 1999-127 vom 22. Juni 1999
Ausrichtung staatlicher Beiträge an private Schulen auf der Volksschulstufe; Änderung des Schulgesetzes
Geschäfte des Landrats || Hinweise und Erklärungen
B. Bericht
1. Ausgangslage
1.1 Gesuch der Rudolf Steiner-Schulen der Region
An den RSS der Region wurden im Schuljahr 1996/97 rund 860 Schülerinnen und Schüler mit Wohnsitz im Kanton Basel-Landschaft vom Kindergarten bis zum 12. Schuljahr unterrichtet. Der Vorsteher der Erziehungs- und Kulturdirektion hat eine Studie über die finanzielle Entlastung der öffentlichen Hand aufgrund der Existenz der RSS in Auftrag gegeben (1) . Ziel dieser Studie war es, eine Entscheidungsgrundlage zu erhalten, um die finanzielle Unterstützung dieser Schulen durch den Staat zu überprüfen. Hintergrund der Studie war die finanziell sehr schwierige Lage der RSS, wie sie im Zusammenhang mit der Landratsvorlage «Verlängerung des zinsfreien Darlehens von 2,5 Millionen Franken an die Vereinigung Rudolf-Steiner-Schule-Mayenfels» (96/165) zum Ausdruck gekommen war.
Die Studie hat gezeigt, dass die privat erbrachten Leistungen der RSS für Kanton und Gemeinden Minderaufwendungen zur Folge haben. Müssten die RSS aufgrund der schwierigen finanziellen Lage geschlossen werden, würde für die Schülerinnen und Schüler bzw. Eltern nicht nur eine Alternative zu den öffentlichen Schulen wegfallen, sondern die privat erbrachten Leistungen müssten durch den Staat kompensiert werden, so dass Mehrkosten entstünden. Unter Beibehaltung der heutigen Praxis der Klassenbildung dürfte die Rückführung der Schülerinnen und Schüler der RSS an Schulen des Kantons Basel-Landschaft für Kanton und Gemeinden Kosten von je ca. 3,3 Millionen Franken bzw. insgesamt 6,6 Millionen Franken jährlich verursachen. Würden bei einer Zurücknahme der Schülerinnen und Schüler verschlechterte Bedingungen der Klassen- und Kursbildung in Kauf genommen und alle gesetzlichen Möglichkeiten ausgeschöpft, könnten die Mehrkosten auf insgesamt ca. 600'000.- Franken beschränkt werden.
Für die Abschätzung der finanziellen Entlastung der öffentlichen Hand aufgrund der Existenz der RSS sind einzig die tatsächlichen Auswirkungen bei einer Rücknahme der Schülerinnen und Schüler massgebend und nicht der privat erbrachte Aufwand der RSS, die Durchschnittskosten für Schülerinnen und Schüler im öffentlichen Bildungswesen oder auch die Kosten auf der Basis der Ansätze geltender Schulabkommen. Die nachfolgende Darstellung zeigt zur Illustration neben den relevanten Berechnungsarten A und B gemäss den Ergebnissen der Simulation der Klassenbildung auch die Ergebnisse der nicht angemessenen Berechnungsarten C bis E.
Darstellung 1: Mehraufwand Kanton und Gemeinden (in 1000 Franken)
Total Mehraufwand | Mehraufwand Kanton | Mehraufwand Gemeinden | ||
A | Simulation Klassenbildung gemäss heutiger Praxis | 6'569 | 3'269 | 3'300 |
B | Simulation Klassenbildung; Minimum (Ausschöpfung aller gesetzlichen Möglichkeiten) | 606 | -186 | 792 |
C | Aufwand RSS |
5'073 | 2'265 | 2'808 |
D | Durchschnittskosten öffentliche Schulen BL | 11'158 | 8'086 | 5'072 |
E | Schulgeldansätze Regionales Schulabkommen | 4'738 | 2'865 | 1'873 |
Mit Schreiben vom 22. Februar 1998 hat die Regionale Kommission der RSS Nordwestschweiz zu Handen der Erziehungs- und Kulturdirektion folgenden Antrag gestellt:
«Gestützt auf § 145 des Schulgesetzes und § 99 der Kantonsverfassung beantragen wir für die im Kanton BL wohnhaften Schüler und Schülerinnen der Rudolf Steiner Schulen (RSS) finanzielle Unterstützung im Rahmen des von der Erziehungsdirektion erstellten Berichtes über die Schätzung der Entlastung des Kantons. Unseres Erachtens erfüllen die RSS die gesetzlichen Bestimmungen, gemäss derer der Kanton Beiträge an nichtstaatliche Schulen innerhalb und ausserhalb des Kantons leisten kann, sofern diese wesentliche Aufgaben übernehmen, welche die öffentlichen Schulen des Kantons und der Einwohnergemeinden nicht erbringen.»
Angestrebt wird von den RSS eine Abgeltung auf der Basis des Berechnungsmodells E, so dass die öffentliche Hand zugunsten der RSS über 4,7 Millionen Franken aufwenden müsste.
Nach Einschätzung der Antragstellerin könnte das Bildungsangebot der RSS ohne deutliche Unterstützung durch die öffentliche Hand nicht mehr lange aufrecht erhalten werden. Sie umschreibt die aktuelle Situation wie folgt:
«Die wirtschaftliche Entwicklung der letzten sechs Jahre hat trotz Erhöhung der Schulgeldbeiträge zu einem Rückgang der Familienbeiträge geführt ... Der Aufwand der Schule musste deutlich reduziert werden, da die Spenden aus gleichen Gründen zurückgehen. Die Reduktion des Aufwandes wurde in der RSS Birseck durch die 1996 durchgeführte Fusion mit der RSS Arlesheim aufgefangen. Bei den anderen Schulen (RSS Pratteln, RSS Münchenstein) wurde in gleicher Zeit ein Defizit von SFR: 300'000.- eingefahren. Zwar wurde der Aufwand vermindert durch die Reduktion der Anzahl Pensen/Klasse und der Gehälter. Folgen sind jedoch Qualitätseinbussen (zu wenig Unterricht) und Lehrerfluktuation (Lehrer mit Familie müssen mittelfristig die Schule verlassen, um zu überleben). Diese Entwicklung ist instabil, da Eltern auf ein mangelhaftes Schulangebot mit Abmeldung reagieren. Die Erhöhung der Elternbeiträge läuft der Öffentlichkeit der Schulen zuwider (Schule nur noch für Reiche ist das Ende der Rudolf Steiner Pädagogik). Die Erhöhung der Anzahl Kinder je Klasse ist trotz zusätzlicher Betreuung von schwierigen SchülerInnen in der heutigen Zeit - verglichen mit früheren Klassengrössen - nur in Ausnahmefällen möglich, da immer mehr SchülerInnen Förderung bedürfen.»
1.2 Weitere private Schulen
Neben den rund 860 Schülerinnen und Schülern der RSS aus dem Kanton Basel-Landschaft besuchen weitere gut 1000 Schülerinnen und Schüler - vom Kindergarten bis zum Abschluss der Sekundarstufe II - private Bildungsangebote im Kanton Basel-Landschaft und in anderen Kantonen. Die meisten Schülerinnen und Schüler besuchen eine nichtsubventionierte Privatschule in den beiden Kantonen Basel-Landschaft und Basel-Stadt. Die nachfolgende Darstellung zeigt auf, welche Privatschulen von Schülerinnen und Schülern mit Wohnsitz im Kanton Basel-Landschaft besucht werden, wobei Schülerinnen und Schüler, für die staatlich vergütete Leistungsaufträge bestehen, ausgeklammert sind (vgl. Abschnitt staatliche Leistungsaufträge):
Darstellung 2: Besuch nichtsubventionierter Privatschulen durch Schüler/innen mit Wohnsitz im Kanton Basel-Landschaft 1996/97
Anzahl Schüler/innen | ||||||
Schulart |
Vorschule N |
Primarstufe N |
Sekundar I N |
Sekundar II N |
Andere N |
Total N |
Rudolf Steiner Schulen, Basel-Landschaft | 87 | 262 | 174 | 70 | 593 | |
Rudolf Steiner Schule, Basel | 11 | 86 | 114 | 61 | 272 | |
International School, Basel/Bottmingen | 68 | 92 | 39 | 26 | 225 | |
Institut Minerva, Basel | 13 | 140 | 19 | 1 | 173 | |
Freies Gymnasium, Basel | 122 | 30 | 152 | |||
Huber-Widemann-Schule (HWS), Basel | 110 | 110 | ||||
Bildungszentrum NSH, Basel | 79 | 79 | ||||
Benedict-Schule, Basel | 4 | 2 | 23 | 1 | 30 | |
Ecole Française, Basel | 9 | 15 | 5 | 29 | ||
Liceo Linguistico, Basel | 10 | 9 | 19 | |||
Freie Volksschule, Basel | 14 | 14 | ||||
Weitere | 1 | 27 | 131 | 16 | 175 | |
Total | 192 | 458 | 654 | 535 | 32 | 1871 |
Pädagogische Arbeitsstelle EKD nach Daten des Bundesamtes für Statistik und weiteren Quellen
Fortsetzung
Fussnote:
1. Rudolf-Steiner-Schulen in der Region Basel. Schätzung der finanziellen Entlastung des Kantons Basel-Landschaft und seiner Gemeinden aufgrund der Leistungen der Rudolf-Steiner-Schulen. Pädagogische Arbeitsstelle, Liestal, 1997.